Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Werden von einem Vollkaufmann Grundstücke gegen Grundstücke eingetauscht, so bemessen sich die Anschaffungskosten, mit denen die erworbenen Grundstücke anzusetzen sind, nach dem gemeinen Wert der hingegebenen Grundstücke.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2
Tatbestand
Die Stpfl., eine OHG, hatte im Jahre 1959 72,75 a Ackerland für insgesamt 52 416 DM gekauft. Ihr Vorhaben, auf den Grundstücken eine Aufbereitungsanlage zu errichten, erwies sich dann aber nicht als durchführbar. Aus diesem Grunde tauschte sie die Grundstücke im Jahre 1961 gegen 102,49 a Gemeindeland ein. In dem Tauschvertrag wurde die Leistung der Gemeinde mit 5000 DM und die der Stpfl. mit 29 000 DM bewertet. Zum Ausgleich hatte die Gemeinde ein Aufgeld von 24 000 DM zu zahlen. Außerdem verpflichtete sich die Gemeinde, den Zufahrtsweg zu den von ihr abgegebenen Grundstücken als Gemeindeweg auszubauen und eine hiermit zusammenhängende Brücke bis Ende 1965 zu verbreitern, um beides den neuen Verkehrsverhältnissen anzupassen. Die Stpfl. übernahm die vorläufige Herrichtung des Weges gegen eine Vergütung von 2500 DM. Sie erklärte sich nach der Genehmigung des endgültigen Ausbaus im Jahre 1962 bereit, den Ausbau für 26 000 DM durchzuführen und diesen Betrag der Gemeinde von 1963 ab als Darlehen auf 5 Jahre mit einer jährlichen Tilgung von 5200 DM zinslos zu stunden.
Die eingetauschten Grundstücke aktivierte die Stpfl. in der Schlußbilanz 1961 mit 5000 DM. Den Unterschied zwischen diesen 5000 DM, 24 000 DM Aufgeld und 150 DM Erlös für Bäume einerseits und dem Buchwert der von ihr hingegebenen Grundstücke von 52 416 DM andererseits (= 23 266 DM) behandelte sie als Veräußerungsverlust.
Das FA erkannte diesen Verlust bei der einheitlichen Gewinnfeststellung 1961 nicht an. Es rechnete dem angegebenen Wert der eingetauschten Grundstücke und dem Aufgeld den Wert der Verpflichtung der Gemeinde zum Ausbau des Weges und der Brücke hinzu und gelangte so zu einem Verkehrswert von 55 000 DM, den es wegen der zinslosen Stundung des Darlehens auf 48 500 DM minderte. Damit ergab sich ein Verlust von nur 3916 DM. Die Berufung hatte Erfolg. Die Stpfl., so führte das FG aus, habe nicht, wie das FA annehme, lediglich durch eine Unterbewertung der von ihr in Zahlung genommenen Grundstücke einen zu geringen Kaufpreis erhalten. Bei diesen Grundstücken handle es sich nach dem Gutachten des Gutachterausschusses der Gemeinde um ein sumpfiges, minderwertiges Wiesengelände, das im Hinblick auf vergleichbares Ackergelände mit dem angesetzten Wert sehr gut vergütet sei. Der sich danach ergebende qm-Preis habe durch die Verbesserung der Zufahrtswege keine änderung erfahren.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA muß zur Aufhebung der Vorentscheidung führen.
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG hat die Stpfl. die von ihr eingetauschten (erworbenen) Grundstücke mit den Anschaffungskosten anzusetzen. Wie hoch die von ihr aufgewendeten Anschaffungskosten sind, beurteilt sich nach der von ihr erbrachten Leistung. Diese besteht in der Hingabe der von ihr im Jahre 1959 erworbenen Grundstücke. Der gemeine Wert dieser Grundstücke (vgl. das Urteil des BFH I 175/60 U vom 11. Oktober 1960, BFH 71, 649, BStBl III 1960, 492) bildet den Ausgangspunkt für die Ermittlung der von ihr aufgewendeten Anschaffungskosten.
Ob bei einem Tausch statt des gemeinen Werts der hingegebenen Wirtschaftsgüter unter Umständen der gemeine Wert der erworbenen Wirtschaftsgüter selbst dem Ansatz dieser Güter zugrunde gelegt werden kann, braucht an dieser Stelle nicht untersucht zu werden. Im Hinblick darauf, daß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht den Wert des angeschafften Wirtschaftsgutes, sondern die für dessen Erwerb aufgewandten Kosten maßgebend sein läßt, kann jener Fall nur ausnahmsweise Bedeutung gewinnen. Im Streitfall ist nicht ersichtlich, was ein Abgehen von der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG rechtfertigen könnte.
Das FG hat danach zu Unrecht nicht den Wert der hingegebenen Grundstücke, sondern den der erworbenen ermittelt. Sein Urteil war wegen Rechtsirrtums aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Sie war daher zur anderweitigen Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Geht man den - noch zu prüfenden - Angaben des FA entsprechend davon aus, daß für Grundstücke, die in der Nähe der hingegebenen Grundstücke lagen, ein Preis von 6,68 DM je qm gezahlt worden ist, so würde das dafür sprechen, die hingegebenen Grundstücke etwa mit dem Betrag zu bewerten, den das FA angesetzt hat (rd. 48 500 DM). Es würde sich dann ein Verlust von (52 416 ./. 48 500 =) 3916 DM ergeben, der seinen Grund offenbar darin hätte, daß die Stpfl. im Hinblick auf das von ihr beabsichtigte Vorhaben einen über dem gemeinen Wert der Grundstücke liegenden Preis gezahlt hat.
Setzt man den Wert der hingegebenen Grundstücke mit 48 500 DM an, so fragt sich allerdings, mit welchem Betrag die Stpfl. die von ihr aufgewendeten 48 500 DM auf die von ihr erworbenen Wirtschaftsgüter aufzuteilen hat, stehen ihrer Aufwendung doch nicht bloß die von der Gemeinde überlassenen Grundstücke, sondern auch die Barzahlung von 24 000 DM und die Verpflichtung der Gemeinde zum Ausbau der Straße und der Brücke gegenüber. Daß auch diese Verpflichtung nur im Zusammenhang mit dem Grundstückstausch gesehen werden kann, ergibt sich nicht bloß aus der Festlegung der Verpflichtung in dem Tauschvertrag selbst, sondern auch aus dem ausdrücklich erwähnten Zweck, Weg und Brücke den neuen, d. h. durch den Grundstückstausch bedingten, Verkehrsverhältnissen anzupassen.
Stellt man den 48 500 DM das Aufgeld von 24 000 DM gegenüber, so bleiben als Anschaffungskosten noch 24 500 DM übrig. Eine Aufteilung dieser 24 500 DM auf die eingetauschten (erworbenen) Grundstücke einerseits und den Anspruch der Stpfl. auf den Ausbau von Straße und Brücke würde voraussetzen, daß wirklich zwei nebeneinander stehende Wirtschaftsgüter erworben werden sollten. Entscheidend war aber doch offenbar der Erwerb der Grundstücke, die der Stpfl. nunmehr zur Verwirklichung ihres Vorhabens dienen sollten. Geht man hiervon aus, dann können nicht zwei Wirtschaftsgüter, sondern allein die eingetauschten Grundstücke als erworben angesehen werden, die erst im Zusammenhang mit dem Ausbau von Straße und Brücke ihren "richtigen", d. h. den von der Stpfl. für ihre Zwecke angestrebten, Zustand erhielten.
Dem FG bleibt danach nur zu prüfen, welchen gemeinen Wert die von der Stpfl. hingegebenen Grundstücke hatten. Soweit dieser Wert über dem der Stpfl. von der Gemeinde gezahlten Betrag von 24 000 DM liegt, stellt er die Kosten dar, die die Stpfl. für die Anschaffung der ihr von der Gemeinde überlassenen Grundstücke aufgewendet hat und mit denen diese zu aktivieren sind.
Was die von der Stpfl. gerügte Streitwertfeststellung angeht, so entspricht die Anwendung eines Vomhundertsatzes der festzustellenden Einkünfte der ständigen Rechtsprechung des BFH. Auf die Auswirkung bei den einzelnen Gesellschaftern kommt es nicht an (vgl. insbesondere das Urteil I 147/59 vom 29. März 1960, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Reichsabgabenordnung, § 320, Rechtsspruch 21).
Fundstellen
Haufe-Index 412628 |
BStBl III 1967, 574 |
BFHE 1967, 211 |
BFHE 89, 211 |
BB 1967, 1112 |
DB 1967, 1659 |
DStR 1967, 647 |