Entscheidungsstichwort (Thema)
Abbau des Sandvorkommens in einem landwirtschaftlich genutzten Grundstück durch einen Dritten: Keine Berücksichtigung der durch den Abbau eines Bodenvorkommens in Kauf genommenen Wertminderung des Grundstücks, Einkünfte des Landwirts aus Vermietung und Verpachtung, Anwendung der Verlustausschlußklausel bei der Bodengewinnbesteuerung
Leitsatz (amtlich)
Wird die Substanz bislang land- und forstwirtschaftlich genutzten Grund und Bodens durch den Abbau eines Bodenvorkommens zerstört oder wesentlich beeinträchtigt, so steht die Verlustausschlußklausel des § 55 Abs. 6 EStG der Berücksichtigung der Wertminderung auch als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entgegen.
Orientierungssatz
1. Für die Anwendung des § 55 Abs. 6 EStG ist unerheblich, auf welchen Umständen der Veräußerungsverlust oder Entnahmeverlust oder die Teilwertabschreibung des Grund und Bodens beruhen. Demgemäß sind vom Abzugsverbot auch Wertminderungen betroffen, die nicht auf eine Veränderung der Preisverhältnisse, sondern auf tatsächliche Veränderungen am Grundstück zurückgehen (Festhaltung am BFH-Urteil vom 10.8.1978 IV R 181/77 zur Beeinträchtigung des Grundstücks durch eine Rohrleitung).
2. Überläßt ein Landwirt einem Dritten das Recht, ein Sandvorkommen --das in einem bisher landwirtschaftlich genutzten und weiterhin zum Betriebsvermögen rechnenden Grundstück vorhanden ist-- abzubauen, so vollzieht sich die Nutzung des Sandvorkommens im Privatbereich und der Landwirt erzielt hieraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die von den Einnahmen aus dem Sandvorkommen abzuziehenden Werbungskosten können auch das Betriebsvermögen des Landwirts betreffen. Die dadurch bewirkte Vermögensminderung kann jedoch, weil nicht betrieblich veranlaßt, den betrieblichen Gewinn nicht mindern. Ihr ist deswegen eine gewinnerhöhende Entnahme gegenüberzustellen. Die Höhe der Entnahme legt insoweit den Umfang der Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung fest.
Normenkette
BewG 1974 § 43 Abs. 1-2, § 45 Abs. 2; BodSchätzG §§ 12-13, 2; EStG §§ 13, 4 Abs. 1 Sätze 1-2, § 55 Abs. 1-4, 6, § 7 Abs. 6, § 9 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind verheiratet und haben den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart. Aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erzielen sie Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Ihren Gewinn ermitteln sie nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Zum Betriebsvermögen gehören u.a. in der Gemarkung X, Flur 10, die Flurstücke 13, 14, 17 und 18, in einer Größe von insgesamt 12,7198 ha. Am 8. April 1981 schlossen die Kläger mit der Firma A in M über das in diesen Flächen vorhandene Sandvorkommen einen Abgrabungsvertrag. Am 1. September 1983 erteilte der Regierungspräsident die Abgrabungsgenehmigung. Davon machte die Firma A in den Jahren 1985 bis 1989 Gebrauch.
Nach der Entsandung verblieb von dem vorher als Ackerfläche genutzten Grund und Boden eine Wasserfläche von ... ha, ein Uferstreifen von ... ha und restliches Ackerland von ... ha auf dem Flurstück 18. Die Fläche wurde zum 27. März 1988 rechtskräftig unter Naturschutz gestellt.
Während und nach der Entsandung wurden die Flächen als Betriebsvermögen behandelt. Die Kläger erklärten für 1989 aus den Sandverkäufen Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Nach einer Betriebsprüfung für die Jahre 1984 bis 1989 änderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid. Die für den Grund und Boden geltend gemachte Wertminderung wurde nicht zum Abzug zugelassen.
Mit dem Einspruch machten die Kläger geltend, die Wertminderung in Höhe des Buchwertes (349 000 DM) der entsandeten Flächen sei als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen. Zur Begründung beriefen sie sich auf die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21. Oktober 1960 VI 169/59 S (BFHE 72, 119, BStBl III 1961, 45), vom 10. Juli 1963 IV 365/69 U (BFHE 78, 289, BStBl III 1964, 116) sowie das Urteil des Finanzgerichts (FG) München vom 26. Juni 1990 7 K 7220/85 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1991, 250). Außerdem legten sie zum Beweis der Wertminderung ein Sachverständigengutachten vor.
Während des Einspruchsverfahrens setzte das FA die Einkommensteuer --aus hier nicht interessierenden Gründen-- herab. Im Streitpunkt blieb der Einspruch erfolglos.
Mit der Klage verfolgten die Kläger ihr Begehren weiter. Sie machten u.a. geltend, da die Einnahmen aus der Entsandung voll erfaßt würden, müsse auch die Wertminderung der Grundstücke berücksichtigt werden. § 55 Abs. 6 EStG stehe dem nicht entgegen.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG führte in seinem in EFG 1997, 461 veröffentlichten Urteil u.a. aus, ein Abzug der Wertminderung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung komme nicht in Betracht.
Mit der vom FG --wegen grundsätzlicher Bedeutung-- zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung von Bundesrecht.
Die Kläger beantragen sinngemäß, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Einspruchsentscheidung die Einkommensteuer auf null DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
I. Der erkennende Senat ist für die Entscheidung zuständig. Allerdings machen die Kläger geltend, das abzubauende Bodenvorkommen sei im Privatvermögen entstanden und demgemäß der Wertverzehr bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abzugsfähig. Nach II. 2 der Ergänzenden Regelungen zur Geschäftsverteilung ist der IV. Senat zuständig, wenn streitig ist, ob Einkünfte oder Ausgaben den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen sind. Dagegen richtet sich die Zuständigkeit nach der positiven Sachentscheidung der Vorinstanz, wenn die Art der Einkünfte oder die Art der Ausgaben bei den anderen Einkunftsarten streitig ist. Letztere Bestimmung ist hier einschlägig. Das FG hat nämlich entschieden, daß im Streitfall die Verlustausschlußklausel des § 55 Abs. 6 EStG auch im Streitfall der Berücksichtigung einer Wertminderung entgegensteht, weil diese sich im Bereich des land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögens vollziehe.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet.
1. Zu Recht gehen die Kläger davon aus, daß sich die Nutzung des Sandvorkommens in ihrem Privatvermögen vollzieht und daß sie hieraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung haben (vgl. nur Senatsurteil vom 7. Dezember 1989 IV R 1/88, BFHE 159, 177, BStBl II 1990, 317). Den Einnahmen aus dem Sandverkauf können die Kläger die damit verbundenen Werbungskosten gegenüberstellen. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG gehören dazu Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Solche Aufwendungen können auch das Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen betreffen. Die dadurch bewirkte Vermögensminderung kann jedoch, weil nicht betrieblich veranlaßt, den betrieblichen Gewinn nicht mindern. Ihr ist deswegen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG eine gewinnerhöhende Entnahme gegenüberzustellen. Die Höhe der Entnahme legt den Umfang der Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung fest.
In diesem Zusammenhang hat der Senat bereits in der Vergangenheit entschieden, daß eine Beeinträchtigung der zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Ackerkrume im Interesse der Erzielung von Einkommen aus Vermietung und Verpachtung zu Werbungskosten führt (BFH-Urteil in BFHE 78, 289, BStBl III 1964, 116).
2. Demgemäß kommt auch im Streitfall in Betracht, daß die Kläger die durch die Sandausbeute bewirkte Vermögensminderung in ihrem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen berücksichtigen und in gleicher Höhe eine Entnahme ansetzen. Da es sich bei dem beeinträchtigten Grund und Boden nicht um ein abnutzbares Wirtschaftsgut handelt, kann der Vermögensminderung nicht durch eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung nach § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG Rechnung getragen werden. Insoweit kommt vielmehr lediglich eine Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG in Betracht. Ein fiktiver Erwerber des Betriebs würde für ein gegenwärtig nicht oder nur eingeschränkt landwirtschaftlich nutzbares Grundstück im Rahmen des Gesamtkaufpreises einen geringeren Betrag als für ein voll nutzbares Grundstück ansetzen.
In dieser Weise konnten die Kläger unbedenklich hinsichtlich solchen Grund und Bodens verfahren, den sie nach dem 30. Juni 1970 entgeltlich erworben hatten. Vorliegend sind von den Abbaumaßnahmen aber Flächen betroffen, die am genannten Stichtag schon zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehörten. Solche Grundstücke werden nach § 55 Abs. 1 EStG mit dem Doppelten des sich nach § 55 Abs. 2 bis 4 EStG ergebenden Ausgangsbetrags angesetzt. Werden die genannten Grundstücke veräußert oder entnommen, so bleiben nach § 55 Abs. 6 Satz 1 EStG Verluste unberücksichtigt, die sich daraus ergeben, daß der Veräußerungsgewinn oder der Entnahmewert unter dem Zweifachen des Ausgangsbetrages liegen. Nach § 55 Abs. 6 Satz 2 EStG gilt entsprechendes bei Anwendung von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG, d.h. für den Fall einer Teilwertabschreibung. Ein außer Betracht bleibender Veräußerungs- oder Entnahmeverlust kann also nicht im Wege der Teilwertabschreibung vorweggenommen werden.
Für die Anwendung des § 55 Abs. 6 EStG ist unerheblich, auf welchen Umständen der Veräußerungs- oder Entnahmeverlust oder die Teilwertabschreibung beruhen. Demgemäß sind vom Abzugsverbot auch Wertminderungen betroffen, die nicht auf eine Veränderung der Preisverhältnisse, sondern auf tatsächliche Veränderungen am Grundstück zurückgehen. Das hat der Senat bereits in der Vergangenheit für die Beeinträchtigung durch eine Rohrleitung entschieden (Urteil vom 10. August 1978 IV R 181/77, BFHE 126, 191, BStBl II 1979, 103) und deswegen eine Teilwertabschreibung versagt, die den gewinnerhöhenden Entschädigungsleistungen hätte gegenübergestellt werden können. Er hat dieses Ergebnis als vom Pauschalierungszweck des § 55 EStG gewollt und gerechtfertigt angesehen.
Der Senat hält hieran trotz zwischenzeitlich geäußerter Bedenken (Kleeberg, in: Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 55 Anm. G 11; König, in: Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, 3. Aufl., A 1221) fest. Das Verlustabzugsverbot stellt nicht auf die Gründe ab, die zum Veräußerungs- oder Entnahmeverlust oder zur Teilwertabschreibung geführt haben. Eine Teilwertminderung kann durch die Entwicklung der Preisverhältnisse und zusätzlich durch eine tatsächliche Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des Grund und Bodens verursacht worden sein. Es ist in diesem Fall nicht möglich und nach § 55 Abs. 6 EStG auch nicht zulässig, die eingetretene Wertminderung nach ihren Ursachen aufzuspalten und die Teilwertminderung bzw. den Veräußerungs- oder Entnahmeverlust teilweise doch zu berücksichtigen. Demgemäß müßte auch eine Wertminderung außer Betracht bleiben, die durch den Verkauf (nur) der Ackerkrume entsteht.
3. Führt demnach die Beeinträchtigung des Grund und Bodens durch den Sandabbau nicht zu einer Teilwertabschreibung und nicht zu Aufwendungen im land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen, können solche Aufwendungen auch nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht werden. Bei der Beanspruchung des Betriebsvermögens für private Erwerbszwecke hängt der Umfang der Werbungskosten von der Höhe der Entnahme im Betriebsvermögen ab. Deswegen ist bei der Entnahme eines Gebäudes der Entnahmewert für die späteren Absetzungen für Abnutzung im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung maßgebend (vgl. BFH-Urteil vom 29. April 1992 XI R 5/90, BFHE 168, 161, BStBl II 1992, 969, m.w.N.). Kommt es aber nicht zu einer Entnahme, weil nach gesetzlicher Vorschrift keine Verminderung des Betriebsvermögens eintritt, können auch keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgesetzt werden. § 55 Abs. 6 EStG entfaltet auch Wirkungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Fundstellen
Haufe-Index 66568 |
BFH/NV 1998, 642 |
BFH/NV 1998, 642-643 (Leitsatz und Gründe) |
BStBl II 1998, 185 |
BFHE 184, 453 |
BFHE 1998, 453 |
BB 1998, 468 |
DStRE 1998, 171 |
DStRE 1998, 171-172 (Leitsatz und Gründe) |
HFR 1998, 448 |
StE 1998, 119 |