Entscheidungsstichwort (Thema)
Tatsächliche Verständigung über Umfang der Geschäftsführervergütung
Leitsatz (NV)
Der Umfang, insbesondere der Verhältnisanteil, der als angemessen anzusehenden variablen Bestandteile der Geschäftsführervergütung einer GmbH, kann Gegenstand einer tatsächlichen Verständigung sein.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt ein Unternehmen, das sich im wesentlichen mit der Ausführung von Hoch- und Tiefbauarbeiten befaßt. Ihr Stammkapital in Höhe von 100 000 DM wird in voller Höhe von ihrem Geschäftsführer (A) gehalten. Im Acht-Jahres-Durchschnitt der Jahre 1985 bis 1992 wies die Klägerin bei Umsätzen von 3 712 732 DM Gewinne von 27 097 DM aus; die Personalkosten beliefen sich auf 1 862 394 DM und hiervon für den Geschäftsführer 245 995 DM einschließlich Tantiemen von 78 425 DM. A erhielt nach dem mit der Klägerin geschlossenen Vertrag vom 4. Januar 1985 ein monatliches Bruttogehalt von zunächst 9000 DM, eine Weihnachtsgratifikation in Höhe des Monatsgehalts, außerdem eine Leistungszulage von 2 v. H. der Gesamtleistung, maximal in Höhe der monatlichen Festvergütung. Von dieser Zulage sollten von A alle für die Auftragsvergabe notwendigen Aufwendungen gezahlt werden, soweit der Empfänger dieser Leistungen nicht benannt werden sollte oder das übliche Maß überschritten werde. Die Leistungszulage sollte nur gezahlt werden, soweit der GmbH ein unter Berücksichtigung der Verzinsung des Eigenkapitals notwendiger Gewinn verbliebe, wobei als Mindestgewinn der Klägerin hierbei ein Jahresüberschuß vor Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer von 25 v. H. des Eigenkapitals zu verstehen war. A stand darüber hinaus eine jährliche Tantieme in Höhe von 30 v. H. des handelsrechtlichen Jahresüberschusses der GmbH vor Gewerbesteuer und Körperschaftsteuer, etwaigen Gewinnanteilen stiller Gesellschafter sowie vor Geschäftsführertantiemen zu. Auch die Tantieme wurde nur gezahlt, soweit der Klägerin unter Berücksichtigung der Tantieme eine angemessene Verzinszung des Eigenkapitals wie bei der Leistungszulage verblieb. Durch Nachtrag vom 26. April 1988 wurde der Geschäftsführervertrag dahin ergänzt, daß die Leistungszulage und die Tantieme 60 v. H. des Jahresüberschusses vor Leistungszulage, Tantieme und Steuern vom Ertrag nicht übersteigen durfte.
Im Jahre 1989 fand bei der Klägerin für die Veranlagungszeiträume 1985 bis 1988 eine Betriebsprüfung des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt -- FA --) statt, deren Gegenstand auch die Angemessenheit des Geschäftsführergehalts war. Unter Tz. 18.4 des Prüfungsberichts vom 19. Oktober 1989 hieß es: "Die Höhe der Tätigkeitsvergütung wurde in der Schlußbesprechung eingehend erörtert. Hierbei wurde Einigung darüber erzielt, daß die Höhe der Tätigkeitsvergütung für den Prüfungszeitraum anerkannt wird, daß aber ab 1989 die unter 18.3 bezeichnete Begrenzung von 60 % auf 50 % herabgesetzt wird." Am 1. Juni 1992 wurde der Geschäftsführervertrag vom 4. Januar 1985 daraufhin durch einen weiteren Nachtrag geändert. Hiernach erhielt A nunmehr ein monatliches Bruttogehalt von 11 000 DM. Die Leistungszulage und die Tantieme wurden auf 50 v. H. des Jahresüberschusses vor Leistungszulage, Tantiemen und Steuern vom Ertrag begrenzt. Im Jahre 1993 wurde bei der Klägerin eine Anschlußprüfung für die Veranlagungszeiträume 1989 bis 1991 durchgeführt, bei der die Leistungszulage und Tantieme im Hinblick auf die geänderten Berechnungsgrundlagen durch die Betriebsprüfung neu berechnet wurden.
Auf dieser Basis berechnete die Klägerin auch die Zulage und die Tantieme für das Streitjahr 1992. Im einzelnen ergab sich hiernach folgende Gesamtausstattung von A:
5 x 9000 DM =45 000,00 DM 7 x 11 000 DM =77 000,00 DM Urlaubsgeld4500,00 DM Weihnachtsgeld11 000,00 DM Krankenversicherungs-
zuschuß3569,00 DM Leistungszulage74 600,00 DM Sachbezüge13 697,10 DM Tantieme21 100,00 DM Pensionsrückstellung64 624,00 DM
Gesamt315 090,10 DM Abweichend hiervon wurde der Gesamtbetrag aus Leistungszulage und Tantieme durch das FA nunmehr aber auf den Höchstbetrag von 30 v. H. des Jahresüberschusses vor Leistungszulage, Tantiemen und Steuern vom Ertrag begrenzt. Eine 50 %ige variable Vergütung widerspreche der Sorgfalt des ordentlichen Geschäftsleiters, zumal A mit dem Gehalt von mittlerweile 11 000 DM monatlich ohnehin am oberen Ende der Angemessenheit liege. Den darüber hinausgehenden Betrag von 38 250 DM behandelte das FA als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA).
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 491 wiedergegeben.
Ihre Revision begründet die Klägerin mit Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Körperschaftsteuer 1992 ohne Ansatz einer vGA von 38 250 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Unter einer vGA i. S. des §8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1977 ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 11. Dezember 1991 I R 49/90, BFHE 166, 545, BStBl II 1992, 434). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (BFH-Urteil vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626). Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender Gesellschafter, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren und von vornherein abgeschlossenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (vgl. Senatsurteile vom 22. September 1976 I R 68/74, BFHE 120, 200, BStBl II 1977, 15; vom 14. März 1990 I R 6/89, BFHE 160, 459, BStBl II 1990, 795; vom 13. März 1991 I R 1/90, BFHE 164, 255, BStBl II 1991, 597).
2. Von diesen Grundsätzen ausgehend hat das FA für den Streitfall angenommen, daß die dem Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin versprochenen variablen Bestandteile des Geschäftsführergehalts von 50 v. H. des Jahresüberschusses der Klägerin vor Abzug dieser variablen Vergütung und der Ertragsteuern der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters widersprächen. Das FG hat diese -- unter den Beteiligten eigentlich streitige -- Frage im Ergebnis jedoch dahinstehen lassen, weil es bereits eine ohnehin überhöhte Gesamtausstattung von A angenommen hat. Das FG hat allerdings zugleich verneint, daß die Verfahrensbeteiligten -- das FA einerseits und die Klägerin andererseits -- sich in der Schlußbesprechung der Außenprüfung betreffend die Veranlagungszeiträume 1985 bis 1988 für zukünftige Zeiträume auf einen entsprechenden variablen Vergütungsanteil von maximal 50 v. H. -- bezogen auf die seinerzeitige Geschäftsführer-Gesamtausstattung von A -- verständigt hätten. Von einer derartigen Verständigung könne keine Rede sein, weil es sich hierbei nicht -- zulässigerweise -- um die Verständigung über tatsächliche, sondern -- was bisheriger Rechtsprechung nach unzulässig gewesen wäre (vgl. BFH-Urteil vom 31. Juli 1996 XI R 78/95, BFHE 181, 103, BStBl II 1996, 625, m. w. N., aber auch Niedersächsisches FG, Urteil vom 19. November 1996 VI 393/92, EFG 1997, 846) -- um rechtliche Umstände gehandelt habe. Dem stimmt der erkennende Senat nicht zu. Die Verständigung über die Angemessenheit der Geschäftsführer-Gesamtausstattung und einen als angemessen angesehenen Anteil der variablen Vergütung an dieser Gesamtausstattung stellt zwar als solche die Verständigung über eine rechtliche Beurteilung dar. Zugleich liegt darin aber die Verständigung über tatsächliche (Vor-)Fragen, nämlich zum einen die Fixierung eines bestimmten Vergütungsrahmens nach Höhe und Zusammensetzung und zum anderen die Festlegung des Anteils auf einen bestimmten Verhältniswert. Die im Rahmen der Schlußbesprechung getroffene Verständigung war nach den weiteren Voraussetzungen, die hierfür in ständiger Rechtsprechung als erforderlich angesehen werden, auch wirksam: An ihr hat seitens der Finanzverwaltung ein entsprechend entscheidungsbefugter Beamter mitgewirkt; die Verständigung führt angesichts der nach wie vor bestehenden Ungewißheiten darüber, in welcher Höhe die Gesamtausstattung des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH sowie eine diesem gewährte variable Vergütung als angemessen anzusehen ist, auch nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen (zu den Voraussetzungen im einzelnen s. BFH-Urteil in BFHE 181, 103, BStBl II 1996, 625, m. w. N.).
Das FA beruft sich demgegenüber zu Unrecht auf die Grundsätze der Abschnittsbesteuerung. Zwar trifft es zu, daß sich aus den Ergebnissen einer Außenprüfung prinzipiell keine bindenden Wirkungen auf andere Veranlagungszeiträume ableiten lassen. Im Streitfall ist die in Rede stehende Verständigung anläßlich der erwähnten Schlußbesprechung jedoch gerade nicht auf den seinerzeitigen Prüfungszeitraum 1985 bis 1988 bezogen worden, vielmehr auf die sich anschließende Zeit ab 1989. Dies betrifft in erster Linie den Verhältnisanteil der variablen Vergütungen, gleichzeitig aber auch die Gesamtvergütung als solche, da diese die maßgebliche Bezugsgröße für den Anteilswert darstellt und letztere ohne gleichzeitige Verständigung über den Gesamtrahmen ins Leere ginge. Darauf haben sich die Beteiligten sodann auch eingestellt, wie einerseits der am 1. Juni 1992 geänderte Anstellungsvertrag von A als Geschäftsführer und andererseits die Ergebnisse der Anschluß-Betriebsprüfung für die Jahre 1989 bis 1991 und schließlich -- bezogen auf die Frage der angemessenen Gesamtausstattung -- auch die Veranlagung des FA für das Streitjahr zeigen. Es gab insofern keine Veranlassung, von der Verständigung für das Streitjahr 1992 ohne weiteres abzurücken. Sie ist grundsätzlich bindend.
3. Dennoch kann der Senat aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen nicht zugunsten der Klägerin durcherkennen.
a) Die tatsächliche Verständigung zwischen den Beteiligten kam im Anschluß an die Außenprüfung betreffend die Jahre 1985 bis 1988 zustande und resultierte aus den entsprechenden Prüfungserkenntnissen. Ihr zugrunde lag folglich -- nach Höhe und Zusammensetzung -- auch (nur) die in diesen Jahren an A geleistete Gesamtvergütung. Deshalb ist davon auszugehen, daß die Verständigung unter dem (stillschweigenden) Vorbehalt gleichbleibender tatsächlicher Verhältnisse stand. Nur insoweit müssen die Beteiligten sich daran festhalten lassen. Tatsächlich ist der zwischen der Klägerin und A geschlossene Geschäftsführervertrag jedoch am 1. Juni 1992 geändert worden; das monatliche Bruttogehalt wurde von bislang 9000 DM auf fortan 11 000 DM um 2000 DM erhöht. Zugleich ergaben sich daraus Wechselwirkungen auf die Höhe anderer Vergütungsbestandteile, so z. B. die Pensionsrückstellung, die Weihnachtsgratifikation. Im Umfang dieser Erhöhungbeträge und der Erhöhung des Festgehaltes liegen nach den Feststellungen der Vorinstanz jedoch vGA vor.
b) Dies ergibt sich aus folgendem: Das FG hat in seiner Entscheidung, wie erwähnt, die Gesamtvergütung als solche als unangemessen angesehen. Es ist zu diesem Ergebnis anhand der Umsatz- und Gewinnentwicklung der Klägerin sowie weiterer interner und auch externer Vergleichsgrößen im Rahmen des anzustellenden Fremdvergleichs gelangt. Die betreffenden Feststellungen liegen überwiegend auf tatsächlichem Gebiet. Sie sind für den erkennenden Senat in der Revisionsinstanz bindend (§118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Verstöße gegen die Denkgesetze und Erfahrungssätze sind nicht erkennbar und werden von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Letzten Endes wendet sie sich mit ihrem Revisionsvorbringen nach wie vor allein gegen den umstrittenen Verhältnisanteil der von A vereinnahmten variablen Vergütung am erwirtschafteten Gewinn. Sie stellt dabei darauf ab, daß im Ausgangspunkt nicht einmal das FA die Unangemessenheit der Gesamtvergütung beanstandet habe. Auf die von der Vorinstanz im Rahmen des Fremdvergleichs angestellten Überlegungen war deshalb nicht mehr einzugehen.
c) Folglich muß sich der Umstand, daß der im Streitfall gewählte Aufteilungsmaßstab sowie die Gesamtausstattung nach Maßgabe der Verhältnisse der Jahre 1985 bis 1988, wie unter 2. dargelegt, der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen kann, auf das Gesamtergebnis der Steuerfestsetzung nicht auswirken. Dafür kommt es vielmehr auf den betragsmäßig-rechnerischen Umfang jener Ausstattungsbestandteile an, die auf die erhöhten Monatsgehälter zurückzuführen sind. Es ist Sache des FG, diesen Umfang zu ermitteln und festzustellen und hiernach die vGA neu zu berechnen.
Fundstellen
Haufe-Index 66487 |
BFH/NV 1998, 498 |