Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze
Leitsatz (amtlich)
Die Vergünstigung des § 57 LAG - Stundung der Vermögensabgabe, die auf Vermögen entfällt, das dem Betriebe von Krankenanstalten gewidmet ist - kommt nur für solche Krankenanstalten in Betracht, die im Kalenderjahre 1949 im Besitze einer Konzession nach § 30 der Gewerbeordnung gewesen sind.
LAG § 57; 10.AbgabenDV-LA § 57; GewStDV § 11.
Normenkette
LAG § 57; 10-AbgabenDV-LA 57; GewStDV § 11
Tatbestand
Die Bf. betreiben als Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts eine Heilstätte.
Streitig ist, ob es sich bei dieser Heilstätte um eine Einrichtung handelt, die die Voraussetzungen des § 57 LAG erfüllt. Die Bf. nehmen die Vergünstigung des § 57 LAG - Stundung der auf sie als Gesellschafter anteilig anfallenden Vermögensabgabe - in Anspruch. Das Finanzgericht hat über die Frage, ob die Voraussetzungen des § 57 LAG erfüllt sind, bei jedem der Gesellschafter gesondert entschieden. Da es sich in allen drei Fällen um den gleichen Sachverhalt handelt, hat der Senat wegen der für alle Gesellschafter nur einheitlich zu treffenden Entscheidung die Rbn. verbunden.
Das Betriebsvermögen der Gesellschaft - Heilstätte - wurde für die Soforthilfeabgabe auf ... DM und der auf die Gesellschafter entfallende Anteil auf jeweils ein Drittel, das sind ... DM, ermittelt. Auf dieser Grundlage wurden dann bei den Gesellschaftern die Vorauszahlungen auf die Vermögensabgabe festgesetzt. Am 27. Juli 1953 stellten die Gesellschafter erstmals den Antrag, die Vermögensabgaberaten, soweit sie auf das Betriebsvermögen der Gesellschaft entfielen, nach § 57 LAG zu stunden. Danach sind die Vierteljahrsbeträge an Vermögensabgabe, die auf Vermögen entfallen, das dem Betriebe von Krankenanstalten gewidmet ist, auf Antrag zu stunden, wenn die Krankenanstalt im Kalenderjahre 1949 in besonderem Maße der minderbemittelten Bevölkerung gedient und die Voraussetzungen für die Befreiung von der Gewerbesteuer erfüllt hat. Auf die ablehnende Stellungnahme des Finanzamts wiederholten die Gesellschafter ihr Stundungsbegehren mit ausführlicher Begründung. Sie legten ein Schreiben des Staatlichen Gesundheitsamtes vor, aus dem hervorgeht, daß der Betrieb durch Erlasse des ... vom 21. August 1946 und vom 14. Februar 1947 als Krankenhaus anerkannt worden sei. Sie beriefen sich ferner auf eine gleichfalls beigefügte Verfügung des ... vom 13. Dezember 1955, in der der Heilstätte gemäß § 30 der Gewerbeordnung die Erlaubnis zum Betrieb eines Privatkrankenhauses nach Maßgabe der mit Baubescheid vom 25. November 1954 genehmigten Pläne erteilt worden war. Die Abgabepflichtigen sehen daher die Voraussetzungen für die Befreiung von der Gewerbesteuer für das Kalenderjahr 1949 als erfüllt an. Zwar sei die Konzession nach § 30 der Gewerbeordnung erst im Jahre 1955 erteilt worden. Darauf könne jedoch kein entscheidendes Gewicht gelegt werden. Denn die Konzession wäre auch in einem früheren Zeitpunkte ausgesprochen worden, wenn dies beantragt worden wäre. Der Umstand, daß sich die Abgabepflichtigen erst später um die Konzession bemüht hätten, könne und dürfe sich bei einer Aufgabe wie der Vermögensabgabe, mit einer Laufdauer von 30 Jahren, nicht nachteilig auswirken. Die gegenteilige Auffassung führe zu einem rein zufälligen Ergebnis und verstoße gegen die wirtschaftliche Betrachtungsweise. Sie sei auch mit Sinn und Zweck der vom Gesetzgeber den Krankenanstalten in § 57 LAG zugedachten Vergünstigung nicht zu vereinbaren.
Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht hat im wesentlichen ausgeführt: Es sei zweifelhaft, ob das Unternehmen bereits im Jahre 1949 eine Krankenanstalt im Sinne des § 57 LAG gewesen sei. In der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs, insbesondere in den Urteilen des Reichsfinanzhofs III 120/42 vom 16. April 1943 (RStBl 1943 S. 452) und des Bundesfinanzhofs V 258/54 U vom 21. Dezember 1955 (BStBl 1956 III S. 56, Slg. Bd. 62 S. 152)sowie III 158/57 U vom 31. Oktober 1957 (BStBl 1958 III S. 170, Slg. Bd. 66 S. 438), werde eine solche nur als vorliegend anerkannt, wenn in der Anstalt Kranke untergebracht seien, die Unterbringung notwendig oder wenigstens zweckmäßig sei und die Patienten von einem Arzt individuell betreut würden. Ob dies im Streitfalle für das Kalenderjahr 1949 zutreffe, könne jedoch letztlich dahingestellt bleiben. Es brauche auch nicht abschließend dazu Stellung genommen zu werden, ob die Heilstätte - wie es in § 57 LAG weiter verlangt sei - im Kalenderjahre 1949 in besonderem Maße der minderbemittelten Bevölkerung gedient habe. Denn § 57 LAG sei schon deshalb nicht anwendbar, weil die Anstalt im Jahre 1949 nicht im Besitze einer Konzession nach § 30 der Gewerbeordnung und damit gemäß § 11 GewStDV vom 31. Januar 1940 (RGBl 1940 I S. 284) in der Fassung der Verordnung vom 16. Dezember 1941 (Reichsministerialblatt 1941 S. 299) nicht von der Gewerbesteuer befreit gewesen sei. Die Bewilligung der Konzession im Jahre 1955 habe keine rückwirkende Kraft gehabt.
In der Rb. wird fehlerhafte Rechtsanwendung gerügt. Da die von den Bf. betriebene Heilstätte seit August 1946 als Krankenhaus anerkannt worden sei, habe für die Gesellschafter keine Veranlassung bestanden, sich darüber hinaus noch um eine Konzession nach § 30 der Gewerbeordnung zu bemühen. Diese Besonderheit rechtfertige es, von dem Erfordernis einer förmlichen Konzession nach § 30 der Gewerbeordnung für das Jahr 1949 abzusehen und die Anwendung des § 57 LAG zu bejahen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Das Finanzgericht hat zutreffend eine Befreiung von der Gewerbesteuer, die nach § 11 GewStDV an den Besitz einer Konzession nach § 30 der Gewerbeordnung geknüpft ist, im Kalenderjahre 1949 nicht für gegeben erachtet und damit auch die Voraussetzungen des § 57 LAG verneint.
Der I. Senat hat in seinem Urteil I 86/55 U vom 8. November 1955 (BStBl 1956 III S. 20, Slg. Bd. 62 S. 50) ausgesprochen, daß die Konzessionserteilung einen konstitutiven (rechtschaffenden) Verwaltungsakt darstelle; wenn das Vorliegen eines solchen Verwaltungsaktes Tatbestandsvoraussetzung für eine Steuerbefreiungsvorschrift sei, müsse die Entscheidung der Verwaltungsbehörde für Steuerbehörden und Steuergerichte bindend sein. Der erkennende Senat hat in der Entscheidung III 158/57 U vom 31. Oktober 1957 (BStBl 1958 III S. 170, Slg. Bd. 66 S. 438), in der es um die Befreiung eines Kurheimes von der Soforthilfeabgabe ging (§ 5 Ziff. 8 des Soforthilfegesetzes in Verbindung mit § 10 der Gemeinnützigkeits-Verordnung) ebenfalls darauf abgestellt, ob dem Erfordernis einer Gewerbekonzession "genügt" sei. Er hat damit zum Ausdruck gebracht, daß er das Vorhandensein der gewerberechtlichen Konzession als Voraussetzung für die damals in Rede stehende Vergünstigung erachtet. Die Erteilung dieser Konzession ist der Inneren Verwaltung übertragen. Die Behörden der Steuerverwaltung sind hierfür weder formell zuständig noch der Sache nach in der Lage. Die Aufgabe, sich mit den materiellen Voraussetzungen der Konzession zu befassen, ist ihnen vom Gesetzgeber in § 57 LAG auch nicht zugedacht. Die in dieser Bestimmung erfolgte Verweisung auf die Vorschriften der Gewerbesteuer ist mit dem Ziele erfolgt, es den Finanzämtern zu ermöglichen, bei der Anwendung der Vergünstigungsvorschrift die Ergebnisse der Gewerbesteuerveranlagung zu übernehmen (vgl. Begründung zu §§ 56 bis 58 der Zehnten Durchführungsverordnung über Ausgleichsabgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz - 10.AbgabenDV-LA -, abgedruckt bei Lastenausgleichsgesetz in Kartei-Form, herausgegeben vom Bundesminister der Finanzen, als Anlage zur 10.AbgabenDV-LA). Dieser Zweck würde vereitelt, wollte man verlangen, daß die Steuerbehörden bei der Entscheidung über die Anwendung des § 57 LAG ihrerseits noch in Untersuchungen darüber einzutreten hätten, ob die Konzession im Kalenderjahre 1949 auf Antrag hätte erteilt werden können oder müssen. Damit würde das Verfahren in einer Weise erschwert und belastet, die mit der Absicht des Gesetzgebers und dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung nicht zu vereinbaren ist. Dem Finanzgericht ist sonach darin beizutreten, daß sich die Steuerbehörden im Rahmen des § 57 LAG grundsätzlich daran halten können und müssen, ob die Konzession nach § 30 der Gewerbeordnung für das Kalenderjahr 1949 erteilt worden ist oder nicht.
In dem Urteil des I. Senates vom 8. November 1955 ist angedeutet, daß von der grundsätzlichen Bindung der Steuerbehörden an die Entscheidung der Verwaltungsbehörde möglicherweise eine Ausnahme denkbar sei, wenn die Konzession in dem steuerlich maßgebenden Zeitpunkt nicht oder noch nicht vorliege, obwohl offensichtlich und einwandfrei für ihre Erteilung keine Hinderungsgründe bestanden hätten. Der Senat kann im vorliegenden Falle die Frage der Erheblichkeit des Fehlens von Hinderungsgründen dahingestellt lassen; denn ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor. In dem Bescheide vom 13. Dezember 1955 ist die Konzession ausdrücklich "nach Maßgabe der mit Baubescheid vom 25. November 1954 genehmigten Pläne" erteilt worden. Mit der Durchführung dieser Baumaßnahmen hat die Gesellschaft - wie sich aus dem Betriebsprüfungsbericht vom Jahre 1957 ergibt - frühestens im Jahre 1954 begonnen. Mithin waren die Bedingungen, unter denen die Konzession im Jahre 1955 erstmals erteilt wurde, von der Gesellschaft im Jahre 1949 noch nicht erfüllt. Das Finanzgericht hat weiter ohne Verstoß gegen den Akteninhalt und daher für den Senat bindend (§ 288 AO) festgestellt, daß in der Struktur der Anstalt auch sonst zwischen 1949 und 1955 Änderungen eingetreten sind. Diese Änderungen betrafen sowohl die ärztliche Betreuung der Patienten wie die Ausstattung der Anstalt mit sanitären Anlagen und Geräten. Sie sind - wie sich aus den entsprechenden Akten eindeutig ergibt - von der Verwaltungsbehörde für die Erteilung der Konzession im Jahre 1955 als sehr wesentlich, wenn nicht sogar ausschlaggebend erachtet worden.
Es hat daher nicht festgestellt werden können, daß der Anstalt die Konzession nach § 30 der Gewerbeordnung bereits im Jahre 1949 auf Antrag erteilt worden wäre. Die Ausführungen der Bf., die dies in Abrede stellen und darauf hinauslaufen, dem Zeitpunkte der Konzessionserteilung jede Bedeutung abzusprechen, gehen fehl. Aus den dargelegten Gründen muß vielmehr an dem Erfordernis des Vorhandenseins einer Konzession nach § 30 der Gewerbeordnung für das Kalenderjahr 1949 festgehalten werden. Das folgt aus dem klaren Willen des Gesetz- und Verordnungsgebers. In der "Amtlichen Begründung" zur 10.AbgabenDV-LA ist eindeutig gesagt, daß die Konzession im Jahre 1949 vorgelegen haben "muß". Würdigt man die Bedeutung der Konzessionserteilung an den Unternehmer einer privaten Krankenanstalt nach § 30 der Gewerbeordnung (vgl. Landmann-Rohmer-Eyermann-Fröhler, Kommentar zur Gewerbeordnung I, 11. Aufl., 1956, S. 358 ff.) für den Aufbau und die Funktionen des staatlichen Lebens auf dem Sektor der Hygiene und der sozialen Fürsorge, dann ist es nur sehr gerechtfertigt, daß die Steuerbehörde in der Frage, ob eine Konzession vorgelegen hat, von einer festen Grundlage ausgehen muß. Da es an der Konzession gefehlt hat, ist § 57 LAG schon aus diesem Grunde nicht anwendbar und die begehrte Inanspruchnahme der dort genannten Vergünstigung nicht möglich. Auf die Frage, ob die Heilstätte im Jahre 1949 den Status einer Krankenanstalt gehabt und in besonderem Maße der minderbemittelten Bevölkerung gedient hat, einzugehen, erübrigt sich bei dieser Sachlage, wobei noch darauf hinzuweisen ist, daß sich die Erlasse des ... vom 21. August 1946 und 14. Februar 1947 nur auf die Gleichstellung der Heilstätte mit Krankenhäusern hinsichtlich der Krankenernährung bezogen haben; eine Anerkennung als Krankenhaus ist nicht ausgesprochen worden.
Fundstellen
Haufe-Index 409658 |
BStBl III 1960, 263 |
BFHE 1961, 47 |
BFHE 71, 47 |
StRK, LAG:57 R 3 |