Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für sportmedizinischen Lehrgang Betriebsausgaben?
Leitsatz (NV)
Kosten der Teilnahme am Fortbildungslehrgang eines Ärzteverbandes zur Erlangung der Zusatzbezeichnung ,,Sportmedizin" sind, abgesehen von der Teilnahmegebühr, keine Betriebsausgaben, wenn der Lehrgang in nicht unerheblichem Umfang die Ausübung von Wintersport oder einer anderen verbreiteten Sportart in einem bekannten Fremdenverkehrsort zur Urlaubszeit zuläßt.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1 S. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), der mit seiner Ehefrau, der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wird, erzielte im Streitjahr (1985) Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Arzt (Orthopäde). Bei der Ermittlung des Gewinns aus der freiberuflichen Tätigkeit zog der Kläger u. a. die Kosten der Teilnahme an Veranstaltungen des Deutschen Sportärztebundes in Laax/Flimms vom 26. Januar bis 2. Februar 1985 und in St. Moritz vom 14. bis 21. September 1985 in Höhe von . . . DM als Betriebsausgaben ab. Dazu machte der Kläger geltend, er habe an den Veranstaltungen teilgenommen, um die Zusatzbezeichnung ,,Sportmedizin" führen zu können.
Die Weiterbildungsordnung für Ärzte in . . . sieht für die Vergabe der Zusatzbezeichnung ,,Sportmedizin" die Erfüllung folgender Voraussetzungen vor: Entweder 1. eine einjährige ganztägige Weiterbildung in einem sportmedizinischen Institut unter Leitung eines ermächtigten Arztes oder 2. Teilnahme an von der Ärztekammer anerkannten Einführungskursen in Theorie und Praxis der Leibesübungen von insgesamt 120 Stunden Dauer, Teilnahme an von der Ärztekammer anerkannten sportmedizinischen Kursen von insgesamt 120 Stunden Dauer und einjährige praktische sportärztliche Tätigkeit in einem Sportverein oder Sportverband. Als Leibesübungen werden u. a. Schwimm- und Wintersport anerkannt.
Das Programm für den Lehrgang in Laax/Flimms sah neben Veranstaltungen für die theoretische Weiterbildung regelmäßig zwischen 10 und 16 Uhr stattfindende Skikurse vor, die nachmittags mit sportmedizinischen Übungen verbunden war. Die vom Kläger besuchten Veranstaltungen begannen morgens um 8 Uhr oder 8.45 Uhr und endeten abends in der Regel um 19.30 Uhr. Die Klägerin hatte den Kläger auf der Reise begleitet. Die dadurch entstandenen Kosten wurden nicht als Betriebsausgaben abgezogen. Das Programm in St. Moritz sah nach Ausdauertraining, Schwimmausbildung, autogenem Training und Verbandsübungen einen Surfkursus von 11.30 Uhr bis 15.30 Uhr vor; daran schlossen sich bis zum Abend sportmedizinische theoretische Veranstaltungen an. Veranstaltungsbeginn war 8.30 Uhr morgens, Veranstaltungsende gegen 19.45 Uhr. An vier Abenden hat der Kläger nach dem Abendessen an einer weiteren einstündigen theoretischen Veranstaltung teilgenommen.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte den Abzug der durch die Teilnahme an den beiden Veranstaltungen entstandenen Kosten als Betriebsausgaben ab und erließ einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid. Im Einspruchsverfahren wurden die Teilnahmegebühren in Höhe von zusammen 230 DM als Betriebsausgaben abgezogen; im übrigen blieb der Einspruch ohne Erfolg.
Die Klage führte zur Anerkennung der streitigen Aufwendungen als Betriebsausgaben.
Dagegen richtet sich die vom Finanzgericht (FG) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassenen Revision des FA, mit der Verletzung des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gerügt wird.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).
Der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 19. Oktober 1989 VI R 155/88 (BFHE 158, 532, BStBl II 1990, 134) entschieden, die Teilnahme an einem Fortbildungslehrgang, der von einem Ärzteverband veranstaltet werde und mit bestimmten Stundenzahlen auf die Voraussetzungen zur Erlangung der Zusatzbezeichnung ,,Sportmedizin" angerechnet werden könne, sei nicht ganz überwiegend beruflich veranlaßt, wenn der Lehrgang nach Programm und Durchführung in nicht unerheblichem Maße die Verfolgung privater Erlebnis- und Erholungsinteressen zulasse. Dies könne insbesondere dann der Fall sein, wenn der Lehrgang zur Skihauptsaison an bekannten Wintersportorten stattfinde und weitgehend Gelegenheit zur Ausübung des Wintersports biete. Im Anschluß daran hat der erkennende Senat mit Urteil vom heutigen Tage IV R 60/88 (BFHE 160, 313, BStBl II 1990, 736) im Falle eines freiberuflich tätigen Arztes entschieden, daß die Kosten für einen nach gleichen Grundsätzen durchgeführten Lehrgang gemäß § 12 Nr. 1 EStG auch nicht als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit als Arzt (§ 18 Abs. 1 EStG) als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) abgezogen werden können.
Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze im Streitfall kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Die Veranstaltung in Laax war wie die Veranstaltung im Falle des Urteils IV R 60/88 (BFHE 160, 313, BStBl II 1990, 736) und des Urteils in BFHE 158, 532, BStBl II 1990, 134 wesentlich durch den täglichen mehrstündigen Skikurs geprägt. Die Veranstaltung in St. Moritz war wesentlich durch die Teilnahme an dem täglichen mehrstündigen Surfkursus geprägt. Die Ausübung dieser Sportart ist ebenso wie die Ausübung des Skisports typische Freizeitgestaltung, die der privaten Lebensführung zuzurechnen ist. In beiden Fällen wird der Abzug der damit verbundenen Kosten durch § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG trotz des Nutzens für die berufliche Tätigkeit, nämlich die Anrechnung von Übungsstunden auf die Pflichtzahl der Übungen zur Erlangung der Zusatzbezeichnung ,,Sportmedizin", ausgeschlossen, und zwar nach dem bei Anwendung des § 12 Nr. 1 EStG grundsätzlich geltenden Aufteilungsverbot für die gesamten Reisekosten, soweit sie nicht ausschließlich durch die Teilnahme an den Fachvorträgen veranlaßt waren. Das FA hat schon von sich aus die Teilnahmegebühren für die berufsbezogenen Fachveranstaltungen zum Abzug zugelassen. Bei den weiteren Kosten ist eine Zuordnung zur betrieblichen Sphäre nicht möglich.
Fundstellen
Haufe-Index 417027 |
BFH/NV 1991, 438 |