Entscheidungsstichwort (Thema)
(Keine Werbungskosten im Rahmen des § 20 EStG, sondern nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung bei durch Konkurs wertlos gewordener Darlehensforderung des Gesellschafters - Verdeckte Einlage - Zulassungsgrund vom Revisionsgericht grundsätzlich nicht zu überprüfen)
Leitsatz (amtlich)
Gewährt der Gesellschafter einer GmbH seiner Gesellschaft ein Darlehen aus Gründen, die im Gesellschaftsverhältnis liegen, dann entstehen dem Gesellschafter nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung, wenn die Darlehensforderung mit dem Konkurs der GmbH wertlos wird.
Orientierungssatz
1. Eine verdeckte Einlage ist gegeben, wenn ein Gesellschafter seiner Kapitalgesellschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Einlagen Vermögensgegenstände (hier: Darlehen) zuwendet und die Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Dies ist dann der Fall, wenn ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns der Gesellschaft den Vermögensvorteil nicht eingeräumt hätte. Gegenstand der verdeckten Einlage kann auch der Erlaß einer Forderung gegen die Gesellschaft sein. Dem Erlaß steht unter dem Gesichtspunkt der Einlage der Verzicht auf die Rückzahlung gleich. Der Umstand, daß das Darlehen weiter verzinst werden sollte, schließt eine Einlage nicht aus. Der Wert der verdeckten Einlage richtet sich bei dem Gesellschafter nach dem gemeinen Wert im Zeitpunkt der Einlage (vgl. BFH-Rechtsprechung; Literatur).
2. Der Verlust der Darlehensforderung des Gesellschafters einer GmbH, der er das Darlehen aus Gründen, die im Gesellschaftsverhältnis liegen, gewährt hat, führt nicht zu Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG). Damit ist vereinbar, daß Refinanzierungskosten Werbungskosten im Rahmen des § 20 EStG darstellen (vgl. BFH-Urteil vom 21.7.1981 VIII R 154/76).
3. Das Revisionsgericht hat grundsätzlich nicht zu überprüfen, ob der vom FG angegebene Zulassungsgrund tatsächlich gegeben ist. Dies könnte allerdings anders sein, wenn das FG offensichtlich willkürlich verfahren ist (vgl. BFH-Urteil vom 7.8.1967 VI R 297/66; verneinend: Literatur).
Normenkette
EStG § 17 Abs. 1-2, 4, § 4 Abs. 1 S. 5, § 6 Abs. 1 Nr. 5, § 20; BFHEntlG Art. 1 Nr. 5
Tatbestand
Mit Vertrag vom 6.Juni 1963 wurde die R GmbH (GmbH) gegründet. Das Stammkapital betrug seit dem 28.April 1972 600 000 DM; davon hielt der Ehemann der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) 550 000 DM und die Klägerin 50 000 DM. Das Wirtschaftsjahr der GmbH endete am 30.Juni.
Der Ehemann der Klägerin gewährte der GmbH u.a. folgende Darlehen: Am 9.August 1977 200 000 DM, am 26.August 1977 50 000 DM, am 8.Dezember 1977 200 000 DM und am 2.Januar 1978 500 000 DM.
Am 22.Januar 1979 verstarb der Ehemann der Klägerin. Die Klägerin wurde Alleingesellschafterin. Vom Stammkapital in Höhe von 600 000 DM verkaufte sie 60 000 DM.
Im Zeitpunkt des Todes des Ehemanns hatte die B-Bank gegen die GmbH Forderungen in Höhe von 1 625 267 DM.
Am 10.Oktober 1979 erklärte die Klägerin gegenüber der B-Bank:
"Gegen die … GmbH … steht mir, der Unterzeichneten, laut Verträgen vom 9.8.1977, 26.8.1977, 8.12.1977 und 2.1.1978 eine Darlehensforderung von 950 000 DM zu. Als Gläubigerin der Firma trete ich mit meiner obengenannten Forderung und allen daran haftenden Rechten sowie mit meinen künftigen Forderungen hinter Ihre gesamten gegenwärtigen und künftigen Forderungen aus der Geschäftsverbindung, insbesondere aus Kreditgewährung … an die Firma zurück. …"
Am 7.Mai 1981 erklärte die Klägerin gegenüber der GmbH:
"Gegen die Firma R GmbH … steht mir eine Darlehensforderung in Höhe von 900 000 DM zu. Als Gläubigerin der Firma trete ich mit meiner obengenannten Forderung und allen daran haftenden Rechten hinter die übrigen Gläubiger der Firma zurück."
Im Geschäftsjahr 1981/1982 tilgte die GmbH von dem Darlehen weitere 100 000 DM. Am 1.Juli 1981 schlossen die Klägerin und die GmbH unter Bezugnahme auf die bisherigen Darlehensverträge einen neuen Darlehensvertrag. Danach stellte die Klägerin der GmbH mit Wirkung ab 1.Juli 1981 ein Darlehen in Höhe von 800 000 DM zur Verfügung, das durch die Darlehen vom August und Dezember 1977 sowie Januar 1978 bereits erbracht war. Die Tilgung des Darlehens sollte ausgeschlossen sein. Die Klägerin gab gegenüber der GmbH für dieses Darlehen eine Rangrücktrittserklärung für interne Zwecke ab.
Im Januar 1983 gewährte die Klägerin der GmbH ein weiteres Darlehen in Höhe von 100 000 DM, von dem die GmbH 30 000 DM zurückbezahlt hat.
Auf Antrag der GmbH vom 11.November 1983 wurde am 31.Januar 1984 das Konkursverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Die Klägerin meldete ihre Darlehensforderungen in Höhe von insgesamt 870 000 DM zur Konkurstabelle an; der Konkursverwalter bestritt die Forderung unter Hinweis auf § 32a des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG).
In der Bilanz auf den 30.Juni 1978 ist das Stammkapital zuzüglich Rücklagen und Bilanzverlust (./. 210 275 DM) mit 739 700 DM ausgewiesen. In der Bilanz zum 30.Juni 1980 wurden die Gesellschafterdarlehen als Eigenkapital angeführt.
Der Einheitswert des Betriebsvermögens betrug zum 1.Januar 1977 und 1.Januar 1978 jeweils 1 424 000 DM.
Das aktive Vermögen der GmbH betrug zum 30.Juni 1977 rund 4 742 000 DM und zum 30.Juni 1978 rund 5 919 000 DM.
Die Verbindlichkeiten der GmbH betrugen (ohne Gesellschafterdarlehen)
zum 1.Januar 1977 30.Juni 1978
Bank 1 203 768 DM 2 330 517 DM
Lieferanten 283 592 DM 488 783 DM
sonstige 750 797 DM 763 385 DM.
Die GmbH hat für die Jahre 1981 bis 1984 keine Körperschaftsteuer und Vermögensteuererklärungen abgegeben.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 1983 machte die Klägerin bei den Einkünften aus Kapitalvermögen Werbungskosten in Höhe von 1 410 000 DM geltend; der Betrag errechnet sich wie folgt:
Verlust des Stammkapitals der GmbH 540 000 DM
Verlust des kapitalersetzenden Darlehens 800 000 DM
Verlust eines weiteren Darlehens 70 000 DM.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) erkannte nur den Verlust des Stammkapitals der GmbH in Höhe von 540 000 DM an und trug ihn auf das Streitjahr 1981 zurück, soweit er 1983 nicht ausgeglichen werden konnte, d.h. in Höhe von 210 495 DM (lt. Bescheid vom 7.November 1984). Die Klägerin erhob nach vergeblichem Einspruch gegen die Einkommensteuerbescheide 1981 und 1982 Klage.
Das Finanzgericht (FG) hat den mit der Erstellung der Bilanz auf den 30.Juni 1978 beauftragten Wirtschaftsprüfer als Zeugen vernommen. Er hat ausgesagt, daß die GmbH Ende 1977/Anfang 1978 noch kreditwürdig gewesen sei.
Das FG wies die Klage ab. Zur Begründung führt das FG aus:
Im Zeitpunkt der Hingabe der Darlehen sei deren Verlust nicht voraussehbar gewesen. Auch ein Nichtgesellschafter hätte bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns der GmbH ein Darlehen gewährt.
Auch die Rangrücktrittserklärungen der Klägerin könnten nicht zu einer Einlage führen. Kapitalersetzenden Charakter hätten sie nur, wenn sie zur Abwendung der Konkursantragspflicht gemäß den §§ 63, 64 GmbHG ausgesprochen würden. Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärungen vom 10.Oktober 1979 und 7.Mai 1981 habe keine Konkursantragspflicht bestanden. Ferner sei durch die Erklärung nur einer von mehreren Gläubigern begünstigt worden; zu ihrer Wirksamkeit hätte die Erklärung aber allen Gläubigern gegenüber ausgesprochen werden müssen.
Der Darlehensvertrag vom 1.Juli 1981 habe zwischen der Klägerin und der GmbH keine neuen Rechtsbeziehungen begründet, sondern nur die Einzeldarlehensverträge zusammengefaßt.
Würde man die Rangrücktrittserklärung als nachträgliche Anschaffungskosten qualifizieren, müßte der gemeine Wert der Aufwendungen ermittelt werden. Legte man die vorhandenen Daten der GmbH zugrunde, müßte dem Rangrücktritt ein gemeiner Wert von 0 DM beigemessen werden. Legte man ihm einen höheren Wert bei, müßte auf den Wert der Beteiligung ein Teilwertabschlag in gleicher Höhe erfolgen.
Mit der wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und den geänderten Einkommensteuerbescheid 1981 vom 7.November 1984 sowie den Einkommensteuerbescheid 1982 vom 13.Juni 1984 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 15.Oktober 1984 dahin abzuändern, daß die Einkommensteuer für 1981 und 1982 auf 0 DM festgesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.
Das FG habe die Revision zu Unrecht im Hinblick auf die Klärung einer Rechtsfrage (Rangrücktritt) zugelassen, auf die es nach seiner eigenen Auffassung nicht ankomme.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zulässig.
Das FG hat sie zugelassen (§ 115 Abs.1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Ob der vom FG angegebene Zulassungsgrund tatsächlich gegeben ist, hat das Revisionsgericht grundsätzlich nicht zu überprüfen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 7.August 1967 VI R 297/66, BFHE 90, 29, BStBl III 1967, 789). Dies könnte allerdings anders sein, wenn das FG offensichtlich willkürlich verfahren ist (bejahend: BFH in BFHE 90, 29, BStBl III 1967, 789; verneinend: Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2.Aufl., § 115 Rdnr.45). Die Frage kann hier offenbleiben, denn diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben.
Die Revision ist zum Teil begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils, soweit der Einkommensteuerbescheid 1981 Gegenstand des Urteils ist und zur Herabsetzung der Einkommensteuer 1981 auf 62 572 DM (§ 126 Abs.3 Nr.1 FGO). Im übrigen wird die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
1. Der Verlust der durch den Ehemann der Klägerin begründeten Darlehensforderungen in Höhe von restlichen 800 000 DM erhöht nicht ihren gewerblichen Verlust im Rahmen des § 17 Abs.4 i.V.m. Abs.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
a) Die Hingabe der Darlehen hatte nicht den Charakter einer verdeckten Einlage. Voraussetzung dafür und auch für die Annahme nachträglicher Anschaffungskosten ist, daß die Hingabe des Darlehens durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt war (vgl. BFH-Urteile vom 2.Oktober 1984 VIII R 36/83, BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320, und vom 9.September 1986 VIII R 159/85, BFHE 148, 246, BStBl II 1987, 257). Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, wenn auch ein fremder Dritter der GmbH zu diesem Zeitpunkt noch Darlehen in dieser Höhe gewährt hätte. Wie das FG ―von der Revision unbestritten― festgestellt hat (§ 118 Abs.2 FGO), war dies hier aber der Fall.
b) Auch die Rangrücktrittserklärung gegenüber der B-Bank vom 10.Oktober 1979 ist noch nicht als verdeckte Einlage der Darlehensvaluta zu werten, weil sie nicht allen Gläubigern gegenüber wirksam war. Nur dann wäre es gerechtfertigt, die Verbindlichkeit als die Gesellschaft nicht mehr als das Eigenkapital belastend anzunehmen und sie z.B. nicht in den Überschuldungsstatus aufzunehmen (vgl. dazu Priester, Der Betrieb ―DB― 1977, 2429; Knobbe-Keuk, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ―ZIP― 1983, 127, zu II.1.2.).
c) Es kann offenbleiben, ob die am 7.Mai 1981 der GmbH gegenüber abgegebene Rangrücktrittserklärung als Einlage der Darlehensforderungen zu werten ist (vgl. dazu auch Wassermeyer, Handbuch der Unternehmensbesteuerung, 1990, G Rdnr.427). Wie unter 1.d) dargelegt, müßte die verdeckte Einlage beim Gesellschafter mit ihrem gemeinen Wert im Zeitpunkt der Einlage angesetzt werden. Das würde im Streitfall dazu führen, daß der Wert der Einlage mit 0 DM anzusetzen ist. Der spätere Verlust der Einlage würde entsprechend ebenfalls mit 0 DM zu bewerten sein. Das FG hat festgestellt, daß der gemeine Wert einer Aufwendung, die in einem Rangrücktritt gelegen hätte, 0 DM betragen hätte. An diese Feststellung ist der Senat gebunden, denn sie ist nicht durch zulässige und begründete Rügen angegriffen worden (§ 118 Abs.2 FGO).
d) Entgegen der Ansicht des FG hat die kurze Zeit später getroffene Vereinbarung vom 1.Juli 1981, wonach das Darlehen von der Tilgung ausgeschlossen sein sollte, aber zu einer Einlage der Darlehensforderung geführt.
Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine verdeckte Einlage gegeben, wenn ein Gesellschafter seiner Kapitalgesellschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Einlagen Vermögensgegenstände zuwendet und die Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Das Gesellschaftsverhältnis ist dann ursächlich, wenn ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns der Gesellschaft den Vermögensvorteil nicht eingeräumt hätte (vgl. BFH-Urteil vom 9.März 1983 I R 182/78, BFHE 139, 139, BStBl II 1983, 744, m.w.N.). Gegenstand der verdeckten Einlage kann auch der Erlaß einer Forderung gegen die Gesellschaft sein (vgl. BFH-Urteil vom 29.Mai 1968 I 187/65, BFHE 93, 62, BStBl II 1968, 722). Dem Erlaß steht unter dem Gesichtspunkt der Einlage der Verzicht auf die Rückzahlung gleich.
Danach ist hier grundsätzlich eine verdeckte Einlage gegeben. Für den Verzicht der Klägerin auf Rückzahlung des Darlehens war auch das Gesellschaftsverhältnis ursächlich. Denn angesichts der vom FG festgestellten finanziellen Situation der GmbH hätte ein außenstehender ordentlicher Kaufmann der Gesellschaft grundsätzlich keinen Vermögensvorteil mehr eingeräumt. Der Umstand, daß das Darlehen weiter verzinst werden sollte, schließt eine Einlage nicht aus. Auch die Verzinsung der Kapitalanteile (vgl. § 121 Abs.1 und 2, § 168 Abs.1 des Handelsgesetzbuches ―HGB―) ist üblich und typisch (BFH-Urteil vom 3.Februar 1988 I R 394/83, BFHE 152, 543, BStBl II 1988, 551; vgl. auch Huber, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1988/89, 301, 307 f.).
Unabhängig davon, wie der Verzicht auf die Darlehensrückzahlung bei der GmbH zu behandeln ist, richtet sich der Wert der verdeckten Einlage bei der Gesellschafterin ―der Klägerin― nach dem gemeinen Wert im Zeitpunkt der Einlage (BFH-Urteile vom 25.Januar 1984 I R 183/81, BFHE 140, 538, BStBl II 1984, 422, und vom 26.Juli 1967 I 138/65, BFHE 89, 524, BStBl III 1967, 733, beide zu Anteilen im Betriebsvermögen; vgl. ferner Knobbe-Keuk, Deutsche Steuer-Zeitung ―DStZ― 1984, 335, 337; Wassermeyer, DB 1990, 2288; Meermann, Steuerliche Betriebsprüfung 1988, 110; Seibold, Deutsches Steuerrecht ―DStR― 1990, 719, 722; Döllerer, DStR 1989, 331, 337; Felix, DStZ 1989, 207, zu 3; Hörger, in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15.Aufl., § 17 Rdnr.57).
Der gemeine Wert der verdeckten Einlage betrug im Streitfall 0 DM. Wie bereits unter c) dargestellt, hat das FG festgestellt, daß der gemeine Wert eines Rangrücktritts 0 DM betragen hätte. Für den kurze Zeit später vereinbarten Tilgungsausschluß kann nichts anderes gelten. War aber der Wert der Einlage bei der Klägerin mit 0 DM anzusetzen, konnte auch ihr Verlust die Anschaffungskosten der Beteiligung im Rahmen des § 17 EStG nicht erhöhen.
e) Der Verlust des Darlehens ist auch keine sonstige Betriebsausgabe im Rahmen des § 17 EStG, weil der Verlust "durch die Beteiligung veranlaßt" ist (vgl. aber Schmidt, Einkommensteuergesetz, 9.Aufl., § 17 Anm.21 b). § 17 Abs.1 und 4 EStG erfaßt nur den Veräußerungs- und Auflösungsvorgang (vgl. BFH- Urteil vom 9.August 1983 VIII R 276/82, BFHE 139, 257, BStBl II 1984, 29) und legt die Faktoren, die bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen sind, fest (§ 17 Abs.2 EStG). Wenn danach der Darlehensverlust den Anschaffungskosten ―auch bei weiter Auslegung des Begriffs― nicht zugeordnet werden kann, scheidet seine Berücksichtigung als Betriebsausgabe im Rahmen des § 17 EStG aus (BFH-Urteil vom 12.Februar 1980 VIII R 114/77, BFHE 130, 378, 382, BStBl II 1980, 494).
f) Auch die Berücksichtigung des Darlehensverlustes als Veräußerungskosten im weiteren Sinne, hier Aufwand im Zusammenhang mit der Auflösung der GmbH (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320, zu 1.c; ferner Hörger, a.a.O., § 17 EStG Rdnr.73), kommt nicht in Frage. Der Verlust ist nicht durch den Konkurs der GmbH verursacht; der Konkurs der GmbH ist vielmehr die Folge ihrer Überschuldung. Der zeitliche Zusammenhang zwischen Darlehensverlust und Auflösung des Betriebs allein genügt nicht (vgl. BFH-Urteil vom 6.Mai 1982 IV R 56/79, BFHE 136, 209, BStBl II 1982, 691).
2. Die Klägerin kann den Verlust der Darlehensforderung schließlich auch nicht als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) geltend machen.
a) Ist das Darlehen der GmbH gewährt worden, um die vereinbarten Zinsen zu erlangen, steht der Verlust der Darlehensvaluta selbst nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Einkunftsart des § 20 EStG. Ein äußerer Zusammenhang ist im Streitfall zwar offenkundig. Bei der Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung wird aber nicht das Kapital selbst, sondern dessen Nutzungsmöglichkeit eingesetzt. Nur in diesem Rahmen besteht bei Aufwendungen auch ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den Zinserträgen. Das gilt auch bei risikobehafteten Darlehen, denn selbst ein im Hinblick darauf erhöhter Zins läßt den Darlehensverlust nicht als Aufwendung erscheinen, die "zur Erwerbung" dieses Zinses gemacht wird. Damit ist vereinbar, daß Refinanzierungskosten Werbungskosten im Rahmen des § 20 EStG darstellen (vgl. BFH-Urteil vom 21.Juli 1981 VIII R 154/76, BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37), denn diese Kosten stehen den Erträgen aus der Weitergabe des Kapitals gegenüber.
Aufwendungen, die das Kapital selbst betreffen, wie Anschaffungskosten, Tilgungszahlungen oder Verlust des Kapitals, berühren die Einkunftsart des § 20 EStG grundsätzlich nicht.
b) Es kann offenbleiben, ob der Verlust des Darlehens zu Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) führen könnte, wenn es der GmbH gewährt worden wäre, um die Beteiligung zu erhalten. Davon kann aber im Streitfall im Zeitpunkt der Darlehensgewährung nicht ausgegangen werden. Wie das FG festgestellt hat, hätte auch ein Fremder der GmbH 1977/ 1978 die Darlehen gewährt (vgl. Knobbe-Keuk, DStZ 1984, 335, 341).
3. Der Verlust des 1983 gewährten Darlehens in Höhe von (100 000 DM ./. 30 000 DM =) 70 000 DM erhöht dagegen den gewerblichen Verlust des Jahres 1983 gemäß § 17 Abs.4 i.V.m. Abs.1 EStG. In dieser Höhe sind der Klägerin nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung entstanden (§ 17 Abs.2 EStG).
Dabei läßt der Senat offen, ob mit der Hingabe des Darlehens die Voraussetzungen einer Einlage, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Vermögensmehrung bei der GmbH, gegeben waren (vgl. dazu BFH-Urteil vom 2.Oktober 1984 VIII R 36/83, BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320, zu 1.b) bb). Es kann ferner offenbleiben, ob und wieweit das Darlehen i.S. der §§ 30, 31, 32 a/b GmbHG als gebundenes Kapital anzusehen ist (dazu Urteil des Bundesgerichtshofs ―BGH― vom 24.März 1980 II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, 332 ff. zu 4.; zur Rechtslage nach Inkrafttreten der §§ 32 a/b GmbHG vgl. BGH-Urteil vom 26.März 1984 II ZR 14/84, BGHZ 90, 370, 376; Fischer/Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 12.Aufl., §§ 32 a/b Rn.4 ff.). Der Senat geht aber davon aus, daß das streitige Darlehen nach den Kriterien der BGH-Rechtsprechung (vgl. BGHZ 76, 326, zu 2.) Eigenkapitalcharakter hatte.
Der Senat hat in mehreren Entscheidungen (grundlegend Urteil vom 2.Oktober 1984 VIII R 36/83, BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320) nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung bejaht, wenn ein Gesellschafter eine Bürgschaft für Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft übernommen hatte und daraus in Anspruch genommen wurde, ohne eine gleichwertige Rückgriffsforderung gegen die Gesellschaft zu erwerben (vgl. auch BFH-Urteil vom 9.September 1986 VIII R 159/85, BFHE 148, 246, BStBl II 1987, 257; ferner Urteil vom 2.Oktober 1984 VIII R 20/84, BFHE 143, 304, BStBl II 1985, 428). Die Inanspruchnahme als Bürge führt dann zu nachträglichen Anschaffungskosten, wenn im Zeitpunkt der Übernahme der Bürgschaft die Inanspruchnahme und die Uneinbringlichkeit der Rückgriffsforderung so wahrscheinlich waren, daß ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns die Bürgschaft nicht übernommen hätte (BFH in BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320 zu 1.b, aa; ferner in BFHE 148, 246, BStBl II 1987, 257 zu 4.; FG des Saarlandes, Urteil vom 30.März 1984 I 151/82, Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 1984, 338, rechtskräftig).
Entsprechend muß auch der Verlust eines Gesellschafterdarlehens, das seine Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat, zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung führen (vgl. BFH- Urteil in BFHE 139, 257, BStBl II 1984, 29, 31; BFH in BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320; FG Münster, Urteil vom 21.Oktober 1986 VI 6501/83 E, EFG 1987, 243, rechtskräftig; FG Baden- Württemberg, Urteil vom 24.August 1988 XII K 297/88, EFG 1989, 62, rechtskräftig; vgl. auch Schreiben des Bundesministers der Finanzen ―BMF― vom 16.März 1987, BStBl I 1987, 373; ferner Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19.Aufl., § 17 EStG Rdnr.197; Hörger, a.a.O., § 17 Rdnr.59; derselbe in Handbuch der Unternehmensbesteuerung, C Rdnr.649, 651; Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften, 2.Aufl., 204 f.; Mathiak, Steuer und Wirtschaft ―StuW― 1985, 273; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 9.Aufl., § 17 Anm.24e; Stuhrmann in Hartmann/Böttcher/Nissen/ Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 17 Rdnrn.102, 104; Ebling in Blümich, Einkommensteuergesetz/Körperschaftsteuergesetz/Gewerbesteuergesetz, Kommentar, § 17 EStG, Rdnr.223).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben. Nach den Feststellungen des FG hat die Klägerin der GmbH das Darlehen von 100 000 DM in einem Zeitpunkt gewährt, zu dem die GmbH von dritter Seite keinen Kredit mehr zu marktüblichen Bedingungen hätte erhalten können (vgl. auch BGH-Urteil in BGHZ 76, 326).
4. Da sich der rücktragsfähige Verlust des Jahres 1983 (§ 10d EStG i.d.F. des Gesetzes vom 22.Dezember 1981, BGBl I 1981, 1523) somit nur um 70 000 DM auf (210 495 DM + 70 000 DM =) 280 495 DM erhöht, konnte er sich nur noch im Streitjahr 1981 auswirken, denn der Gesamtbetrag der Einkünfte beläuft sich 1981 auf 496 232 DM. Die Revision der Klägerin war als unbegründet zurückzuweisen, soweit sie sich auf den Einkommensteuerbescheid 1982 bezieht.
Fundstellen
Haufe-Index 63704 |
BFH/NV 1991, 72 |
BStBl II 1992, 234 |
BFHE 165, 31 |
BFHE 1992, 31 |
BB 1991, 2063 |
BB 1991, 2262 |
BB 1991, 2262 (L) |
DB 1991, 2418-2420 (LT) |
DStR 1991, 1348 (KT) |
DStZ 1991, 760 (KT) |
HFR 1992, 6 (LT) |
StE 1991, 355 (K) |