Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
In der RM-Zeit entstandene Gewerbesteuer muß in der DM-Eröffnungsbilanz auch dann passiviert werden, wenn sie am 21. Juni 1948 noch nicht fällig war.
Normenkette
DMBG § 30 Abs. 2; DMBG § 34
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin - Bfin. - (OHG) hat die Gewerbesteuer-Abschlußzahlungen 1947 und I/1948 sowie die Ausgleichsumlage 1947 im Veranlagungszeitraum II/1948 und 1949 gezahlt und zu Lasten des Ergebnisses ihrer verbundenen Geschäftsjahre II/1948 und 1949 mit dem Betrage von 1.916,10 DM gebucht. Das Finanzamt erkannte dies nicht an, die Beträge seien in der DM-Eröffnungsbilanz zu passivieren. Die Firma machte hiergegen geltend, nach Abschnitt 54 der steuerlichen Richtlinien zum D-Markbilanzgesetz (DMBG) müsse der mengenmäßige Bilanzzusammenhang gewahrt werden. Sie habe den Betrag in ihrer RM-Schlußbilanz nicht gebucht. Nach § 6 der Zweiten Verordnung über die Erhebung der Gewerbesteuer in vereinfachter Form dürfe zudem die Gewerbesteuer nur insoweit gewinnmindernd berücksichtigt werden, als sie im Wirtschaftsjahr fällig geworden sei. Die Finanzverwaltung habe wohl in Abschnitt 12 Abs. 2 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1946 und in Abschnitt 21 Abs. 2 EStR II/1948 und 1949 Rückstellungen für entstandene Gewerbesteuer zugelassen. Es handle sich hier aber nur um ein Wahlrecht. Der Kaufmann sei nicht verpflichtet, die Beträge zu passivieren.
Die Berufung war ohne Erfolg. Das Finanzgericht begründete seine Entscheidung wie folgt:
Die Zahlung der Betriebsteuern für 1947 und I/1948 im ersten DM-Bilanzzeitraum stelle betriebswirtschaftlich eine Nachleistung für die vorangegangenen RM-Geschäftszeiträume dar. Solche Nachleistungen gehörten ebenso wie ein Vorempfang in der vorangegangenen Geschäftszeit für den Bilanzzeitraum zu den passiven Rechnungsabgrenzungsposten. Sie seien nach § 34 DMBG passivierungspflichtig.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rechtsbeschwerde (Rb.) ergibt folgendes:
Nach den allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen muß ein Kaufmann bereits entstandene Verpflichtungen in seiner Bilanz ausweisen, auch wenn sie noch nicht fällig sind. Ein Wahlrecht des Kaufmanns kann in dieser Richtung nicht anerkannt werden. Die Gewerbesteuerschuld entsteht nach § 3 Abs. 5 Ziff. 3 des Steueranpassungsgesetzes mit Beginn des Rechnungsjahres, für das die Steuer erhoben wird. Auch soweit es sich im vorliegenden Fall um noch nicht fällige, aber bereits entstandene Gewerbesteuer handelt, besteht nach § 30 Abs. 2 DMBG die Verpflichtung, diese Beträge in der DM-Eröffnungsbilanz auszuweisen. Gleichartige Grundsätze haben auch im § 34 DMBG ihren Ausdruck gefunden. Ob für in der RM-Zeit entstandene noch nicht fällige Gewerbesteuer eine Rückstellung nach § 30 Abs. 2 oder ein Rechnungsabgrenzungsposten nach § 34 DMBG einzusetzen ist, kann zweifelhaft sein, da die Begriffe "Rückstellung" und "Rechnungsabgrenzung" ineinander übergehen, wie auch in der Entscheidung des Obersten Finanzgerichtshofs I 174/43 vom 22. Juni 1949 (Bescheid unter Ziff. 1), Steuerrechtskartei, Einkommensteuergesetz § 4 Rechtsspruch 6, ausgeführt wird. Im Ergebnis ist dies jedoch ohne Bedeutung. Die Rechtslage ist ähnlich dem Fall der Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 61/53 vom 5. Juni 1953, Bundessteuerblatt (BStBl.) III S. 221 (Urlaubsgelder).
Die Frage, ob § 6 der Zweiten Verordnung über die Erhebung der Gewerbesteuer in vereinfachter Form noch für die Bilanzierung in der RM-Schlußbilanz rechtlich wirksam war, kann dahingestellt bleiben. Für die DM-Eröffnungsbilanz würden die Bestimmungen des DMBG, die verlangen, daß derartige Verpflichtungen in der DM-Eröffnungsbilanz ausgewiesen werden, dieser Vorschrift vorgehen.
Auch der Einwand der Bfin. wegen des mengenmäßigen Zusammenhangs zwischen der RM-Schlußbilanz und der DM-Eröffnungsbilanz kann nicht zum Erfolge führen. Das Betriebsvermögen für die RM-Schlußbilanz muß sich wohl bestandsmäßig mit dem Betriebsvermögen für die DM-Eröffnungsbilanz decken. Aber dies bedeutet nicht, daß nur Werte für einen Betriebsgegenstand in der DM-Eröffnungsbilanz angesetzt werden dürfen, wenn der Gegenstand in der RM-Schlußbilanz mit einer positiven oder einer negativen Zahl enthalten ist. Auch Gegenstände, die im Ergebnis mit 0 Mark in der RM-Schlußbilanz angesetzt sind, können, bzw. müssen, soweit es sich um eine Verpflichtung handelt, in der DM-Eröffnungsbilanz ausgewiesen werden. Die in den Urteilen des Bundesfinanzhofs I 136/52 S vom 10. März 1953, BStBl. III S. 139, und IV 232/52 U vom 12. März 1953, BStBl. III S. 155, für eine Apothekengerechtigkeit, also ein aktives Wirtschaftsgut, ausgesprochenen Grundsätze gelten in erhöhtem Masse für ein passives Wirtschaftsgut, wie es im vorliegenden Falle gegeben ist. Von diesen Grundsätzen ist auch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 134/52 S vom 6. Oktober 1953, BStBl. III S. 339 (Rückerstattungsverpflichtung), ausgegangen. Dem Finanzamt bleibt es unbenommen, gegebenenfalls auf Grund der Ansätze eines Steuerpflichtigen in der DM-Eröffnungsbilanz Berichtigungsveranlagungen für I/1948 durchzuführen. Dies gilt insbesondere, wenn ein Steuerpflichtiger in unzulässiger Weise Betriebsvermögen in dem nach Artikel IX des Anhanges zum Militärregierungsgesetz Nr. 64 zum 20. Juni 1948 aufzustellenden Bestandsverzeichnis nicht ausgewiesen hat. Siehe auch Betriebs-Berater 1952 S. 179 und Betrieb 1952 S. 557.
Im Streitfall könnte eine Härte dadurch eintreten, daß die umstrittene Gewerbesteuer das Betriebsergebnis weder in der RM- noch in der DM-Zeit mindert. Es muß den Verwaltungsbehörden überlassen bleiben, diesem Umstand, gegebenenfalls im Billigkeitswege, Rechnung zu tragen, wobei die Anordnungen in Abschnitt 12 Abs. 2 EStR 1946 Bedeutung gewinnen können. Bei dem engen Zusammenhang von I/1948 und II/1948 wird man nach den Grundsätzen von Treu und Glauben den Vorgang bei beiden Veranlagungen nur einheitlich würdigen können.
Fundstellen
Haufe-Index 407833 |
BStBl III 1954, 33 |
BFHE 1954, 313 |
BFHE 58, 313 |