Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Der für die Begünstigung einmaliger Zahlungen zu fordernde zeitliche Zusammenhang mit der Heirat ist in der Regel zu verneinen, wenn die Zahlung nicht innerhalb des im Abschn. 10b LStR 1953 umrissenen Zeitraums erfolgt.
Eine aus Anlaß der Eheschließung einem Arbeitnehmer gewährte Erhöhung des laufenden Gehalts ist keine steuerbegünstigte Heiratsbeihilfe.
Normenkette
EStG § 3 Ziff. 13, § 3/15; LStDV § 6 Ziff. 9, § 6/10; LStR Abschn. 10b
Tatbestand
Der Streit geht um die Anwendung der Befreiungsvorschrift des § 3 Ziff. 13 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf Beträge, die der Beschwerdegegner (Bg.) an eine Angestellte gezahlt hat, die am 3. Februar 1953 geheiratet hatte. Der Bg. hatte in einem vom Tage der Heirat datierten Schreiben seiner Angestellten die Zahlung einer Heiratsbeihilfe von 500 DM zugesagt, die in monatlichen Raten von 30 DM bis Ende des Jahres 1953 zur Auszahlung gelangen sollte, bei deren Innehaltung bis zum Jahresschluß übrigens statt der zugesagten 500 DM nur 330 DM ausgezahlt sein konnten. Diese Regelung war nach Angabe des Bg. mit Rücksicht auf seine angespannte wirtschaftliche Lage getroffen worden. Er hat die 500 DM in seinen Büchern der Angestellten alsbald gutgeschrieben und ihr die jeweiligen Zahlungen auf dem dafür eingerichteten Konto belastet, so daß dieses am Jahresschluß noch einen Restbetrag von 170 DM zu seinen Lasten ausgewiesen hat. Der Bg. zahlte nämlich seiner Angestellten am 23. März 1953 150 DM und in den Monaten Juli 1953 bis Januar 1954 je 30 DM, insgesamt also 360 DM unter Bezugnahme auf die getroffene Vereinbarung aus. Am 1. Februar 1954 wurde das Gehalt der Angestellten um 30 DM monatlich erhöht, wogegen diese auf den Rest der Heiratsbeihilfe im Betrage von 140 DM verzichtete. Das Finanzamt sah nur die am 23. März 1953 gezahlten 150 DM als nach § 3 Ziff. 13 EStG steuerfrei an und forderte daher durch Haftungsbescheid von dem Bg. die Lohnsteuer für die weiteren auf Grund der fraglichen Vereinbarung gezahlten 210 DM.
Nach erfolglosem Einspruch hob das Finanzgericht den Haftungsbescheid auf. Es nahm auch für die in den Monaten Juli 1953 bis Januar 1954 erfolgten Zahlungen von 30 DM monatlich im Hinblick auf das am Tage der Heirat gegebene schriftliche Versprechen einen inneren Zusammenhang mit der Eheschließung an und bejahte daher die Steuerbefreiung. Dabei ließ es dahingestellt, ob in der nach Erteilung des schriftlichen Versprechens erfolgten Gutschrift der 500 DM bereits eine Erfüllung der eingegangenen Verpflichtung und ein Zufließen des Betrages i. S. des § 11 EStG zu erblicken sei. Gegen die Annahme einer getarnten, von vornherein beabsichtigten Gehaltserhöhung spreche der Umstand, daß der Bg. seiner Arbeitnehmerin am 23. März 1953 in einer Summe 150 DM ausgezahlt habe.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) macht der Vorsteher des Finanzamts geltend: Als Heiratsbeihilfe könnten herkömmlicherweise nur Beträge angesehen werden, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zu dessen Hochzeit, allenfalls wenige Tage vorher oder nachher, zahle. Es sei daher nicht eine Auslegung des Gesetzes, wie das Finanzgericht angenommen habe, sondern eine Milderung dem Gesetz gegenüber, wenn im Abschnitt 10b der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) die Steuerfreiheit auch für Beträge anerkannt werde, die innerhalb von je drei Monaten vor oder nach der Eheschließung gezahlt seien. Die Steuerbefreiung habe auch nur für Zahlungen in einer Summe zu gelten. Daraus, daß der Gesetzgeber die Steuerbefreiung der Heiratsbeihilfen in § 3 Ziff. 13 nicht wie in Ziff. 15 die der Weihnachtszuwendungen an bestimmte Fristen, innerhalb deren die Auszahlung erfolgt sein müsse, geknüpft habe, sei für die Auffassung des Finanzgerichts nichts herzuleiten, weil bei den Heiratsbeihilfen zu einer Fristsetzung keine Veranlassung bestanden habe. Die buchmäßige Behandlung der zugesagten 500 DM sei ohne Bedeutung, weil nach den Verhältnissen des Bg. nicht angenommen werden könne, daß der Betrag der Angestellten mit der Gutschrift schon zugeflossen sei. Schließlich lege das Gesamtbild der Verhältnisse den Schluß nahe, daß es sich bei den monatlichen Zahlungen von 30 DM nicht um Abschlagszahlungen auf eine Heiratsbeihilfe, sondern um eine von vornherein beabsichtigte Gehaltserhöhung gehandelt habe.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Die Steuerbefreiungen der Ziff. 13 bis 15 des § 3 EStG haben gemeinsam, daß sie Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer begünstigen, die aus besonderen Anlässen herkömmlicherweise gegeben zu werden pflegen. Die nach Ziff. 13 begünstigten Heiratsbeihilfen haben den Zweck, dem Arbeitgeber die mit seiner Eheschließung zusammenhängenden Ausgaben zu erleichtern. Hieraus folgt, daß unter Heiratsbeihilfen nur besondere, in der Regel einmalige Zuwendungen verstanden werden müssen, die der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer bei der Eheschließung oder auch kurze Zeit vor oder nach der Heirat auszahlt. Zutreffend wird daher im Abschn. 10b LStR der zeitliche Zusammenhang der Zuwendung mit der Heirat betont und für den Regelfall als gegeben angesehen, wenn die Heiratsbeihilfe frühestens drei Monate vor oder spätestens drei Monate nach der Heirat dem Arbeitnehmer gezahlt wird. Mit diesem verhältnismäßig großen zeitlichen Spielraum, verglichen mit dem bei der steuerfreien Weihnachtszuwendung (ß 3 Ziff. 15 EStG), wird der speziellen wirtschaftlichen Bedeutung der Heiratsbeihilfe ausreichend Rechnung getragen. Eine weitere Ausdehnung dieses zeitlichen Spielraums können daher auch die vom Finanzgericht gebrachten sozialen Erwägungen nicht rechtfertigen. Nicht begünstigt sind dagegen Erhöhungen des laufenden Arbeitslohns, die einem Arbeitnehmer vom Zeitpunkt seiner Heirat ab bewilligt werden, auch wenn sie gerade wegen der änderung des Familienstandes gewährt werden.
Der Senat kann dem Finanzgericht nicht darin folgen, wenn es das entscheidende Gewicht auf die Zusage einer Zahlung von 500 DM am Tage der Heirat legt. Zwar kann bereits einem verbindlichen Versprechen unter Umständen erhebliche Bedeutung zukommen, wie der Bundesfinanzhof z. B. bei der Frage der Steuerfreiheit von Jubiläumsgeschenken anerkannt hat (vgl. die Besprechungen des zur Steuerbefreiung von Jubiläumsgeschenken ergangenen Urteils IV 283/53 U vom 20. Mai 1954, Slg. Bd. 58 S. 757, Bundessteuerblatt - BStBl - 1954 III S. 201, in Steuer und Wirtschaft 1954 Spalte 493, und "Der Betrieb" 1954 S. 531). Indessen muß der Inhalt der Zusage erkennen lassen, daß sie ernsthaft in der angemessenen Zeitspanne erfüllt werden soll. Im Streitfall trifft dies nicht zu, und zwar schon deswegen nicht, weil die bis zum Jahresende versprochene Auszahlung der 500 DM mit den vorgesehenen monatlichen Zahlungen gar nicht zu erreichen war. Es liegt vielmehr nahe, im Hinblick sowohl auf die Erfüllung des Versprechens in Form laufender Monatsraten als auch auf die spätere überleitung der monatlichen Raten in eine Erhöhung des laufenden Arbeitslohns wirtschaftlich eine Gehaltserhöhung, zum mindesten vom Beginn der monatlichen Zahlungen an, anzunehmen. Es kommt hinzu, daß der erforderliche zeitliche Zusammenhang mit der Heirat bei den monatlichen Zahlungen ab Juli 1953 nicht mehr gewahrt ist.
Daß in der alsbaldigen buchmäßigen Passivierung der zugesagten 500 DM nach der gesamten Sachlage auch nicht zugleich ein Zufließen dieses Betrags an die Angestellte i. S. von § 11 EStG erblickt werden kann, zumal der Bg. selbst sein Unvermögen, den Betrag auf einmal zu zahlen, als Grund für die getroffene Regelung angegeben hat, hat das Finanzgericht zutreffend dargelegt. Die Angestellte hat jedenfalls unzweifelhaft nicht in ihrem Interesse einen Geldbetrag von 500 DM im Unternehmen des Bg. anlegen wollen (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 86/52 U vom 19. Juni 1952, Slg. Bd. 57 S. 434, BStBl 1953 III S. 170).
Die Entscheidung des Finanzgerichts hat somit den Begriff der nach § 3 Ziff. 13 EStG begünstigten Heiratsbeihilfen zu weit ausgelegt. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Senat folgt unter Zurückstellung gewisser Bedenken zugunsten des Bg. dem Finanzamt dahin, daß er die in Anspruch genommene Steuerbefreiung für die etwa eineinhalb Monate nach der Eheschließung in einer Summe gezahlten 150 DM anerkennt.
Danach war die vom Bg. gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts eingelegte Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 408669 |
BStBl III 1957, 88 |
BFHE 1957, 231 |
BFHE 64, 231 |