Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Zerstörung eines zum Betriebsvermögen eines Arztes gehörenden Pkw durch Verschulden des angestellten Fahrers den Gewinn beeinflussen kann.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Tatbestand
Streitig ist, ob die Zerstörung des teils beruflich, teils privat genutzten Pkw des Beschwerdeführers (Bf.) sich gewinnmindernd im Jahre 1953 auswirkt.
Der Bf. ist Arzt und Leiter des Krankenhauses in X. Sein Sohn, ebenfalls Arzt, war 1953 Assistenzarzt an einem Krankenhaus in D., dessen Leiter mit dem Bf. seit Jahren befreundet ist. Am Freitag, dem 1. Mai 1953, fuhren der Bf. und seine Ehefrau nach D. Fahrer des Wagens war der zeitweise beim Bf. angestellte Kraftfahrer B. Auf der Rückfahrt übernachteten der Bf. und seine Frau in der Nacht vom 2. zum 3. Mai in G. Ohne Wissen des Bf. benutzte der Fahrer in dieser Nacht den Pkw (Opel-Olympia), nachdem er sich unter einem Vorwand den Garagenschlüssel vom Hotelier hatte geben lassen, zu einer Schwarzfahrt und verunglückte dabei tödlich. Der Pkw wurde völlig zerstört und erbrachte nur noch einen Schrotterlös von 300 DM. Die Versicherung des Bf. lehnte einen Schadensersatz ab, weil der Pkw nicht durch eine betriebsfremde Person entwendet worden sei.
Der zerstörte Pkw gehörte zum Betriebsvermögen des Bf. Dieser setzte den Buchwert von 4.825 DM für das Jahr 1953 als Betriebsausgabe von seinem Gewinn ab. Die übrigen Reisekosten, abgesehen von den Benzinkosten, behandelte er nicht als Betriebsausgabe. Der Bf. begründete sein Verfahren damit, daß er die Fahrt hauptsächlich gemacht habe, um einen besonders schwierigen Krankheitsfall seiner Praxis mit dem Leiter des Krankenhauses in D. zu besprechen, weil dieser über die Krankheit früher einmal eine größere Arbeit verfaßt hatte. Er habe sich auch mit seinem Sohn einmal ärztlich aussprechen wollen. Selbst wenn es sich aber um eine Privatfahrt gehandelt hätte, so sei diese in G. mit dem Augenblick beendet gewesen, als er (Bf.) sich dort zu Bett begeben habe. Der Fall müsse so behandelt werden. als ob der Wagen aus seiner Garage am Wohnsitz entwendet worden sei.
Das Finanzamt lehnte nach einer Betriebsprüfung die Gewinnminderung für die Zerstörung des Pkw ab, da es sich um ein Ereignis gehandelt habe, das sich auf einer Privatfahrt des Bf. zugetragen habe.
Im Einspruchsverfahren entsprach der Steuerausschuß dem Begehren des Bf., während das Finanzgericht dem Antrage des Vorstehers des Finanzamts folgte und eine Gewinnminderung durch die Zerstörung des Pkw nicht anerkannte. Es führte dazu folgendes aus: Es sei davon auszugehen, daß die Fahrt des Bf. nur aus privaten Gründen (Besuch des Sohnes und des befreundeten Arztes, Mitnahme der Ehefrau usw.) unternommen worden sei. Die ganze Hin- und Rückfahrt gehöre in den privaten Lebensbereich des Bf. Die private Fahrt sei auch nicht durch die Zwischenübernachtung auf der Rückreise unterbrochen worden. Die Benützung des Pkw durch den verunglückten Fahrer könne deshalb nicht dem beruflichen Bereich des Bf. zugerechnet werden. Der Fall liege anders, als wenn der Wagen am Wohnsitz aus der Garage des Bf. gestohlen worden wäre. Ob gegen den Fahrer bzw. dessen Erben Schadensersatzansprüche geltend gemacht worden seien oder ob dies hätte geschehen könne, sei bei dieser Sachlage unerheblich. Da der Schaden nicht durch die berufliche Tätigkeit des Bf. verursacht worden sei, könne er auch nicht gewinnmindernd geltend gemacht werden. Andererseits müsse der Schrotterlös bei der Gewinnermittlung außer Ansatz bleiben. Das Finanzgericht hat demgemäß unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung die Einkommensteuer 1953 neu festgesetzt.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) rügt der Bf. Verletzung des materiellen Rechts und macht folgendes geltend: Das Finanzgericht habe die Fahrt in vollem Umfange als Privatfahrt angesehen. Gerade bei Beachtung der Grundsätze der allgemeinen Lebenserfahrung hätte das Gericht jedoch dazu kommen müssen, die Fahrt als Berufsfahrt zu behandeln. Damit wäre der Verlust des Wagens ohne weiteres als betrieblicher Verlust anzuerkennen gewesen. Selbst wenn man dem Finanzgericht darin folgen wolle, daß die Fahrt privater Natur gewesen sei, so sei die Rb. aus einem anderen Grunde begründet. Es komme für die Anerkennung eines Kraftfahrzeugunfallschadens stets darauf an, ob die Fahrt beruflich veranlaßt gewesen sei. Im Streitfall sei die Veranlassung zum Verlust des Pkw das verbotswidrige Verhalten des betrieblich angestellten Fahrers gewesen. Somit sei der Schaden aus beruflichen Gründen veranlaßt worden, da der widerrechtliche Gebrauch durch den Fahrer nicht seiner (des Bf.) privaten Sphäre zugerechnet werden könne. Es sei einleuchtend, daß das, was auf einer Fahrt passiere, steuerlich genau so zu behandeln sei wie die Fahrt selbst. Das sei anders, wenn die Fahrt beendet gewesen sei, wie hier mit der Einstellung des Pkw am Ort der Zwischenübernachtung. Wenn nunmehr außerhalb seiner persönlichen Willensentscheidung und Einflußmöglichkeit infolge des Verhaltens des Fahrers der Wagen zerstört worden sei, könne ein solcher Verlust nicht mehr seiner privaten Sphäre zugerechnet werden. Der Begriff des § 4 Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1953, betreffend Betriebsausgaben, sei somit verkannt.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Soweit zunächst die Frage streitig ist, ob die Fahrt des Bf. vom Wohnsitz nach D. ganz überwiegend in den Bereich der privaten Lebenshaltung des Bf. zu rechnen ist oder ob es sich um eine beruflich veranlaßte Fahrt handelt, tritt der Senat den Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die insoweit verwiesen wird, in vollem Umfange bei. Bei dem unstreitigen Sachverhalt verkennt das Finanzgericht nicht allgemeine Auslegungs- und Beurteilungsgrundsätze und die Lebenserfahrung, vielmehr würde das bei einer gegenteiligen Entscheidung des Finanzgerichts zu diesem Streitpunkt der Fall gewesen sein.
Im übrigen bemerkt der Senat folgendes: Nach dem Inhalt der Akten ist der zerstörte Opel-Olympia-Wagen in vollem Umfange Gegenstand des Betriebsvermögens gewesen. Diese Tatsache reicht aber nicht aus, den Verlust des Wagens deshalb unter allen Umständen als Betriebsverlust zu behandeln, weil der Pkw selbst bei teilweiser privater Nutzung unstreitig seinen Charakter als Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens nicht verliert. Soweit eine solche Ansicht vertreten werden sollte, vermag ihr der Senat jedenfalls nicht zu folgen (siehe z. B. Kaatz, Finanz-Rundschau, 1956 S. 472; Littmann, Der Betrieb, 1952 S. 319; und Baltzer, Deutsche Steuer-Zeitung Teil A 1954 S. 187, 191). Das würde im Ergebnis bedeuten, den von der Rechtsprechung gerade für den Fall von Schäden an Kraftfahrzeugen stets ausgesprochenen Grundsatz aufzugeben, daß nur Schäden, die auf beruflicher Veranlassung beruhen, den Betriebsgewinn mindern dürfen (siehe Urteile des Reichsfinanzhofs VI 739/38 vom 14. Dezember 1938, RStBl 1939 S. 212, IV 62/42 vom 13. August 1942, RStBl 1942 S. 923, und zuletzt Urteil des Bundesfinanzhofs IV 611/54 U vom 12. April 1956, BStBl 1956 III S. 176, Slg. Bd. 62 S. 474). In der letztgenannten Entscheidung hat der Senat bereits ausgeführt, daß in der Zerstörung eines Pkw auf einer Privatfahrt zwar keine Entnahme des Pkw zu erblicken sei, wohl aber ein Verlust außerhalb der beruflichen Sphäre, der nicht zu einer Gewinnminderung führen dürfe. Daran hält der Senat auch für den Streitfall fest. Der Ansicht des Bf., der Verlust sei durch das Verhalten des beruflich angestellten Fahrers verursacht, die Verursachung liege damit auf betrieblichem Gebiet und der Verlust sei als gewinnmindernd zu behandeln, vermag der Senat ebenfalls nicht zu folgen. Wird der Fahrer für den Bf. im Rahmen einer Privatfahrt tätig, so kann insoweit die berufliche Bedingtheit des Anstellungsverhältnisses keine entscheidende Rolle mehr spielen, da auch hier die Verwendung des Fahrers und seiner Arbeitskraft ähnlich wie die Benutzung des Pkw selbst zu privaten Zwecken erfolgt. Damit kann aber - und das ist stets Voraussetzung der Anerkennung eines Betriebsverlustes - eine berufliche Verursachung nicht mehr angenommen werden. Die Folge ist, daß Beschädigung und Verlust eines Pkw bei nicht betrieblichen Fahrten nicht als Betriebsverlust angesehen werden können, selbst wenn sie ein Steuerpflichtiger nicht verursacht oder verschuldet hat. Es kann daher nicht entscheidend sein, daß die Benutzung des Wagens durch den verunglückten Fahrer nicht nur nicht mit dem Willen des Bf., sondern zweifellos gegen dessen Willen erfolgt ist. Alle Vorfälle, die sich gelegentlich einer insgesamt als Privatfahrt anzusehenden Fahrt ereignen, können nur der privaten Sphäre zugerechnet werden, da ihnen jedenfalls die betriebliche Verursachung fehlt (so auch Baltzer, Deutsche Steuer-Zeitung Teil A 1954 S. 317, und Riepl, Deutsche Steuer-Rundschau 1954 S. 265).
Demnach war die Rb. als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 409386 |
BStBl III 1959, 269 |
BFHE 1960, 22 |
BFHE 69, 22 |