Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Eine im Jahre 1955 für das Jahr 1954 beschlossene Ausschüttung unterliegt der Mindestbesteuerung nach § 17 KStG 1953.

 

Normenkette

KStG § 17; KStDV § 28

 

Tatbestand

Die Gesellschafterversammlung der beschwerdeführenden GmbH beschloß am 4. Dezember 1954, eine Vorausdividende für 1954 in Höhe von 4 v. H. = 19 200 DM und am 1. Oktober 1955 eine weitere Dividende für dasselbe Kalenderjahr von ebenfalls 19 200 DM auszuschütten. Streitig ist, ob beide auf Grund dieser Beschlüsse ausgeschütteten Dividenden im Veranlagungszeitraum 1954 der Mindestbesteuerung nach § 17 KStG 1953 unterliegen.

Die Bfin. ist der Auffassung, daß § 17 KStG 1953 durch das Gesetz zur Neuordnung von Steuern (StNG) vom 16. Dezember 1954, BGBl 1954 I S. 373, mit Wirkung vom Veranlagungszeitraum 1955 ab gestrichen worden sei und daß deshalb die während des Veranlagungszeitraums 1955 beschlossene Dividende nicht der Mindestbesteuerung im Veranlagungszeitraum 1954 unterworfen werden dürfe.

Einspruch und Berufung blieben erfolglos. Das Finanzgericht bezog sich auf das Urteil des Bundesfinanzhofs I 35/58 vom 8. Dezember 1959, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes § 28 in der Fassung bis 1954 Rechtsspruch 1. In diesem Urteil werde ausgeführt, daß die Aufhebung des § 17 KStG 1953 durch das StNG der Erfassung der im Jahre 1955 beschlossenen Ausschüttung als Mindesteinkommen des Veranlagungszeitraums 1954 nicht entgegenstehe. Denn § 17 KStG 1953 sei durch Art. 5 Abs. 1 StNG erstmals für den Veranlagungszeitraum 1955 aufgehoben worden und gelte deshalb noch für Ausschüttungen, die bei der Berechnung des Mindesteinkommens des Veranlagungszeitraums 1954 zugrunde zu legen seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. der Bfin. ist nicht begründet.

Der Senat sieht keine Veranlassung, von der im Urteil I 35/58 vertretenen Auffassung abzuweichen. Die Meinung der Bfin., der Gesetzgeber des StNG habe nicht eindeutig zum Ausdruck gebracht, welche Ausschüttungen nach Aufhebung des § 17 KStG 1953 noch zur Mindestbesteuerung herangezogen werden dürften, ist unzutreffend. Aus Art. 5 StNG ergibt sich einwandfrei, daß alle änderungen des KStG in der Fassung vom 13. April 1954, also auch der Wegfall des § 17 KStG, erstmals für den Veranlagungszeitraum 1955 gelten. Die Akten des Finanzamts zeigen mit aller Deutlichkeit, daß die Bfin. und ihr jetziger Vertreter schon vor der am 4. Dezember 1954 für das Kalenderjahr 1954 beschlossenen Dividende mehrmals vom Finanzamt schriftlich darauf hingewiesen wurden, daß es nach § 28 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes 1953 für die Zurechnung von Dividenden im allgemeinen darauf ankommt, für welches Kalenderjahr sie beschlossen werden. Die Bfin. konnte also bei ihren Beschlüssen am 4. Dezember 1954 und 1. Oktober 1955 darüber nicht im Zweifel sein, daß die für das Kalenderjahr 1954 im Jahre 1955 beschlossene Dividende für die Besteuerung des Veranlagungszeitraums 1955 unerheblich war und bei der Besteuerung des Veranlagungszeitraums 1954 berücksichtigt werden mußte. Wenn die Bfin. trotzdem mehr als zehn Monate nach Verkündung des StNG, das keinen Zweifel über die erst für den Veranlagungszeitraum 1955 geltende Aufhebung des § 17 KStG 1953 aufkommen ließ, noch eine Ausschüttung für das Kalenderjahr 1954 beschloß, so besteht keine Möglichkeit, diese Ausschüttung bei der Körperschaftsteuerveranlagung für 1954 nicht zu berücksichtigen. Die Bfin. muß die steuerlichen Folgen ihres eindeutigen Beschlusses tragen, gleichgültig, ob sie denselben wirtschaftlichen Erfolg durch einen Beschluß anderen Inhalts hätte erreichen können, ob sie bei der Beschlußfassung am 1. Oktober 1955 an die Möglichkeit der Mindestbesteuerung nicht dachte oder ob sie ohne nähere rechtliche Prüfung irrtümlich davon ausging, das StNG habe die Mindestbesteuerung für die im Kalenderjahr 1955 für den Veranlagungszeitraum 1954 beschlossenen Dividenden aufgehoben. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs mißt der bürgerlich-rechtlichen Gestaltung im Interesse der Rechtssicherheit eine größere Bedeutung bei, als es der Reichsfinanzhof tat, und beschränkt deshalb im Rahmen des Möglichen eine auf die wirtschaftliche Betrachtung gestützte, vom bürgerlichen Recht abweichende Würdigung auf Ausnahmefälle (z. B. Urteil I 44/57 U vom 13. Januar 1959, BStBl 1959 III S. 197, Slg. Bd. 68 S. 515). Das gilt zugunsten, aber auch zuungunsten des Steuerpflichtigen. Es besteht deshalb keine Möglichkeit, die handelsrechtlich eindeutig das Jahr 1954 betreffende Ausschüttung vom 1. Oktober 1955 auf Grund wirtschaftlicher Erwägungen steuerlich als eine der Mindestbesteuerung nicht mehr unterliegende Ausschüttung für 1955 zu behandeln.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410060

BStBl III 1961, 259

BFHE 1961, 710

BFHE 72, 710

DB 1954, 55

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