Leitsatz (amtlich)
1. Für die Abgrenzung der nach § 8 der 17. Abgaben-DV-LA berücksichtigungsfähigen Kosten der Instandsetzung und Instandhaltung sind die in Abschn. 157 Abs. 1 und 3 EStR 1955 aufgestellten Grundsätze heranzuziehen.
2. In § 8 Abs. 3 der 17. AbgabenDV-LA werden die Kosten für kleinere Kriegsschäden den Kosten zur Beseitigung laufenden Reparaturbedarfs gleichgestellt. Als nach § 8 Abs. 3, a. a. O., abzugsfähige Beträge kommen daher nicht nur die nach einkommensteuerlichen Grundsätzen abzugsfähigen Instandhaltungskosten sondern u. U. auch Instandsetzungskosten in Betracht.
Normenkette
17. AbgabenDV-LA § 8
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des nach § 129 LAG zu erlassenden Betrages. Die Klägerin (= Revisionsklägerin) ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke, die zu einem HGA-Grundstück zusammengefaßt sind. Das HGA-Grundstück ist mit fünf Mietwohnhäusern bebaut. Die Häuser bilden einen rechten Winkel, in dessen Innerem eine größere Hofanlage liegt. Die Gebäude hatten leichte Kriegsschäden erlitten, die jedoch nicht zu einer Minderung der auf dem Grundstück lastenden HGA nach § 100 LAG geführt haben.
In den Jahren 1955 bis 1957 ließ die Klägerin die Hofanlage herrichten; insbesondere wurden verschiedene Holzschuppen abgerissen, die an der einen Seite des Hofplatzes standen, und durch massive Schuppen ersetzt. Anstelle einer unbrauchbar gewordenen Holzplanke, die den Hof an den nicht bebauten Seiten umschloß, ließ die Klägerin eine Planke aus Betonplatten errichten. Außerdem ersetzte sie zwei nicht mehr brauchbare hölzerne Abstellbänke für Teppiche durch neue Bänke.
Für den Erlaßzeitraum 1956 bis 1958 stellte die Klägerin Antrag auf Erlaß nach § 129 LAG für einen Teilbetrag der zu erbringenden Leistungen.
Das FA erkannte einen Teil der geltend gemachten Aufwendungen nicht als abzugsfähige Instandhaltungskosten an, sondern sah hierin einen nicht abzugsfähigen Herstellungsaufwand. Im Einspruchsverfahren ließ es einen weiteren Betrag als Instandhaltungskosten zum Abzug zu. Lediglich die Aufwendungen für die Betonplanke in Höhe von 2 160 DM und die Abstellbänke in Höhe von 87 DM sah es als Herstellungsaufwand an, auf den es eine jährliche Abschreibung von 91 DM vornahm. Das FA war der Auffassung, daß es sich um Maßnahmen im Rahmen einer umfassenden Neuplanung der Hofanlage gehandelt habe. Die Hofanlage in ihrer jetzigen Form unterscheide sich wesentlich von der bisherigen.
Im Berufungsverfahren beantragte die Klägerin, die obengenannten Aufwendungen für die Betonplanke und die Abstellbänke in Höhe von zusammen 2 247 DM als abzugsfähige Instandhaltungskosten anzusetzen. Es sei unschädlich, daß bei der neuen Planke und den neuen Abstellbänken haltbares Material verwandt worden sei. Es handele sich um die Beseitigung von Mängeln, die durch Alter, Abnutzung, Witterungseinflüsse sowie Kriegsschäden eingetreten seien. Durch die Erneuerung der Planke und der Bänke habe sich die Wesensart und die Gebrauchsmöglichkeit des Hofplatzes nicht geändert. Es liege keine Neuanlage des Hofes vor. Nach § 8 Abs. 3 der 17. AbgabenDV-LA in der für den Erlaßzeitraum maßgebenden Fassung könnten wie Instandhaltungskosten auch Kosten behandelt werden, die durch die Beseitigung kleinerer Kriegsschäden oder die Nachholung eines aufgelaufenen Reparaturbedarfs enstehen. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall erfüllt.
Die Berufung blieb ohne Erfolg. Die Vorinstanz ging davon aus, daß die Kosten für die Betonplanke und die Abstellbänke nicht als abzugsfähiger Erhaltungsaufwand angesehen werden könnten. Nach § 8 Abs. 3 der 17. AbgabenDV-LA seien die Kosten für die Nachholung aufgelaufenen Reparaturbedarfs deshalb besonders erwähnt, weil es sich nicht um Instandhaltungskosten, sondern um Instandsetzungskosten im einkommensteuerlichen Sinne handele. Entsprechendes gelte für die Erwähnung der Kriegsschäden, da diese Schäden nicht durch Abnutzung. Alterung und Witterungseinwirkung entstanden seien. Aber auch die Kosten für die Beseitigung kleinerer Kriegsschäden seien nur insoweit abzugsfähig, als sie einkommensteuerlich als Erhaltungs- und nicht als Herstellungsaufwand gewürdigt werden könnten. Diese Auslegung ergebe sich einmal aus dem Vergleich mit der entsprechenden Vorschrift in § 6 der 7. AbgabenDV-LA, wo von "Instandsetzungskosten für die Beseitigung kleinerer Kriegsschäden" die Rede sei. Außerdem liege es im Wesen einer Ertragsrechnung, die sich gerade hinsichtlich des Erhaltungsaufwands eng an einkommensteuerliche Vorschriften anlehne, Herstellungsaufwand nicht als laufende Erhaltungsaufwendungen zu berücksichtigen. Die Vorinstanz führt sodann weiter aus, daß bei der Beurteilung, ob Instandsetzungs- oder Instandhaltungskosten vorliegen, es nicht auf die "Gesamtanlage" ankomme, vielmehr sei auf das einzelne Wirtschaftsgut abzustellen. Der neu errichtete Zaun und die Bänke seien selbständig bewertbare Wirtschaftsgüter, die nicht nur repariert, sondern völlig neu hergestellt worden seien. Die Kosten hierfür seien daher kein abzugsfähiger Erhaltungsaufwand, sondern nicht abzugsfähige Herstellungskosten.
Mit der hiergegen eingelegten Rb., die nach Inkrafttreten der FGO am 1. Januar 1966 als Revision zu behandeln ist, wendet sich die Klägerin gegen die Rechtsauffassung der Vorinstanz. Sie ist der Meinung, daß die Nichtanerkennung der geltend gemachten Beträge gegen die Vorschriften des § 129 LAG in Verbindung mit §§ 4 und 8 der 17. AbgabenDV-LA verstoße und daß die Entscheidung auch im Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung stehe. Die Aufwendungen für die beiden Teppichablagebänke in Höhe von 87 DM seien wegen Geringfügigkeit schon bei einkommensteuerlicher Behandlung als Instandhaltungskosten anzusehen. Aber auch hinsichtlich der Erneuerung des Zaunes liege kein Herstellungsaufwand vor. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen sei auf die Wesensart des Grundstücks abzustellen. Werde die Wesensart des Grundstücks nicht wesentlich geändert, so liege nach Abschn. 157 EStR 1961 Erhaltungsaufwand vor. Die Wohnanlage sei bereits im Jahre 1905 errichtet worden. Zu ihr gehörten eine Hofplanke und die Teppichabstellbänke. Insbesondere die Hofplanke könne nicht als selbständig bewertungs- und nutzungsfähig angesehen werden. Sie diene ausschließlich dazu, das Betreten der Wohnanlage über den rückwärtigen Hofteil des Grundstücks zu verhindern und im Zusammenhang damit das Eigentum der Klägerin und ihrer Mieter vor Dritten zu schützen. Wenn die Planke auch nur an einer Seite keine Verbindung mehr mit den Gebäuden hätte, wäre der Funktionsbereich bereits gestört bzw. nicht mehr gegeben. Sie stehe daher in dienender, unselbständiger Abhängigkeit zur gesamten Wohnanlage. Die Vorinstanz habe auch die Beweiserhebung nicht zutreffend gewürdigt, da nach der Aussage des Zeugen F. unterstellt werden könne, daß die Schäden an der Hofplanke auch auf Kriegseinwirkungen zurückzuführen seien. Diese Unterstellung sei um so mehr vertretbar, als die Gebäude der Wohnanlage unbestritten Kriegsschäden erlitten hätten, die nach dem Währungsstichtag unter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel beseitigt worden seien. Die Kosten zur Beseitigung kleinerer Kriegsschäden seien aber nach § 8 Abs. 3 der 17. AbgabenDV-LA immer wie Instandhaltungskosten zu behandeln. Die Vorinstanz gehe hier von einer falschen Rechtsauffassung aus.
Der Beklagte schließt sich im wesentlichen der Rechtsauffassung der Vorinstanz an und beantragt, die Rb. als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist begründet.
Nach § 129 Abs. 1 LAG können fällige Leistungen aus einer Abgabeschuld auf Antrag erlassen werden, soweit sie nach Maßgabe der Ertragsberechnung aus den Erträgen des Grundstücks nach Abzug der Bewirtschaftungskosten und der nach Abs. 2 zu berücksichtigenden Zinsen für vorgehende Rechte Dritter nicht aufgebracht werden können. Nach § 4 Abs. 1 der 17. AbgabenDV-LA in der Fassung vom 3. November 1955 können u. a. bei der Ermittlung des Grundstücksüberschusses auch Instandhaltungskosten berücksichtigt werden. Nach § 8 Abs. 3, a. a. O., werden wie Instandhaltungskosten die Kosten behandelt, die durch die Beseitigung kleinerer Kriegsschäden oder die Nachholung eines aufgelaufenen Reparaturbedarfs entstehen. Unter kleineren Kriegsschäden sind solche Kriegsschäden zu verstehen, die nicht zu einer Minderung nach § 100 LAG oder einer Herabsetzung nach § 103 LAG der Abgabeschulden führen.
Für die Abgrenzung der nach § 8 der 17. AbgabenDV-LA berücksichtigungsfähigen Kosten der Instandsetzung und Instandhaltung ist das FG zwar zutreffend davon ausgegangen, daß hierfür die in Abschn. 157 Abs. 1 und 3 EStR 1955 aufgestellten Grundsätze heranzuziehen sind. Die Vorinstanz hat aber diese Vorschrift insofern unrichtig ausgelegt, als sie nicht beachtet hat, daß § 8 Abs. 3 der 17. AbgabenDV-LA eine Ausnahme von dieser einkommensteuerlichen Behandlung enthält. Denn nach dieser Vorschrift sollen "wie Instandhaltungskosten" die Kosten zur Beseitigung kleinerer Kriegsschäden und die Kosten zur Beseitigung aufgelaufenen Reparaturbedarfs behandelt werden. Entsprechend hat auch der BdF im Erlaß IV C/5 - LA 2612 - 4/57 vom 28. Februar 1957 (LA-Kartei, § 129 Karte 20) zu § 8 unter Nr. 1 ausgeführt, daß für die Fälle, in denen die Instandsetzung in der Beseitigung kleinerer Kriegsschäden besteht, Abs. 3 Satz 2 eine besondere Abgrenzungsvorschrift enthält. Die nach § 8 Abs. 3 der 17. AbgabenDV-LA abzugsfähigen Beträge beziehen sich hiernach nicht nur auf die nach einkommensteuerlicher Beurteilung abzugsfähigen Instandhaltungskosten, sondern umfassen auch Instand setzungskosten. Der Hinweis der Vorinstanz auf die Vorschrift des § 6 der 7. AbgabenDV-LA ist unverständlich, da dort die Instandsetzungskosten für Beseitigung kleinerer Kriegsschäden ausdrücklich den Instandhaltungskosten gleichgestellt werden.
Entgegen der Meinung der Vorinstanz ist deshalb davon auszugehen, daß es sich im Streitfall um die Beseitigung von Kriegsschäden handelt. Da die Vorinstanz davon ausging, daß als abzugsfähige Kriegsschäden nur diejenigen Schäden in Betracht kommen könnten, die einkommensteuerlich als Erhaltungsaufwand zu behandeln sind, hat sie der Aussage des Zeugen F., daß es sich bei den Schäden an dem früheren Holzzaun um Kriegsschäden gehandelt habe, keine Bedeutung beigemessen. Der Aussage des Zeugen F. in der mündlichen Verhandlung des FG kommt jedoch besondere Bedeutung zu. Dieser Zeuge hat nämlich bekundet, daß die im Jahre 1956 abgerissene Holzplanke seines Wissens im wesentlichen durch Kriegseinwirkung beschädigt worden sei; ohne die Kriegsschäden hätte die Planke noch verwandt werden können; für die beiden Abstellbänke gelte das gleiche. Diese Aussage ist auch glaubwürdig, weil, wie die Klägerin unbestritten vorgetragen hat, die Gebäude selbst und insbesondere auch die früheren Holzschuppen Kriegsschäden erlitten hatten. Wenn die Holzschuppen durch Brandschaden im Krieg zerstört worden sind, ist es glaubhaft, daß auch der angrenzende Holzzaun von diesen Schäden betroffen wurde. Handelt es sich aber hierbei um Kriegsschäden, so sind die Aufwendungen für die Erneuerung des Holzzaunes und der Abstellbänke abzugsfähige Kosten gemäß § 8 Abs. 3 der 17. AbgabenDV-LA. Der zu erlassende Betrag ist daher entsprechend dem Antrag der Klägerin um den in der Erlaßrechnung noch nicht berücksichtigten Betrag von 2 247 DM ./. (3x 91 DM =) 1 974 DM zu erhöhen.
Fundstellen
Haufe-Index 68030 |
BStBl II 1968, 483 |
BFHE 1968, 236 |