Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung gewerblicher Grundstückshandel von Vermögensverwaltung; Anknüpfung an die vor Abschluss der Kaufverträge entfalteten Aktivitäten; mehrere Wohnungseigentumsrechte als ein Objekt
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Umqualifizierung einer nicht steuerbaren vemögensverwaltenden in eine gewerbliche Tätigkeit in Form eines Grundstückshandels ist in zeitlicher Hinsicht entscheidend an die bis zum verbindlichen Abschluss der Kaufverträge von dem Veräußerer entfalteten Aktivitäten anzuknüpfen.
2. Grundsätzlich ist jedes zivilrechtliche Wohnungseigentum auch steuerrechtlich ein Objekt. Ausnahmsweise können mehrere Wohnungseigentumsrechte desselben Eigentümers steuerrechtlich als wirtschaftliche Einheit und damit als ein Objekt zu beurteilen sein, wenn sich der Inhaber der Wohnungseigentumsrechte schon im Zeitpunkt des Abschlusses der einzelnen Kaufverträge zur Errichtung und Übertragung einer zwei oder mehr Wohnungseigentumsrechte umfassenden einheitlichen Wohnung verpflichtet.
3. Werden hingegen nach Abschluss mehrerer Verträge über den Verkauf jeweils eigenständiger Eigentumswohnungen im Hinblick auf eine beabsichtigte Verwendung dieser Wohnungen als Einheit abweichende Wünsche nach einer baulichen Umgestaltung geltend gemacht und verwirklicht, so vermögen diese erst später eingetretenen Umstände nicht mehr die rechtliche Qualifizierung der bereits zuvor entfalteten Aktivitäten als eines gewerblichen Grundstückshandels rückwirkend wieder zu beseitigen.
Normenkette
EStG 1981 § 15 Abs. 1 Nr. 1; GewStG § 2 Abs. 1; GewStDV § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Münster (Entscheidung vom 11.05.1993; Aktenzeichen 1 K 4651/88 E,G; EFG 1998, 1060) |
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und wurden im Streitjahr 1982 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte als Finanzbeamter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin ist Hausfrau. Im November 1979 erwarb die Klägerin im Umlegungsverfahren das Grundstück A-Straße in Y. (im Folgenden Grundstück). Die aufstehenden Gebäude waren zum Abbruch bestimmt.
Am 22. Januar 1980 beantragte die Klägerin die Baugenehmigung für ein Wohn- und Geschäftshaus, das im Erdgeschoss gewerbliche Räume und in den drei Obergeschossen (OG) sowie im Dachgeschoss 16 Wohnungen enthalten sollte. Am 15. Juni 1981 wurde die Baugenehmigung antragsgemäß erteilt. Bei den Finanzierungsverhandlungen mit der Stadtsparkasse Y. stellte die Klägerin in Aussicht, einen Teil der zu erstellenden Wohnungen als Wohnungseigentum zu veräußern. Dies hatte Einfluss auf die Darlehenskonditionen (Kreditangebot vom 14. November 1980).
Am 2. Februar 1981 begannen die Bauarbeiten für den Neubau. Am 17. März 1981 beantragte die Klägerin die Abgeschlossenheitsbescheinigung, die ihr am 3. April 1981 erteilt wurde. Am 4. Juni 1981 gab sie beim Amtsgericht eine Teilungserklärung ab, nach der sie das Grundstück in eine Teileigentumseinheit im Erdgeschoss und in 16 Eigentumswohnungen in den darüber liegenden Stockwerken aufteilte. Am 8. Juli 1982 wurde der Rohbau des Gebäudes abgenommen. Ende 1982 wurde das Gebäude bezugsfertig.
Bereits während der Bauzeit schloss die Klägerin Kaufverträge ab, in denen sie sich zur Eigentumsübertragung folgender Eigentumswohnungen verpflichtete:
Wohnung |
Nr. |
Erwerber |
Kaufvertrag vom |
Besitzübergang |
Eigentumsumschreibung |
I. OG |
1 |
O. |
25.11.1981 |
Bezugsfertigkeit |
01.06.1983 |
I. OG |
2 |
" |
25.11.1981 |
" |
01.06.1983 |
I. OG |
3 |
" |
25.11.1981 |
" |
01.06.1983 |
I. OG |
4 |
" |
16.03.1982 |
" |
01.06.1983 |
II. OG |
5 |
R.P. |
17.11.1981 |
" |
03.03.1983 |
II. OG |
6 |
" |
17.11.1981 |
" |
03.03.1983 |
II. OG |
7 |
" |
17.11.1981 |
" |
03.03.1983 |
II. OG |
8 |
H.P. |
30.06.1982 |
" |
01.03.1983 |
Frau O. ist die Ehefrau eines niedergelassenen Gynäkologen. Frau R.P. und Herr H.P. sind Eheleute und niedergelassene Zahnärzte. Bei Beginn der Vertragsverhandlungen mit den Eheleuten O. wurde das Kellergeschoss des Hauses erstellt; im Fall der Eheleute P. war das I. OG fertig gestellt. Die Eheleute O. hatten von dem Verkauf der Eigentumswohnungen von einer Apothekerin in Y. gehört. Frau R.P. war von dem Kläger angesprochen worden. Die Übereignungsansprüche der Käufer wurden durch Eintragung von Auflassungsvormerkungen in das Grundbuch gesichert. Nach Abschluss der Kaufverträge änderte die Klägerin die Baupläne. Aus den Eigentumswohnungen Nrn. 1 bis 4 wurde eine gynäkologische Praxis (Nachtragsbauplan vom 5. April 1982) und aus den Eigentumswohnungen Nrn. 5 bis 7 eine Zahnarztpraxis (Nachtragsbauplan vom 15. Mai 1982).
Nach Fertigstellung des Gebäudes übergab die Klägerin eine Arztpraxis an Frau O. (4 Grundbuchblätter), eine Zahnarztpraxis an Frau R.P. (3 Grundbuchblätter) und eine Eigentumswohnung an Herrn H.P. Die Kaufpreise betrugen insgesamt 1 498 340 DM. Die Eigentumswohnungen im I. OG umfassen eine Fläche von zusammen 260 qm, die Eigentumswohnungen Nrn. 5 bis 7 im II. OG eine Fläche von zusammen 183 qm und die Eigentumswohnung Nr. 8 eine solche von 75 qm. Die Klägerin blieb Eigentümerin der Geschäftsräume im Erdgeschoss, und der 8 übrigen Eigentumswohnungen im III. OG sowie im Dachgeschoss des Gebäudes, die sie vermietete.
In ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1982 erklärten die Kläger aus dem Grundstück Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und sahen die Veräußerungsgeschäfte als nicht der Einkommensteuer unterliegend an, weil die Klägerin nur drei Objekte (zwei Arztpraxen und eine Eigentumswohnung) veräußert habe und somit kein gewerblicher Grundstückshandel anzunehmen sei.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) veranlagte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß. Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, dass hinsichtlich des Verkaufs der acht Eigentumswohnungen ein gewerblicher Grundstückshandel vorliege, und ermittelte einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 369 865 DM (vgl. Tz. 8 f. und Anlage 3 des Betriebsprüfungsberichts vom 20. August 1986). Das FA schloss sich der Ansicht des Betriebsprüfers an und erließ einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten, endgültigen Einkommensteuerbescheid für 1982 sowie gegen die Klägerin einen erstmaligen Gewerbsteuermessbescheid für 1982.
Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen nach erfolglosen Einsprüchen gerichteten Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 1060 veröffentlichtem Urteil statt.
Nach seiner Auffassung bildeten die Eigentumswohnungen Nrn. 1 bis 4 im I. OG und die Eigentumswohnungen Nrn. 1 bis 3 im II. OG jeweils eine wirtschaftliche Einheit und damit jeweils nur ein Objekt im Sinne der für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels maßgebenden Objektgrenze. Denn die Flächen seien ―ungeachtet der Eintragung von vier bzw. drei selbständigen Wohnungseigentumsrechten― nur einheitlich als Arztpraxen nutzbar. Die Herstellung von selbständig nutzbaren Wohnungen erfordere erhebliche Baumaßnahmen, die in der Veränderung von Grundrissen durch Einbau neuer bzw. Versetzen vorhandender Wände, im Schaffen von Wohnungszugängen und im Einbau weiterer Sanitäranlagen und Einrichtungen für die Küchennutzung bestünden. Dies ergebe sich aus den beigezogenen Bauakten und sei zwischen den Beteiligten unstreitig. Mangels selbständiger Nutzbarkeit seien die als Arztpraxen errichteten Eigentumswohnungen auch nicht getrennt veräußerbar.
Bei Abschluss der drei Kaufverträge zwischen der Klägerin und Frau O. am 25. November 1981 hinsichtlich des Erwerbs der Eigentumswohnungen Nrn. 1 bis 3 und bei Abschluss des Nutzungsvertrages zwischen der Klägerin und Frau O. vom gleichen Tage hinsichtlich eines Raumes der Eigentumswohnung Nr. 4 seien sich die Vertragspartner nach dem nicht bestrittenen Vortrag der Kläger darüber einig gewesen, dass die gesamte Fläche des I. OG als gynäkologische Praxis habe gebaut werden sollen. Aufgrund des Nachtragsbauplans vom 5. April 1982 seien die Baumaßnahmen so durchgeführt worden, dass von Anfang an die Erstellung der Praxisräume verwirklicht worden sei. Aus den beigezogenen Bauakten der Stadt Y. ergebe sich, dass statt der im Bauantrag der Klägerin vom 22. Januar 1980 vorgesehenen vier Wohnungen im I. OG mit jeweils eigenen sanitären Einrichtungen und Küchen bzw. Kochnischen aufgrund des Nachtragsbauplans eine Arztpraxis mit Empfang, Warteräumen, Ultraschallraum, Untersuchungsräumen, Operationsraum, Aufwachraum, Beratungsraum, Büro, Labor und sanitären Einrichtungen errichtet worden sei. Die ursprüngliche Raumaufteilung sei zu diesem Zweck teilweise geändert worden. Aufgrund des nicht bestrittenen Vortrags der Kläger habe sich die Beurkundung des Kaufvertrages hinsichtlich der Eigentumswohnung Nr. 4 wegen der urlaubsbedingten Abwesenheit des Herrn O. bis zum 16. März 1982 verzögert.
Mit den Verträgen vom 17. November 1981 habe die Klägerin zwar die Eigentumswohnungen Nrn. 5 bis 7 im II. OG an Frau R.P. verkauft. Aus den beigezogenen Bauakten der Stadt Y. ergebe sich aber, dass die drei geplanten Wohnungen im II. OG mit jeweils eigenen sanitären Einrichtungen und Küchen bzw. Kochnischen aufgrund des Nachtragsbauplans vom 15. Mai 1982 als Arztpraxis mit Empfang, Warteräumen, Behandlungsräumen, Röntgenraum, Sterilisationsraum, Labor und Sozialraum errichtet worden seien. Die geplante Raumaufteilung sei zu diesem Zweck teilweise geändert worden.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ―EStG― i.V.m. § 1 Abs. 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung ―GewStDV― a.F. sowie § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes ―GewStG―).
Es führt im Wesentlichen aus: Es sei im Streitfall unerheblich, ob es sich bei den veräußerten Wohnungen nur um drei oder um mehr Objekte handele. Denn die der Klägerin zurechenbaren, nachhaltigen grundstücksbearbeitenden Tätigkeiten entsprächen nach ihrem wirtschaftlichen Kern der Tätigkeit eines Bauträgers. Ergebe sich die Zuordnung zum Bild des Gewerbebetriebes bereits unter dem Aspekt der nachhaltigen und mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenen "Produktion für den Markt", so könne dieses Ergebnis nicht mehr aufgrund der Indizwirkung einer geringen Zahl von Objekten korrigiert werden.
Ungeachtet dessen sei das FG aber auch zu Unrecht von nur drei Veräußerungsobjekten ausgegangen. Nach den abgeschlossenen Verträgen seien 8 Objekte veräußert worden, für die jeweils einzelne Grundbuchblätter angelegt ―und beibehalten― worden seien, so dass jederzeit mit einem mehr oder weniger großen Umbauaufwand die beiden Arztpraxen wieder in sieben Eigentumswohnungen umgewandelt und jeweils einzeln veräußert werden könnten.
Hebe man auf die Verkaufsgeschäfte ab, seien zumindest vier Objekte verkauft worden. Nachdem Frau O. am 25. November 1981 drei Eigentumswohnungen erworben gehabt habe, sei bei der Planung der Arztpraxis festgestellt worden, dass die Fläche nicht ausreichen würde. Deshalb sei aufgrund eines neuen Kaufentschlusses am 16. März 1982 eine weitere Eigentumswohnung hinzuerworben worden. Im Zuge der endgültigen Planung seien dann sämtliche vier Eigentumswohnungen zu einer Praxis umgestaltet worden.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Das FG ist zu Unrecht lediglich von einer Veräußerung von drei Objekten ausgegangen. Sowohl einkommensteuerrechtlich als auch gewerbesteuerrechtlich liegen im Streitjahr 1982 die Voraussetzungen eines gewerblichen Grundstückshandels vor, so dass die Gewinne aus der Veräußerung der Eigentumswohnungen als laufender gewerblicher Gewinn steuerpflichtig sind.
1. Ein Gewerbebetrieb war ―auch― im Streitjahr 1982 anzunehmen, wenn eine Tätigkeit die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 EStG i.V.m. § 1 GewStDV a.F. (nunmehr § 2 Abs. 1 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 EStG) erfüllt und sich die Tätigkeit nach den Umständen des Einzelfalls nicht als private Vermögensverwaltung darstellt (Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C. III. 3. b aa (1) und (2) der Gründe).
Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb einerseits und der nichtsteuerbaren Sphäre sowie anderen Einkunftsarten andererseits, ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und auf die Verkehrsanschauung abzustellen. In Zweifelsfällen ist die gerichtsbekannte und nicht beweisbedürftige Auffassung darüber maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie in den gewerblichen Bereich fallen, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist.
Die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb wird überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigungen und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten entscheidend in den Vordergrund tritt.
Danach kommt ein gewerblicher Grundstückshandel in der Regel erst dadurch zustande, dass der Veräußerer eine Anzahl bestimmter Objekte zuvor gekauft oder bebaut hat und sie im engen zeitlichen Zusammenhang damit veräußert. Der Zahl der Objekte und dem zeitlichen Abstand der maßgebenden Tätigkeiten kommt eine besondere indizielle Bedeutung für die Beurteilung am Maßstab des § 15 Abs. 1 EStG zu. Werden innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs ―in der Regel fünf Jahre― zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf mindestens vier Objekte veräußert, so kann von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgegangen werden, weil die äußeren Umstände den Schluss zulassen, dass es dem Steuerpflichtigen auf die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung ankommt. Die indizielle Bedeutung dieser Kriterien hängt in der Regel weder von der Größe und dem Wert des einzelnen Objekts sowie von dessen Nutzungsart ab, noch davon, ob der Steuerpflichtige die veräußerten Objekte lediglich angeschafft oder ob er sie errichtet hat (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98, BFH/NV 2002, 587, Deutsches Steuerrecht ―DStR― 2002, 489, m.w.N.).
Entgegen der Auffassung des FA gilt die "Drei-Objekt-Grenze" daher nicht nur beim (bloßen) Handel mit Grundstücken (sog. Durchhandelsfälle), sondern auch in Fällen der Bebauung und des anschließenden Verkaufs.
Auf die Zahl der Objekte und den zeitlichen Abstand der maßgebenden Tätigkeiten als Beweisanzeichen kommt es nach Auffassung des Großen Senats des BFH im Beschluss in BFH/NV 2002, 587, DStR 2002, 489 allerdings dann nicht an, wenn sich bereits aus anderen ―ganz besonderen― Umständen zweifelsfrei eine von Anfang an bestehende oder umgekehrt eine fehlende Veräußerungsabsicht ergibt. Selbst bei weniger als vier Objekten kann auf eine gewerbliche Betätigung geschlossen werden, wenn z.B. das im zeitlichen Zusammenhang mit der Bebauung und Veräußerung erworbene Grundstück schon vor seiner Bebauung verkauft worden ist oder es von vornherein auf Rechnung oder nach Wünschen des Erwerbers bebaut wird.
2. In Anwendung dieser Maßstäbe sind im Streitfall die Voraussetzungen eines gewerblichen Grundstückshandels erfüllt. Die Klägerin hat noch innerhalb der Bauphase mehr als drei Objekte veräußert, so dass nach den Regeln der Lebenserfahrung mangels eindeutiger gegenteiliger Anhaltspunkte die Schlussfolgerung gerechtfertigt ist, dass die Klägerin von Anfang an eine zumindest bedingte Verkaufsabsicht gehabt hat.
a) Die Klägerin verfügte bei Abschluss der notariellen Kaufverträge über insgesamt 16 Wohnungseigentumsrechte. Unter einem Objekt im Sinne des gewerblichen Grundstückshandels ist jedes einzelne Immobilienobjekt zu verstehen, das selbständig veräußert und genutzt werden kann. Nach § 8 Abs. 1 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) kann der Eigentümer eines Grundstücks durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt das Eigentum an seinem Grundstück in Miteigentumsanteile in der Weise teilen, dass mit jedem Anteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung in einem auf dem Grundstück errichteten oder noch zu errichtenden Gebäude verbunden ist. Nach § 8 Abs. 2 WEG wird die Teilung mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher wirksam; mit der Eintragung in das Grundbuch entsteht das Wohnungseigentum. Ist das Gebäude noch nicht errichtet, beschränkt sich das Wohnungsrecht zunächst auf den Miteigentumsanteil am Grundstück; solche Wohnungsrechte können auch in der Hand des bisherigen Grundstückseigentümers bestehen (BFH-Urteil vom 11. März 1992 XI R 17/90, BFHE 167, 401, BStBl II 1992, 1007).
Durch die Teilungserklärung vom 4. Juni 1981 hat die Klägerin die zivilrechtlichen Voraussetzungen für die Entstehung von 16 selbständigen Wohnungseigentumsrechten geschaffen und anschließend daran 8 Wohnungen durch jeweils eigenständige Rechtsgeschäfte substantiell verwertet (vgl. BFH-Urteil vom 10. Oktober 1991 XI R 22/90, BFH/NV 1992, 238).
b) Nach § 93 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) bildet jedes Wohnungseigentum eine wirtschaftliche Einheit, die mit der Eintragung im Grundbuch entsteht. Bei der Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel ist zwar grundsätzlich jedes Wohnungseigentum als selbständiges Objekt zu beurteilen. Da es aber für die Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheit auch auf die selbständige Veräußerbarkeit und die Nutzungsverhältnisse ankommt, kann eine Wohnung, die unter Inanspruchnahme von mehr als einem Wohnungseigentum desselben Eigentümers errichtet worden ist, ausnahmsweise auch nur eine wirtschaftliche Einheit bilden. Für die Veräußerung einer derartigen Wohnung bedarf es zwar der Übertragung sämtlicher zugrunde liegender Wohnungseigentumsrechte, steuerrechtlich wird gleichwohl ein einheitliches Wirtschaftsgut, nämlich die eine Einheit bildende Wohnung übertragen (BFH-Urteile in BFHE 167, 401, BStBl II 1992, 1007; vom 21. Mai 1993 VIII R 10/92, BFH/NV 1994, 94).
Diese Voraussetzungen für eine solche Ausnahme sind regelmäßig erst anzunehmen, wenn rechtlich selbständige Einheiten baulich umgestaltet und fortan als eine Wohnung genutzt werden.
Der BFH hat allerdings im Urteil in BFHE 167, 401, BStBl II 1992, 1007 diese Erwägungen auch bereits dann gelten lassen, wenn sich der Inhaber der Wohnungseigentumsrechte zur Errichtung und Übertragung einer 2 (bzw. mehr) Eigentumsrechte umfassenden Wohnung verpflichtet. Steuerrechtlich hat er dann ebenfalls nur eine Wohnung veräußert.
c) Ausweislich des vom FG ―im Wesentlichen durch Bezugnahme auf die bei den Akten befindlichen Verträge― festgestellten Inhalts der notariellen Kaufverträge (im Folgenden KV) vom 17. November 1981 mit Frau R.P. verpflichtete sich die Klägerin, die jeweils nach Maßgabe der beigefügten Unterlagen (Bauzeichnung des Architekten und Baubeschreibung) zu errichtenden Eigentumswohnungen Nr. 5 bis 7 im II. OG zu veräußern (vgl. § 1 Abs. 2 KV). Größe und Lage der Wohnungen sowie Gegenstand, Umfang und Inhalt des Sondereigentums sollten sich aus der in Bezug genommenen Teilungserklärung vom 4. Juni 1981 und dem Aufteilungsplan ergeben (vgl. § 1 Abs. 3 KV). Nach § 5 Abs. 1 KV waren etwaige Änderungs- und Sonderwünsche der Käuferin nach Vertragsschluss der Verkäuferin rechtzeitig schriftlich mitzuteilen und nur vorbehaltlich deren schriftlicher Zustimmung entsprechend dem Baufortschritt zu berücksichtigen. Den Auftrag hatte die Käuferin unmittelbar und im eigenen Namen an die bauausführende Firma zu erteilen, der auch der entsprechende Vergütunganspruch zustehen sollte. Nach § 3 Abs. 1 KV ist der Kaufgegenstand schlüsselfertig an die Käuferin förmlich zu übergeben.
Den notariellen Kaufverträgen lässt sich ―anders als in dem vom BFH in BFHE 167, 401, BStBl II 1992, 1007 entschiedenen Fall― keinerlei Verpflichtung der Klägerin entnehmen, im II. OG eine einheitliche Zahnarztpraxis zu errichten und bezugsfertig zu übergeben. Hinsichtlich der drei bereits erworbenen Wohnungen ist vielmehr erst zum 15. Mai 1982 ein Nachtragsbauplan für einen abgewandelten Ausbau der Wohnungen Nrn. 5 bis 7 erstellt worden.
Durch den Abschluss einzelner Kaufverträge mit der Verpflichtung, eigenständige Eigentumswohnungen zu errichten und zu übertragen (drei Verträge mit Frau R.P., ein Vertrag mit Herrn H.P.), entfaltete die Veräußerin unter den hier vorliegenden Voraussetzungen der Objektzahl und des engen zeitlichen Zusammenhangs bereits eine als gewerblich einzustufende Tätigkeit. Werden erst nach Abschluss der Verträge im Hinblick auf eine beabsichtigte bestimmte Verwendung der vier Objekte abweichende Wünsche nach einer baulichen Umgestaltung geltend gemacht und realisiert, so vermögen diese erst später eingetretenen Umstände nicht, die rechtliche Qualifizierung der schon zuvor entfalteten gewerblichen Aktivitäten rückwirkend wieder zu beseitigen.
Dementsprechend lassen nach dem Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 10. Juli 2000 5 K 1398/97 (Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2000, 1306, 1309, Revision VIII R 38/00) auch gescheiterte, rückabgewickelte Grundstücksveräußerungen einen Rückschluss darauf zu, dass ein marktmäßiger Umschlag von Grundstücken und nicht die Fruchtziehung aus zu erhaltenden Vermögenswerten im Vordergrund steht.
Entgegen der Auffassung der Klägerin stellt die Veräußerung einer größeren Zahl selbständiger Wohnungsobjekte keinen wirtschaftlich einheitlichen Vorgang dar. Vielmehr handelt es sich um eine Mehrzahl selbständiger Tätigkeiten, denen rechtlich und wirtschaftlich auch eine eigenständige Bedeutung im Sinne des Tatbestandsmerkmals der Nachhaltigkeit zukommt (BFH-Urteile vom 11. Dezember 1991 III R 59/89, BFH/NV 1992, 464, 466, und in BFH/NV 1994, 94, m.w.N.).
Die Klägerin hat schließlich auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen. Die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfordert, dass sich der Verkäufer mit seiner Verkaufsabsicht an den allgemeinen Markt, d.h. an einen nicht abgeschlossenen Kreis von Personen, wendet. Dazu bedarf es nicht immer einer besonderen Werbung. Der Verkäufer kann sich auch die Werbung anderer zu Nutze machen. Es genügt sogar, wenn die Verkaufsabsicht nur einem kleinen Kreis von Personen ―u.U. auch nur einer einzigen Person― bekannt wird und der Verkäufer damit rechnet, die Verkaufsabsicht werde sich herumsprechen. Entscheidend ist, dass der Verkäufer sich insofern an den allgemeinen Markt wendet, als er an jeden, der die Verkaufsbedingungen erfüllt, verkaufen will (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 94, unter 1. d der Gründe, m.w.N.). Diese Voraussetzungen waren im Streitfall erkennbar erfüllt.
Da die Klägerin bereits den Verkauf der vier Wohnungen im II. OG an die Eheleute P., die für die Annnahme einer privaten Vermögensverwaltung maßgebende "Drei-Objekt-Grenze" überschritten hat, kann der Senat unentschieden lassen, ob die an Frau O. verkauften Wohnungen im I. OG als jeweils selbständige Objekte oder im Hinblick auf die vom FG festgestellten besonderen Umstände und die von den Vertragsparteien im zeitlichen Zusammenhang mit den notariellen Kaufverträgen bereits getroffenen Vereinbarungen über die Verwendung dieser Wohnungen als einheitliche Arztpraxis als eine oder ggf. zwei wirtschaftliche Einheiten zu beurteilen sind.
d) Auch die weiteren, von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogenen Tatbestandsmerkmale für einen gewerblichen Grundstückshandel liegen im Streitfall vor.
3. Hinsichtlich der gewerbesteuerrechtlichen Einstufung ist gleichermaßen von den unter II. 2. der Gründe ausgeführten Voraussetzungen auszugehen.
4. Bezüglich der Höhe des gewerblichen Gewinns und des Gewerbeertrages aus der Veräußerung der Eigentumswohnungen sind im Übrigen keine sachlichen Einwendungen erhoben worden.
Fundstellen
Haufe-Index 770002 |
BFH/NV 2002, 1233 |
BStBl II 2002, 571 |
BFHE 199, 245 |
BFHE 2002, 245 |
BB 2002, 1627 |
DB 2002, 1864 |
DStR 2002, 1262 |
DStRE 2002, 1013 |
DStZ 2002, 572 |
HFR 2002, 802 |