Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer, Steuerliche Förderungsgesetze

 

Leitsatz (amtlich)

Ist ein Erblasser mit Vermögen in Berlin (West) zwischen dem 20. Juni 1948 und dem 1. April 1949 gestorben, so ist keine aus der Vermögensabgabe für das Vermögen in Berlin (West) herrührende, bei der Veranlagung zur Erbschaftsteuer zu berücksichtigende Nachlaßverbindlichkeit vorhanden.

 

Normenkette

ErbStG § 23 Abs. 1; LAG § 16 Abs. 1 Nr. 1, §§ 20, 21 Abs. 1, 3, § 80 Abs. 1

 

Tatbestand

A. -

Die Bf. sind die Testamentserben des im Februar 1949 in Berlin (West) verstorbenen Th. B. (Erblassers). Zwei der Erben wohnten am 21. Juni 1948 und wohnen heute noch in Berlin (West), die übrigen drei Erben wohnten am 21. Juni 1948 und wohnen heute noch in der sowjetischen Besatzungszone. Der Nachlaß besteht, da die auf die sowjetische Besatzungszone entfallenden Nachlaßwerte (Hypothekenforderungen) außer Ansatz geblieben sind, ausschließlich aus Vermögen, das auf Berlin (West) entfällt, und zwar überwiegend aus Grundstücken. Die Miterbin Frau S., geborene B., hatte gegen den ihr als Testamentsvollstreckerin erteilten vorläufigen Erbschaftsteuerbescheid vom 27. November 1956 Einspruch eingelegt und beantragt, den Nachlaß um die Vermögensabgabe zu kürzen; in einem weiteren an das Finanzamt gerichteten Schreiben vom 23. Dezember 1957 behielt sie sich alle Rechte bezüglich der Frage vor, ob die Vermögensabgabebeträge vom Nachlaß abzusetzen seien. Im endgültigen Steuerbescheid vom 11. April 1958 lehnte das Finanzamt den Abzug einer Vermögensabgabeschuld als Nachlaßverbindlichkeit ab. Zwar sei die persönliche Abgabeschuld (richtig: Abgabepflicht) sowohl in der Person des Erblassers als auch in der Person der Erben am 21. Juni 1948 entstanden, die sachliche Abgabeschuld (richtig: Abgabepflicht) habe jedoch nur für die Erben bestehen können, weil der Erblasser am 1. April 1949 bereits verstorben gewesen sei. Die Entstehung der Abgabeschuld sei nicht nur von der Verwirklichung des zur Abgabeschuld führenden Tatbestands in persönlicher, sondern auch in sachlicher Hinsicht abhängig. Gegen den endgültigen Erbschaftsteuerbescheid legten die "durch die Miterbin Frau S., geborene B., vertretenen Th. B.schen Erben" (die jetzigen Bf.) Einspruch ein, mit dem sie unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs IV ZR 43/54 vom 30. September 1954 (Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen - BGHZ - Bd. 14 S. 368) und das Urteil des Bundesfinanzhofs III 26/50 S vom 3. Februar 1951 (BStBl 1951 III S. 57, Slg. Bd. 55 S. 146) ihr Begehren auf Anerkennung der Vermögensabgabe als abzugsfähige Nachlaßverbindlichkeit aufrechterhielten. Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück. Ein in der Zeit vom 21. Juni 1948 bis 31. März 1949 verstorbener Erblasser sei zwar am 21. Juni 1948 subjektiv abgabepflichtig, mit seinem Berlin-Vermögen aber nicht mehr objektiv abgabepflichtig geworden. Die objektive Vermögensabgabepflicht der Erben folge daraus, daß ihnen das Berlin-Vermögen des Erblassers nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs III 271/55 U vom 13. April 1956 (BStBl 1956 III S. 170, Slg. Bd. 62 S. 459) auf den 1. April 1949 zuzurechnen gewesen sei. Diese Vermögensabgabeschuld sei aber keine Schuld, die die Erben als solche treffe. Die von den Bf. vertretene Auffassung führe dazu, daß sowohl der Abzug der Vermögensabgabeschuld als Nachlaßverbindlichkeit in dem Erbfall mit erbschaftsteuerlicher Wirkung zu berücksichtigen als auch außerdem die Erbschaftsteuer als Schuld bei der Feststellung des abgabepflichtigen Vermögens der Erben (Bf.) anzusetzen wäre. Eine solche doppelte Vergünstigung habe der Gesetzgeber aber auf keinen Fall gewollt. Auch die Berufung gegen diesen Einspruchsbescheid hatte keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht führte aus, unter nachlaßzugehörigem lastenausgleichspflichtigem Vermögen im Sinne des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 3. Februar 1951, das wegen seiner Belastung mit dem Lastenausgleich zum Abzug einer Nachlaßverbindlichkeit führen könne, sei nur ein solches zu verstehen, mit dem der Erblasser zur Vermögensabgabe habe herangezogen werden können. Voraussetzung sei insbesondere, daß der Erblasser an dem maßgeblichen gesetzlichen Stichtag vom 1. April 1949 für die sachliche Abgabepflicht ein der Abgabe unterliegendes Vermögen besessen habe. Da aber zu diesem Zeitpunkt infolge des inzwischen eingetretenen Ablebens des Erblassers das Nachlaßvermögen bereits den Erben (Bf.) zuzurechnen gewesen sei, habe für den Erblasser in Ansehung des von ihm hinterlassenen Vermögens keine Vermögensabgabepflicht entstehen können, so daß sein Vermögen zum Zeitpunkt seines Todes wirtschaftlich nicht mit einer Abgabepflicht (richtig: Abgabeschuld) belastet gewesen sei. Habe mithin zum Zeitpunkt des Entstehens der Erbschaftsteuerpflicht eine Belastung des Nachlasses mit einer Vermögensabgabe nicht vorgelegen, so komme auch der Abzug einer solchen nicht in Betracht. Mit den gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts eingelegten Rbn. begehren die Bf. wiederholt, den Zeitwert der von ihnen geschuldeten Vermögensabgabebeträge als Nachlaßverbindlichkeit zum Abzug zuzulassen.

 

Entscheidungsgründe

B. -

Verfahrensrechtlich ist vorweg zu bemerken, daß es nicht genau ist, wenn die Vorinstanzen jeweils vom Vorliegen eines Rechtsmittels ausgegangen sind. Da mehrere selbständig zur Steuer heranzuziehende Steuerpflichtige vorhanden sind, handelt es sich auch um mehrere Rechtsmittel. Der Sache nach ist diese Ungenauigkeit indessen unschädlich, weil in dem Verfahren der Vorinstanzen eine Verbindung der mehreren Rechtsmittel zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung erblickt werden kann. Auch im Rechtsbeschwerdeverfahren liegen selbständige Rbn. der einzelnen Erben vor, die zu gemeinsamer Entscheidung miteinander verbunden werden. Eine Berechtigung der Miterbin Frau S., als Testamentsvollstreckerin für alle Miterben Rechtsmittel gegen den Erbschaftsteuerbescheid bzw. die Einspruchsentscheidung einzulegen, worauf die im Berufungsverfahren vom Bevollmächtigten der Miterben gemachten Ausführungen hindeuten, ist abgesehen davon, daß die Testamentsvollstreckung zur Zeit der Rechtsmitteleinlegung bereits beendet gewesen sein dürfte (- Erbfall liegt neun bzw. zehn Jahre zurück -), deshalb nicht gegeben, weil der Testamentsvollstrecker nicht Vertreter der Erben ist, sondern kraft Amtes (ß 2202 BGB) selbständig handelt.

Die Rbn. können keinen Erfolg haben.

Die Bf. berufen sich darauf, daß die Vermögensabgabeschuld kraft zwingender gesetzlicher Vorschrift des § 20 LAG am 21. Juni 1948 entstanden ist. Da der Erblasser an diesem Tage gelebt habe, sei auch in seiner Person die Abgabepflicht entstanden. Der in der Entscheidung des Bundesfinanzhofs III 26/50 S vom 3. Februar 1951 (BStBl 1951 III S. 57, Slg. Bd. 55 S. 146) zum Ausdruck gekommene Gedanke müsse auch auf den vorliegenden Fall zur Anwendung kommen. Dieser Auffassung kann im Ergebnis nicht beigetreten werden. Es ist zwar richtig, daß die Vermögensabgabeschuld nach § 20 LAG als zu Beginn des 21. Juni 1948 entstanden gilt. Aus dieser Bestimmung kann aber nicht entnommen werden, für wen als Abgabeschuldner die Vermögensabgabeschuld entstanden ist. Eine Vermögensabgabeschuld kann - wie auch sonst bei Personensteuern, insbesondere der Vermögensteuer - nur entstehen, wenn sowohl persönliche wie sachliche Abgabepflicht zur Vermögensabgabe gegeben sind. Persönliche Abgabepflicht hinsichtlich der Vermögensabgabe hat für den Erblasser nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 LAG bestanden, weil er seinen Wohnsitz zu Beginn des 21. Juni 1948 in Berlin (West) gehabt hat. Dies hat schon das Finanzamt in seiner Einspruchsentscheidung zutreffend ausgeführt; das Verwaltungsgericht hat sich dem stillschweigend angeschlossen, da andernfalls die von ihm zur Frage der sachlichen Abgabepflicht gemachten Ausführungen der Grundlage (des Ausgangspunkts) entbehrt hätten. Soweit die Bf. vom Bestehen der persönlichen Abgabepflicht des Erblassers ausgehen, befinden sie sich also in übereinstimmung mit der Auffassung der Vorinstanzen.

Dagegen hat entgegen der Auffassung der Bf. die sachliche Abgabepflicht für den Erblasser zur Zeit seines Todes nicht vorgelegen. Für die sachliche Abgabepflicht des Vermögens in Berlin (West) ist nach § 80 Abs. 1 LAG Stichtag der 1. April 1949; insoweit liegt eine Abweichung von dem gemäß § 21 Abs. 1 LAG hinsichtlich der sachlichen Abgabepflicht für Vermögen im Bundesgebiet maßgebenden Stichtag vom 21. Juni 1948 vor. Die Verschiedenheit der Stichtage für die sachliche Abgabepflicht ist übrigens auch der Grund dafür, daß es für die Vermögensabgabe der besonderen Vorschrift des § 20 LAG über den Zeitpunkt bedurfte, zu dem die Abgabepflicht "als entstanden gilt" (vgl. Kühne-Wolff, Die Gesetzgebung über den Lastenausgleich, Anm. 1 Abs. 2 zu § 20 LAG). Hat es mithin an einer sachlichen Vermögensabgabepflicht des Erblassers bis zu seinem Tode gefehlt, so ist auch in seiner Person keine als Nachlaßverbindlichkeit abziehbare Vermögensabgabeschuld entstanden. Schon die mit Zustimmung des Bundesministers der Finanzen ergangene Rundverfügung Nr. 207/55 des Landesfinanzamts Berlin vom 6. Juni 1955 (Steuer- und Zollblatt Berlin 1955 S. 738) hat in Abschn. B 8 Abs. 1 Satz 2 (a. a. O. S. 741) ausgeführt, daß bei Wegfall einer Person in der Zeit vom 21. Juni 1948 bis zum Beginn des 1. April 1949 (Zwischenzeitraum) ihr Vermögen in Berlin (West) bei den Erben zur Vermögensabgabe heranzuziehen ist, weil es am 1. April 1949 bereits den Erben zugerechnet wird. Auch der Bundesfinanzhof hat sodann in seinem Urteil III 271/55 U vom 13. April 1956 (BStBl 1956 III S. 170, Slg. Bd. 62 S. 459) ausgeführt, daß dem Stichtagsvermögen zum 1. April 1949 aller Personen, die zwischen dem 20. Juni 1948 und dem 1. April 1949 Vermögen in Berlin (West) erworben haben, der zwischen dem 20. Juni 1948 und dem 1. April 1949 erfolgte Vermögenserwerb hinzugerechnet wird (a. a. O. S. 170 rechte Spalte, letzter Absatz). Der 1. April 1949 als Stichtag für die Vermögensermittlung bedeutet, daß im Gegensatz zum Bundesgebiet beim Vermögen in Berlin (West) Zunahmen und Abnahmen des Vermögens in der Zeit vom 21. Juni 1948 bis 31. März 1949 für die Vermögensabgabe voll zur Auswirkung gelangen (Kühne-Wolff, Die Gesetzgebung über den Lastenausgleich, Anm. 2 k zu § 80 LAG; ebenso Hopf-Littmann, Lastenausgleich, Abs. 3 der Vorbemerkung vor §§ 79 bis 90 LAG). Entgegen der Auffassung der Bf. kann aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13. April 1956 nichts Gegenteiliges entnommen werden. Wenn diese Entscheidung ausführt (a. a. O. S. 170 rechte Spalte, erster Absatz), für die Entstehung der Abgabepflicht wie auch für die Frage der beschränkten oder unbeschränkten Abgabepflicht bleibe wie im Gebiet des Grundgesetzes (GG) maßgeblicher Stichtag der 21. Juni 1948 auch für Berlin (West), so bezieht sich dies, wie sich aus dem Zusammenhang, insbesondere aus dem ausdrücklichen Hinweis auf die "Frage der beschränkten oder unbeschränkten Abgabepflicht" sowie aus den weiteren Ausführungen und dem Ergebnis der Entscheidung ergibt, nur auf die Frage der persönlichen, nicht aber der sachlichen Abgabepflicht. Es ist auch unzutreffend, wenn die Bf. den § 80 Abs. 1 LAG als eine für die Frage der sachlichen Abgabepflicht bedeutungslose Vorschrift lediglich über die "Errechnung" der Vermögensabgabe ansehen. Die Bf. übersehen hierbei, daß § 80 Abs. 1 LAG nicht lediglich von der Errechnung, sondern auch von der Ermittlung des Vermögens spricht, ebenso wie dies auch § 21 Abs. 1 LAG für das Vermögen im Bundesgebiet tut. § 21 Abs. 3 LAG enthält deshalb auch noch eine besondere Ermächtigung zum Erlaß einer Rechtsverordnung über die "Feststellung der Besteuerungsgrundlagen". Stellten § 21 Abs. 1 bzw. § 80 Abs. 1 LAG keine Vorschriften über die Vermögensermittlung dar, so hätte es einer besonderen Vorschrift über die Zugrundelegung bereits für andere Zwecke festgestellter Werte bedurft. Es ist auch unrichtig, daß, wie die Bf. meinen, das für die Festsetzung und Erhebung der Vermögensabgabe zuständige Finanzamt sich auf den Standpunkt gestellt habe, daß die Vermögensabgabe bereits beim Tode des Erblassers bestanden und seinen ungeteilten Nachlaß belastet habe. Aus dem Feststellungsbescheid dieses Finanzamts über die einheitliche und gesonderte Feststellung der der Vermögensabgabe unterliegenden Anteile der Erben an dem ungeteilten Nachlaß kann diese Auffassung der Bf. nicht entnommen werden, weil gerade schon diese Bezeichnung des Bescheids darauf hinweist, daß die Anteile der Erben der Vermögensabgabe unterliegen. Richtiger wäre es freilich zur Vermeidung irriger Auslegung gewesen, wenn der Vordruck statt von "Anteilen am Nachlaß" von "Anteilen an ungeteilter Erbengemeinschaft" spräche. Die Bf. können sich auch nicht auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 3. Februar 1951 berufen. Diese vor dem Erlaß des LAG ergangene Entscheidung konnte naturnotwendig die abweichende Stichtagsregelung für die sachliche Abgabepflicht betreffend Vermögen in Berlin (West) nicht voraussehen, konnte also nur den Regelfall ins Auge fassen, daß bei Vorliegen sowohl der persönlichen wie der sachlichen Abgabepflicht am 21. Juni 1948 mit diesem Stichtag grundsätzlich eine Lastenausgleichsschuld zur Entstehung gelangt ist, die im Falle des Ablebens des Abgabepflichtigen nach dem 20. Juni 1948 als Nachlaßverbindlichkeit abgezogen werden kann. Auch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30. September 1954 a. a. O. betrifft nur den genannten Regelfall.

Die Nichtanwendung der Grundsätze des Urteils vom 3. Februar 1951 auf den vorliegenden Fall stellt nicht, wie die Bf. meinen, einen Verstoß gegen Art. 3 GG dar. Ein solcher liegt nur vor, wenn Gleiches ungleich, nicht aber, wenn Ungleiches verschieden behandelt wird. In diesem Sinne sind aber die Fälle der sachlichen Vermögensabgabepflicht von Vermögen in Berlin (West) und von Vermögen im Bundesgebiet infolge der abweichenden Regelung durch das LAG verschieden, müssen also auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer eine unterschiedliche Auswirkung haben. Daß die verschiedenartige Regelung der sachlichen Vermögensabgabepflicht selbst keine Verletzung des Art. 3 GG bedeutet, hat schon das erwähnte Urteil vom 13. April 1956 unter Hinweis auf die durch den späteren Zeitpunkt der Währungsumstellung in Berlin (West) sachlich gerechtfertigte Abweichung von dem für die sachliche Abgabepflicht betreffend Vermögen im Bundesgebiet maßgebenden Stichtag zutreffend ausgesprochen. Wenn die Bf. besonders hervorheben, der Verstoß gegen Art. 3 GG liege darin, daß ein Erbe in Westdeutschland die Vermögensabgabe als Nachlaßverbindlichkeit absetzen dürfe, ein West-Berliner Erbe aber nicht, so ist dem außer den vorstehenden Ausführungen entgegenzuhalten, daß andererseits im Gegensatz zu einem in der Zeit vom 21. Juni 1948 bis 31. März 1949 eingetretenen Erbfall mit Vermögen im Bundesgebiet ein in der gleichen Zeit eingetretener Erbfall mit Vermögen in Berlin (West) die Möglichkeit eröffnet, die Erbschaftsteuer infolge der Verlegung des Stichtags für die sachliche Abgabepflicht als Schuld vom vermögensabgabepflichtigen Vermögen abzuziehen, während dies im ersteren Fall wegen des vor dem Todesfall liegenden Stichtags natürlich ausgeschlossen ist. (Unrichtig ist die Behauptung der Bf., daß das für die Veranlagung zur Vermögensabgabe zuständige Finanzamt den Abzug der Erbschaftsteuer schlechthin abgelehnt habe. Es hat vielmehr den Abzug nur nicht bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Anteile um ungeteilten Nachlaß des Erblassers vorgenommen, sondern die Beteiligten auf die Geltendmachung bei deren Einzelveranlagungen zur Vermögensabgabe verwiesen.) Hieraus wird deutlich, daß der unterschiedliche Stichtag der sachlichen Vermögensabgabepflicht sich ebenso zum Nachteil der Erben von Vermögen im Gebiet der Bundesrepublik wie zu dem von Erben von West-Berliner Vermögen auswirkt, also auch keine einseitige Benachteiligung der Erben von West-Berliner Vermögen bedeutet.

Der von den Bf. ins Feld geführte Gesichtspunkt der "pflichtbelasteten Rechtslage" kann den Rbn. nicht zum Erfolg verhelfen. Die Bf. leiten diese pflichtbelastete Rechtslage ausschließlich aus der Tatsache der persönlichen Vermögensabgabepflicht des Erblassers am 21. Juni 1948 her, lassen die sachliche Abgabepflicht aber wie auch sonst ganz außer Betracht. Eine pflichtbelastete Rechtslage kann nun jedenfalls nur dann und insoweit zu einer Nachlaßverbindlichkeit führen, als der zu Lebzeiten des Erblassers bereits geschaffene Verpflichtungsgrund nach dem Tode des Erblassers tatsächlich zum Eintritt der Verpflichtung führt (vgl. hierzu Kommentar von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern zum BGB, 11. Auflage 1960, Anm. 5 zu § 1967) oder die pflichtbelastete Rechtslage sich, wie die Bf. selbst in ihrem Einspruch ausgeführt haben, im Laufe der Zeit zu einer echten Verpflichtung auswächst. Dies meint auch die angefochtene Entscheidung, wenn sie ausführt, lastenausgleichspflichtiges Vermögen im Sinne des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 3. Februar 1951 sei nur ein solches, mit dem der Erblasser zur Vermögensabgabe herangezogen werden konnte. Ein solcher Eintritt der Verpflichtung aus einer pflichtbelasteten Rechtslage liegt aber nicht vor, weil eine Vermögensabgabeschuld für den Erblasser bis zu seinem Tode nicht entstanden ist und nach dem oben Ausgeführten auch nicht entstehen konnte. Unzutreffend ist es nach den vorstehenden Darlegungen auch, wenn das Landesfinanzamt in seiner für das Finanzamt eingereichten Stellungnahme zu den Rbn. ausführt, es sei für den Erblasser eine Abgabeschuld entstanden, die aber nur, weil sich das Vermögen des Erblassers zum maßgeblichen Stichtag vom 1. April 1949 auf 0 DM errechne, keinen Inhalt habe.

II. Die Bf. begehren Abzug der einzelnen für sie entstandenen Vermögensabgabeschulden. Das ist aber von ihrem Standpunkt aus nicht folgerichtig, denn nach Auffassung der Bf. ist ja die Vermögensabgabeschuld am 21. Juni 1948 für den Erblasser entstanden und müßte daher nach dessen persönlichen Verhältnissen, insbesondere also hinsichtlich des Freibetrags (ß 29 LAG), der Zusammenveranlagung (ß 38 LAG) und der Familienermäßigung (§§ 53, 53 a LAG), bemessen werden. Berücksichtigung einer solchen Vermögensabgabe würde aber den Abzug einer fiktiven, d. h. einer niemals entstandenen Nachlaßverbindlichkeit bedeuten. Davon abgesehen wäre nicht verständlich, wie und wodurch sich etwa eine für den Erblasser entstandene Vermögensabgabeschuld in diejenige der verschiedenen Erben umgewandelt haben sollte, inwiefern die Vermögensabgabeschulden der Erben also gewissermaßen eine Fortsetzung der Vermögensabgabeschuld des Erblassers darstellen sollten. Alles dies beweist, daß die Auffassung der Bf. zu rechtlich unhaltbaren Folgerungen führen müßte.

Auch wenn schon der Erblasser persönlich vermögensabgabepflichtig gewesen ist, weil er am Stichtag vom 21. Juni 1948 gelebt hat, so ist doch, wie schon ausgeführt, mangels sachlicher Abgabepflicht für ihn eine Vermögensabgabeschuld nicht entstanden. Deshalb sind die Vermögensabgabeschulden der Bf. auch originär für sie entstanden, nicht aber derivativ aus einer Vermögensabgabeschuld des Erblassers entsprungen.

III. Nach alledem hat die angefochtene Entscheidung mit Recht eine Belastung des Nachlasses mit Vermögensabgabe und damit eine bei der Erbschaftsteuer zu berücksichtigende Nachlaßverbindlichkeit verneint. Die Rbn. waren deshalb mit der Kostenfolge aus § 307 AO als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410519

BStBl III 1962, 391

BFHE 1963, 342

BFHE 75, 342

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