Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufteilung des negativen Einheitswerts des Betriebsvermögens einer KG auf die Gesellschafter
Leitsatz (NV)
1. Den Ausgangspunkt für die Aufteilung des Einheitswerts des Betriebsvermögens einer Personengesellschaft bilden die handelsrechtlichen Kapitalanteile der Gesellschafter (Anschluß an BFH-Urteil in BFHE 134, 157, BStBl II 1982, 2).
2. Werden auf dem zweiten -- variablen -- Kapitalkonto ("Kapitalkonto II", "Darlehenskonto") des Personengesellschafters auch dessen Verlustanteile verbucht, so handelt es sich in aller Regel um ein "echtes" Kapitalkonto im handelsrechtlichen Sinne und nicht um ein Kreditoren- oder Debitorenkonto (Anschluß an BFH-Urteil in BFHE 172, 523, BStBl II 1994, 88).
Normenkette
BewG 1965 §§ 3, 97 Abs. 1 Nr. 5; AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 2; HGB §§ 120, 167, 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, betreibt auf einem ihrem Komplementär (Beigeladenen zu 2) allein gehörenden Grundstück ein Bauunternehmen. Weitere Gesellschafterin der Klägerin ist die Beigeladene zu 1 als Kommanditistin.
Mit dem unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid vom 5. Juni 1987 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) den Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin auf den 1. Januar 1986 auf ./. 125 000 DM fest und rechnete diesen negativen Einheitswert allein dem Beigeladenen zu 2 zu. Zur Begründung für diese Aufteilung des Einheitswerts führte das FA in den Erläuterungen des Einheitswertbescheids aus, daß das Kapitalkonto der Beigeladenen zu 1 auch nach einer gedachten Aufteilung der stillen Reserven negativ bleibe.
Die Steuerbilanz der Klägerin zum 31. Dezember 1985 weist für den Beigeladenen zu 2 ein negatives Kapitalkonto in Höhe von ./. 120 013,98 DM und für die Beigeladene zu 1 neben einem positiven Festkapitalkonto (Konto "Hafteinlage") in Höhe des voll eingezahlten Betrages von 50 000 DM ein negatives "Darlehenskonto" in Höhe von ./. 139 874,45 DM aus. Auf dem letztgenannten -- variablen -- Konto der Beigeladenen zu 1 wurden außer den Entnahmen und Einlagen auch die Gewinn- und etwaigen Verlustanteile der Beigeladenen zu 1 verbucht. Am laufenden Gewinn und Verlust der Klägerin waren die Beigeladene zu 1 mit 20 % und der Beigeladene zu 2 mit 80 % beteiligt.
Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage begehrte die Klägerin, den Einheitswert ihres Betriebsvermögens in Höhe von ./. 125 000 DM dergestalt aufzuteilen, daß ./. 83 203 DM auf die Beigeladene zu 1 und ./. 41 797 DM auf den Beigeladenen zu 2 entfielen. Sie trug vor, die in der Bilanz zum 31. Dezember 1985 ausgewiesene Darlehensforderung gegen die Beigeladene zu 1 in Höhe von 139 874 DM beruhe ausschließlich auf erhöhten, die Gewinnanteile der Beigeladenen zu 1 übersteigenden Entnahmen. Diese Darlehensforderung stelle (negatives) Sonderbetriebsvermögen der Beigeladenen zu 1 dar, das ihr bei der Aufteilung des Einheitswerts vorweg zuzurechnen sei. Zwar seien dieserhalb Darlehensvereinbarungen zwischen der Klägerin bzw. dem Komplementär (Beigeladenen zu 2) und der Beigeladenen zu 1 nicht getroffen worden. Bei einer gedachten Auflösung der Gesellschaft müsse die Beigeladene zu 1 jedoch ihr negatives Kapitalkonto durch eine entsprechende Zahlung ausgleichen.
Während des Klageverfahrens hat das FA den im Bescheid vom 5. Juni 1987 enthaltenen Vorbehalt der Nachprüfung durch Bescheid vom 22. Mai 1989 aufgehoben. Diesen Bescheid hat die Klägerin gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als unbegründet abgewiesen.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Dem FG kann nicht darin beigepflichtet werden, daß der Beigeladenen zu 1 (Kommanditistin) ein Anteil am (negativen) Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin nicht zugerechnet werden könne.
1. Nach § 97 Abs. 1 Nr. 5 des Bewertungsgesetzes (BewG) in der für den streitigen Stichtag maßgebenden Fassung bilden einen gewerblichen Betrieb und daher Betriebsvermögen u. a. alle Wirtschaftsgüter, die inländischen Kommanditgesellschaften gehören. Da die Wirtschaftsgüter des Personengesellschaftsvermögens mehreren Personen (zur gesamten Hand) zustehen, ist ihr Wert gemäß § 3 BewG i. V. m. § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) auf die Gesellschafter nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu verteilen. Diese Verteilung erfolgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), an der der erkennende Senat festhält, grundsätzlich nach dem Verhältnis, in dem die Mitgliedschaftsrechte der einzelnen Beteiligten in allen ihren vermögensmäßigen Beziehungen zu den Mitgliedschaftsrechten der anderen Beteiligten stehen (grundlegend: BFH-Urteil vom 24. Juni 1981 III R 49/78, BFHE 134, 157, BStBl II 1982, 2; vgl. ferner Senatsurteile vom 11. März 1992 II R 157/87, BFHE 167, 174, BStBl II 1992, 543, und vom 3. November 1993 II R 96/91, BFHE 172, 523, BStBl II 1994, 88).
Den Ausgangspunkt für die Aufteilung des Einheitswerts der Personengesellschaft bilden die Kapitalkonten der Gesellschafter in der Handelsbilanz. Diese Kapitalkonten spiegeln die wertmäßige Beteiligung der Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen (Gesamthandsvermögen) allerdings nur dann zutreffend wieder, wenn die Summe aller Kapitalkonten dem wirklichen Wert des Unternehmens entspricht, wenn also im bilanziell ausgewiesenen Betriebsvermögen der Gesellschaft weder stille Reserven noch ein nicht bilanzierter (originärer) Geschäftswert enthalten sind. Um einen brauchbaren Aufteilungsmaßstab zu gewinnen, müssen deshalb die Kapitalkonten der Gesellschafter in der Handelsbilanz dergestalt verändert (berichtigt) werden, daß sie die nach den gesellschaftsrechtlichen Regeln auf die einzelnen Gesellschafter entfallenden Anteile am tatsächlichen Wert des Gesellschaftsvermögens zutreffend beziffern. Zu diesem Zweck muß die Höhe sämtlicher stiller Reserven einschließlich eines vorhandenen originären Geschäftswerts (Firmenwerts) ermittelt und grundsätzlich nach dem maßgeblichen Gewinnverteilungsschlüssel auf die einzelnen Gesellschafter verteilt und deren Kapitalkonten hinzuaddiert werden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 134, 157, BStBl II 1982, 2).
2. Diesen Grundsätzen ist das FG in seinem Ausgangspunkt gefolgt. Gleichwohl hält seine Entscheidung aus den nachstehenden Gründen einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Sache ist nicht spruchreif, weil die bislang vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen eine abschließende Entscheidung des Streitfalls nicht ermöglichen. Die Sache muß daher an die Vorinstanz zurückverwiesen werden. Im zweiten Rechtsgang wird das FG folgendes zu beachten haben:
a) In einem ersten Schritt muß das FG die exakte Höhe der nach Handelsbilanzrecht maßgebenden Kapitalkonten beider Gesellschafter der Klägerin ermitteln.
aa) Dabei bedarf das in der von der Klägerin für ertragsteuerliche Zwecke vorgelegten Bilanz zum 31. Dezember 1985 ausgewiesene Kapitalkonto des Beigeladenen zu 2 (Komplementär) in Höhe von ./. 120 014 DM insoweit einer Korrektur, als diese Bilanz Buchwerte für ein Grundstück enthält, das Sonderbetriebsvermögen des Beigeladenen zu 2 darstellt und deshalb nicht in der Handelsbilanz der Gesellschaft (Klägerin) zu erfassen ist.
bb) In bezug auf die Beigeladene zu 1 ist das FG zutreffend davon ausgegangen, daß nicht nur deren auf der Passivseite der Bilanz zum 31. Dezember 1985 ausgewiesenes Festkonto (Konto "Hafteinlage"), sondern ebenso auch das auf der Aktivseite der Bilanz enthaltene Konto "Gesellschafter- Darlehen" ein "echtes" Kapitalkonto im handelsrechtlichen Sinne darstellt.
Welche Rechtsnatur ein für den Personengesellschafter neben dem sog. Festkonto geführtes zweites -- variables -- Konto hat (Eigenkapital oder "echtes" Forderungskonto), muß im Wege der Auslegung des Gesellschaftsvertrages unter Berücksichtigung der von den Gesellschaftern beabsichtigten zivilrechtlichen Folgen bestimmt werden (vgl. BFH-Urteil vom 3. Februar 1988 I R 394/83, BFHE 152, 543, BStBl II 1988, 551, 552, unter II.3.). Dabei kommt es nicht entscheidend auf die Bezeichnung des variablen Kontos (z. B. als "Kapitalkonto II", "Darlehenskonto", "Privatkonto" usw.) an (Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personengesellschaften des Handelsrechts, S. 259). Dementsprechend steht es im Streitfall dem Rechtscharakter des zweiten Kontos der Beigeladenen zu 1 als "echtem" Kapitalkonto nicht entgegen, daß dieses unter der Bezeichnung "Gesellschafter-Darlehen" geführt wird. Diese Bezeichnung wird im übrigen auch schon dadurch relativiert, daß die vermeintlichen, an die Beigeladene zu 1 geflossenen Darlehensbeträge auf diesem Konto ausdrücklich als "Entnahmen" abgebucht wurden. Für den Charakter des zweiten -- variablen -- Kontos der Beigeladenen zu 1 als (negatives) Eigenkapital und gegen die Annahme einer "echten" Darlehensforderung der KG spricht entscheidend, daß über dieses Konto neben den Einlagen, Entnahmen und Gewinnanteilen auch die Verlustanteile festgehalten werden sollten. Insoweit können bei dem hier zu beurteilenden negativen zweiten Konto keine anderen Maßstäbe als bei einem positiven zweiten Konto angelegt werden. Weist das zweite Gesellschafterkonto einen positiven Saldo aus und sind die Gutschriften aus diesem Konto mit künftigen Verlustanteilen zu verrechnen, so kann in aller Regel von "echten" Forderungen (Darlehensforderungen) des Gesellschafters gegen die Gesellschaft nicht die Rede sein. Denn der Gesellschafter erwirbt durch eine solche Gutschrift gerade keinen unentziehbaren Anspruch gegen die Gesellschaft. Vielmehr nimmt er mit seinem Guthaben an den Risiken des Unternehmens teil. Derartiges Risikokapital ist als Einlage, nicht als Darlehensforderung zu qualifizieren (vgl. Huber, Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht -- ZGR -- 1988, 1, 70 f.), weil eine Verlustbeteiligung des Gläubigers mit dem Begriff des Darlehens grundsätzlich unvereinbar ist (Huber, Vermögensanteil, a.a.O., S. 248).
Weist das zweite Konto -- wie im Streitfall -- einen Debet-Saldo auf, kann im Ergebnis nichts anderes gelten: Eine Aufspaltung des einheitlichen negativen variablen Kontos eines Kommanditisten in einen Teil, der durch etwaige Verlustanteile (und die "normalen" Entnahmen), und einen weiteren Teil, der durch "überhöhte" Entnahmen verursacht worden ist, kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Sie ist ausnahmsweise nur dann gerechtfertigt, wenn der durch die überhöhten Entnahmen verursachte Debet-Saldo bzw. Teil des Debet-Saldo eine "echte" Forderung der KG gegen den betreffenden Kommanditisten dokumentiert. Dies ist zum einen dann der Fall, wenn es sich bei den überhöhten, durch entsprechende Gewinnanteile nicht gedeckten Entnahmen um unberechtigte -- verbotene -- Zahlungen handelt, also um solche Entnahmen, die dem Kommanditisten nach dem Gesellschaftsvertrag oder einer Vereinbarung mit den übrigen Gesellschaftern nicht gestattet waren. Solche verbotenen Entnahmen sind (sofort) an die Gesellschaftskasse zurückzuzahlen (vgl. Huber, Vermögensanteil, a.a.O., S. 253). Für das Vorliegen derartig verbotener Entnahmen der Beigeladenen zu 1 besteht indessen nach den Feststellungen des FG kein Anhaltspunkt.
Eine "echte", noch vor der eigentlichen Auseinandersetzung zu begleichende Forderung der KG gegen die Beigeladene zu 1 wäre zum anderen dann anzunehmen, wenn die beteiligten Gesellschafter eine entsprechende (Darlehens-)Vereinbarung getroffen hätten. Gegen das Vorliegen einer dahingehenden Vereinbarung spricht hingegen bereits der Umstand, daß die überhöhten Entnahmen nicht auf einem separaten Konto -- d. h. auf einem gewöhnlichen Debitorenkonto der KG (vgl. Huber, Vermögensanteil, a.a.O., S. 253) -- verbucht, sondern -- wie es im übrigen auch ihrer Bezeichnung als "Entnahmen" entsprach -- zusammen mit den übrigen, "normalen" Entnahmen sowie den Gewinn- und Verlustanteilen auf einem einheitlichen Konto festgehalten wurden. Mit diesen Buchungen wurde dokumentiert, daß die Beigeladene zu 1 den auf ihrem zweiten Konto entstandenen Debet-Saldo während des Bestehens der Gesellschaft bzw. vor ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft gerade nicht sollte ausgleichen müssen.
Hätten die Gesellschafter der Klägerin, die einander verwandtschaftlich nahestanden, etwas anderes -- namentlich ein Darlehen -- vereinbaren wollen, hätten sie -- was nicht geschehen ist -- eine dahingehende klare und ernsthafte Vereinbarung treffen und dies auch buchmäßig in der Bilanz der KG eindeutig zum Ausdruck bringen müssen (vgl. auch Senatsurteil in BFHE 172, 523, BStBl II 1994, 88, 91, unter II.2. b). Die Klägerin und die Beigeladenen haben denn auch selbst das Vorliegen von Darlehensverhältnissen zu keiner Zeit substantiiert dargelegt. Im Gegenteil: Noch im Einspruchsverfahren hat die Klägerin, wie das FG festgestellt hat, ausgeführt, daß Darlehensvereinbarungen nicht getroffen worden seien.
Ohne Belang für den Charakter des negativen zweiten Kontos der Beigeladenen zu 1 als Bestandteil des handelsrechtlichen Eigenkapitals ist schließlich entgegen der Auffassung der Klägerin der Umstand, daß die zu einem Debet-Saldo führenden Entnahmen der Beigeladenen zu 1 in Höhe der Haftsumme zu einem Wiederaufleben der persönlichen Haftung gemäß § 172 Abs. 4 des Handelsgesetzbuches (HGB) geführt haben (vgl. auch Urteil in BFHE 172, 523, BStBl II 1994, 88, 91, unter 2. b, a. E.).
Nach alledem stellt der Debet-Saldo auf dem zweiten Konto der Beigeladenen zu 1 aus handelsrechtlicher Sicht einen Bestandteil des Eigenkapitals der Klägerin (KG) dar. Dieser Saldo kann deshalb entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung nicht der Beigeladenen zu 1 bei der Aufteilung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der Gesellschaft -- als Sonderbetriebsvermögen bzw. wie Sonderbetriebsvermögen -- vorab zugerechnet werden (vgl. auch Senatsurteil in BFHE 172, 523, BStBl II 1994, 88, 89, unter II. 2., vor a).
b) In einem zweiten Schritt wird das FG die Höhe der in der Handelsbilanz, d. h. im Gesellschaftsvermögen (Gesamthandsvermögen) der KG (nicht im Sonderbetriebsvermögen des Komplementärs), enthaltenen stillen Reserven sowie eines evtl. vorhandenen -- originären -- Firmenwerts (Geschäftswerts) zu ermitteln haben. Hierzu verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Grundsätze, die in der grundlegenden Entscheidung des BFH in BFHE 134, 157, BStBl II 1982, 2, 5 (unter 2. c, aa und bb) entwickelt worden sind. Der danach sich ergebende Gesamtbetrag der stillen Reserven einschließlich eines etwaigen Geschäftswerts ist sodann nach dem Gewinnverteilungsschlüssel (also im Verhältnis 80 zu 20) auf den Komplementär (Beigeladenen zu 2) und die Kommanditistin (Beigeladene zu 1) aufzuteilen und ihren handelsbilanziellen Kapitalkonten (bei der Beigeladenen zu 1: dem Saldo zwischen Festkonto und variablem Kapitalkonto) hinzuzurechnen.
c) Sollte der Saldo der beiden Kapitalkonten der Beigeladenen zu 1 auch nach der (gedanklichen) Hinzurechnung des auf sie entfallenden Anteils an den stillen Reserven und an einem etwaigen Geschäftswert negativ bleiben, so bedeutet das entgegen der Annahme des FG nicht, daß der Beigeladenen zu 1 ein Anteil am (negativen) Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin nicht zuzuordnen wäre. Die Ansicht des FG wäre nur dann zutreffend, wenn die Beigeladene zu 1 in Höhe des Debet-Saldos ihrer Kapitalkonten am streitigen Stichtag (1. Januar 1986) weder von den Gläubigern der Gesellschaft hätte in Anspruch genommen werden können noch zur Ausgleichung dieses Saldos gegenüber der KG oder ihrem Mitgesellschafter verpflichtet gewesen wäre (vgl. BFH-Urteil in BFHE 134, 157, BStBl II 1982, 2, 6, unter 3. a).
aa) Zu Recht hat das FG zwar angenommen, daß die Beigeladene zu 1 am maßgebenden Feststellungszeitpunkt keine als wirtschaftliche Last zu qualifizierende, gegenwärtige (unbedingte und unbefristete) Verpflichtung gegenüber der Klägerin bzw. gegenüber ihrem Mitgesellschafter hatte, den Debet-Saldo ihrer Kapitalkonten auszugleichen. Wie unter 2. a, bb dargelegt, lag den überhöhten, zu einem negativen Kapitalkonto II führenden Entnahmen weder ein Darlehensvertrag mit der KG zugrunde, noch handelte es sich um unberechtigte Entnahmen, die (sofort) an die KG zurückzubezahlen gewesen wären. Auch der Mitgesellschafter hatte -- mangels gegenteiliger besonderer Vereinbarungen -- keinen Anspruch darauf, daß die Beigeladene zu 1 ihren negativen Kapitalanteil während des Bestehens der Gesellschaft ausgleiche (vgl. Huber, Gesellschaftsanteil, a.a.O., S. 265 m. w. N.). Der negative Kapitalanteil stellt ebensowenig eine Verbindlichkeit des betreffenden Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft oder gegenüber seinen Mitgesellschaftern dar wie der positive Kapitalanteil eine Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter (vgl. Huber, Gesellschaftsanteil, a.a.O., S. 265 m. w. N.). Ob die Beigeladene zu 1 trotz ihrer Stellung als Kommanditistin nach den Vereinbarungen der Gesellschafter verpflichtet war, im Falle der Liquidation der Gesellschaft bzw. ihres Ausscheidens aus der Gesellschaft einen dann noch -- nach Aufdeckung aller stillen Reserven -- bestehenden Negativ-Saldo ihrer Kapitalkonten auszugleichen, mag im Streitfall auf sich beruhen. Denn am streitigen Stichtag bestand für die Annahme, daß die KG liquidiert bzw. die Beigeladene zu 1 aus der Gesellschaft ausscheiden werden, kein Anhalt, so daß die mit einem derartigen Ergebnis evtl. verbundene Ausgleichspflicht mangels deren hinreichender Konkretisierung am maßgeblichen Feststellungszeitpunkt noch keine berücksichtigungsfähige wirtschaftliche Last darstellte.
bb) Dem FG kann indessen nicht darin beigepflichtet werden, daß die Beigeladene zu 1 am streitigen Stichtag von den Gläubigern der Gesellschaft nicht habe in Anspruch genommen werden können. Hierbei hat das FG übersehen, daß die Entnahmen der Beigeladenen zu 1, welche die Höhe der von ihr geleisteten (Haft-)Einlage zuzüglich der auf sie entfallenden Gewinnanteile bei weitem überstiegen, gemäß § 172 Abs. 4 i. V. m. § 171 Abs. 1 HGB dazu geführt haben, daß ihre Haftung gegenüber den Gläubigern der KG "wiederauflebte" (vgl. z. B. Feddersen in Gemeinschaftskommentar zum Handelsgesetzbuch, 4. Aufl., § 172 Rdnr. 12; Schilling in Großkommentar zum Handelsgesetzbuch, 3. Aufl., § 172 Rdnr. 32). Dabei beschränkte sich jedoch dieses Wiederaufleben der Haftung der Beigeladenen zu 1 auf die Höhe der Haftsumme (50 000 DM), obwohl die Entnahmen deren Höhe überschritten (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. März 1973 II ZR 25/70, BGHZ 60, 324; Schlegelberger/Karsten Schmidt, Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 5. Aufl., § 172 Rdnr. 65 m. w. N.). Eine darüber hinausgehende Haftung des die Entnahmen tätigenden Kommanditisten gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft kann sich nur aus besonderen Umständen ergeben, etwa im Fall der Gläubigerbenachteiligung i. S. von § 826 BGB (vgl. z. B. Westermann, Handbuch der Personengesellschaften, 4. Aufl., Rdnr. I 927). Derartige besondere Umstände sind im Streitfall nicht ersichtlich.
Aus dem Vorgesagten folgt, daß der nach den Grundsätzen zu 2. a und b ermittelte berichtigte handelsrechtliche Kapitalanteil der Beigeladenen zu 1 der Aufteilung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der Klägerin mit seiner tatsächlichen Höhe zugrunde zu legen ist, wenn er ./. 50 000 DM oder mehr (./. 49 999 DM und aufwärts) beträgt. Beträgt er hingegen ./. 50 000 DM oder ergibt sich ein noch höherer Minusbetrag, so ist von einem negativen Kapitalanteil von ./. 50 000 DM auszugehen.
d) Bei der Aufteilung des vom FA unangefochten mit ./. 125 000 DM festgestellten Einheitswerts wird das FG zu beachten haben, daß in dem genannten Betrag auch der erhöhte Einheitswert des dem Beigeladenen zu 2 allein gehörenden Grundstücks mit 66 640 DM berücksichtigt worden ist. Der zuletzt genannte Betrag ist dem Beigeladenen zu 2 als dessen Sonderbetriebsvermögen vorab zuzurechnen, so daß der der Aufteilung zugrunde zu legende -- berichtigte -- Einheitswert (./. 125 000 DM ./. 66 640 DM =) ./. 191 640 DM beträgt.
Fundstellen
Haufe-Index 420751 |
BFH/NV 1996, 14 |