Leitsatz (amtlich)
Wird ein Bodenschatz im Privatvermögen durch eine gemischte Schenkung erworben, dann ist der dabei gezahlte Geldbetrag Anschaffungsaufwand und damit Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Substanzverringerung.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 6
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Landwirt und Eigentümer eines Hofes, der ihm durch notariellen Vertrag vom 29. April 1974 von seinen Eltern im Weg der vorweggenommenen Erbfolge gegen Einräumung eines Altenteils unentgeltlich übertragen wurde. Der Übertragungsvertrag enthält folgende Abrede: "Ausgenommen von der unentgeltlichen Übertragung bleibt ein Mergelvorkommen, das im Inneren der Parzelle ... als Bodenschatz liegt. Dieses Mergelvorkommen wird von (dem Kl.) gekauft. Der Kaufpreis hierfür beträgt DM 280 000, -." Über das Mergelvorkommen war bereits am 6. Februar 1974 ein schriftlicher Ausbeutevertrag mit einem Dritten geschlossen worden, der von dem Vater des Klägers, vom Kläger und von dem Dritten unterzeichnet war. Der Vertrag enthielt eingangs die Erklärung, daß der Vater des Klägers beabsichtige, vor Beginn des Abbaus des Mergelvorkommens den Hof auf den Kläger zu übertragen. Der Dritte erhielt in dem Vertrag das Recht, den Mergel zum Preis von 1,40 DM je m3 abzutragen, außerdem hatte er eine Entschädigung für Ernteausfall zu zahlen. Das Mergelvorkommen wurde in der Zeit vom 14. Mai 1974 bis Anfang 1975 ausgebeutet. Der Dritte zahlte dafür an den Kläger im Streitjahr 1974 380 000 DM sowie eine Ernteausfallentschädigung.
In der Einkommensteuererklärung für 1974 erklärte der Kläger die Einkünfte aus dem Abbau des Mergelvorkommens als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und stellte dabei den Einnahmen auch die Kaufpreiszahlung an den Vater von 280 000 DM als Werbungskosten gegenüber. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) verfuhr bei der Veranlagung ebenso, kam jedoch im Einspruchsverfahren zu der Auffassung, daß die Zahlung von 280 000 DM keine Werbungskosten darstelle, weil der Kläger das Mergelvorkommen unentgeltlich erworben habe. Die Übertragung des Mergelvorkommens sei kein Kauf gewesen, weil die Parteien nicht Leistung und Gegenleistung nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen hätten. Dementsprechend erging eine Einspruchsentscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Klage blieb, soweit es um die Berücksichtigung der Zahlung von 280 000 DM als Werbungskosten ging, erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus:
Einnahmen aus der Grundstücksüberlassung zum Abbau des Mergelvorkommens seien zwar solche im Rahmen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, Absetzung für Substanzverringerung (AfS) dürfe der Kläger aber nicht vornehmen, weil er das Vorkommen von seinem Vater unentgeltlich erworben habe, was nach § 11 d Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) AfS ausschließe. Der Kläger habe das Mergelvorkommen bei der Hofübertragung erhalten, wo es - in einem zum Hof gehörenden Grundstück ruhend - als Grundstücksbestandteil gemäß §§ 93, 94 BGB auf ihn übergegangen sei. Die Übertragung von Hof und Mergelvorkommen seien unentgeltlich gewesen, da beides zusammen einen erheblich höheren Wert gehabt habe als das vom Kläger übernommene Altenteil und die Zahlung von 280 000 DM. Die Übertragung des Mergelvorkommens sei auch deshalb kein außerhalb der Hofübertragung liegender entgeltlicher Vorgang gewesen, weil die Zahlung von 280 000 DM erheblich unter dem Verkehrswert des Vorkommens gelegen habe und damit keine nach kaufmännischen Gesichtspunkten abgewogene Gegenleistung darstelle. Das ergebe sich nach Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung eines Angestellten des Dritten sowie aus der endgültigen Zahlung für den Abbau. Danach habe der Kläger rd. 411 000 DM erhalten, nachdem bereits bei Abschluß des Ausbeutevertrags die Möglichkeit der Erzielung eines höheren Erlöses als vereinbart bestanden habe. Bei dieser Sachlage habe ein kaufmännisch denkender Veräußerer sich nicht mit 280 000 DM zufrieden gegeben. Danach sei die Hofübertragung einschließlich des Mergelvorkommens ein unentgeltlicher Vorgang zur Regelung der vorweggenommenen Erbfolge gewesen. Die Zahlungsverpflichtung von 280 000 DM sei ebenso wie die Übernahme des Altenteils eine Auflage, die keine Gegenleistung für das übertragene Vermögen bilde, sondern lediglich die grundsätzlich unentgeltliche Übertragung einschränke. Der Erwerb aufgrund einer Schenkung unter Auflage sei zivilrechtlich wie steuerrechtlich unentgeltlich.
Mit der Revision wird Verletzung materiellen und formellen Rechts gerügt; dazu wird geltend gemacht:
§§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7, 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und § 11 d EStDV seien unrichtig angewandt, weil der Begriff des unentgeltlichen Erwerbs verkannt worden sei. Bei der Hofübertragung und dem Verkauf des Mergelvorkommens in der Urkunde vom 29. April 1974 handele es sich um rechtlich, wirtschaftlich und tatsächlich zwei verschiedene Verträge in einer Urkunde. So sei der Hofübergabevertrag vom Landwirtschaftsgericht gewürdigt worden. Diese zivilrechtliche Betrachtung sei auch für die Parteien bei Abschluß des Vertrags maßgebend gewesen. Der Hofübergabevertrag - eine gemischte Schenkung - habe sein eigenes rechtliches Schicksal - Genehmigung durch das Landwirtschaftsgericht, Grundbucheintragung - gehabt. Demgegenüber sei der Kauf des Mergelvorkommens bereits mit Vertragsabschluß und Überlassung des Vorkommens zum Abbau wirksam geworden. Die Bodensubstanz gelte als Frucht des Rechts auf Gewinnung von Bodenbestandteilen. Dieses Recht könne Gegenstand eines Kaufvertrags sein. Mit Ausübung des Rechts, nämlich dem Abbau der Substanz, könne diese in das Eigentum eines Dritten gelangen. Dies sei hier unabhängig von dem Eigentumswechsel aufgrund des Hofübergabevertrags geschehen. Soweit das FG einen Zusammenhang zwischen den Übertragungen des Hofs und des Mergelvorkommens bejaht habe, stehe dies im Widerspruch mit anderen Ausführungen über die Trennung der Verträge.
Aus den unstreitigen und den nach Zeugenvernehmung festgestellten Tatsachen ergebe sich eine Entgeltlichkeit der Mergelübertragung. Der Preis von 280 000 DM sei aus der Sicht der Parteien im April 1974 angemessen gewesen und auch unter Fremden nicht wesentlich anders vereinbart worden, wie durch Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte bestätigt werden können.
Bei getrennter Betrachtung der Verträge könne die Zahlungsverpflichtung von 280 000 DM, die tatsächlich erfüllt worden sei, auch keine Auflage zum Hofübergabevertrag darstellen.
Wenn man die gesamten Vereinbarungen aber als einheitliches Rechtsgeschäft ansehen wolle, dann müsse, wie der Kläger meint, das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zueinander ermittelt werden. In Höhe der eigenen Leistungen des Klägers wären Anschaffungskosten entstanden, die anteilig als AfS nach § 7 EStG und § 11 d EStDV zu berücksichtigen seien.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Einkommensteuer für 1974 auf 42 682 DM festzusetzen, hilfsweise nach Aufhebung der Vorentscheidung die Streitsache zurückzuverweisen.
Das FA beantragt Zurückweisung der Revision.
Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Steuerherabsetzung.
Der Kläger kann bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eines Grundstücks zur Ausbeutung eines Mergelvorkommens AfS vornehmen, weil er für dieses Vorkommen Anschaffungskosten aufgewendet hat (§ 21 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7, § 7 Abs. 6 EStG).
Rechtlich zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß das Mergelvorkommen als entdeckter und zur nachhaltigen Nutzung in den Verkehr gebrachter Bodenschatz ein Wirtschaftsgut war, das mit steuerlicher Wirkung selbständig übertragen und daher vom Kläger außerhalb der Hofübertragung erworben werden konnte. Das entspricht den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Februar 1978 VIII R 176/73 (BFHE 124, 450, BStBl II 1978, 343), wonach ein zum Privatvermögen gehörender Bodenschatz - ebenso wie bei Betriebsvermögen - zum Wirtschaftsgut im einkommensteuerrechtlichen Sinne wird, wenn begründete Vorstellungen über den Umfang und die Abbauwürdigkeit des Bodenschatzes bestehen und mit einem Abbau des Vorkommens zu rechnen ist. Diese Voraussetzungen waren entgegen der Annahme des FG im Streitfall erfüllt. Nachdem der Vater des Klägers den Ausbeutevertrag vom 6. Februar 1974 mit dem Dritten abgeschlossen hatte, war das Mergelvorkommen zu einem Wirtschaftsgut im Privatvermögen des Vaters des Kläger geworden, aus welchem es durch den vom Hofübergabevertrag abgrenzbaren Kaufvertrag an den Kläger veräußert wurde.
Dem FG ist auch nicht zu folgen, wenn es die zur Vornahme von AfS erforderliche Entgeltlichkeit des Erwerbs des Mergelvorkommens verneint hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob die in dem Übertragungsvertrag vom 29. April 1974 vereinbarte Zahlung von 280 000 DM - die auch tatsächlich geleistet wurde - erheblich unter dem Verkehrswert des Mergelvorkommens lag. Selbst wenn dies der Fall sein sollte und damit keine nach kaufmännischen Gesichtspunkten ausgewogene Gegenleistung erbracht worden sein sollte, ändert das nichts daran, daß im Umfang von 280 000 DM Anschaffungskosten angefallen sind und damit insoweit ein entgeltlicher Erwerb stattgefunden hat. Ob dies ein teilweise unentgeltlicher Erwerb und damit insgesamt eine gemischte Schenkung war, ist im Hinblick auf die Möglichkeit, AfS vorzunehmen, unerheblich, weil die AfS nur von den Anschaffungskosten vorzunehmen sind. Die Frage nach einer gemischten Schenkung könnte nur dann bedeutsam sein, wenn das Wirtschaftsgut in ein Betriebsvermögen gelangt wäre - was hier nicht der Fall war - , weil dann bei einer gemischten Schenkung neben den tatsächlichen Anschaffungskosten auch noch eine Einlage anzusetzen wäre. Bei einem Erwerb im Privatvermögen kommt dies nicht in Betracht.
Die Vorentscheidung, die auf anderen Rechtsüberlegungen beruht, war danach aufzuheben. Der Senat kann selbst entscheiden und setzt die Einkommensteuer unter Berücksichtigung von AfS in Höhe von 258 750 DM auf 42 682 DM fest.
Fundstellen
Haufe-Index 413382 |
BStBl II 1981, 794 |
BFHE 1981, 359 |