Leitsatz (amtlich)
1. Vom Entgelt sind auch solche Provisionen abzusetzen, die Vorlieferanten des Ausfuhrhändlers an ihre ausländischen Vertreter für die Ausfuhrlieferung gewähren.
2. Sind im Entgelt Kosten für Provisionen an ausländische Vertreter der Vorlieferanten enthalten, muß geprüft werden, ob statt des berichtigten Entgelts der Einkaufspreis frei deutsche Zollgrenze der Ausfuhrhändlervergütung zugrunde zu legen ist.
Normenkette
UStDB § 73 Abs. 1; UStG § 19 Abs. 1 in der ab 1964 geltenden Fassung
Tatbestand
Zu entscheiden ist, ob an ausländische Vertreter gezahlte Provisionen bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Ausfuhrhändlervergütung vom Entgelt abzusetzen sind (§ 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDB, jetzt § 19 Abs. 1 Nr. 1 UStG in der ab 1964 geltenden Fassung).
Das FG stellte folgenden Sachverhalt fest:
Die Revisionsbeklagte (Antragstellerin -- AStin --) exportierte Waren aller Art, darunter Maschinen, die sie von deutschen Herstellerwerken bezog. Die Herstellerwerke zahlten ihren Auslandsvertretern Provisionen auch dann, wenn die Maschinen von der AStin exportiert wurden. Die Provisionszahlungen der Herstellerwerke wurden wie folgt abgewickelt:
a) Die Herstellerwerke brachten ihren Auslandsvertretungen die Provisionen unmittelbar gut und überwälzten sie im Kaufpreis auf die AStin.
b) Eine Auslandsvertretung (X) ersuchte die AStin, sie möge den Rechnungsbetrag der Verkaufsrechnung des Herstellerwerkes um, die Provision kürzen und ihr (der Firma X) unmittelbar weiterleiten. Im Einverständnis mit dem Herstellerwerk überwies daher die AStin die Provision unmittelbar an die Firma X und kürzte den ihr von dem Herstellerwerk bezeichneten Kaufpreis entsprechend, indem sie den Provisionsbetrag von der Bruttorechnung abzog.
c) In einem Fall wurde die Provision aus bisher nicht geklärten Gründen an die Firma X nicht überwiesen. Das Herstellerwerk änderte seine Verkaufsrechnungen nicht.
Bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Ausfuhrhändlervergütung setzte die AStin ihre eigenen Zahlungen an die Firma X, soweit sie 5 v. H. des Entgelts überstiegen, vom Entgelt ab. Sie unterließ jedoch die Absetzung aller Provisionen der Herstellerwerke. Das Finanzamt (FA) forderte nach einer Umsatzsteuervergütungsprüfung die auf diese Beträge entfallende Ausfuhrhändlervergütung zurück.
Einspruch und Berufung führten zur Neufestsetzung der zurückgeforderten Beträge. Das FG meinte (Urteil veröffentlicht in EFG 1965, 93), daß die AStin zur Absetzung der Provisionen nicht verpflichtet sei, weil § 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDB nur Provisionen betreffe, die der antragstellende Ausfuhrhändler dem Auslandsvertreter schulde und die er im Kaufpreis auf den ausländischen Abnehmer überwätze.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Rb. war nach Einführung der FGO (1. Januar 1966) als Revision zu behandeln. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung an das FG wegen Verletzung des materiellen Rechts. Der Senat braucht deshalb über die anderen Rügen des FA (Verstöße wider den klaren Inhalt der Akten und mangelnde Sachaufklärung) nicht mehr zu entscheiden.
Der Senat kann der Ansicht des FG nicht folgen, daß es sich bei den Provisionen im Sinne des § 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDB "nur um solche handeln könne, die der antragstellende Ausfuhrhändler dem Auslandsvertreter schulde und die er im Kaufpreis auf den ausländischen Abnehmer überwälze".
Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift kommt es lediglich darauf an, ob in dem vom Ausfuhrhändler empfangenen Entgelt Kosten für Provisionen oder sonstige Zahlungen an "außerhalb des Reichsgebiets ansässige Vertreter" enthalten sind, die 5 v. H. des Entgelts übersteigen. Provisionszahlungen von Vorlieferanten an ihre Auslandsvertreter sind ebenso im Entgelt des Ausfuhrhändlers enthalten, wie dessen eigene Zahlungen an seine Vertreter im Ausland; denn man wird im Regelfall davon ausgehen müssen, daß das Entgelt des Ausfuhrhändlers alle Kosten deckt, auch die seiner Lieferanten.
Diese Auslegung wird bestätigt durch den Zusammenhang mit den übrigen in § 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDB vom Entgelt abzuziehenden Kosten. Denn soweit hier ähnliche Kosten aufgeführt sind, kommt es in keinem Fall darauf an, wer sie zu tragen hat. Entscheidend ist allein, ob sie im Entgelt enthalten sind. Nur eine solche Auslegung wird auch dem Sinn des § 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDB gerecht, der offenbar dahin geht, als Bemessungsgrundlage für die Ausfuhrhändlervergütung das Entgelt "frei deutsche Zollgrenze" festzulegen. Deshalb werden nach § 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDB die Kosten für alle Leistungen abgezogen, die im Ausland erbracht wurden und daher nicht mit deutscher Umsatzsteuer vorbelastet sind. Es handelt sich dabei insgesamt um eine Pauschalregelung, insbesondere hinsichtlich der Provisionen ausländischer Vertreter. Entsprechend der Regelung des § 7 Abs. 2 UStDB hätten nämlich alle Provisionen abgesetzt werden müssen, die für ausschließlich oder zum wesentlichen Teil im Ausland erbrachte Vermittlungstätigkeiten gewährt worden sind. Denn die Vermittlungstätigkeit eines Vertreters löst im Inland nur dann Umsatzsteuerpflicht aus, wenn er seine Leistungen im wesentlichen im Inland erbracht hat. Erfahrungsgemäß läßt es sich bei der Vermittlung zwischen einem Geschäftspartner im Inland und im Ausland nur schwer feststellen, wo der wesentliche Teil der Leistung liegt. Diese Schwierigkeit umgeht der § 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDB, indem er an die leicht erkennbaren Merkmale der Ansässigkeit des Vertreters sowie der Höhe seiner Provision anknüpft und dann pauschal festlegt, daß die 5 v. H. des Entgelts übersteigenden Provisionen vom Entgelt des Ausfuhrhändlers abzuziehen seien.
Mit dieser Pauschalregelung läßt es sich nicht vereinbaren, im Einzelfall zu prüfen, ob sie den antragstellenden Ausfuhrhändler gegenüber anderen Ausfuhrhändlern durch mangelhaften Ausgleich der Umsatzsteuervorbelastung benachteiligt. Pauschalregelungen dienen dazu, eine große Anzahl von (Vergütungs-) Fällen in möglichst einfacher Form abzuwickeln. Im Streitfalle kann daher der Umstand nicht berücksichtigt werden, daß die von den Vorlieferanten an ihre Vertreter im Ausland gezahlten Provisionen von dem Vorlieferanten in das vom Antragsteller zu zahlende Entgelt einkalkuliert worden sind. Da das FG diese Rechtslage nicht beachtet hat, war das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif.
Die UStDB sehen in § 73 Abs. 1 letzter Satz die Möglichkeit vor, statt des berichtigten Entgelts den Einkaufspreis frei deutscher Zollgrenze der Ausfuhrhändlervergütung zugrunde zu legen, wenn die geforderte Berichtigung des Entgelts nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Mit dieser Möglichkeit bieten die UStDB einen Ausgleich für Härten, die sich bei einer Pauschalregelung nicht vermeiden lassen.
Die Sache wird deshalb an das FG zurückverwiesen, damit geprüft werden kann, ob statt des berichtigten Entgelts der Einkaufspreis frei deutsche Zollgrenze zugrunde zu legen ist, um eine der AStin nicht zuzumutende Härte der Pauschalregelung zu vermeiden. Außerdem wird dem FG die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen (§ 143 Abs. 2 FGO).
Fundstellen
BStBl III 1967, 646 |
BFHE 1967, 322 |