Entscheidungsstichwort (Thema)
Auswirkung eines Insolvenzverfahrens auf Verfahren beim FG
Leitsatz (NV)
Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers wird ein beim FG anhängiges Verfahren unterbrochen. Eine gerichtliche Entscheidung, die nach dem Eintritt der Unterbrechung und vor der erneuten Aufnahme des Verfahrens ergeht, ist unwirksam.
Normenkette
FGO § 155; ZPO § 240; InsO § 80 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Rechtsstreit betrifft einen Körperschaftsteuerbescheid, der gegenüber einer KG in deren Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin einer GmbH ergangen ist. Über das Vermögen der KG ist am 16. März 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die KG hatte schon vor der Eröffnung jenes Verfahrens eine Klage erhoben, über die das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 6. Dezember 2007 entschieden hat. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) hat das Urteil des FG mit der Revision angefochten. Im Verlauf des Revisionsverfahrens hat der Insolvenzverwalter der KG (der Kläger und Revisionsbeklagte --Kläger--) erklärt, dass er das gerichtliche Verfahren weder aufgenommen habe noch aufnehmen werde.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben.
Der Kläger und die KG haben keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Das genannte Urteil ist unwirksam; das Klageverfahren ist weiterhin beim FG anhängig.
1. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Kläger nach Maßgabe des § 80 Abs. 1 der Insolvenzordnung in die Rechtsstellung der KG eingetreten. Er ist daher an Stelle der KG Beteiligter des gerichtlichen Verfahrens (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. März 2006 VII R 11/05, BFHE 212, 11, BStBl II 2006, 573).
2. Gemäß § 240 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO wird ein bei einem FG anhängiges Klageverfahren unterbrochen, wenn über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Die Unterbrechung hat zur Folge, dass dem FG eine Entscheidung so lange versagt ist, bis der Rechtsstreit nach den Vorschriften des Insolvenzrechts aufgenommen worden ist. Zur Aufnahme des Rechtsstreits sind sowohl der Insolvenzverwalter als auch die Finanzbehörde berechtigt (BFH-Urteil in BFHE 212, 11, BStBl II 2006, 573, m.w.N.). Eine gerichtliche Entscheidung, die nach dem Eintritt der Unterbrechung und vor der Aufnahme des Verfahrens ergeht, ist ohne rechtliche Wirkung (BFH-Beschluss vom 27. November 2003 VII B 236/02, BFH/NV 2004, 366).
3. Im Streitfall ist das angefochtene Urteil ergangen, ohne dass zuvor der Kläger oder das FA die Aufnahme des Verfahrens erklärt hatten. Es ist daher unwirksam und aus Gründen der Rechtsklarheit aufzuheben (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 366). Der Rechtsstreit ist weiterhin beim FG anhängig; ob und ggf. in welcher Weise er fortzuführen ist, richtet sich nach den dafür allgemein geltenden Regeln (vgl. dazu Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 251 AO Rz 51).
Fundstellen