Leitsatz (amtlich)
1. Einheitlich beschaffte und genormte Transportkästen, die in einer Weberei dem Transport von Garnen dienen, bilden kein einheitliches Wirtschaftsgut.
2. Auf Vorrat beschaffte Hilfsstoffe und Reparaturmaterial für betriebliche Maschinen sind keine selbständig nutzungsfähigen Wirtschaftsgüter und gehören nicht zum Anlagevermögen.
Normenkette
BHG 1964 § 19 Abs. 1; EStG § 6 Abs. 1-2
Tatbestand
Die Klägerin betreibt in Berlin (West) eine Tuchfabrik. Für das Kalenderjahr 1964 beantragte sie eine Investitionszulage für die Anschaffung von Stahldrahtlitzen, Tambourband und 25 Transportkästen. Das FA lehnte den Antrag ab ...
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
Das FG hat einwandfrei dargetan, daß für die Transportkästen nach § 19 BHG 1964 keine Investitionszulage gewährt werden kann, weil die Anschaffungskosten des einzelnen Kastens die Grenze von 600 DM nicht überstiegen haben. Jeder einzelne Kasten ist einer selbständigen Bewertung und Nutzung fähig (vgl. Urteile des BFH IV 289/65 vom 21. Juli 1966, BFH 87, 180, BStBl III 1967, 59; VI 302/65, a. a. O.). Der Begriff Wirtschaftsgut in § 19 BHG 1964 muß nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen bestimmt werden, soweit nicht erkennbar der Sinn und Zweck des BHG dem entgegenstehen. Zutreffend hat das FG die Transportkästen nicht als wirtschaftliche Einheit anerkannt. Die einheitliche Zweckbestimmung der Kästen im Betrieb genügt nicht, sie als Einheit zu betrachten, wie im Urteil des BFH I 201/62 U vom 27. März 1963 (BFH 76, 837, BStBl III 1963, 304) betreffend eine größere Zahl Grubenlampen ausgesprochen ist. Unerheblich ist auch, daß die Klägerin gleichzeitig 25 Transportkästen bestellt und deshalb für den einzelnen Kasten weniger aufgewendet hat, als wenn sie jeden Kasten einzeln angeschafft hätte. Die enge wirtschaftliche Verbindung, wie sie der Senat im Urteil VI R 249/66 vom 24. November 1967 (BFH 91, 63, BStBl II 1968, 258) für die Gesamtheit der Flachpaletten, die zu einem Gabelstapler gehören, angenommen hat, besteht für die Kästen hier nicht. Sie können und werden im Betrieb einzeln genutzt, wenngleich im Fertigungsgang immer eine bestimmte Zahl von ihnen vorhanden sein muß. Die Feststellung des FG, die im Betrieb genutzten Kästen bildeten in ihrer Gesamtheit keine wirtschaftliche Einheit, sondern seien eine Summe selbständig nutzbarer und bewertungsfähiger Einzelgegenstände, ist jedenfalls möglich und bindet den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO.
Für die Stahldrahtlitzen und das Tambourband gelten die im Urteil des BFH VI R 249/66 (a. a. O.) entwickelten Grundsätze, nach denen für Maschinenersatzteile und Reparaturmaterial eine Investitionszulage nicht gewährt wird. Die Klägerin bestreitet zwar, daß das Tambourband Reparaturmaterial sei. Sie trägt aber selbst vor, das Band werde auf einem bestimmten Teil des Dreikrempelsatzes aufgezogen, wenn das vorher benutzte Tambourband nicht mehr einwandfrei sei. Der Einwand, das alte Band werde nicht mit dem neuen Band repariert, geht deshalb fehl. Es macht keinen Unterschied, ob zur Erhaltung der Betriebsfähigkeit einer Maschine Teile wegen technischer Fehler oder vorzeitiger Abnutzung oder bei normaler Nutzung der Maschine wegen ihrer natürlichen kurzen Lebensdauer in kurzen Zeitabständen ausgewechselt werden müssen.
Die Stahldrahtlitzen konnte das FG ohne Rechtsverstoß als Hilfsstoffe ansehen, die zur Herstellung betriebsfertiger Webrahmen benötigt werden. Es kann dahingestellt bleiben, wie die Webrahmen selbst bilanzsteuerrechtlich und damit auch im Sinne des § 19 BHG 1964 zu beurteilen wären. Denn hier geht es nur um die Beurteilung der Stahldrahtlitzen, die im Betrieb auf Vorrat gehalten werden. Sie sind, solange sie nicht ihrem Zweck entsprechend in die Webrahmen eingefügt werden, noch nicht Gegenstände des Anlagevermögens im Sinne von § 19 BHG.
Soweit das FG zu Unrecht festgestellt hat, die Klägerin habe von der Bewertungsfreiheit des § 6 Abs. 2 EStG Gebrauch gemacht, ist dieser Irrtum für die Entscheidung nicht erheblich. Der Senat hat zwar im Urteil VI 302/65 (a. a. O.) ausgesprochen, daß eine Investitionszulage nicht für Wirtschaftsgüter gewährt werden kann, für die der Unternehmer die Bewertungsfreiheit nach § 6 Abs. 2 EStG in Anspruch genommen hat. Daraus folgt aber nicht etwa, daß ein Unternehmer, dem die Bewertungsfreiheit nach § 6 Abs. 2 EStG zustand, der aber von ihr keinen Gebrauch gemacht hat, deswegen die Investitionszulage für die geringwertigen Anlagegüter verlangen könnte.
Fundstellen
Haufe-Index 68077 |
BStBl II 1968, 568 |
BFHE 1968, 388 |