Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Beteiligungserfordernis für den Schenker nach § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG bei einer mittelbaren Anteilsschenkung
Leitsatz (amtlich)
Auch bei einer mittelbaren Schenkung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft sind die Steuerbegünstigungen des § 13a ErbStG zu versagen, wenn der Schenker nicht zu mehr als einem Viertel am Nennkapital der Gesellschaft beteiligt ist.
Normenkette
ErbStG § 13a Abs. 4 Nr. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Aufgrund privatschriftlichen Vertrages vom 6. Februar 1997 stellte der Vater des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) diesem schenkweise einen Betrag von 7,1 Mio. DM zweckgebunden zum Erwerb sämtlicher Geschäftsanteile an der X-GmbH (GmbH) von dem bisherigen Alleingesellschafter, einem Dritten, zur Verfügung. In dem Vertrag hieß es u.a., § 13a des Erbschaftsteuergesetzes solle in Anspruch genommen werden. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 7. Februar 1997 erwarb der Kläger die Geschäftsanteile zum endgültigen Kaufpreis von 6,4 Mio. DM. Den überschießenden Betrag von 700 000 DM zahlte der Kläger an den Vater zurück. Die Kosten des Erwerbs der Anteile von 28 923 DM trug der Kläger selbst.
Mit Schenkungsteuerbescheid vom 3. Dezember 1997 versagte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) den beantragten Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Nr. 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes i.d.F. des Art. 16 Nr. 1 und 2 Buchst. b des Steueränderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl I, 3794) ―ErbStG― in Höhe von 500 000 DM sowie den um 40 v.H. geminderten Wertansatz gemäß Absatz 2 der Vorschrift und setzte die Steuer unter Berücksichtigung von Vorschenkungen in Höhe von 508 720 DM auf 1 199 741 DM fest. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) folgte mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 338 veröffentlichten Urteil den Beteiligten darin, dass eine mittelbare Schenkung der Geschäftsanteile an der GmbH vorliege, nahm aber mit dem FA und entgegen der Ansicht des Klägers an, dass § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG der Gewährung der beantragten Steuervergünstigungen entgegenstehe, weil der Vater im Zeitpunkt der Steuerentstehung nicht unmittelbar am Nennkapital der GmbH beteiligt gewesen sei.
Durch einen gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Halbsatz 1 Alternative 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Schenkungsteuerbescheid vom 10. Februar 2005 hat das FA die Steuerfestsetzung im Hinblick auf das Normenkontrollverfahren 1 BvL 10/02 vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) für vorläufig erklärt.
Mit der Revision rügt der Kläger eine fehlerhafte Anwendung des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG. Das Erfordernis einer Unmittelbarkeit beziehe sich auf die Art der Beteiligung und nicht auf die Beteiligung als solche. Nicht privilegiert werden solle der Erwerb solcher Beteiligungen, die über eine Personengesellschaft gehalten werden. Im Streitfall habe jedoch eine unmittelbare Beteiligung erworben werden sollen.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Schenkungsteuerbescheid vom 10. Februar 2005 dergestalt zu ändern, dass die Steuer auf 656 341 DM herabgesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Die Steuervergünstigungen des § 13a ErbStG stehen dem Kläger für den Erwerb der mittelbar geschenkten Anteile an der GmbH nicht zu.
1. Gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 3 ErbStG bleiben beim Erwerb durch Schenkungen unter Lebenden Anteile an Kapitalgesellschaften bis zu einem Wert von 500 000 DM außer Ansatz, wenn die Kapitalgesellschaft zur Zeit der Steuerentstehung Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat, der Schenker am Nennkapital der Gesellschaft zu mehr als einem Viertel unmittelbar beteiligt war und er dem FA unwiderruflich erklärt, dass der Freibetrag für die Schenkung in Anspruch genommen wird. Gemäß Absatz 2 der Vorschrift ist der verbleibende Wert des (Anteils-)Vermögens nur mit 60 v.H. anzusetzen. Diese Steuervergünstigungen gelten nach dem Wortlaut der Vorschrift unabhängig davon, ob die Anteile an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar freigebig zugewendet worden sind (vgl. zur mittelbaren Anteilsschenkung: Weinmann in Moench, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, § 13a Anm. 40 b). Die genannten Voraussetzungen der Steuervergünstigungen sind im Streitfall jedoch nicht erfüllt, weil der Vater des Klägers an der GmbH nicht unmittelbar beteiligt war.
Das wird vom Kläger nicht verkannt. Er meint aber, § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG sei dahin auszulegen, dass der Erwerber eine unmittelbare Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft erhalten müsse. Dies stellte eine Auslegung gegen den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes dar. Eine derartige Auslegung des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG ist jedoch zumindest insoweit, als es um das Erfordernis der unmittelbaren Beteiligung des Schenkers am Nennkapital der Kapitalgesellschaft geht, nicht zulässig. Eine Auslegung gegen den Wortlaut eines Gesetzes ist zwar nicht schlechthin unzulässig; sie kommt aber nur in Betracht, wenn die wortgetreue Gesetzesanwendung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen würde (so Urteile des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 30. März 1993 VIII R 44/90, BFH/NV 1993, 597, sowie vom 3. Februar 2000 III R 30/98, BFHE 190, 569, BStBl II 2000, 438, unter II. 2.), das ―so ist zu ergänzen― durch die beabsichtigte Auslegung zu vermeiden oder doch entscheidend zu mindern wäre, ohne andere Wertungswidersprüche hervorzurufen. Eine Auslegung gegen den Wortlaut des Gesetzes, die zwar die sinnwidrigen Ergebnisse einer wortgetreuen Gesetzesanwendung vermiede, dafür aber andere ebenso gewichtige Sinnwidrigkeiten hervorriefe, machte ihrerseits keinen Sinn. Dazu käme es aber bei der vom Kläger vertretenen Auslegung, gegen den Wortlaut des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG auf das Erfordernis einer unmittelbaren Beteiligung des Schenkers an der Kapitalgesellschaft zu verzichten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich zum einen solch ein Verzicht nicht auf die mittelbare Anteilsschenkung beschränken ließe, sondern auch die unmittelbaren Schenkungen erfassen würde, da für mittelbare Schenkungen kein Sonderrecht gelten kann, und zum anderen auch nicht zu rechtfertigen wäre, von dem Erfordernis nur beim Schenker und nicht auch beim Erblasser abzusehen.
2. In seinem Beschluss vom 22. Mai 2002 II R 61/99 (BFHE 198, 342, BStBl II 2002, 598, 609) hat der erkennende Senat dem Beteiligungserfordernis in § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG sowohl aus der Sicht des Erblassers oder Schenkers als auch aus der Sicht des Erwerbers einen erkennbaren sachlichen Grund abgesprochen, indem er die Auswirkungen des Beteiligungserfordernisses aufgezeigt hat. So ist bei einer unmittelbaren Beteiligung des Erblassers oder Schenkers an der Kapitalgesellschaft von 25,1 v.H. auch der Erwerb eines Anteils von 1 v.H. begünstigt, während bei einer unmittelbaren Beteiligung des Erblassers oder Schenkers von 25 v.H. selbst der vollständige Erwerb dieser Beteiligung nicht begünstigt wäre. Ein derartiges Ergebnis ist sinnwidrig.
Die vom Kläger befürwortete Auslegung des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG dahin, von dem Beteiligungserfordernis auf Seiten des Schenkers ―und damit zwingend auch auf Seiten des Erblassers― abzusehen und stattdessen in den Fällen einer mittelbaren Anteilsschenkung auf den Erwerb einer unmittelbaren Beteiligung durch den Beschenkten abzustellen, beseitigt zwar diese Wertungswidersprüche, die sich aus dem unterschiedlichen Ausmaß der unmittelbaren Beteiligung des Erblassers oder Schenkers einerseits und der unterschiedlichen Höhe der durch die Erben oder Bedachten erworbenen Anteile andererseits ergeben; sie bewirkt aber gerade für die Schenkungen unter Lebenden eine Vergrößerung der Wertungswidersprüche an anderer Stelle von solchem Gewicht, dass ein Vergleich der Ergebnisse einer wortgetreuen Gesetzesanwendung mit denjenigen nach Maßgabe der vom Kläger geforderten Auslegung keinen entscheidenden Zuwachs an Sinnhaftigkeit erbrächte.
In dem o.a. Beschluss des BFH in BFHE 198, 342, BStBl II 2002, 598 ist nämlich weiter ausgeführt, dass die Gleichstellung der Anteile an Kapitalgesellschaften mit dem Betriebsvermögen i.S. des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG einschließlich der Anteile an Personengesellschaften im Sinne der dort herangezogenen Vorschriften des Einkommensteuergesetzes nur gerechtfertigt ist, wenn die durch den Anteilserwerb ausgelösten steuerlichen Belastungen den Bestand des Betriebs gleichermaßen berühren, wie dies beim Erwerb von Betriebsvermögen im Sinne des Absatzes 4 Nr. 1 der Vorschrift der Fall ist. Dabei ist auf den Bestand des Betriebs der Kapitalgesellschaft abzustellen. Der Erwerb von im Betriebsvermögen gehaltenen Anteilen an Kapitalgesellschaften unterfällt nämlich bereits dem § 13a Abs. 1 und 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 ErbStG. Beim Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften jedoch ist eine vergleichbare Betroffenheit des Bestandes des Betriebs der Kapitalgesellschaft schon allgemein nicht gewährleistet; ganz besonders gilt dies aber bei einer bloß mittelbaren Anteilsschenkung, bei der die Entreicherung des Schenkers in Geld besteht, und erst recht dann, wenn der Schenker an der Kapitalgesellschaft selbst nicht beteiligt war.
3. Daher brächte die vom Kläger geforderte Auslegung des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG keinen Zuwachs an Widerspruchsfreiheit und Sinnhaftigkeit der Rechtsfolgen. Dem wird in der Literatur, die sich bei mittelbaren Anteilsschenkungen für einen Verzicht auf das Erfordernis einer Beteiligung des Schenkers an der Kapitalgesellschaft ausspricht (Hübner in Deutsches Steuerrecht 2003, 4, 9; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, Erbschaftsteuergesetz, Kommentar, § 13a Anm. 79 i.V.m. Anm. 132), nicht ausreichend Rechnung getragen.
Fundstellen
Haufe-Index 1343318 |
BFH/NV 2005, 975 |
BStBl II 2005, 411 |
BFHE 2005, 444 |
BFHE 208, 444 |
BB 2005, 1092 |
DB 2005, 1199 |
DStR 2005, 827 |
DStRE 2005, 680 |
DStZ 2005, 359 |
HFR 2005, 685 |