Entscheidungsstichwort (Thema)
Der (Polo-)Sportausübung dienender Grundbesitz kein land- und forstwirtschaftliches Vermögen
Leitsatz (NV)
Ist ein zeitlich überwiegend als Weidefläche für Pferde genutztes Grundstück, das in der übrigen Zeit den Vereinsmitgliedern des Pächters (Poloclub) als Trainingsspielfläche und Wettkampfstätte dient, Bestandteil einer zur Ausübung des Polosports errichteten und unterhaltenen Gesamtanlage, wird der grundsätzlich im Gesetz unterstellte Bezug zwischen Pferdehaltung und Landwirtschaft von dem das Polospiel der Pferdebesitzer ermöglichenden Vereinsbetrieb des Grundstückspächters in einer Weise überlagert, die seiner Gesamttätigkeit und damit auch der für die bewertungsrechtliche Vermögenszuordnung der Fläche maßgeblichen Zweckbestimmung ein anderes -- nämlich durch die Ausübung von Freizeit- und Wettkampfsport beherrschtes -- Gepräge gibt.
Normenkette
BewG § 33 Abs. 1, § 34 Abs. 7, § 51
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin des während des Klageverfahrens verstorbenen Landwirts H. Dieser hatte ab dem Jahre 1976 Teile seines Grundbesitzes einschließlich eines Stalles und mehrerer Lagerräume sowie -- von 1980 an -- noch weitere, in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang stehende Flächen, u. a. das hier streitige Flurstück X, für die Dauer von zunächst zehn Jahren an einen Polo-Verein (Pächter) verpachtet. Das gesamte Gelände dient den Mitgliedern des Pächters zur Ausübung des Polosports, und zwar sowohl zu Trainingszwecken als auch -- mehrmals jährlich -- zur Durchführung von Turnieren. Hierfür hat der Pächter auf einem Teil des Geländes u. a. eine mit Bänken versehene Zuschauerzone, ein Podest für die Turnierleitung, eine Pferdeführan lage, einen Clubraum, eine Freifläche für Verkaufsstände und einen Parkplatz hergerichtet. Der andere (unbebaute) Teil des Geländes, zu dem auch das hier streitige Flurstück gehört, dient als Polospiel- und Weidefläche. Dem H selbst war nur noch eine geringe Fläche zur landwirtschaftlichen Eigennutzung verblieben.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) hatte das hier streitige Flurstück X im Wege einer auf den 1. Januar 1980 durchgeführten Nachfeststellung (wegen Neugründung einer wirtschaftlichen Einheit) bestandskräftig als unbebautes Grundstück bewertet.
H beantragte im Oktober 1985 erfolglos, die streitige Fläche ab 1. Januar 1985 (wieder) als land- und forstwirtschaftliches Vermögen zu bewerten.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, das Flurstück X biete eine ausreichende Futtergrundlage für die nur etwa 20 "Pensionspferde" des Pächters und werde von Mitte September bis Mitte April des Folgejahres und damit zeitlich überwiegend als Weideland und Auslauffläche genutzt. Daß durch die Haltung der Polopferde vor allem die Freizeitgestaltung der Clubmitglieder gefördert werde, stehe -- wie der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 23. September 1988 III R 182/84 (BFHE 154, 364, BStBl II 1989, 111) ausdrücklich entschieden habe -- dem landwirtschaftlichen Charakter der Reitpferdehaltung nicht entgegen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab und vertrat die Auffassung, die von dem Grundstückspächter ausgeübte Tätigkeit überschreite den Bereich der Land- und Forstwirtschaft. Die Fläche diene dem Wettkampfsport und sei -- wie eine Pferderennbahn -- als unbebautes Grundstück zu bewerten.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts und beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und das FA zu verpflichten, das streitige Grundstück auf den 1. Januar 1985 als land- und forstwirtschaftliches Vermögen zu bewerten.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
Im Ergebnis zutreffend hat das FG entschieden, daß der Klägerin ein Anspruch auf Bewertung der an den Pächter verpachteten Grundstücksfläche X als land- und forstwirtschaftliches Vermögen auf den 1. Januar 1985 nicht zusteht.
Zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft dauernd zu dienen bestimmt sind. Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ist die wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§ 33 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i. V. m. § 2 des Bewertungsgesetzes -- BewG --). Hierzu gehören u. a. auch -- ggf. aus mehreren Parzellen bestehende -- Stückländereien, d. h. einzelne land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen, bei denen die Wirtschaftsgebäude oder die Betriebsmittel oder beide Arten von Wirtschaftsgütern nicht dem Eigentümer des Grund und Bodens gehören (§ 34 Abs. 7 Sätze 1 und 2 BewG).
Das hier streitige Grundstück wird entgegen der Auffassung der Klägerin nicht für Zweke der Land- und Forstwirtschaft genutzt. Hierunter versteht man die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Grund und Bodens zur Erzeugung von Pflanzen und Tieren sowie die unmittelbare Verwertung dieser Erzeugnisse durch Verkauf bzw. Selbstverbrauch (BFH-Urteile vom 16. November 1978 IV R 191/74, BFHE 126, 220, BStBl II 1979, 246, 247, m. w. N., und vom 24. Januar 1989 VIII R 91/83, BFHE 156, 121, BStBl II 1989, 416; Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 9. Aufl. 1992, § 33 BewG Anm. 2, m. w. N.; Glier in Moench u. a., Bewertungs- und Vermögensteuergesetz, Kommentar, 3. Aufl. 1995, § 33 BewG Rdnr. 1). Zur Land- und Forstwirtschaft gehören auch die Zucht und Haltung von Tieren der in Anlage 1 zu § 51 BewG aufgeführten Art, sofern der Betrieb ihnen -- gemessen am gesetzlichen Flächenschlüssel -- eine ausreichende Futtergrundlage bietet (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 23. September 1988 III R 182/84, BFHE 154, 364, BStBl II 1989, 111) und es sich bei der Tierhaltung um eine typische landwirtschaftliche Betätigung handelt.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Bei der Pferdehaltung des Pächters (Poloclub) handelt es sich nicht um eine typisch landwirtschaftliche Betätigung. Der Zuordnung einer Tierhaltung zur Land- und Forstwirtschaft steht es nämlich entgegen, wenn weitere, nicht der Landwirtschaft zuzurechnende Dienstleistungen oder Tätigkeiten hinzukommen und als Schwerpunkt der betrieblichen oder privaten Betätigung dieser das Gepräge geben (vgl. BFH-Urteil vom 30. September 1980 VIII R 22/79, BFHE 132, 29, BStBl II 1981, 210, und in BFHE 156, 121, BStBl II 1989, 416).
So aber liegen die Dinge hier. Der grundsätzlich im Gesetz unterstellte Bezug zwischen Pferdehaltung und Landwirtschaft wird im Streitfall von dem das Polospiel der Pferdebesitzer ermöglichenden und fördernden Vereinsbetrieb des Pächters über lagert, und zwar in einer Weise, die seiner Gesamttätigkeit und damit auch der für die bewertungsrechtliche Vermögenszuordnung der Fläche maßgeblichen Zweckbestimmung ein anderes -- nämlich primär durch die Ausübung von Freizeit- und Wettkampfsport beherrschtes -- Gepräge gibt.
Daß die hier zu beurteilende Fläche zeitlich überwiegend als Weidefläche für die Pferde und in der übrigen Zeit als Spielfläche für den Wettkampfsport dient und keine speziellen Einrichtungen für die Vereinszwecke des Pächters aufweist, steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Denn das Grundstück war -- wie die übrigen an den Poloclub verpachteten angrenzenden Flächen -- Bestandteil einer vom Pächter im Rahmen seines Vereinsbetriebs errichteten und unterhaltenen Anlage zur Ausübung des Polosports und diente deshalb denselben, nicht der Landwirtschaft zuzurechnenden Zwecken der Gesamtanlage.
Entgegen der Auffassung der Klägerin steht dieser Beurteilung auch nicht die BFH-Entscheidung in BFHE 154, 364, BStBl II 1989, 111 entgegen. Denn im Streitfall geht es -- anders als dort -- nicht um einen Steuerpflichtigen, der neben einem ertragsteuerrechtlich anerkannten Betrieb der Land- und Forstwirtschaft außerdem noch andere (hinsichtlich ihrer Qualifizierung streitige) Tätigkeiten (u. a. Pensionspferdehaltung) ausübt, sondern um die tatsächliche Nutzung bzw. Zweckbestimmung eines bestimmten Grundstücks, die der Steuerpflichtige an einen ausschließlich Reitpferde haltenden Polosportclub f ür Zwecke seines Vereinsbetriebs verpachtet hat. Da der Poloclub selbst keine landwirtschaftlichen Zwecke verfolgt, sondern entsprechend seiner Satzung lediglich den sportlichen bzw. gesellschaftlichen Bedürfnissen seiner Mitglieder verpflichtet ist, kommt bewertungsrechtlich eine Zuordnung der diesen Zwecken ausschließlich dienenden Grundstücke zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen nicht in Betracht.
Fundstellen
Haufe-Index 421718 |
BFH/NV 1997, 169 |