Entscheidungsstichwort (Thema)
Kapitalkonto i. S. § 15 a Abs. 1 EStG umfaßt nicht das Sonderbetriebsvermögen; erweiterter Verlustausgleich i. S. § 15 a Abs. 1 Satz 2 EStG nur bei Anlegung eines vorsichtigen Maßstabes auszuschließen; die vom Streit über die Versagung des Verlustausgleichs betroffenen Kommanditisten sind beizuladen
Leitsatz (NV)
1. Die Anwendung des § 15 a Abs. 1 Satz 2 EStG (erweiterter Verlustausgleich) ist gemäß Satz 3 der Vorschrift nur dann ausgeschlossen, wenn die finanzielle Ausstattung der Gesellschaft und deren gegenwärtige sowie voraussichtlich zukünftige Liquidität im Verhältnis zum nach dem Gesellschaftsvertrag festgelegten Gesellschaftszweck und dessen Umfang so außergewöhnlich günstig sind, daß die finanzielle Inanspruchnahme des einzelnen zu beurteilenden Kommanditisten nicht zu erwarten ist.
2. Dabei ist der Art und Weise des Geschäftsbetriebs in besonderem Maße Rechnung zu tragen. Das bedeutet, daß der finanziellen Ausstattung der Gesellschaft um so weniger Gewicht zukommt, je weniger der nach dem Gesellschaftsvertrag festgelegte Gegenstand des Unternehmens verlustträchtig erscheint und je weniger die für einen überschaubaren Zeitraum zu erwartende Geschäftsentwicklung auch nur kurzzeitige Liquiditätsengpässe der Gesellschaft als möglich erscheinen läßt.
3. Bei der Gewichtung der genannten Komponenten ist ein vorsichtiger Maßstab in dem Sinne anzulegen, daß die für eine mögliche Vermögensminderung sprechenden Umstände im Zweifel eher über- denn unterzubewerten sind.
4. Bei der Ermittlung der Höhe des Kapitalkontos i. S. des § 15 a Abs. 1 EStG ist das Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten außer Betracht zu lassen.
5. Besteht Streit über die Frage, ob die Verlustanteile bestimmter Kommanditisten wegen angeblichen Bestehens eines negativen Kapitalkontos gemäß § 15 a EStG zu kürzen sind, so sind die betroffenen Kommanditisten notwendig beizuladen.
Normenkette
EStG § 15a Abs. 1; FGO §§ 48, 60
Gründe
Vorbemerkung: Das Urteil VIII R 68/87 enthält keine über den Leitsatz zu 5. hinausgehenden Rechtsgrundsätze. Vom Abdruck dieser Entscheidung wird deshalb abgesehen. Das Urteil nimmt aber Bezug auf die Urteile vom selben Tag VIII R 111/86 und VIII R 31/88, BFHE 164, 526, 516. Die wesentlichsten Teile der Begründungen dieser Urteile werden nachstehend abgedruckt.
Aus VIII R 111/86 (zu § 15 a Abs. 1 Satz 2, 3 EStG):
,,Der Senat ist der Auffassung, daß mit der Eintragung der Haftsumme in das Handelsregister in der Regel ein echtes wirtschaftliches und nicht nur ein formal-juristisches Risiko verbunden und ein solches Risiko ausnahmsweise nur dann zu verneinen ist, wenn die finanzielle Ausstattung der Gesellschaft und deren gegenwärtige sowie zu erwartende Liquidität (nicht nur stichtagsbezogen) im Verhältnis zum nach dem Gesellschaftsvertrag festgelegten Gesellschaftszweck und dessen Umfang so außergewöhnlich günstig sind, daß die finanzielle Inanspruchnahme des einzelnen zu beurteilenden Kommanditisten nicht zu erwarten ist. Dabei ist der Art und Weise des Geschäftsbetriebs in besonderem Maße Rechnung zu tragen. Das bedeutet, daß der finanziellen Ausstattung der Gesellschaft um so weniger Bedeutung zukommt, je weniger der nach dem Gesellschaftsvertrag festgelegte Gegenstand des Unternehmens verlustträchtig erscheint und je weniger die für einen überschaubaren Zeitraum zu erwartende Geschäftsentwicklung auch nur kurzzeitige Liquiditätsengpässe der Gesellschaft als möglich erscheinen läßt.
Bei der Gewichtung der genannten Komponenten ist ein vorsichtiger Maßstab in dem Sinne anzulegen, daß die für eine mögliche Vermögensminderung sprechenden Umstände im Zweifel eher über- denn unterzubewerten sind.
Der Senat hält diese Auslegung der Vorschrift aus mehreren Erwägungen für die zutreffende:
a) Für sie spricht die vorsichtige Wortwahl des Gesetzes. Die gefundene Formulierung, daß Abs. 1 Satz 2 (erweiterte Verlustausgleichsmöglichkeit) nur anzuwenden ist, wenn . . . ,,eine Vermögensminderung aufgrund der Haftung nicht" . . . ,,nach Art und Weise des Geschäftsbetriebs unwahrscheinlich ist" enthält eine doppelte Verneinung (,,nicht . . . unwahrscheinlich").
Dies stellt eine graduelle Abschwächung gegenüber der positiven Aussage ,,wahrscheinlich" dar. D. h. es ist für die Anwendbarkeit des Satzes 2 nicht erforderlich, daß die Vermögensminderung wahrscheinlich ist. Es reicht schon aus, daß kein Fall der Unwahrscheinlichkeit vorliegt. Dieser Akzentuierung ist bei der Auslegung des Gesetzes Rechnung zu tragen. Voraussetzung für den erweiterten Verlustausgleich i. S. Satz 2 ist mithin nicht die Wahrscheinlichkeit einer Vermögensminderung, sondern das Fehlen einer (so ungewöhnlich günstigen) Konstellation, bei der die Vermögensminderung als unwahrscheinlich angesehen werden kann.
b) Das wirtschaftliche Risiko, aus der Kommandithaftung in Anspruch genommen zu werden, stellt insbesondere bei neugegründeten Kommanditgesellschaften, deren wirtschaftliche Entwicklung noch schwer abschätzbar ist, den Normalfall dar. Dies gilt in besonderem Maße bei Gesellschaften mit einer Vielzahl von Gesellschaftern, die im letzten Jahrzehnt in großer Zahl entstanden und zum nicht unerheblichen Teil - auch aufgrund unseriösen Geschäftsgebarens und/oder geschäftlicher Unerfahrenheit ihrer Organe - wieder beendet worden sind. Nur in besonders gelagerten Fällen (bereits längeres Bestehen der Gesellschaft, gute bisherige Geschäftserfolge, erfahrene und seriöse Manager) wird ein objektiver Betrachter die Prognose wagen können, die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft sei so günstig, daß eine Inanspruchnahme der Kommanditisten aus ihrer Haftsumme nicht wahrscheinlich ist.
c) Für eine Auslegung des Satzes 3 in dem Sinne, daß im Zweifel ein erweiterter Verlustausgleich nach Satz 2 zulässig ist, spricht zudem die Elastizität der gesetzlichen Formulierung. In § 15 a Abs. 1 Satz 3 EStG werden Umstände zur Voraussetzung der Anwendung einer begünstigenden Norm erhoben, deren Annahme oder Ablehnung in starkem Maße von subjektiven Wertungen abhängt. Der Senat folgt zwar nicht der im Schrifttum mitunter vertretenen Auffassung, daß Satz 3 mangels hinreichender Bestimmtheit dem Gebot der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung nicht genüge und deshalb unanwendbar sei. Er hält die Vorschrift bei Auslegung im oben genannten Sinne für noch hinreichend bestimmt. Verwendet der Gesetzgeber indes - wie im vorliegenden Falle - eine nur schwer griffige Formulierung, um die Voraussetzungen für eine Steuerverschärfung zu umschreiben, so erfordert es das Gebot der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung, bei der Auslegung dieser Formulierung behutsam vorzugehen.
Bei der Wertung der Voraussetzungen des Satzes 3 ist nicht nur auf die Verhältnisse am Bilanzstichtag, sondern auch auf die voraussichtliche zukünftige Entwicklung abzustellen. Denn entscheidender Maßstab ist die Art und Weise des Geschäfts,,betriebs", d. h. eines permanent ablaufenden dynamischen Vorgangs, der nicht am Bilanzstichtag endet.
Dies gilt insbesondere für die Einschätzung der Entwicklung der Kosten einschließlich Zinsen als auch der am Markt zu erzielenden Erlöse. So ließe die Zugrundelegung der am Bilanzstichtag erzielbaren Erlöse (etwa der Frachteinnahmen einer Schiffahrts-KG) und deren Fortschreibung für einen längeren Zeitraum, obgleich mit dem alsbaldigen Entstehen massiver Konkurrenz zu rechnen ist, die gesamte ,,Unwahrscheinlichkeitsprognose" als fehlerhaft erscheinen.
Außer Ansatz zu lassen bei der ,,Nichtunwahrscheinlichkeitsprognose" sind vereinbarte und zu erwartende Einlagen der Kommanditisten nach dem Bilanzstichtag. Denn bei der Prognose ist auf die Art und Weise des Geschäftsbetriebs, nicht dagegen auf die Zahlungsmoral und Zahlungsfähigkeit der Kommanditisten bezüglich der eingegangenen Einlageverpflichtung abzustellen.
Diese Auslegung ist auch vom Sinn der Vorschrift her geboten. Wie eingangs dargestellt, soll die erweiterte Verlustausgleichsmöglichkeit dann nicht in Betracht kommen, wenn mit der Eintragung der Haftsumme kein echtes Risiko des Verlustes der Hafteinlage verbunden ist. Da das Ersetzen der Hafteinlage durch die tatsächliche Einlage das Risiko des Kommanditisten, die Einlage zu verlieren, nicht vermindert, kann die Erwartung bzw. Voraussehbarkeit dieses Vorgangs nicht als eine den erweiterten Verlustausgleich hindernde Komponente angesehen werden.
Einzuräumen ist, daß bei einer strikt am Wortlaut orientierten Auslegung der Vorschrift eine Vermögensminderung ,,aufgrund der Haftung" unwahrscheinlich ist, wenn alsbald nach dem Bilanzstichtag die Leistung der Einlage zu erwarten ist. Dem kann indes kein erhebliches Gewicht beigemessen werden. Denn die Leistung der Einlage stellt in diesen Fällen quasi das Surrogat des Haftungstatbestandes dar."
Aus VIII R 31/88 (Begriff des Kapitalkontos):
,,Der Senat folgt der Auffassung, daß bei der Ermittlung des Werts des Kapitalkontos i. S. § 15 a EStG das aktive und passive Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten nicht zu berücksichtigen ist. Maßgeblich für das Kapitalkonto des Kommanditisten i. S. von § 15 a EStG kann nur die Steuerbilanz der Gesellschaft und ggf. eine Ergänzungsbilanz sein, nicht aber die sog. Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft. Diese Auslegung mag, wenn man nur auf den Wortlaut des § 15 a EStG abstellt, nicht zwingend sein. Sie ergibt sich aber aus dem Systemzusammenhang und dem Zweck der Vorschrift.
Der Begriff ,,negatives Kapitalkonto des Kommanditisten" wird in § 15 a EStG nicht definiert; er ist für sich gesehen mehrdeutig. In der Handelsbilanz bringt das Kapitalkonto des Kommanditisten den gegenwärtigen Stand seiner Einlage zum Ausdruck. Es wird negativ, wenn auf dem Kapitalkonto durch Zuweisung von Verlustanteilen oder durch Entnahmen ein Sollsaldo entsteht (Huber, Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht - ZGR - 1988, 1, 9, 11). Da § 15 a EStG eine einkommensteuerrechtliche Vorschrift ist, kann mit dem Kapitalkonto i. S. des Abs. 1 nicht das Kapitalkonto des Kommanditisten in der Handelsbilanz gemeint sein. Vielmehr ist der herrschenden Meinung darin zu folgen, daß das Kapitalkonto des Kommanditisten in der Steuerbilanz maßgeblich sein muß. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht auch der Umstand, daß dem negativen Kapitalkonto des Kommanditisten gemäß § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG der nach steuerrechtlichen Vorschriften zu ermittelnde Verlustanteil gegenüberzustellen ist (Schulze-Osterloh in Herrmann / Heuer / Raupach, a. a. O., Rz. 221). ,,Kapitalkonto" i. S. des § 15 a Abs. 1 EStG ist nicht das Kapitalkonto des Kommanditisten in der Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft, sondern das Kapitalkonto in der Steuerbilanz der Gesellschaft. In diesem Sinne ist der Begriff des negativen Kapitalkontos außerhalb des sachlichen und zeitlichen Anwendungsbereichs des § 15 a EStG allgemein verstanden worden (vgl. L. Schmidt, DStR 1989, 536; Groh, DB 1990, 13, 14). Damit übereinstimmend hat auch der Große Senat des BFH als negatives Kapitalkonto des Kommanditisten nur dessen Kapitalkonto in der Steuerbilanz der Gesellschaft angesehen (BFHE 132, 244, BStBl II 1981, 164).
Daß dies auch für die Auslegung des § 15 a EStG gelten muß, ergibt sich neben diesem historisch gewachsenen Verständnis des Ausdrucks ,,negatives Kapitalkonto" auch aus dem Bedeutungszusammenhang der einzelnen Regelungen des § 15 a EStG.
§ 15 a Abs. 1 EStG schließt den Ausgleich des dem Kommanditisten zuzurechnenden ,,Anteils am Verlust der KG" aus, soweit dadurch ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Der Begriff ,,Anteil am Verlust der KG" umfaßt nach einhelliger Auffassung nur den Verlust, der sich aus der Steuerbilanz der Gesellschaft und einer etwaigen Ergänzungsbilanz des Gesellschafters ergibt (vgl. die Nachweise bei v. Beckerath / Feddersen in Kirchhof / Söhn, a. a. O., Rz. B 71). Verluste, die der Gesellschafter im Bereich seines Sonderbetriebsvermögens erleidet, sind unbeschränkt ausgleichs- und abzugsfähig. Systematisch gehören Anteil am Gesellschaftsgewinn(-verlust) und Anteil am dadurch veränderten Gesellschaftskapital zusammen. Trennt man beide Begriffe und bezieht in das Kapitalkonto (nicht aber in den Verlustanteil) auch das (positive und negative) Sonderbetriebsvermögen ein, kommt es zu einer systemwidrigen Verknüpfung inkongruenter Bezugsgrößen (Schulze-Osterloh in Herrmann / Heuer / Raupach, a. a. O., Rz. 238; v. Beckerath / Feddersen in Kirchhof / Söhn, a. a. O., Rz. B 112; Groh, DB 1990, 13, 14). Bei einer Einbeziehung des Sonderbetriebsvermögens ergibt sich im übrigen die (vom Gesetz nicht geklärte) Frage, wie festgestellt werden soll, ob das negative Kapitalkonto durch den Anteil am Verlust der Gesellschaft entstanden ist, wenn der Gesellschafter im Verlustjahr zugleich einen Verlust im Sonderbetriebsvermögen erzielt hat (vgl. dazu v. Beckerath / Feddersen in Kirchhof / Söhn, a. a. O., Rz. B 116; Groh, DB 1990, 13, 14; L. Schmidt, a. a. O., § 15 a Anm. 22; Schulze-Osterloh in Herrmann / Heuer / Raupach, a. a. O., Rz. 238; Wassermeyer, DB 1985, 2634, 2636; ders., Deutscher Steuerberatertag 1985, 103, 108). Diese Frage, zu der im Schrifttum unterschiedliche Auffassungen vertreten werden (vgl. die Nachweise bei Kirchhof / Söhn, a. a. O., Rz. 172 ff.), tritt nicht auf, wenn man den Begriff des negativen Kapitalkontos in § 15 a EStG systemkonform auf die Steuerbilanz der Gesellschaft bezieht.
Die Höhe des Kapitalkontos wird durch Einlagen und Entnahmen beeinflußt. Der Begriff der Einlage wird in § 15 a Abs. 1 Satz 2 EStG im Zusammenhang mit der erweiterten Außenhaftung des Kommanditisten nach § 171 Abs. 1 HGB behandelt. ,,Einlagen" im Sinne dieser Vorschrift sind offensichtlich nur Einlagen in das Gesellschaftsvermögen, d. h. solche, die das Kapitalkonto des Kommanditisten in der Bilanz der Gesellschaft verändern, denn die erweiterte Außenhaftung nach § 171 HGB setzt voraus, daß die Hafteinlage im Handelsregister eingetragen ist. Als Hafteinlagen i. S. des § 171 HGB kommen jedoch nur Einlagen in das Gesellschaftsvermögen in Betracht. Der systematische Zusammenhang der Sätze 1 und 2 des § 15 a Abs. 1 EStG spricht somit dagegen, den Begriff ,,Kapitalkonto" auf das Kapitalkonto in der Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft zu beziehen.
Entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung und eines Teils der Literatur (vgl. z. B. Döllerer, DStR 1981, 19, 21; Uelner, StbJb 1981/82, 109) rechtfertigt auch der systematische Zusammenhang des § 15 a EStG mit § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht die Einbeziehung des Sonderbetriebsvermögens in das Kapitalkonto i. S. von § 15 a EStG. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG ergeben sich die von einem Mitunternehmer zu versteuernden gewerblichen Einkünfte aus der Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft (sog. Steuerbilanz zweiter Stufe). Der Anteil des Mitunternehmers am sog. Gesamtgewinn umfaßt zum einen den in § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG an erster Stelle genannten Anteil am Verlust der Gesellschaft, der sich aus der Steuerbilanz der Gesellschaft (sog. Steuerbilanz erster Stufe) ergibt, zum anderen das Ergebnis einer etwaigen Sonderbilanz der einzelnen Gesellschafter, in der u. a. die in § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG an zweiter Stelle genannten Sondervergütungen erfaßt werden, soweit diese bei der Ermittlung des Steuerbilanzgewinns der Gesellschaft als Aufwand angesetzt sind (vgl. BFH-Urteil vom 14. November 1985 IV R 63/83, BFHE 144, 572, BStBl II 1986, 58). Da § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG deutlich zwischen den ,,Gewinnanteilen" des Gesellschafters und den ,,Vergütungen" unterscheidet, läßt der Zusammenhang des § 15 a EStG mit § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG auch die Auslegung zu, daß der Begriff des Kapitalkontos in § 15 a EStG nur auf die Einkunftskomponente ,,Gewinnanteil" und damit auf die Steuerbilanz der Gesellschaft zu beziehen ist (ebenso: v. Beckerath / Feddersen in Kirchhof / Söhn, a. a. O., Rz. B 107).
Gegen eine Einbeziehung des Sonderbetriebsvermögens bei der Feststellung der Höhe des Kapitalkontos i. S. von § 15 a EStG spricht insbesondere der Zweck dieser Vorschrift, mit der der Verlustausgleich des Kommanditisten seinem Haftungsumfang angeglichen werden soll. In der amtlichen Begründung des Gesetzesentwurfs ist hierzu wörtlich folgendes ausgeführt (vgl. BTDrucks. 8/3648, S. 15 f.):
,,Kernstück der vorgeschlagenen Regelung ist ein neuer § 15 a des Einkommensteuergesetzes, durch den bei Kommanditisten und anderen Steuerpflichtigen, deren Haftung aus einer unternehmerischen Tätigkeit beschränkt ist, die Verlustverrechnung mit anderen positiven Einkünften grundsätzlich auf den Haftungsbetrag begrenzt wird; weitergehende Verluste sollen nur mit späteren Gewinnen aus derselben Tätigkeit verrechnet werden können. Diese Begrenzung entspricht dem der Einkommensteuer zugrunde liegenden Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit; denn Verluste, die über den Haftungsbetrag hinausgehen, belasten den Steuerpflichtigen im Jahr der Entstehung des Verlusts im Regelfall weder rechtlich noch wirtschaftlich. Eine wirtschaftliche Belastung entsteht nur aufschiebend bedingt, wenn und soweit später Gewinne entstehen."
Mit diesem Gesetzeszweck ist eine Einbeziehung des positiven oder negativen Sonderbetriebsvermögens in das Verlustausgleichspotential des Kommanditisten unvereinbar. Denn mit seinem positiven Sonderbetriebsvermögen haftet der Kommanditist für die Verluste der KG überhaupt nicht; es wird durch die Verluste der Gesellschaft nicht berührt. Berücksichtigt man gleichwohl das positive Sonderbetriebsvermögen bei der Ermittlung des Verlustausgleichsvolumens, so wird entgegen der mit § 15 a EStG verfolgten Absicht, negative Einkünfte eines beschränkt haftenden Gesellschafters nur insoweit zum Ausgleich und Abzug zuzulassen, als der Gesellschafter wirtschaftlich belastet ist, doch wieder ein negatives Kapitalkonto im Jahr der Entstehung des Verlustes wirksam (vgl. dazu die bei Groh, DB 1990, 13, 15, und Knobbe-Keuk, StuW 1981, 97, 99 gebildeten Beispiele).
Umgekehrt hat eine Kürzung des positiven Kapitalkontos in der Gesellschaftsbilanz um negatives Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten zur Folge, daß eine tatsächlich vom Kommanditisten getragene wirtschaftliche Belastung entgegen der Zielsetzung der Vorschrift unberücksichtigt bleibt. Hat beispielsweise der Kommanditist seine Einlage in voller Höhe mit einem Bankdarlehen finanziert, so beträgt sein Kapitalkonto in der Gesamtbilanz 0 DM. Er kann also einen Verlustanteil nicht ausgleichen, obwohl durch die Fremdfinanzierung der Einlage die Haftung des Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht vermindert wird. Dieses Ergebnis ist nicht systemgerecht und widerspricht der erklärten Zielsetzung des Gesetzgebers.
Die Finanzverwaltung kann für ihre Auffassung nur die oben bei 2. a) cc) zitierten Äußerungen in der Amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf anführen, die das Sonderbetriebsvermögen ausdrücklich ansprechen. Die Verfasser der Regierungsbegründung und des Berichts des Finanzausschusses (BTDrucks. 8/4157, S. 2) sind offensichtlich davon ausgegangen, daß das Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten ,,Kapital im Sinne der sofortigen Verrechenbarkeit von Verlusten darstellt". Durch die Einbeziehung vor allem des positiven Sonderbetriebsvermögens in das Verlustausgleichspotential sollten anscheinend die Auswirkungen des § 15 a EStG auf ,,normale", d. h. auf Gewinnerzielung angelegte Kommanditgesellschaften gemildert werden. Diese Auswirkungen sind bereits in der Entschließung des Bundesrates zum steuerlichen Ausschluß des negativen Kapitalkontos bei Mitunternehmern, die nur beschränkt haften, vom 3. Juni 1977 (BRDrucks. 694/76) erörtert worden, ohne daß der Bundesrat, der in seiner Entschließung offensichtlich von dem negativen Kapitalkonto des Kommanditisten in der Steuerbilanz erster Stufe ausgegangen ist, eine (teilweise) Berücksichtigung des negativen Kapitalkontos durch Einbeziehung positiven Sonderbetriebsvermögens in das Verlustausgleichspotential des Kommanditisten in Erwägung gezogen hätte. Erst im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurde die zitierte Interpretation des Begriffs ,,Kapitalkonto" in die Regierungsbegründung eingefügt (zur Entstehungsgeschichte vgl. v. Beckerath / Feddersen in Kirchhof / Söhn, a. a. O., Rz. A 181 ff.; Groh, DB 1990, 13, 16). Zu einer entsprechenden Anpassung des Gesetzestextes ist es jedoch nicht gekommen.
Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - (vgl. z. B. Urteil vom 21. Mai 1952 2 BvH 2/52, BVerfGE 1, 299, 312, und Beschluß vom 17. Mai 1960 2 BvL 11/59, 11/60, BVerfGE 11, 126, 131) und des BFH (vgl. z. B. Urteil vom 9. Oktober 1974 II R 67/68, BFHE 114, 281, BStBl II 1975, 245) ist für die Auslegung von Steuergesetzen der objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, wie er sich aus dem Gesetzeswortlaut und aus dem Sinnzusammenhang der Vorschrift ergibt. Der subjektive Wille der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen kann für die Auslegung nur insofern von Bedeutung sein, als er die Richtigkeit einer nach den sonstigen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die sonst nicht ausgeräumt werden könnten. Die Motive und Vorstellungen der Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaften können nur dann berücksichtigt werden, wenn sie im Gesetz selbst einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden haben (BVerfGE 11, 126, 130; BVerfG-Urteil vom 19. Dezember 1961 2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261, 268; Beschluß vom 16. Dezember 1981 1 BvR 898/79 u. a., BVerfGE 59, 128, 153). Im Wortlaut des § 15 a EStG finden sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, daß der Gesetzgeber das Kapitalkonto des Kommanditisten unter Einbeziehung des positiven und negativen Sonderbetriebsvermögens ermittelt sehen wollte. Vielmehr sprechen Wortlaut, Zweck und Sinnzusammenhang des § 15 a EStG übereinstimmend gegen die Berücksichtigung des Sonderbetriebsvermögens."
Fundstellen
Haufe-Index 422850 |
BFH/NV 1991, 824 |