Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur steuerlichen Berücksichtigung von Aufwendungen für Geschäftsfreundeeinladungen in Nachtlokale
Leitsatz (NV)
1. Eine Bewirtung i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG liegt nur vor, wenn die Darreichung von Speisen und / oder Getränken eindeutig im Vordergrund steht.
2. Aufwendungen für Geschäftsfreundebewirtungen sind nicht generell unangemessen i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG, soweit sie gewisse absolute Betragsgrenzen überschreiten.
3. Stehen beim Besuch von Nachtlokalen mit Variete -, Striptease- und anderen -Darbietungen die Aufwendungen in einem offensichtlichen Mißverhältnis zum Wert der verzehrten Speisen und/oder Getränke, so führt die nach § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG vorzunehmende Angemessenheitsprüfung dazu, daß die Aufwendungen bereits ihrer Art nach als unangemessen anzusehen sind. Insoweit ist jeglicher Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen.
4. Aufwendungen, die nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 und Nr. 7 EStG 1975 bei der Gewinnermittlung ausscheiden, unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG 1973 als Eigenverbrauch der Umsatzsteuer. Das gilt auch, soweit die formellen Voraussetzungen für einen Abzug als Betriebsausgaben nicht vorliegen.
Normenkette
EStG 1975 und folgende Jahre § 4 Abs. 5 Nr. 2; EStG 1975 und folgende Jahre § 4 Abs. 5 Nr. 7; UStG 1973 § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt einen . . .-handel. In den Streitjahren (1974 bis 1976) machte er neben üblichen Bewirtungsaufwendungen auch solche Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend, die für die Bewirtung und Unterhaltung von Geschäftsfreunden in Nachtlokalen und (nach den bei den Akten befindlichen Rechnungen) möglicherweise auch bordellähnlichen Betrieben angefallen waren. 1974 handelte es sich um 46 730 DM, 1975 um 40 852 DM und 1976 um 43 702 DM. Auf sechs Belegen des Jahres 1974 (über einen Betrag von insgesamt 11 627 DM) fehlen entweder das Datum des Lokalbesuchs oder die Namen der teilnehmenden Personen. 1975 haften vergleichbare Mängel acht Rechnungen (über insgesamt 8 765,50 DM) an. Aus dem Jahre 1976 entsprechen sechs Belege (über insgesamt 11 083,90 DM) nicht den genannten formellen Anforderungen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte im Anschluß an eine beim Kläger durchgeführte Außenprüfung - ungeachtet der formellen Mängel - nur noch 50 v. H. der hier streitigen Aufwendungen als angemessen i. S. von § 4 Abs. 5 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an. Das FA erhöhte dementsprechend den Gewinn aus Gewerbebetrieb und den Eigenverbrauch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c des Umsatzsteuergesetzes (UStG).
Die gegen die geänderten Umsatzsteuer- und Gewerbesteuermeßbetragsbescheide erhobenen Einsprüche blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wies auch die Klagen ab. Es versagte dabei den Betriebsausgabenabzug zum Teil schon deswegen, weil es an den erforderlichen Formerfordernissen fehle.
Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Er beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Umsatzsteuer 1974 um 2 570 DM, die Umsatzsteuer 1975 um 1 378 DM und die Umsatzsteuer 1976 um 1 305 DM sowie den Gewerbesteuermeßbetrag 1974 um 1 295 DM, den Gewerbesteuermeßbetrag 1975 um 625 DM und den Gewerbesteuermeßbetrag 1976 um 590 DM herabzusetzen, hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.Dem Verfahren ist gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) der Bundesminister der Finanzen (BMF) beigetreten. Wegen seiner Stellungnahme wird auf das Urteil in der Sache III R 21/86 vom selben Tage verwiesen. Es betrifft die Einkommensteuerbescheide des Klägers und seiner Ehefrau für die Streitjahre 1974 und 1975.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
1. Im Ergebnis zutreffend hat das FG einen Teil der Aufwendungen auch des Streitjahres 1976 schon deswegen nicht zum Abzug zugelassen, weil die formellen Anforderungen nicht erfüllt waren (siehe hierzu näher das Urteil III R 21/86, Abschn. II Nr. 3 der Entscheidungsgründe).
2. Hinsichtlich der übrigen, ordnungsgemäß nachgewiesenen Aufwendungen gilt für die Gewerbesteuermeßbetragsbescheide folgendes:
a) Der Ermittlung des Gewerbeertrages für die Streitjahre 1974 und 1975 sind die Gewinne zugrunde zu legen, die entsprechend dem Urteil des Senats in der Einkommensteuersache III R 21/86 für dieselben Jahre bei der Einkommensermittlung anzusetzen sind (§ 7 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG -).
b) Für die Ermittlung des Gewerbeertrages 1976 sind die ordnungsgemäß nachgewiesenen Aufwendungen ebenfalls entsprechend den Grundsätzen des Urteils III R 21/86 auf ihre Abziehbarkeit nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 Satz 1 EStG 1975 zu prüfen. Das heißt, das FG wird insbesondere gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG 1975 die Aufwendungen als unangemessen ansehen und vom Abzug als Betriebsausgaben ausschließen, die beim Besuch von Nachtlokalen mit Varieté-, Striptease- und anderen -Darbietungen angefallen sind und in einem offensichtlichen Mißverhältnis zum Wert der dort jeweils verzehrten Speisen und/oder Getränke stehen.
3. Die Aufwendungen, die nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 und Nr. 7 EStG 1975 (§ 4 Abs. 5 EStG 1974) bei der Gewinnermittlung ausscheiden, unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG 1973 (in der Fassung vom 16. November 1973 und in der Fassung des Einführungsgesetzes zum Einkommensteuerreformgesetz vom 21. Dezember 1974) in allen drei Streitjahren als Eigenverbrauch der Umsatzsteuer. Das gilt auch, soweit die formellen Voraussetzungen für einen Abzug als Betriebsausgaben nicht vorliegen (so z. B. auch Mößlang in Sölch / Ringleb / List, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, § 1 Rdnr. 220; ebenso Hartmann / Metzenmacher, UStG [Mehrwertsteuer], Kommentar, 6. Aufl., E § 1 Abs. 1 Nr. 2 Rdnr. 121).
Fundstellen