Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstiges Zollrecht
Leitsatz (amtlich)
Frachtkosten, die im Inland durch die Zurücksendung leerer Kesselwagen an den ausländischen Absender entstehen, gehören nicht zum Zollwert der in diesen Kesselwagen eingeführten wertzollbaren Waren (z. B. Sonnenblumenöls).
Normenkette
ZTG § 6 Abs. 3, § 9 Abs. 1; WertZO § 6
Tatbestand
Streitig ist, ob die Frachtkosten, die der Käufer für die Zurücksendung leerer Kesselwagen bis zum Grenzort zu tragen hat, zum Zollwert gehören.
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) hat X Kesselwagen rohes Sonnenblumenöl der Tarifnr. 1507 - A - 2 im März 1954 in Teilsendungen aus Ungarn eingeführt. Die Kesselwagen wurden vom Zollamt F im Zollanweisungsverfahren nach dem Zollamt M überwiesen. Bei diesem Zollamt beantragte die Bfin. Abfertigung der einzelnen Teilsendungen zum freien Verkehr. Die Bfin. hatte das Sonnenblumenöl am 30. Januar 1954 gekauft. Als Verkaufsbedingung war u. a. vereinbart: Versendung des Sonnenblumenöls "in Verkäufers Kesselwagen, die kostenlos zur Verfügung gestellt werden und vom Käufer frei Grenze zu retournieren sind". Lieferungsbedingung war frei Hamburg über Passau als fiktive übergangsstation. Es waren also in dem Warenpreis die inländischen Frachtkosten Passau - Hamburg eingerechnet. Das Zollamt M forderte mit Steuerbescheid vom 13. August 1954 ..... DM Zoll von der Bfin. an. Es setzte dabei für die Gesamtpartie von dem Rechnungspreis die Frachtkosten Passau - Hamburg als inländische Lieferungskosten ab und rechnete die Kosten für den Transport leerer Kesselwagen von M bis zur Grenze - im vorliegenden Falle vereinbarungsgemäß bis K - als Umschließungskosten dem Rechnungspreis hinzu. Umsatzausgleichsteuer wurde nicht erhoben, da das Sonnenblumenöl auf der Freiliste steht. Gegen diesen Steuerbescheid legte die Bfin. Anfechtung ein. Sie hat in ihr vorgetragen, die Einbeziehung der Leerfrachtkosten für die Rücksendung der Kesselwagen in den Zollwert sei zu Unrecht erfolgt. Kesselwagen seien keine Umschließungen, sondern Beförderungsmittel. Die Leerfrachtkosten müßten daher als Lieferungskosten angesehen werden und könnten nur insoweit in den Zollwert einbezogen werden, als sie bis zur ersten Zollstelle entstanden seien. Das Zollamt habe infolgedessen von ihr ..... DM Zoll zuviel gefordert, deren Rückerstattung sie verlange.
Die Vorinstanz hat die Anfechtung als unbegründet zurückgewiesen. Sie sieht die Kesselwagen als Umschließungen an und die Kosten für die Rücksendung der leeren Kesselwagen als Umschließungskosten, die als Verkaufskosten zum Zollwert gehörten.
Mit der Rechtsbeschwerde bestreitet die Bfin. erneut, daß die Kosten für die Zurücksendung der leeren Kesselwagen zum Zollwert gehören und fordert erneut Rückerstattung des zuviel gezahlten Zolles. Sie führt zur Begründung ihrer Rechtsbeschwerde folgendes aus: "Kesselwagenfrachten seien Lieferungskosten gemäß § 6 Abs. 4 der Wertzollordnung (WertZO) und beeinflußten den Zollwert nicht, weil sie im Inland entstanden seien. Ein Kesselwagen habe im handelsüblichen Sinne lediglich die Funktion eines Fahrzeuges und sei als Transportmittel einem Tankschiff gleichzusetzen. Kesselwagen und Tankschiffe seien zwar auch Umschließungen, jedoch nur in einer unumgänglich notwendigen Nebenfunktion mit dem Hauptzweck der Beförderung. Sowohl Kesselwagen als auch Tankschiffe dienten dem Transport von Massengütern, die auf Grund ihrer großen Menge "lose", d. h. ohne Umschließungen versandt würden. Im Gegensatz hierzu sei z. B. bei Säcken oder Fässern, die auch im handelsüblichen Sinne Umschließungen seien, die Hauptfunktion die Aufbewahrung. Es sei nicht einzusehen, warum Kesselwagen, die in allererster Linie dem Transport und nicht der Aufbewahrung dienten, als Umschließungen im Sinne der WertZO angesehen werden sollten.
Der Bundesminister der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten. Er hält in seiner Stellungnahme vom 14. März 1955, ebenso wie die Vorinstanz, die Kesselwagen für Umschließungen und vertritt die Auffassung, daß "der gesamte Aufwand, der durch die Verwendung von Umschließungen entstehe, als Kosten der Umschließungen im Sinne des § 9 Abs. 1 des Zolltarifgesetzes (ZTG) gemäß § 6 Abs. 3 ZTG in den Normalpreis einzubeziehen" sei.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde hat aus folgenden Gründen Erfolg.
Die inländischen Frachtkosten, die der Bfin. durch die Zurücksendung der leeren Kesselwagen vom inländischen Bestimmungsort zum inländischen Grenzort nach der Zollabfertigung des in diesen Kesselwagen eingeführten Sonnenblumenöls entstanden sind, gehören zu den Geschäftskosten der Bfin., aber sie sind nach den Wertzollvorschriften keine zum Zollwert gehörenden Verkaufskosten (Umschließungskosten) und keine zum Zollwert gehörenden Lieferungskosten.
Nach § 6 Abs. 3 ZTG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 ZTG umfaßt zwar der Zollwert u. a. die Kosten der Umschließungen, die den Verkauf der Ware und ihre Lieferung an den Käufer bis zum Einfuhrort belasten, und nach § 6 Abs. 2 WertZO rechnen die Kosten der Umschließungen zu den Verkaufskosten, aber es handelt sich im vorliegenden Falle nicht um Umschließungskosten im Sinne dieser Vorschriften. Es ist streitig, ob Kesselwagen Umschließungen im Sinne der Wertzollvorschriften oder Beförderungsmittel sind. Der Senat hat Kesselwagen, in dem Urteil V z 51/53 S vom 11. Februar 1954 (Slg. Bd. 58 S. 662, Bundessteuerblatt - BStBl - 1954 III S. 163) als keine Umschließungen, sondern als Beförderungsmittel angesehen und hält diese Auffassung aufrecht. Diese Frage kann aber im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben; denn gleichgültig, ob man die Kesselwagen als Umschließungen oder als Beförderungsmittel ansieht, in jedem Falle sind die Kosten der Rückfracht bis zur Grenze keine Umschließungskosten (Verkaufskosten). Sieht man die Kesselwagen als Beförderungsmittel an, so sind die Kosten für die Rückfracht der Kesselwagen Transportkosten, also Lieferungskosten und keine Verkaufskosten im Sinne des § 6 WertZO. Hält man dagegen die Kesselwagen für Umschließungen, für die Rückfracht der Kesselwagen bis zur Grenze entstandenen Kosten ebenfalls Transportkosten und keine Verkaufskosten. Es sind keine Kosten der Umschließungen im Sinne von § 9 Abs. 1 ZTG, § 6 Abs. 2 WertZO, denn es gehören, wie die in diesen Vorschriften hinter dem Begriff "Umschließungen" in der Klammer aufgeführten Beispiele: "Arbeitslöhne, Verpackungsmaterial und andere Kosten" erkennen lassen, zu den Kosten der Umschließungen nur die Kosten der Beschaffung, Herstellung und Instandhaltung der Umschließungen selbst, die in der Regel im Rechnungspreis enthalten sind. Um solche Kosten handelt es sich hier aber nicht, denn es sind inländische Frachtkosten, die vom Käufer für die Zurücksendung der leeren Kesselwagen auf Grund eines Eisenbahnfrachtvertrages, eines Beförderungsvertrages, an die Bahn zu zahlen sind.
Die inländischen Frachtkosten für die Kesselwagen sind als Transportkosten zwar Lieferungskosten (vgl. § 6 Abs. 4 WertZO), aber es handelt sich nach dem Sachverhalt um keine Lieferungskosten, die, was § 6 Abs. 3 ZTG zwingend verlangt, durch die Lieferung der Ware (des Sonnenblumenöls) an den Käufer bis zum Einfuhrort entstanden sind (vgl. auch § 6 Abs. 4 WertZO).
Die Hinzurechnung der inländischen Rückfrachtkosten zum Zollwert würde bei gleichen Importpreisen und gleichen Lieferungsbedingungen und bei gleicher Handelsstufe zu einer ungleichmäßigen Behandlung der grenznahen und grenzfernen Verzoller führen. Das würde dem Sinn des § 6 Abs. 3 ZTG widersprechen, durch den für sämtliche Verzoller "eine möglichst gleiche Wettbewerbsgrundlage im Zollinland geschaffen und eine gleichmäßige Verzollung sichergestellt werden" soll (vgl. Amtliche Begründung zum Entwurf eines Zolltarifgesetzes von 1950 zu § 5 Abs. 3 des Gesetzentwurfes S. 21). Es würde auch mit einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise gemäß § 1 des Steueranpassungsgesetzes und einer gerechten und gleichmäßigen Besteuerung nicht im Einklang stehen.
Aus diesen Gründen sind die Rückfrachtkosten für die leeren Kesselwagen bis zur Grenze dem Zollwert nicht hinzuzurechnen. Es war infolgedessen die Entscheidung der Vorinstanz aufzuheben und der Steuerbescheid des Zollamts M vom 13. August 1954 um ... DM Zoll herabzusetzen, die durch die Hinzurechnung der Rückfrachtkosten zum Rechnungspreise zuviel gefordert sind. Die Bfin. war von diesem Zollbetrage freizustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 309 der Reichsabgabenordnung, die Entscheidung über den Wert des Streitgegenstandes auf § 320 der Reichsabgabenordnung.
Fundstellen
BStBl III 1956, 220 |
BFHE 1957, 65 |
BFHE 63, 65 |
StRK, ZTG:6 R 5 |