Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 13
§ 55 EStG findet Anwendung auf Stpfl., die ihren Gewinn für das Wirtschaftsjahr, in das der 30.6.1970 fällt, nach § 4 Abs. 1 bzw. 3 EStG oder nach der für Land- und Forstwirte geltenden Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen zu ermitteln haben. Gleiches gilt auch für Schätzungen auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 bzw. 3 EStG. In der Hauptsache betroffen von dieser Regelung sind Land- und Forstwirte. Für Stpfl., die für das Wirtschaftsjahr, in das der 30.6.1970 fällt, nach § 5 EStG verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung freiwillig Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, gilt § 55 EStG nicht, da sie bereits vor dem 1.7.1970 den Grund und Boden in ihren Gewinnermittlungen zu erfassen hatten. Welche Gewinnermittlungsmethode anzuwenden ist, bestimmt sich nach den allgemeinen steuerlichen Grundsätzen. Für die Beurteilung maßgebend sind die Verhältnisse in dem Wirtschaftsjahr, in das der 30.6.1970 fällt. Es kommt weder darauf an, nach welcher Gewinnermittlungsmethode der Gewinn in Wirtschaftsjahren zu ermitteln ist, die vor dem 30.6.1970 geendet haben, noch darauf, welche Gewinnermittlungsvorschriften in späteren Wirtschaftsjahren maßgebend sind. Ebenfalls ist nicht relevant, ob es sich bei dem Wirtschaftsjahr um ein abweichendes Wirtschaftsjahr handelt oder um ein Wirtschaftsjahr, welches mit dem Kj. übereinstimmt.
Rz. 14
Für Personengesellschaften, die ihren Gewinn nicht nach § 5 EStG ermitteln, gilt § 55 EStG sowohl hinsichtlich der Grundstücke im Gesamthands- als auch im Sonderbetriebsvermögen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Ermittelt die Personengesellschaft ihren Gewinn nach § 5 EStG, hat dies auch Geltung für das Sonderbetriebsvermögen. In diesen Fällen findet § 55 EStG auf den sich im Sonderbetriebsvermögen befindlichen Grund und Boden keine Anwendung. Anzuwenden sein kann § 55 EStG auch auf die in § 13 Abs. 1 Nr. 4 EStG bezeichneten Realgemeinden. Gleiches gilt auch für Vereine und Stiftungen.
Rz. 15
Im Rahmen von Überschusseinkünften findet § 55 EStG grundsätzlich keine Anwendung. Bedeutsam sein kann aber die Verlustausschlussklausel des § 55 Abs. 6 EStG bei den grundstücksbezogenen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Wird z. B. die Substanz bislang land- und forstwirtschaftlich genutzten Grund und Bodens, für den die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten nach § 55 Abs. 1 EStG maßgebend sind, durch den Abbau eines Bodenvorkommens zerstört oder wesentlich beeinträchtigt, steht die Verlustausschlussklausel nach § 55 Abs. 6 EStG der Berücksichtigung der Wertminderung auch als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entgegen. Für die Anwendung von § 55 Abs. 6 EStG ist unerheblich, auf welchen Umständen der Veräußerungs- oder Entnahmeverlust oder die Teilwertabschreibung des Grund und Bodens beruhen. Demgemäß sind vom Abzugsverbot auch Wertminderungen betroffen, die nicht auf eine Veränderung der Preisverhältnisse, sondern auf tatsächliche Veränderungen am Grundstück zurückgehen. Überlässt ein Land- und Forstwirt z. B. einem Dritten das Recht, ein Sandvorkommen, das in einem bisher landwirtschaftlich genutzten und weiterhin zum Betriebsvermögen rechnenden Grundstück vorhanden ist, abzubauen, vollzieht sich die Nutzung des Sandvorkommens im Privatbereich und der Land- und Forstwirt erzielt hieraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG). Die von den Einnahmen aus dem Sandvorkommen abzuziehenden Werbungskosten können auch das Betriebsvermögen des Land- und Forstwirts betreffen. Die dadurch bewirkte Vermögensminderung kann jedoch, weil nicht betrieblich veranlasst, den betrieblichen Gewinn nicht mindern. Ihr ist deswegen eine gewinnerhöhende Entnahme gegenüberzustellen. Die Höhe der Entnahme legt insoweit den Umfang der Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung fest.