Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Abwälzung von Soforthilfeabgaben und ihrer Anrechnung auf die Vermögensabgabe.
Normenkette
LAG § 48 Abs. 4; 3-AbgabenDV-LA 7
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) ist auf Grund ihrer Erklärung zur Vermögensabgabe vom 9. Juli 1955 veranlagt. Zur Veranlagung sind
ihr Betriebsvermögen mit ---------- 4.800 DM und ihr Bauland mit --------------- 3.400 DM,
zusammen mit ---------------------- 8.200 DM angesetzt. Die Bewertung der genannten beiden Vermögensgegenstände beruht auf rechtskräftiger Einheitsbewertung. Bei dem Einheitswert des Betriebsvermögens ist die Erbauseinandersetzungsschuld der Bfin. von 13.125 DM an ihre Stieftochter, Frau X., wegen des Nachlasses ihres vor dem Währungsstichtage verstorbenen Ehemannes abgesetzt. Diese im Verhältnis 1 : 1 umgestellte Schuld hat am Währungsstichtage bestanden.
Auf die Vermögensabgabeschuld von 1.600 DM sind ihre Soforthilfeabgabeleistungen von 1.602 DM in Höhe von 1.600 DM angerechnet worden. Demnach hat die verbleibende Abgabeschuld 0 DM vertragen.
Gegen den Vermögensabgabebescheid hat die Bfin. im Einspruchswege geltend gemacht, sie beantrage die Ablösung der vollen Vermögensabgabeschuld von 1.600 DM zum Betrage von 573,91 DM und die Anrechnung der von ihr geleisteten Soforthilfeabgabe auf diesen Ablösungsbetrag sowie Rückerstattung der hiernach überzahlten Soforthilfeabgabe. Ferner hat die Bfin. angeführt, die Soforthilfeabgabe sei in dem Bescheid vom 10. März 1952 zu Unrecht auf jährlich 534 DM festgesetzt worden. Das Finanzamt habe dieser Entscheidung
Grundvermögen von -------------- 16.900 DM und Betriebsvermögen von ----------- 938 DM Gesamtvermögen: ----------------- 17.838 DMzugrunde gelegt, ohne hierbei zu berücksichtigen, daß die Bfin. nach § 23 des Soforthilfegesetzes (SHG) wegen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit abgabepflichtigem Vermögen stehender Verbindlichkeit, die nach § 18 Abs. 1 Ziff. 3 des Umstellungsgesetzes im Verhältnis 1 : 1 umgestellt seien, einen entsprechenden Teil der Soforthilfeabgabe auf den Gläubiger abwälzen könne. Im vorliegenden Fall berechtige die im Verhältnis 1 : 1 umgestellte Erbauseinandersetzungsschuld an Frau X, ihre Stieftochter, zur Abwälzung der Soforthilfeabgabe in entsprechender Höhe auf die Gläubigerin. Durch diese Außerachtlassung der entsprechenden Abwälzung der Soforthilfeabgabe habe sie, die Bfin., für ihr Vermögen Soforthilfeabgabe ohne Rücksicht darauf gezahlt, daß diesem Vermögen die erwähnte Auseinandersetzungsverbindlichkeit gegenübergestanden und die Bfin. zur entsprechenden Abwälzung berechtigt habe. Durch die zu hohe Festsetzung der Soforthilfeabgabe sei sie in finanzielle Schwierigkeiten geraten, während die Gläubigerin, Frau X, der der Erbauseinandersetzungsanspruch zugestanden habe, mangels Abwälzung keine Soforthilfeabgabe zu entrichten gehabt habe. Die damals überzahlten Soforthilfeabgabebeträge seien an sie, die Bfin., zu erstatten. Sie würde alsdann lediglich die jeweils fälligen Vierteljahrsbeträge auf die Vermögensabgabe zu entrichten haben oder die Ablösung der gesamten Vermögensabgabe zu einem wesentlich ermäßigten Betrage beanspruchen können.
Frau X sei für die Soforthilfeabgabe im Wege der Abwälzung und für die Vermögensabgabe unmittelbar abgabepflichtig, weil nach den Bestimmungen über die Vermögensabgabe Frau X ihren Erbauseinandersetzungsanspruch der Abgabe zu unterwerfen habe, während sie, die Bfin., ihn bei der Berechnung der Vermögensabgabe abziehen könne, wie dies auch vom Finanzamt anerkannt sei.
Schließlich hat die Bfin. auch geltend gemacht, sie habe an ihrem Hausgrundstück einen Kriegssachschaden erlitten.
Einspruch und Berufung sind ohne Erfolg geblieben.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rechtslage auf Grund der Rechtsbeschwerde (Rb.) hat folgendes ergeben:
Mit dem Vorbringen über den Kriegssachschaden des Grundstücks kann die Bfin. im Rechtsmittelverfahren über die Vermögensabgabe aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht gehört werden. über diese Frage wäre im Verfahren über die Fortschreibung des Einheitswerts des Hausgrundstücks zu entscheiden gewesen. Das Finanzgericht hat sich mit Recht auf diesen Standpunkt gestellt.
Nach § 199 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) kann ein Abgabeschuldner Leistungen auf die Vermögensabgabe, die noch nicht fällig sind, jederzeit ganz oder in Teilen ablösen. Ablösungswert ist die Summe der einzelnen Vierteljahresleistungen abzüglich der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen. Hiernach entfällt das Gestaltungsrecht des Abgabeschuldners auf vorzeitige Ablösung der Vermögensabgabeleistungen zum niedrigeren Ablösungswert, soweit es ausgeschlossen ist, daß Leistungen künftig fällig werden. Sie können künftig nicht fällig werden, soweit sie bereits geleistet sind. Im vorliegenden Falle ist die Vermögensabgabe durch Anrechnung der geleisteten Soforthilfeabgabe abgedeckt. Es fehlt also nach dem gegenwärtigen Stande der Sache an Beträgen, die künftig fällig werden können, und deshalb an der Möglichkeit, die von der Bfin. begehrte Ablösung der Vermögensabgabe zuzulassen. Die Auffassung der Bfin., sie könne auch schon abgedeckte Vierteljahrsbeträge der Vermögensabgabe zum niedrigeren Ablösungswert ablösen, würde nicht nur dem Wortlaut, sondern auch dem Sinn und Zweck des § 199 LAG zuwiderlaufen; denn diese Vorschrift bezweckt in erster Linie, die im Wege der Vierteljahreszahlungen künftig zu entrichtenden Beträge im Interesse der vom Lastenausgleich begünstigten Personen vorzeitig dem Lastenausgleichsfonds zuzuleiten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs III 238/55 S vom 9. März 1956 - Bundessteuerblatt 1956 III S. 134 ff., Slg. Bd. 62 S. 364 -). Nach dem gegenwärtigen Stande der Sache kann daher der Antrag der Bfin. auf Zulassung der Ablösung der Vermögensabgabe zu dem niedrigeren Ablösungswert keinen Erfolg haben und insoweit nicht zu einer Abänderung des angefochtenen Urteils führen.
Eine andere Frage ist die, ob das Vorbringen der Bfin. über die Abwälzung der Soforthilfeabgabe auf Frau X, ihre Gläubigerin, aus der Erbauseinandersetzung geeignet ist, zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils zu führen.
Nach § 23 SHG ist die Bfin. berechtigt gewesen, den Teil der Soforthilfeabgabe, der der im Verhältnis 1 : 1 umgestellten Erbauseinandersetzungsschuld der Frau X entsprach, auf die Gläubigerin abzuwälzen, wenn diese Verpflichtung in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem abgabepflichtigen Vermögen stand. Wie in Tz. 112 des Ersten Soforthilfeabgabe-Sammelerlasses vom 6. September 1949 (Amtliches Mitteilungsblatt der Verwaltung für Finanzen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes 1949 S. 365) zutreffend ausgeführt ist, haben über die Anwendung des § 23 SHG, also über das Vorliegen der Voraussetzungen der Abwälzbarkeit im Innenverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger, nicht die Finanzämter zu entscheiden. Es handelt sich nicht um eine steuerrechtliche, sondern um eine rein bürgerlich-rechtliche Vorschrift, über deren Auslegung im Streitfall die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben. Der Sinn und Zweck des § 23 SHG geht dahin, gegenüber dem Grundsatz des § 7 Abs. 1 SHG über den Nichtabzug von Verbindlichkeiten vom soforthilfeabgabepflichtigen Vermögen in den von § 23 SHG vorgesehenen Fällen eine Notlösung an Stelle des Abzugs zu bieten. Auch in diesen Fällen kann der Abgabeschuldner den Abzug der Verbindlichkeit vom Soforthilfeabgabepflichtigen Vermögen nicht begehren, doch gewährt der Gesetzgeber ihm in diesen besonderen Fällen das Gestaltungsrecht der anteiligen Abwälzung der Soforthilfeabgabe auf seine Gläubiger im Innenverhältnis (vgl. Kühne, Soforthilfeabgabe, 3. Aufl., S. 195, Tz. 395). Die Abwälzung durch den Abwälzungsberechtigten kann durch Kürzung der dem Abwälzungsverpflichteten geschuldeten Leistungen oder dadurch erfolgen, daß der Abwälzungsverpflichtete den auf ihn infolge der Abwälzung entfallenden Soforthilfeabgabebetrag dem Abwälzungsberechtigten erstattet oder für ihn unmittelbar an das Finanzamt entrichtet (vgl. Harmening, Lastenausgleichsgesetz, Abschn. B 1, Anlage 1 a zu § 48, Tz. 30 LA-Kartei § 48 Karte 2 Tz. 30).
Im vorliegenden Falle handelt es sich um das Rechtsmittelverfahren über die Vermögensabgabe der Bfin. In diesem Verfahren ist deshalb unmittelbar kein Raum für Fragen, die die Höhe der Soforthilfeabgabe der Bfin. betreffen, umsoweniger, als die Frage der Abwälzbarkeit, wie oben ausgeführt ist, nicht von den Finanzämtern zu prüfen ist. Immerhin hat § 7 der Dritten Durchführungsverordnung über Ausgleichsabgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz - 3. AbgabenDV-LA - (Anrechnungs-Verordnung) in Verbindung mit § 48 Abs. 4 LAG eine mittelbare Auswirkung der Abwälzbarkeit der Soforthilfeabgabe aus § 23 SHG auf das Verfahren über die Festsetzung der Vermögensabgabe anerkannt; denn nach diesen Vorschriften gelten Soforthilfeabgabebeträge, die die Abgabeschuldner nach § 23 SHG auf seine Gläubiger abgewälzt hat, nicht als seine Zahlungen, vielmehr als diejenigen des Gläubigers. Sie werden deshalb insoweit nicht auf die Vermögensabgabeschuld des Abwälzungsberechtigten, sondern auf diejenigen des Abwälzungsverpflichteten angerechnet. Erforderlich und ausreichend für die Anrechnung der abgewälzten Soforthilfeabgabebeträge ist eine entsprechende schriftliche Erklärung des Abwälzungsberechtigten. Wird diese Erklärung erst abgegeben, nachdem der Abwälzungsberechtigte zur Vermögensabgabe veranlagt ist, so ist der Vermögensabgabebescheid auch dann noch durch einen neuen Bescheid zu ersetzen, der der änderung Rechnung trägt. Dies gilt auch dann, wenn der bisherige Vermögensabgabebescheid bereits unanfechtbar geworden ist. Diese Möglichkeit der Abänderung eines rechtskräftigen Vermögensabgabebescheids entspricht dem Rechtsgrundsatz des § 4 Abs. 3 Ziff. 2 des Steueranpassungsgesetzes.
In der vorliegenden Sache geht indessen aus dem eigenen Vorbringen der Bfin. klar hervor, daß bisher eine Abwälzung des der Erbauseinandersetzungsschuld der Bfin. entsprechenden Teils der Soforthilfeabgabe unterblieben ist. Weder hat Frau X die streitigen Soforthilfeabgabebeträge unmittelbar an das Finanzamt für die Bfin. entrichtet noch ihr erstattet. Nach dem gegenwärtigen Stande der Sache fehlt also die Erfüllung der gesetzlichen Grundlage dafür, daß nicht die Bfin., sondern Frau X die geleisteten Soforthilfeabgabebeträge auf die Vermögensabgabe zur Anrechnung bringen kann. Der gesetzgeberische Gedanke, der der Regelung des § 48 Abs. 4 LAG und des § 7 der 3. AbgabenDV-LA zugrunde liegt, ist der, daß in den Fällen des § 23 SHG derjenige die Soforthilfeabgabezahlungen auf die von ihm geschuldete Vermögensabgabe anzurechnen berechtigt ist, der diese Zahlungen geleistet hat. In Fällen, in denen die Abwälzung unterblieben oder noch in der Schwebe ist oder Streit über die Abwälzung besteht, können und dürfen die Steuerbehörde oder das Steuergericht nicht von sich aus über die Abwälzung entscheiden oder feststellen, wie hoch der Abwälzungsbetrag ist. Vielmehr ist die Frage der Abwälzung vor den ordentlichen Gerichten zwischen dem Abwälzungsberechtigten und dem Abwälzungsverpflichteten zu klären. Wie andererseits die Vorschrift des § 7 Abs. 2 der 3. AbgabenDV-LA zeigt, können die Beteiligten auch nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über die Vermögensabgabe die Abwälzung mit der Wirkung herbeiführen, daß die Anrechnung der abgewälzten Soforthilfeabgabebeträge auf die Vermögensabgabe entsprechend berichtigt wird und die Bfin. für den dann ungedeckt bleibenden Teil ihrer Vermögensabgabeschuld die Ablösung zu dem niedrigeren Ablösungswert auf Grund des § 199 LAG beantragen kann.
Mit dieser Maßgabe ist die Rb. nach dem gegenwärtigen Stande der Sache als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 409225 |
BStBl III 1959, 144 |
BFHE 1959, 372 |
BFHE 68, 372 |