Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Beschränkung des abziehbaren Teils von Leibrentenzahlung als Sonderausgaben oder Werbungskosten auf den Ertragsanteil - Erhöhung einer Leibrente aufgrund einer Wertsicherungsklausel - Verfassungsmäßigkeit der Differenzierung zwischen Veräußerungsleibrentenverpflichtungen aus dem Bereich der Werbungskosten und dem betrieblichen Bereich - Mietvertrag zwischen nahen Angehörigen: Fremdvergleich, erwachsene Kinder, Verstoß gegen das Verbot der Selbstkontrahierung, Fixierung des Mietzinses, Verrechnung des Mietzinses mit zu erbringenden Hilfeleistungen - Selbstnutzung einer Wohnung: Definitionen, Aufnahme von anderen Personen als Angehörigen, Überlassung der ganzen Wohnung an andere Personen, Einzelfallentscheidung, Überlassung der Wohnung aufgrund unterhaltsrechtlicher Verpflichtungen - Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung
Leitsatz (amtlich)
Die Regelungen, wonach Leibrentenzahlungen nur mit dem in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG vorgesehenen Ertragsanteil als Sonderausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden können (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 2 und § 9 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG), unterliegen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Orientierungssatz
1. Bei der Erhöhung einer Leibrente aufgrund einer Wertsicherungsklausel kann der Mehrbetrag als Teil der Rente einkommensteuerrechtlich nicht anders behandelt werden, als der ursprünglich vereinbarte Betrag (vgl. BFH-Urteil vom 10.7.1990 IX R 138/86).
2. Die unterschiedliche Behandlung von Veräußerungsleibrentenverpflichtungen im Bereich der Werbungskosten einerseits und im betrieblichen Bereich andererseits ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt und unterliegt deshalb keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG-Beschluß vom 18.2.1988 1 BvR 930/86).
3. NV: Auch ein Mietvertrag zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern ist grundsätzlich nur dann der Besteuerung zugrunde zu legen, wenn er bürgerlich-rechtlich wirksam abgeschlossen wurde und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (vgl. BFH-Rechtsprechung).
4. NV: Ein unter Verstoß gegen § 181 BGB vom Vertreter geschlossenes Rechtsgeschäft (hier: Mietvertrag unter nahen Angehörigen) ist nicht (endgültig) nichtig, sondern nur schwebend unwirksam. Es kann vom Vertretenen oder nach dessen Tod von seinem Erben mit zivilrechtlich rückwirkender Kraft genehmigt werden. Diese zivilrechtliche Rückwirkungsfiktion der Genehmigung gilt indessen für die steuerrechtliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen jedenfalls dann nicht, wenn der Zustand der schwebenden Unwirksamkeit über Jahre hinweg andauert (vgl. BFH-Rechtsprechung).
5. NV: Zu den unerläßlichen Voraussetzungen für die steuerrechtliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen gehört eine klare und eindeutige Fixierung der vertraglichen Hauptleistungspflichten, bei einem Mietvertrag also insbesondere über Art und Umfang der Mietzinsentrichtung --hier: Verrechnung des Mietzinses mit vom Mieter zu erbringenden Hilfeleistungen-- (vgl. BFH-Urteil vom 9.2.1993 IX R 86/90).
6. NV: "Eigenen" Wohnzwecken dient eine Wohnung, wenn sie vom Steuerpflichtigen selbst und ggf. von den mit ihm in einer Haushaltsgemeinschaft lebenden Familienangehörigen als Wohnung genutzt wird. Wobei der Tatbestand der Selbstnutzung auch dann erfüllt wird, wenn der Eigentümer andere Personen, etwa nahe Verwandte, Lebensgefährten, Freunde oder Bekannte, in seine Wohnung aufnimmt und die Wohnung mit diesen zusammen gemeinsam nutzt. Voraussetzung dabei ist jedoch, daß der Steuerpflichtige die Räume selbst mitbenutzt oder daß die Räume ihm ständig zur Verfügung stehen.
7. NV: Überläßt ein Steuerpflichtige nicht nur abgegrenzte Teile, sondern die ganze Wohnung einer anderen Person zur ausschließlichen Nutzung, so liegt --abgesehen von der Wohnungsüberlassung im Rahmen der Unterhaltsgewährung-- keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor.
8. NV: Mit dem Begriff "Nutzung zu Wohnzwecken" ist ein durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises gekennzeichneter Lebenssachverhalt umschrieben, der aus einer Vielzahl von Einzeltatsachen besteht, die einer Gesamtwürdigung bedürfen und deshalb unterschiedlich zu gewichten sein können (vgl. BVerwG-Beschluß vom 25.3.1996 4 B 302/95; BFH-Urteil vom 23.7.1997 X R 143/94).
9. NV: Die Überlassung einer Wohnung aufgrund unterhaltsrechtlicher Verpflichtungen kann nach dem Wortsinn noch als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken aufgefaßt werden, wenn es sich um unterhaltsberechtigte Personen handelt, die im EStG typischerweise zur Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft des Steuerpflichtigen gehören, wie etwa Kinder i.S. des § 32 EStG oder der Ehegatte bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung. Diese Erwägungen lassen sich auf andere --theoretisch gegenüber dem Eigentümer unterhaltsberechtigte Personen-- nicht übertragen (vgl. BFH-Rechtsprechung).
10. NV: Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung erstreckt sich auch auf Steuerbefreiungen, Steuerermäßigungen und sonstige Steuervergünstigungen. Folglich dürfen weder Behörden noch Gerichte die Steuerschuld ohne gesetzliche Grundlage herabsetzen.
Normenkette
BGB § 181; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 2, § 10e Abs. 1 Sätze 2-3, § 21 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2, §§ 21a, 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a, §§ 32, 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; GG Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1
Tatbestand
++/ I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Alleinerbe seines im Jahr 1990 verstorbenen Vaters (V). Letzterer war seinerseits Gesamtrechtsnachfolger seiner im Jahr 1984 verstorbenen Ehefrau (M).
V wohnte nach dem Tod der M allein in seinem Haus A-Straße 10a in B. V errichtete auf seinem Grundstück ein zweites Wohngebäude (A-Straße 10b), das im September 1987 fertiggestellt wurde und noch im laufenden Monat vom Kläger sowie seiner Ehefrau und der damals 17jährigen Tochter bezogen wurde. Im Dezember 1987 zog auch der zu dieser Zeit wegen eines körperlichen Leidens pflegebedürftige V in den Neubau. Dabei wurde ein vom Kläger zunächst als Arbeitszimmer eingerichteter Raum für V geräumt und u.a. mit dessen Bett und weiteren persönlichen Sachen ausgestattet. V wurde dort versorgt und nahm am Familienleben teil. Der Altbau blieb unverändert. Nach etwa ein bis zwei Monaten zog V --dessen Gesundheitszustand sich zwischenzeitlich gebessert hatte-- wieder in den Altbau zurück.
Lt. schriftlicher Vereinbarung vom 30. September 1987 hatte der Kläger als Vertreter des V mit sich selbst einen Mietvertrag geschlossen, wonach ihm (Kläger) das Obergeschoß sowie ein Zimmer im Untergeschoß des Hauses A-Straße 10a (meint offenbar 10b) überlassen wurde. Der Vertrag sah eine monatliche Miete von 960 DM vor, die mit nicht näher bezeichneten vom Kläger zu erbringenden Hilfeleistungen verrechnet werden sollte.
V begehrte in seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1987 und 1988, ihm in bezug auf den Neubau A-Straße 10b die Steuerbegünstigung nach § 10e des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von jeweils 15 000 DM zu gewähren.
In den Einkommensteuerbescheiden 1987 und 1988 lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) diese Begehren ab.
Mit den dagegen erhobenen Einsprüchen trug V vor, daß der Neubau von der gesamten Familie, zu der auch er (V) gehört habe, bewohnt worden sei. Darin habe eine Eigennutzung durch ihn (V) gelegen. /++
Während der Einspruchsverfahren erweiterte der Kläger, der Alleinerbe des inzwischen verstorbenen V geworden war, das Rechtsbehelfsbegehren dahin, die in den genannten Einkommensteuerbescheiden 1987 und 1988 antragsgemäß mit einem Ertragsanteil von 25 v.H. als Sonderausgaben berücksichtigten Leibrentenzahlungen mit einem höheren Betrag als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anzusetzen. Diesen Leibrentenzahlungen lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit Kaufvertrag vom 15. Januar 1963 hatte die im Jahr 1984 verstorbene M (Rechtsvorgängerin des V) von den bei Vertragsschluß 68 und 57 Jahre alten Schwestern J. Sch und F. Sch (letztere geboren am 30. September 1905) ein Grundstück (mit Pension) in B erworben. Als Gegenleistung übernahm M u.a. die Verpflichtung, eine Rente an die Schwestern bis zu deren Tod zu leisten, die zunächst beiden Schwestern je zur Hälfte und beim Tode einer der Berechtigten in voller Höhe an die Überlebende zu zahlen war. Die Rentenleistungen waren wertgesichert, indem sie an das Gehalt eines Bundesbeamten der Besoldungsgruppe A 12 gekoppelt waren.
Mit Kaufvertrag vom 3. Februar 1982 veräußerte M das Grundstück zu einem Kaufpreis von 410 000 DM (zuzüglich 70 000 DM für das Inventar) an den bisherigen Pächter. Der Kaufpreis wurde vom 1. März 1982 an durch monatliche Zahlungen in Höhe von 3 000 DM sowie durch eine Restzahlung vom 31. Januar 1984 in Höhe von 423 100 DM erbracht. Am 7. Februar 1984 kaufte M zu Lasten des Girokontos, auf das die Restkaufpreiszahlung geleistet worden war, Bundesanleihen zum Preis von 300 481,25 DM, ferner Investmentzertifikate zum Preis von 44 423,40 DM und 58 143,40 DM. Des weiteren erwarb sie am 6. September 1984 Postanleihen für 40 353,33 DM. Die M hatte auch in den vergangenen Jahren laufend Wertpapiergeschäfte getätigt. Die 1984 gekauften Investmentzertifikate wurden später veräußert und der Erlös auf einem Festgeldkonto angelegt, auf das auch die Erlöse aus sonstigen Verkaufsgeschäften eingezahlt wurden.
Der Kläger begründete sein Begehren auf Abzug der Leibrentenzahlungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen des V damit, daß eine enge Bindung zwischen den Leibrentenzahlungen und den aus dem Grundstücksveräußerungserlös bestrittenen Wertpapierkäufen bestehe. Es habe lediglich eine Umqualifizierung der Einkunftsquelle stattgefunden. Er ermittelte den Werbungskostenanteil der Leibrentenzahlungen dergestalt, daß er den Wert der Rentenverpflichtung zum Beginn und zum Ende des jeweiligen Streitjahres nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes (BewG) unter Ansatz des sich aus der Tabelle zu § 14 Abs. 1 BewG ergebenden Vervielfältigers berechnete. Dem Differenzbetrag stellte er sodann die in dem jeweiligen Jahr erbrachten Zahlungen gegenüber.
Während der Einspruchsverfahren änderte das FA die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1987 und 1988 am 5. Oktober 1990 gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) in der Weise, daß es die Rentenzahlungen an die Schwestern Sch nunmehr mit einem Ertragsanteil in Höhe von 33 v.H. (statt bisher 25 v.H.) als Sonderausgaben berücksichtigte.
Die dadurch nicht (vollständig) erledigten Einsprüche wies das FA bezüglich beider Streitjahre als unbegründet zurück. Mit der Klage verfolgte der Kläger seine Begehren weiter.
Während des Klageverfahrens änderte das FA die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1987 und 1988 am 11. November 1993 und am 8. Dezember 1993 wegen hier nicht streitiger Punkte erneut. Der Kläger hat die Änderungsbescheide gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Der Kläger beantragte vor dem Finanzgericht (FG), die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1987 und 1988 zu ändern und die Einkommensteuer für die Streitjahre wie folgt neu festzusetzen:
++/ 1. unter Berücksichtigung der Steuerbegünstigung gemäß
§ 10e EStG,
2. "hilfsweise" unter Berücksichtigung erhöhter Aufwendungen
in analoger Anwendung der Regelung in § 10e EStG, /++
3. unter Berücksichtigung der Ertragsanteile der nach dem
Grundstückskaufvertrag vom 15. Januar 1963 zu zahlenden
Leibrenten als Werbungskosten bei den Einkünften aus
Kapitalvermögen, wobei der Ertragsanteil entsprechend den
Schriftsätzen im FG-Verfahren V 262/90 vom 20. Juni 1991
und 15. Juli 1991 anzusetzen sei.
Diesen Schriftsätzen ist zu entnehmen, daß der Ertragsanteil
abweichend von der Tabelle in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG
in der für die Streitjahre maßgeblichen Fassung (a.F.) mit
51,55 v.H. anzusetzen und die auf der Wertsicherungsklausel
beruhenden Rentenmehrbeträge in voller Höhe abzuziehen seien.
Das FG wies die Klage als unbegründet ab.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und
materiellen Rechts.
Er beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die
Einkommensteuer des V für 1987 und 1988 unter Änderung der
angefochtenen Verwaltungsentscheidungen wie folgt neu
festzusetzen:
++/ 1. unter Berücksichtigung der degressiven AfA gemäß §
7 Abs. 5 EStG 1977 entsprechend den Schriftsätzen des
Klägers vom März 1992 und April 1992;
2. "hilfsweise" unter Berücksichtigung erhöhter Aufwendungen
durch Sonderausgabenabzug gemäß § 10e EStG;
3. /++ unter Berücksichtigung der Ertragsanteile der nach dem
Grundstückskaufvertrag vom 15. Januar 1963 zu zahlenden
Leibrente als Werbungskosten bei den Einkünften aus
Kapitalvermögen, wobei der Ertragsanteil entsprechend den
Schriftsätzen im Klageverfahren V 262/90 vom 20. Juni 1991
und 15. Juli 1991 anzusetzen sei.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
++/ 1. Der vom Kläger im Revisionsverfahren gestellte "Hauptantrag", die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des V unter Berücksichtigung degressiver Abschreibungen gemäß § 7 Abs. 5 EStG für die Streitjahre mit negativen Beträgen (Werbungskostenüberschüssen) anzusetzen, kann schon deswegen keinen Erfolg haben, weil der Vater solche Einkünfte nicht erzielte.
Dies ergibt sich aus dem Umstand, daß der vom Kläger erst im Laufe des Klageverfahrens präsentierte Mietvertrag zwischen ihm und seinem Vater vom 30. September 1987 steuerrechtlich nicht anerkannt werden kann.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind (Wohnungs-)Mietverträge zwischen nahen Angehörigen der Besteuerung grundsätzlich nur dann zugrunde zu legen, wenn sie bürgerlich-rechtlich wirksam abgeschlossen wurden und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (vgl. BFH-Urteil vom 7. Mai 1996 IX R 69/94, BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196, unter 1. der Gründe, m.w.N.). Auch Eltern und ihre erwachsenen Kinder müssen sich an diesen Maßstäben messen lassen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19. Juni 1991 IX R 306/87, BFHE 165, 359, BStBl II 1992, 75, unter 1. der Gründe, m.w.N.).
b) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.
aa) Zum einen fehlt es zumindest in den Streitjahren bereits an der bürgerlich-rechtlichen Wirksamkeit des in Rede stehenden Mietvertrages. Dieser ist vom Kläger als Vertreter seines Vaters (Vermieters) mit sich selbst als Mieter --also durch sog. Insichgeschäft-- geschlossen worden. Gemäß § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) kann der Vertreter ein solches "Insichgeschäft", das --wie hier-- nicht "ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit" besteht, nur dann vornehmen, wenn ihm dies gestattet ist. Letzteres traf im Streitfall nicht zu, weil die dem Kläger von seinem Vater erteilte Vollmacht vom 25. Mai 1987 eine Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB nicht vorsah.
Unter Verstoß gegen § 181 BGB vom Vertreter geschlossene Rechtsgeschäfte sind zwar nicht (endgültig) nichtig, sondern --in direkter oder zumindest analoger Anwendung des § 181 BGB-- nur schwebend unwirksam. Sie können deshalb vom Vertretenen oder nach dessen Tod von seinem Erben mit zivilrechtlich rückwirkender Kraft genehmigt werden (§§ 177, 184 BGB, vgl. statt vieler Schramm in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch --MünchKomm--, 3. Aufl., § 181 Rdnr. 37, m.w.N.). Diese zivilrechtliche Rückwirkungsfiktion der Genehmigung gilt indessen für die steuerrechtliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen jedenfalls dann nicht, wenn --wie hier-- der Zustand der schwebenden Unwirksamkeit über Jahre hinweg andauert (zur näheren Begründung vgl. die hier sinngemäß geltenden Erwägungen in den BFH-Urteilen vom 1. Februar 1973 IV R 49/68, BFHE 108, 197, BStBl II 1973, 307, unter II. 1. a, letzter Absatz, betreffend die zivilrechtlich nach § 184 BGB zurückwirkende Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht; vom 23. April 1992 IV R 46/91, BFHE 168, 140, BStBl II 1992, 1024, unter 1. d der Gründe, betreffend Genehmigung durch einen nachträglich bestellten Ergänzungspfleger). Ermittlungen darüber, ob der Kläger als Erbe seines Vaters den Mietvertrag nach dessen Tod im Jahr 1990 genehmigt hat, erübrigen sich daher.
bb) Dem Mietvertrag vom 30. September 1987 muß zum anderen aber auch deswegen die steuerliche Anerkennung versagt bleiben, weil er in seiner inhaltlichen Ausgestaltung nicht dem zwischen Fremden Üblichen entspricht. Zu den unerläßlichen Voraussetzungen für die steuerrechtliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen gehört eine klare und eindeutige Fixierung der vertraglichen Hauptleistungspflichten, bei einem Mietvertrag also insbesondere über Art und Umfang der Mietzinsentrichtung (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 9. Februar 1993 IX R 86/90, BFH/NV 1993, 592; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 16. Aufl., § 21 Rdnr. 65, Stichwort "Angehörige", m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).
Daran fehlt es im Streitfall. Zwar legt § 4 des Mietvertrages die Höhe der Miete (monatlich 960 DM) fest. Jedoch enthält § 6 des Vertrages einen Passus, wonach die Miete "bis auf weiteres ... mit den durch den Mieter zu erbringenden Hilfeleistungen verrechnet werden (soll)" und "darüber hinaus ... keine weiteren Zahlungen zu leisten (seien)". Eine solche "Verrechnungsabrede" hätten einander fremde Vertragspartner nicht getroffen, ohne von vornherein klare und eindeutige Maßstäbe über Art, Umfang und Bewertung der mit der Miete zu "verrechnenden" Leistungen festzulegen. Ohne die Fixierung solcher Maßstäbe läßt sich überdies nicht (zuverlässig) überprüfen, ob und inwieweit Gegenleistungen im Wert des in § 4 des Vertrages ins Auge gefaßten Mietentgelts (monatlich 960 DM) effektiv erbracht worden sind, ob also der Mietvertrag insoweit tatsächlich vollzogen würde.
cc) Es kommt schließlich hinzu, daß der Mietvertrag auch in bezug auf die vereinbarte Hauptleistungspflicht des Vermieters (Überlassung der gemieteten Räume) nicht so vollzogen wurde, wie es in dem vom Kläger vorgelegten schriftlichen Mietvertrag vom 30. September 1987 vorgesehen war. Dabei mag dahinstehen, ob es sich bei der Bezeichnung des Mietobjekts in § 1 des Vertrages mit A-Straße 10a statt des von der Familie des Klägers bezogenen Neubaus A-Straße 10b um ein offenkundiges, unschädliches Versehen handelte. Selbst wenn dies der Fall wäre, stimmen jedenfalls die im Mietvertrag bezeichneten Mieträume (Gesamtwohnfläche 95 qm) nicht mit den Wohnräumen überein, die der Kläger mit seiner Familie seit seinem Einzug in den Neubau tatsächlich nutzte. Dies waren --wie auch die vom Kläger während des Klageverfahrens zusammen mit dem Mietvertrag eingereichten Überschußrechnungen betreffend die Mieteinkünfte des Vaters belegen-- alle Räume des Neubaus sowohl im Dachgeschoß als auch im Erdgeschoß des Gebäudes mit einer Gesamtwohnfläche von 189 qm.
dd) Die rechtliche Würdigung der vorstehend aufgezeigten --vom FG festgestellten und unstreitigen-- Umstände in ihrer Gesamtheit führt zwingend zur steuerrechtlichen Nichtanerkennung des vom Kläger geltend gemachten Mietverhältnisses. An einer dahingehenden rechtlichen Bewertung ist der erkennende Senat nicht deswegen gehindert, weil das FG - -mangels Geltendmachung von Werbungskostenüberschüssen durch den Kläger im erstinstanzlichen Verfahren-- eine rechtliche Beurteilung des Mietvertrages nach den für Verträge zwischen nahen Angehörigen geltenden Kriterien nicht vorgenommen hat. Eine Berücksichtigung von Werbungskostenüberschüssen bei den Einkünften des V aus Vermietung und Verpachtung in den Streitjahren ist aus den vorgenannten Erwägungen der Boden entzogen. /++
++/ 2. Dem FG ist im Ergebnis darin zu folgen, daß es V die Steuerbegünstigung des § 10e EStG verwehrt hat.
a) Eine Grundförderung nach § 10e Abs. 1 Satz 1 EStG setzt voraus, daß der Steuerpflichtige die von ihm hergestellte oder angeschaffte Wohnung im Abzugszeitraum "zu eigenen Wohnzwecken" genutzt hat. "Eigenen" Wohnzwecken dient die betreffende Wohnung dann, wenn sie vom Steuerpflichtigen selbst und ggf. von den mit ihm in einer Haushaltsgemeinschaft lebenden Familienangehörigen als Wohnung genutzt wird (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 26. Januar 1994 X R 94/91, BFHE 173, 345, BStBl II 1994, 544, und vom 14. Dezember 1994 X R 74/91, BFHE 176, 117, BStBl II 1995, 259, unter II. 2. der Gründe). Nach der zu den §§ 21, 21a EStG ergangenen Rechtsprechung ist der Tatbestand der Selbstnutzung auch dann erfüllt, wenn der Eigentümer andere Personen, etwa nahe Verwandte, Lebensgefährten, Freunde oder Bekannte, in seine Wohnung aufnimmt und die Wohnung mit diesen zusammen gemeinsam nutzt. Voraussetzung dabei ist jedoch, daß der Steuerpflichtige die Räume --ebenfalls wie im Fall der Familiengemeinschaft-- selbst mitbenutzt oder daß die Räume ihm ständig zur Verfügung stehen (BFH-Urteil vom 8. August 1990 IX R 122/86, BFHE 162, 244, BStBl II 1991, 171). Dasselbe gilt für den Begriff der "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" im Rahmen des § 10e Abs. 1 EStG, da der Gesetzgeber den unterschiedlichen Begriffen keine grundsätzlich andere Bedeutung zugemessen hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 173, 345, BStBl II 1994, 544).
Überläßt der Steuerpflichtige nicht nur abgegrenzte Teile, sondern die ganze Wohnung einer anderen Person zur ausschließlichen Nutzung, so liegt --abgesehen von der Wohnungsüberlassung im Rahmen der Unterhaltsgewährung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 173, 345, BStBl II 1994, 544)-- keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor. Nutzt ein anderer als der Eigentümer eine Wohnung aus eigenem Recht, wird die Wohnung aus dessen Sicht zu eigenen, aus der Sicht des Überlassenden zu fremden Wohnzwecken genutzt.
Mit dem Begriff "Nutzung zu Wohnzwecken" ist ein durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises gekennzeichneter Lebenssachverhalt umschrieben (vgl. Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 25. März 1996 4 B 302/95, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 1996, 893), der aus einer Vielzahl von Einzeltatsachen besteht, die einer Gesamtwürdigung bedürfen und deshalb unterschiedlich zu gewichten sein können (BFH-Urteil vom 23. Juli 1997 X R 143/94, BFH/NV 1998, 160).
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze kann nicht davon ausgegangen werden, daß V den Neubau "zu eigenen Wohnzwecken" i.S. von § 10e Abs. 1 EStG nutzte.
Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb für den Senat bindenden Feststellungen des FG bewohnte V den auf seine individuellen Wohnbedürfnisse zugeschnittenen Altbau A-Straße 10a. Dabei verblieb es auch ab dem Zeitpunkt (September 1987), in dem der von V errichtete Neubau A-Straße 10b fertiggestellt war. Der Neubau wurde (noch im September 1987) alleine von der dreiköpfigen Familie des Klägers bezogen und genutzt. Lediglich für einen vorübergehenden, kurzen Zeitraum von ein bis zwei Monaten bezog der zu dieser Zeit wegen eines körperlichen Leidens pflegebedürftige V ein kleines Zimmer im Erdgeschoß des Neubaus, welches dem Kläger bis dahin und auch nach Rückkehr des V in den Altbau als Arbeitszimmer diente. Dieser Raum war während des Aufenthalts des V mit dessen Bett und einigen anderen persönlichen Sachen ausgestattet worden; die Einrichtung des Arbeitszimmers wurde in dieser Zeit im Keller zwischengelagert. Der Altbau blieb im übrigen unverändert. V wurde während seines Aufenthalts im Neubau von der Familie des Klägers versorgt und nahm am Familienleben teil. Nach Besserung seines Gesundheitszustandes kehrte V Anfang 1988 in den Altbau zurück, wo er bis zu seinem Tod (im Jahr 1990) wohnen blieb.
Die Gesamtheit dieser vom FG festgestellten Einzeltatsachen gebietet zwingend den --rechtlichen-- Schluß, daß V die Räumlichkeiten des Neubaus nicht auf Dauer für "eigene" Wohnzwecke i.S. von § 10e Abs. 1 EStG nutzte, sondern nur vorübergehend --während seines akuten körperlichen Leidens und seiner daraus resultierenden erhöhten Pflegebedürftigkeit-- in Haushalt und Wohnung der Familie des Klägers aufgenommen worden war. Dem erkennenden Senat ist eine dahingehende rechtliche Würdigung der vom FG erschöpfend festgestellten Tatsachen nicht etwa deswegen verwehrt, weil das FG seine zum selben Ergebnis führende Subsumtion nicht allein auf die erwähnten Umstände gestützt, sondern vor allem darauf abgestellt hat, daß der Kläger die Räumlichkeiten des Neubaus aufgrund eines mit V abgeschlossenen Mietvertrages genutzt habe (vgl. dazu BFH-Urteil vom 23. Februar 1994 X R 131/93, BFHE 173, 551, BStBl II 1994, 694, unter 1. der Gründe). In diesem letzten Punkt vermag der Senat dem FG indessen nicht zu folgen, weil der besagte Mietvertrag --wie bereits dargelegt (oben II. 1.)-- steuerrechtlich nicht anerkannt werden kann und deswegen von einem unentgeltlichen Nutzungsverhältnis ausgegangen werden muß.
c) Die unentgeltliche Nutzung des Neubaus durch den Kläger und dessen Familie kann V nicht als eigene Wohnnutzung zugerechnet werden. Zwar hat der BFH in seinem Urteil in BFHE 173, 345, BStBl II 1994, 544 ausgeführt, daß auch die Überlassung einer Wohnung aufgrund unterhaltsrechtlicher Verpflichtungen nach dem Wortsinn noch als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken aufgefaßt werden könne, wenn es sich um unterhaltsberechtigte Personen handele, die im EStG typischerweise zur Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft des Steuerpflichtigen gehören, wie etwa Kinder i.S. des § 32 EStG oder der Ehegatte bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung. Diese Erwägungen lassen sich auf andere --theoretisch gegenüber dem Eigentümer unterhaltsberechtigte Personen-- nicht übertragen (vgl. BFH-Urteile vom 26. Januar 1994 X R 17/91, BFHE 173, 352, BStBl II 1994, 542; in BFH/NV 1998, 160).
3. Ebenso zutreffend hat das FG entschieden, daß V die Steuerbegünstigung des § 10e EStG auch nicht durch "analoge" Anwendung zuteil werden kann.
Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung erstreckt sich auch auf Steuerbefreiungen, -ermäßigungen und sonstige Steuervergünstigungen. Folglich dürfen weder Behörden noch Gerichte die Steuerschuld ohne gesetzliche Grundlage (begünstigend) herabsetzen (Tipke/Lang, Steuerrecht, 15. Aufl., § 4 Rdnr. 160). Wie das FG überzeugend dargelegt hat, hat der Gesetzgeber für die Anwendung des § 10e EStG klare und erschöpfende sachliche Voraussetzungen geschaffen, die --wie dargelegt (oben II. 2.)-- im Streitfall nicht vorliegen. Der Senat kann offenlassen, ob und unter welchen Voraussetzungen Steuervergünstigungsvorschriften allgemein einer analogen Anwendung zugänglich sind. Im Streitfall fehlt es jedenfalls bereits an einer für eine Analogie zwingend gebotenen (planwidrigen) Gesetzeslücke (vgl. z.B. Tipke/Lang, a.a.O., § 5 Rdnr. 77 ff.). Nach dem eindeutig bekundeten Willen des Gesetzgebers soll die Förderung nach § 10e EStG nur solchen Steuerpflichtigen gewährt werden, die dessen eindeutig fixierten Voraussetzungen erfüllen. /++
4. Unbegründet ist auch der Antrag des Klägers, die aufgrund des Grundstückskaufvertrages vom 15. Januar 1963 in den Streitjahren geleisteten Leibrentenzahlungen mit einem höheren Ertragsanteil als dem in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden berücksichtigten (33 v.H.) anzusetzen.
a) Der Streitfall nötigt nicht zu einer Beantwortung der Streitfrage, ob die Rentenzahlungen den Sonderausgaben (so das FA) oder den Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (so der Kläger) zuzuordnen sind. Er zwingt im Hinblick auf das zu beachtende Verschlechterungsverbot auch nicht dazu, zu entscheiden, ob die von FA und FG vorgenommene Einordnung der Leibrenten-Ertragsanteile unter die Sonderausgaben i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG Rechtens wäre, wenn die von FA und FG angenommene Prämisse zuträfe, daß die Leibrente nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen gestanden habe und daher keine Werbungskosten bei dieser Einkunftsart darstellten.
Selbst wenn dem Kläger darin zu folgen wäre, daß die Ertragsanteile der Rentenzahlungen in vollem Umfang als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu qualifizieren seien, führte dies nicht zu einer Herabsetzung der in den streitbefangenen Bescheiden festgesetzten Einkommensteuer. Dies ergibt sich aus der Tatsache, daß die streitigen Rentenzahlungen, gleichviel ob man sie den Sonderausgaben i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1 a oder den Werbungskosten i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 1 EStG a.F. zuordnet, stets nur mit ihrem Ertragsanteil i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG a.F. abgezogen werden können.
b) Ein höherer als der vom FA angesetzte Ertragsanteil von 33 v.H. kommt entgegen der Auffassung und den Berechnungen des Klägers weder dann in Betracht, wenn die streitigen Aufwendungen Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen darstellen, noch dann, wenn es bei der vom FA vorgenommenen Einordnung als Sonderausgaben verbliebe. Nach den eindeutigen und damit einer anderweitigen Auslegung nicht zugänglichen Wortlauten sowohl des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 2 EStG a.F. als auch des § 10 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 2 EStG a.F. kann bei einer Leibrente "nur der Anteil abgezogen werden, der sich aus der in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a (EStG a.F.) aufgeführten Tabelle ergibt ...".
aa) Zwischen den Beteiligten ist nicht umstritten, daß es sich bei der im Grundstückskaufvertrag vom 15. Januar 1963 zugunsten der Schwestern Sch begründeten Rentenverpflichtung um eine "Leibrente" im Sinne der vorgenannten Bestimmungen handelte. Daran ändert nichts, daß die Höhe der Rente wertgesichert --konkret: an die Höhe der Bezüge eines Staatsbeamten gekoppelt-- war (vgl. z.B. Blümich/Hutter, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., § 10 Rdnr. 110; Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 22 Rdnr. 32, m.w.N. aus der Rechtsprechung).
bb) Rentenberechtigt waren beide Schwestern (Veräußerinnen) mit der Maßgabe, daß die Rente nach dem Tod der Erstversterbenden in ungeminderter Höhe an die überlebende Schwester gezahlt werden sollte. Die jüngere Schwester (geboren im September 1905) war bei Abschluß des Grundstückskaufvertrages (15. Januar 1963) 57 Jahre und bei Beginn der Rentenzahlung (1. November 1963) 58 Jahre alt. Das FA hat den von ihm angesetzten Ertragsanteil von 33 v.H. der Tabelle in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG a.F. nach einem "bei Beginn der Rente vollendeten Lebensjahr des Rentenberechtigten" von 57 entnommen.
Das ist nicht zu beanstanden. Nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) a.F. ist bei Leibrenten, deren Dauer --wie hier-- von der Lebenszeit mehrerer Personen abhängt, und die erst mit dem Tod des Letztversterbenden erlöschen, die Tabelle in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG a.F. mit der Maßgabe anzuwenden, daß es auf das Lebensalter der jüngsten Person ankommt. Wegen des Verbots der nachteiligen Abänderung der angefochtenen Bescheide braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob "Beginn der Rente" i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG a.F. den Tag der Begründung der Rentenverpflichtung (Datum des Grundstückskaufvertrages) oder den Beginn der (tatsächlichen) Rentenzahlungen meint. Das FA ist zugunsten des Klägers von ersterem ausgegangen; im letzteren Fall ergäbe sich lt. Tabelle bei einem Renteneintrittsalter von 58 Jahren ein Ertragsanteil von lediglich 32 v.H.
cc) Entgegen der offenbar vom Kläger vertretenen Auffassung können die aufgrund der Wertsicherungsklausel eingetretenen Rentenerhöhungen nicht in voller Höhe oder mit einem höheren Anteil als 33 v.H. angesetzt werden. Die klauselbedingten Mehrbeträge sind weder zusätzliche selbständige Renten (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10. Oktober 1969 VI R 267/66, BFHE 97, 31, BStBl II 1970, 9) noch handelt es sich um Schuldzinsen i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG a.F. (vgl. BFH-Urteil vom 10. Juli 1990 IX R 138/86, BFH/NV 1991, 227, unter 1.; betreffend Beurteilung von Veräußerungsleibrentenzahlungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung). Der Mehrbetrag, der auf der Wertsicherungsklausel beruht, ist vielmehr Teil der Rente, der die Kontinuität deren inneren Werts sicherstellt. Er kann daher einkommensteuerrechtlich nicht anders behandelt werden, als der ursprünglich vereinbarte Betrag (BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 227, m.w.N. aus der Rechtsprechung).
c) Angesichts der unter b skizzierten eindeutigen und für die (einfachen) Gerichten verbindlichen Gesetzeslage ist es dem erkennenden Senat verwehrt, dem auf einen höheren Ansatz des abziehbaren Teils der Rentenzahlungen gerichteten Begehren des Klägers Rechnung zu tragen. So kommt nicht in Betracht --wie es der Kläger ursprünglich angestrebt hatte--, den abziehbaren Teil der Rentenleistungen im Rahmen des Werbungskosten- oder Sonderausgabenabzugs mit Hilfe der für (Veräußerungs-)Leibrentenverpflichtungen im betrieblichen Bereich üblichen versicherungsmathematischen Methode zu ermitteln. Auch rechtfertigen es entgegen der Auffassung des Klägers weder die individuellen Verhältnisse der Rentenberechtigten (Übertreffen der statistischen Lebenserwartung) noch das Vorhandensein anderen und neueren statistischen Materials, von den verbindlich festgelegten Ertragsanteil-Vomhundertsätzen abzuweichen, die sich aus der aufgrund der zwingenden Verweisungen in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 2 und § 10 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 2 EStG a.F. anzuwendenden Tabelle in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG a.F. ergeben.
d) Das durch die erwähnten Verweisungen statuierte Korrespondenzprinzip und die dadurch bewirkten Abzugsbeschränkungen mögen aus rechtspolitischer und steuersystematischer Sicht kritisierbar sein (betreffend § 10 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 2 EStG vgl. Söhn in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 10 Rdnr. D 151 und D 152). Dennoch sind sie nach Auffassung des erkennenden Senats mit dem Grundgesetz vereinbar. Auch die Revision hat --jedenfalls ausdrücklich-- keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die einschlägigen Gesetzesbestimmungen geäußert.
Die Regelung, wonach der Verpflichtete die Leibrentenzahlungen nur mehr mit denselben Vomhundertsätzen als Werbungskosten oder Sonderausgaben abziehen kann, mit denen sie beim Rentenberechtigten steuerlich erfaßt werden, dient der --im Steuerrecht als Massenfallrecht gebotenen oder doch zumindest erlaubten-- Typisierung und Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens. Eine solche "vergröbernde, die Abwicklung von Massenverfahren erleichternde Typisierung" ist jedenfalls dann verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn sie --wie hier-- nicht zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte der Betroffenen führt (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 25. September 1992 2 BvL 5, 8, 14/91, BVerfGE 87, 153, 172; Tipke/Lang, a.a.O., § 4 Rdnr. 132, m.w.N.).
Die unterschiedliche Behandlung von (Veräußerung-)Leibrentenverpflichtungen im Bereich der Werbungskosten einerseits und im betrieblichen Bereich andererseits (vgl. oben c) ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt und unterliegt deshalb ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG-Beschluß vom 18. Februar 1988 1 BvR 930/86, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1989, 271, unter 2. b, letzter Absatz der Gründe).
Die Regelungen des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 2 oder § 10 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 2 EStG a.F. können schließlich auch nicht deswegen als verfassungswidrig angesehen werden, weil der Gesetzgeber die Berechnungsgrundlagen der Tabelle in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG a.F. (insbesondere die Bestimmung der mittleren Lebenserwartung für männliche Personen nach der allgemeinen Deutschen Sterbetafel 1970/72) seit dem Veranlagungszeitraum 1982 unverändert gelassen und erst nach den Streitjahren --ab dem Veranlagungszeitraum 1994-- an die (aus der allgemeinen Deutschen Sterbetafel 1986/1988 ersichtliche) Veränderung der statistischen Lebensdauer angepaßt hat. Der Gesetzgeber ist nicht von Verfassungs wegen gehalten, gesetzliche Bestimmungen, die nicht zuletzt aus Gründen der Rechtssicherheit auf eine gewisse Kontinuität angelegt sind, laufend oder in geringeren Zeitabständen an die sich stetig verändernden Rahmenbedingungen anzupassen. Die vor der Neubemessung der Ertragsanteile durch das 2. Haushaltsstrukturgesetz (2.HStruktG) vom 22. Dezember 1981 (BStBl I 1982, 235) maßgebenden Vomhundertsätze waren für einen Zeitraum von 26 Jahren (von 1955 bis 1981) unverändert geblieben. Seit der mit Wirkung ab dem Verhandlungszeitraum 1982 getroffenen Neuregelung durch das 2.HStruktG war in den Streitjahren erst ein relativ kurzer Zeitraum verstrichen.
Fundstellen
Haufe-Index 67016 |
BFH/NV 1998, 1020 |
BFH/NV 1998, 1020-1022 (Leitsatz und Gründe) |
BStBl II 1998, 339 |
BFHE 185, 199 |
BFHE 1998, 199 |
BB 1998, 1148 |
BB 1998, 1148 (Leitsatz) |
DB 1998, 1165 |
DB 1998, 1165-1167 (Leitsatz und Gründe) |
DStRE 1998, 509 |
DStRE 1998, 509-511 (Leitsatz und Gründe) |
DStZ 1998, 726 |
HFR 1998, 818 |
StE 1998, 325 |