Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuwendung von Anteilen an Personengesellschaften
Leitsatz (NV)
Überträgt ein Gesellschafter einer Personengesellschaft einen Teil seines bisherigen Gesellschaftsanteils unentgeltlich auf einen anderen Gesellschafter, so liegt eine gemischte Schenkung auch dann nicht vor, wenn zum Zeitpunkt der Übertragung Gesellschaftsschulden bestanden. Zwar muß der andere Gesellschafter gesellschaftsintern nach der Übertragung die Gesellschaftsschulden zu einem höheren Anteil als bisher gegen sich gelten lassen. Hierin liegt jedoch schenkungsteuerrechtlich kein Entgelt für die Übertragung des Gesellschaftsanteils. Dies gilt auch für lediglich grundbesitzende Gesellschaften.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
FG Bremen (EFG 1997, 1402) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) und sein Vater waren persönlich haftende Gesellschafter einer KG. Zweck der Gesellschaft war die Vermietung eines ihr gehörenden Grundstücks, das mit einem Hotelgebäude mit Ladenpassage bebaut war. Durch notariell beurkundeten Schenkungsvertrag vom 5. Oktober 1994 übertrug der Vater einen Teil seines Gesellschaftsanteils auf den die Übertragung annehmenden Kläger.
Durch Schenkungsteuerbescheid vom 1. März 1995 setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) gegen den Kläger unter Berücksichtigung von Vorschenkungen Schenkungsteuer in Höhe von 74 789 DM fest; das FA nahm eine gemischte Schenkung an. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Er wurde nicht angefochten.
Durch Schreiben vom 26. April 1996 beantragte der Kläger, den Bescheid nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) zu ändern und die Steuer auf 0 DM festzusetzen. Dabei wies er auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Dezember 1995 II R 79/94 (BFHE 179, 166, BStBl II 1996, 546) hin. Nach diesem Urteil sei die Übertragung des Anteils an einer Personengesellschaft, die mit dem Eintritt des Erwerbers in die gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen des Veräußerers, einschließlich der damit verbundenen gesellschaftsinternen anteiligen Belastung mit den Gesellschaftsschulden, einhergehe, schenkungsteuerrechtlich nicht als gemischte Schenkung zu behandeln. Zur Berechnung des Erwerbs sei vielmehr der Gesamtsteuerwert des Gesellschaftsvermögens festzustellen. Dabei seien Grundstücke mit dem Einheitswert anzusetzen und Gesellschaftsschulden ggf. mit dem Nennwert abzuziehen und sodann der Gesamtsteuerwert der Schenkung entsprechend dem Verhältnis des übertragenen Geschäftsanteils zum gesamten Gesellschaftsvermögen zu ermitteln. Dies führe im Streitfall zu einem negativen Wert der Schenkung und damit zu keiner Schenkungsteuer. Das FA lehnte den Antrag durch Bescheid vom 21. November 1996 ab und verwies dabei auf einen allgemeinen Nichtanwendungserlaß der Verwaltung vom 9. September 1996 (BStBl I 1996, S. 1172). Auch der Einspruch blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) hat mit seiner in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 1402 veröffentlichten Entscheidung der Klage stattgegeben und das FA verpflichtet, unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 21. November 1996 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung den Schenkungsteuerbescheid vom 1. März 1995 zu ändern und die Schenkungsteuer auf 0 DM festzusetzen. Der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangene Schenkungsteuerbescheid beruhe auf der unzutreffenden Rechtsauffassung, daß eine gemischte Schenkung gegeben sei. Es liege vielmehr die Zuwendung eines einheitlichen Wirtschaftsguts, nämlich eines Anteils von 42,5 v.H. des Gesellschaftsanteils des Vaters an den Kläger vor. Dessen Wert sei aus der Differenz zwischen dem nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes (BewG) bemessenen Wert des Grundstücks und des sonstigen Aktivvermögens und den nach dem BewG zu bemessenden Schulden und sonstigen negativen Wirtschaftsgütern zu ermitteln.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA. Das Urteil des FG verstoße gegen § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG). Der Rechtsauffassung des FG und des BFH zur schenkungsteuerrechtlichen Einheit des Gesellschaftsanteils als eines Bündels von Rechten und Pflichten könne nicht gefolgt werden.
Das FA beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung, die Klage als unbegründet abzuweisen, hilfsweise das Verfahren bis zum Abschluß eines vor dem FG Hamburg geführten Musterverfahrens ruhen zu lassen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Der Kläger wendet sich gegen ein Ruhen bzw. Aussetzen des Verfahrens.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist unbegründet.
Das FG hat zutreffend entschieden, daß das FA verpflichtet ist, den Schenkungsteuerbescheid vom 1. März 1995 zu ändern und die Schenkungsteuer auf 0 DM festzusetzen.
1. Gegenstand der Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist im Streitfall der dem Kläger von seinem Vater übertragene Gesellschaftsanteil an der KG. Diese Zuwendung erfolgte in vollem Umfang unentgeltlich. Eine auch nur teilweise Gegenleistung (gemischte Schenkung) liegt nicht vor. Maßgeblich für die Beurteilung der Frage der Unentgeltlichkeit ist das Verhältnis zwischen dem Zuwendenden (Vater des Klägers) und dem Zuwendungsempfänger (Kläger). Die Übertragung, mit der dem Kläger eine höhere Beteiligung an der KG als bisher eingeräumt wurde, war weder mit einer Gegenleistung des Klägers verknüpft, noch bestand eine Verpflichtung des Vaters des Klägers zu dieser Übertragung. Eine teilweise Entgeltlichkeit der Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und damit eine gemischte Schenkung ergibt sich auch nicht daraus, daß zum Zeitpunkt der Übertragung Gesellschaftsschulden bestanden. Zwar führt die durch die Übertragung bewirkte Erhöhung des Gesellschaftsanteils des Klägers dazu, daß er nunmehr gesellschaftsintern die Gesellschaftsschulden zu einem höheren Anteil als bisher gegen sich gelten lassen muß. Hierin liegt jedoch schenkungsteuerrechtlich kein Entgelt des Klägers für die Übertragung des Gesellschaftsanteils durch seinen Vater (BFH-Urteil vom 1. Juli 1992 II R 108/88, BFHE 168, 386, BStBl II 1992, 923). Dies gilt auch für die Übertragung einer Beteiligung an einer lediglich grundstücksbesitzenden Personengesellschaft (BFH-Urteil in BFHE 179, 166, BStBl II 1996, 546; Troll/Gebel/Jülicher, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 7 Rdnr. 223; vgl. auch Moench, Erbschaft- und Schenkungsteuer, § 7 Rdnr. 124; Meincke, Erbschaftsteuergesetz, 11. Aufl., § 7 Rdnr. 32). An dieser Rechtsauffassung hält der Senat fest. Sie ergibt sich daraus, daß zivilrechtlich der Gesellschaftsanteil als einheitlicher Zuwendungsgegenstand angesehen wird und die schenkungsteuerrechtliche Beurteilung ―mangels einer davon abweichenden Regelung― der zivilrechtlichen Betrachtungsweise zu folgen hat. Die Verpflichtung des Klägers, gesellschaftsintern die Schulden der Gesellschaft zu einem höheren Anteil als zuvor gegen sich gelten zu lassen, beruht auf dem durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Gesellschaftsverhältnis und mithin auf einem anderen Rechtsgrund als die Zuwendung des Gesellschaftsanteils. Letztere aber ist unentgeltlich erfolgt. § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG i.d.F. des Art. 2 des Jahressteuergesetzes (JStG) 1997 vom 20. Dezember 1996 (BGBl I, S. 2049) ist für den Streitfall ohne Bedeutung, weil diese Änderung erst nach der Verwirklichung des streitigen Steuertatbestands, nämlich am 28. Dezember 1996, in Kraft getreten ist (Art. 32 Abs. 1 JStG 1997).
2. Aufgrund dieser Beurteilung hat das FG das FA zu Recht verpflichtet, den Schenkungsteuerbescheid vom 1. März 1995 nach Maßgabe der vom FA bisher angenommenen tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen zu ändern. Unberührt bleibt die Möglichkeit des FA (ggf. aufgrund weiterer Ermittlungen), andere tatsächliche Besteuerungsgrundlagen zugrunde zu legen, denn insoweit bleibt der Vorbehalt der Nachprüfung bestehen (vgl. BFH-Urteil vom 10. Oktober 1995 VIII R 56/91, BFH/NV 96, 304, unter II. der Gründe).
In zutreffender Weise hat das FG auch den der Besteuerung zugrunde zu legenden Wert des Erwerbs des Klägers ermittelt. Dieser besteht in dem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Wert des übertragenen Anteils. Dazu ist zunächst der Gesamtsteuerwert des Gesellschaftsvermögens festzustellen. Dieser ergibt sich im Streitfall (im wesentlichen) aus dem Steuerwert des Grundstücks, von dem der Nennwert der Gesellschaftsschulden abzuziehen ist. Der entsprechende Anteil an dem so ermittelten Gesamtsteuerwert des Gesellschaftsvermögens stellt den Wert des Erwerbs des Klägers dar.
3. Das Ruhen des Verfahrens (§ 155 der Finanzgerichtsordnung ―FGO― i.V.m. § 251 der Zivilprozeßordnung) war nicht anzuordnen, da der Kläger nicht zugestimmt hat. Für eine Aussetzung des Verfahrens (vgl. § 74 FGO) hat der Senat schon deswegen keinen Anlaß gesehen, weil das vom beklagten FA als Musterverfahren bezeichnete Verfahren gegen den Steuerbescheid eines anderen FA beim Senat nicht anhängig ist.
Fundstellen
Haufe-Index 422430 |
BFH/NV 1999, 1338 |
BFH/NV 1999, 1426 |
BFHE 1999, 439 |
BB 1999, 1492 |
DStR 1999, 1067 |
DStRE 1999, 555 |
DStRE 1999, 798 |
DStZ 1999, 661 |
HFR 1999, 728 |