Leitsatz (amtlich)
1. Wird bei Veräußerung von forstwirtschaftlich genutztem Grund und Boden mit aufstehendem Holz ein einheitlicher Kaufpreis gezahlt, der die Teilwerte übersteigt, so ist bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns der Kaufpreis in der Regel nach dem Verhältnis der Teilwerte der einzelnen veräußerten Wirtschaftsgüter aufzuteilen.
2. Bei der Bewertung eines Waldbestandes ist die sog. konventionelle Bewertungsmethode anzuwenden; die Zukunftsaussichten der Forstwirtschaft können nicht berücksichtigt werden.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1 S. 5
Tatbestand
Der Steuerpflichtige, ein Forstwirt, veräußerte Waldbesitz zu einem Gesamtkaufpreis, der nicht auf Grund und Boden einerseits und aufstehendes Holz andererseits aufgeteilt worden war. Das FA ließ durch die landwirtschaftliche Betriebsprüfungsstelle der OFD die gemeinen Werte feststellen, wobei es auf einen Gesamtwert kam, der geringer war als der erzielte Kaufpreis. Den Erlös verteilte es nach dem Anteil der gemeinen Werte von Grund und Boden und aufstehendem Holz und schlug diesen Werten jeweils dem anteiligen Mehrerlös zu. Den sodann auf das aufstehende Holz entfallenden Gewinn versteuerte es, während der auf Grund und Boden entfallende Gewinn nach § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG steuerfrei blieb. Der Steuerpflichtige erstrebte einen höheren Wertansatz für Grund und Boden und einen entsprechend niedrigeren Ansatz für das aufstehende Holz. Hinsichtlich des letzteren ging er von einem Gutachten aus, in dem außer dem derzeitigen realen Bestandserwartungswert auch die - angeblich schlechten - Zukunftsaussichten der Forstwirtschaft berücksichtigt waren. Der Steuerpflichtige war der Ansicht, der weitaus überwiegende Teil des Kaufpreises sei für den Grund und Boden gezahlt worden.
Das FG zog einen Sachverständigen zu, der sein Gutachten nach der herkömmlichen Methode, d.h. ohne Berücksichtigung der Zukunftsaussichten, erstattete. Das FG folgte diesem Gutachten im wesentlichen. Den sich auch nach diesem Gutachten ergebenden Mehrerlös verteilte es nach dem Verhältnis von Grund und Boden und Holzbestand.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an die Vorinstanz. Das FG ist zwar rechtlich einwandfrei davon ausgegangen, daß der Kaufpreis im Verhältnis der Werte des Grund und Bodens einerseits und des Waldbestandes andererseits aufzuteilen ist. Es hat diese Werte jedoch nicht richtig ermittelt.
1. Dem FG ist, was zunächst die aufgeworfene Rechtsfrage betrifft, zuzustimmen.
Haben Veräußerer und Erwerber einen Kaufvertrag über eine Mehrheit von Wirtschaftsgütern abgeschlossen, für die hinsichtlich der Besteuerung eines Veräußerungsgewinns eine verschiedene Behandlung Platz greift, und haben sie den Kaufpreis nicht auf die einzelnen Wirtschaftsgüter aufgeteilt oder bestehen Bedenken gegen die wirtschaftliche Haltbarkeit einer Aufteilung, so ist, wie der BFH wiederholt entschied (vgl. die Urteile IV 351/64 U vom 3. Juni 1965, BFH 83, 207, BStBl III 1965, 576; IV 180/61 U vom 3. Juni 1965, BFH 83, 213, BStBl III 1965, 579; IV 123/65 vom 21. Januar 1971, BFH 102, 464, BStBl II 1971, 682), der Kaufpreis in der Regel nach dem Verhältnis der Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter aufzuteilen, weil anzunehmen ist, daß niemand einen Wert ohne entsprechendes Entgelt abgeben wird.
In dem erstgenannten Urteil IV 351/64 U führte der Senat aus, im allgemeinen entspreche das Verhältnis der Anteile der einzelnen Wirtschaftsgüter deren Anteil am Verkehrswert; denn in der Regel könne davon ausgegangen werden, daß der erzielte Erlös den Verkehrswert darstelle. In diesem Falle bestünden keine Bedenken, den auf die Gebäude entfallenden Teil des Erlöses in der Weise zu ermitteln, daß von dem Gesamtwert der Verkehrswert des Grund und Bodens abgezogen werde (wie das der BFH in dem Urteil IV 363/59 U vom 20. Dezember 1961, BFH 74, 494, BStBl III 1962, 186, getan habe). Im übrigen aber müsse, wenn das Aufteilungsverhältnis streitig sei oder Anhaltspunkte bestünden, daß der auf das Gebäude entfallende Veräußerungspreis unzutreffend sei, im Zweifel der Erlös entsprechend dem Verhältnis der je für sich zu ermittelnden Teilwerte der verkauften Wirtschaftsgüter ermittelt werden. Das bedeute, daß bei einem dem Gesamtwert der Wirtschaftsgüter entsprechenden Erlös anzunehmen sei, daß auch jedes einzelne Wirtschaftsgut entsprechend seinem Wert bezahlt würde.
Schwierigkeiten ergeben sich, wenn der Gesamterlös nicht dem Gesamtwert entspricht. In dem neuesten Urteil des erkennenden Senats IV 123/65, in dem der Steuerpflichtige behauptet hatte, der Käufer einer mit Obstbäumen bestandenen Wiese, die zu Bauland geworden war, habe nur Interesse an dem Bauland gehabt und deshalb kein Entgelt für die Obstbäume gezahlt, wurde entschieden, daß der Erlös dennoch nach den Verhältnissen der Teilwerte zu verteilen sei, weil Bauland und Baumbestand nur als Einheit hätten verkauft werden können und daher der insgesamt erzielte Preis, auch wenn er die addierten Verkehrswerte der einzelnen Wirtschaftsgüter nicht erreiche, als der für die Wirtschaftsgüter insgesamt erzielbare Preis angesehen werden müsse, und also für jedes einzelne Wirtschaftsgut ein proportionaler Mindererlös anzusetzen sei.
Hängen Wirtschaftsgüter so eng zusammen, daß sie notwendigerweise nur einheitlich veräußert werden können, oder will der Eigentümer mehrere Wirtschaftsgüter nur zusammen weggeben, so bildet sich auf Grund der von beiden am Kaufvertrag Beteiligten geführten Verhandlungen ein Gesamtkaufpreis. Bei dessen Zustandekommen spielen beiderseits subjektive Motive eine Rolle, insbesondere auch der Umstand, daß jede der Parteien einem oder mehreren der Wirtschaftsgüter besonderen Wert beimißt. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß der Erwerber von Bauland an einem von ihm vor Bebauung zu entfernenden Baumbestand kein Interesse hat. Dennoch wird er ihn vergüten müssen, wenn der Veräußerer darauf besteht und ihm - dem Erwerber - das Bauland der Preis wert ist. In diesem Falle kann nicht gesagt werden, daß der Veräußerer für das Bauland einen erhöhten Preis, für den Bestand dagegen nichts gezahlt habe. Der Erwerber mußte vielmehr, um das Bauland erwerben zu können, auch eine Vergütung für den Aufwuchs zahlen. Kann umgekehrt der Verkäufer nicht einen dem Wert aller Wirtschaftsgüter entsprechenden Preis erzielen, so kann nicht gesagt werden, daß er nur ein Entgelt für das Bauland erhalten habe, sondern er mußte insgesamt zu einem billigeren Preis alle Wirtschaftsgüter weggeben, um das - wertvoll gewordene - Bauland veräußern zu können. Zahlt endlich der Erwerber, um das Bauland erwerben zu können, einen Preis, der den Wert aller Wirtschaftsgüter übersteigt, so kann ebenfalls nicht gesagt werden, daß er nur für das Bauland einen höheren Preis gezahlt habe; er hat ihn vielmehr für die Sachgesamtheit wegen des für ihn wichtigen Baulandes gezahlt.
Das FG hat daher mit Recht die Werte des Grund und Bodens einerseits und des Waldbestandes andererseits ermittelt und den Gesamterlös in einem entsprechenden Verhältnis verteilt.
2. Dem FG ist darin zuzustimmen, daß die Bewertung des Waldbestandes nach der sog. konventionellen Methode zu erfolgen hatte. Diese Methode ist zur Zeit wissenschaftlich anerkannt, und sie wird insbesondere in der Praxis als Grundlage für die Preisbildung bei Verkäufen verwendet. Der Sachverständige hat in seiner zusätzlichen Stellungnahme mit Recht darauf hingewiesen, daß auch das auf Veranlassung des Steuerpflichtigen erstattete Gutachten des Forstamtes X. - ungeachtet der Tatsache, daß es zu falschen Werten gekommen sei -, nach dieser konventionellen Methode erstattet und dennoch zur Grundlage des Verkaufs gemacht worden sei. Die Erwägungen des Steuerpflichtigen über die Berücksichtigung der Zukunftserwartungen innerhalb eines zeitlich erheblichen Raumes mögen vom betriebswirtschaftlichen Standpunkt aus richtig sein. Eine derartige "dynamische" Wertermittlung ist indessen angesichts der vom Steuerpflichtigen selbst hervorgehobenen zahlreichen Unbekannten bei einem Verkauf, wegen dessen eine Entscheidung über den Wert im derzeitigen Augenblick zu treffen ist, praktisch nicht möglich. Die Parteien eines Kaufvertrages stellen derartig subtile Erwägungen auch nicht an. Es würde durch sie jeder Warenumschlag unmöglich gemacht.
Bei der Ermittlung der Höhe des Bestandswertes ist dem Sachverständigen und damit auch dem FG allerdings ein Irrtum unterlaufen, zum Teil sind auch die von ihm angewandten Zahlen in ihrer Höhe für den Senat nicht nachprüfbar, weil ihre Ableitung nicht dargelegt ist. ... (wird ausgeführt).
Fundstellen
BStBl II 1972, 451 |
BFHE 1972, 5 |