Leitsatz (amtlich)
Die Führung der Geschäfte einer KG durch eine GmbH, die die einzige Komplementärin der KG ist, gegen Erstattung der Aufwendungen ist eine steuerpflichtige Leistung.
Normenkette
UStG 1951 § 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, ist die einzige Komplementärin der X KG (KG). Ihre Beteiligung an der KG beträgt 2 v. H. Als Kommanditistin sind an der KG beteiligt A und B mit je 16,5 v. H. sowie die H-Werke KG mit 65 v. H.; die Beteiligung der letzteren wird von der Klägerin als Treuhänderin gehalten. Die Vertretung und Geschäftsführung der KG obliegt der Klägerin, die dabei wiederum durch ihre Geschäftsführer vertreten wird (§§ 5 und 6 des Gesellschaftsvertrages). Die Klägerin wird für ihre Geschäftsführung dadurch entschädigt, daß die KG die Ansprüche der Geschäftsführer der GmbH gegen diese auf Gehalt, Tantieme sowie Alters- und Hinterbliebenenversorgung auf Grund der bestehenden Anstellungsverträge erfüllt (§ 7 des Gesellschaftsvertrages). Alleiniger Geschäftsführer der Klägerin war im Jahre 1967 R. Das in diesem Jahre an R. gezahlte Gehalt in Höhe von ..... DM hat die KG der Klägerin ersetzt. Diesen Betrag hat der Beklagte und Revisionskläger (FA) der Umsatzbesteuerung 1967 der Klägerin, die keine sonstigen Umsätze ausgeführt hat und auch keine Betriebstätte besitzt, zugrunde gelegt.
Mit der Sprungklage hatte die Klägerin Erfolg. Das FG vertritt folgende Auffassung: Mit der Betätigung als Geschäftsführer übe der Komplementär einer KG lediglich eine gesellschaftsrechtliche Funktion aus; er setze die Gesellschaft erst in den Stand, durch ihn zu handeln; er trete daher der Gesellschaft gegenüber nicht als Dritter auf; zwischen ihm und der Gesellschaft sei daher ein Leistungsaustausch nicht möglich.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des FA. Es ist unter Bezugnahme auf die Urteile des Senats vom 5. Dezember 1968 V 228/65 (BFHE 95, 58, BStBl II 1969, 302) und vom 23. Oktober 1969 V R 54/66 (BFHE 97, 569, BStBl II 1970, 233) der Auffassung, daß in Fällen der vorliegenden Art sowohl das Vorliegen eines Leistungsaustauschs im Sinne des Umsatzsteuerrechts als auch die Selbständigkeit des Leistenden bejaht werden müsse.
Das FA beantragt Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage.
Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Revision.
Sie teilt im wesentlichen die Auffassung des FG.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Die Beantwortung der Frage, ob die Klägerin wegen ihrer Tätigkeit als Geschäftsführer der KG zur Umsatzsteuer heranzuziehen ist, ist allein davon abhängig, ob die Klägerin als Unternehmer mit dieser Tätigkeit Leistungen gegen Entgelt ausgeführt hat (§ 1 UStG 1951). Zu Unrecht hat das FG der Entscheidung dieser Frage die Auffassung zugrunde gelegt, daß die Ausübung gesellschaftsrechtlicher Funktionen in dem Umfang, in dem diese ausgeübt werden, einen Leistungsaustausch ausschließen und daß derjenige, der einer Gesellschaft gegenüber solche funktion ausübe, der Gesellschaft gegenüber kein Dritter sei. Diese Auffassung widerspricht der Rechtsprechung des Senats. In dem Urteil vom 18. Juli 1968 V 200/65 (BFHE 93, 98, BStBl II 1968, 702) wird ausdrücklich ausgeführt, daß die Frage, ob zwischen einem Gesellschafter und der Gesellschaft, an der er beteiligt ist, ein Leistungsaustausch im Sinne des Umsatzsteuerrechts stattfindet, nicht davon abhängig ist, ob eine von dem Gesellschafter erbrachte Leistung gesellschaftsrechtlichen oder nicht gesellschaftsrechtlichen Charakter habe; auch Leistungen mit gesellschaftsrechtlichem Charakter seien Leistungen i. S. des Umsatzsteuergesetzes; entscheidend sei vielmehr, "ob der Leistung des Gesellschafters ein Entgelt als Gegenleistung gegenüberstehe". Von derselben Auffassung ist der Senat im Ergebnis bei der Beurteilung der in der Ausübung gesellschaftsrechtlicher Funktionen bestehenden Tätigkeit als Mitglied eines Aufsichtsrats einer AG ausgegangen. Der Senat hat sich daher in diesem Falle darauf beschränken können zu untersuchen, ob das Aufsichtsratsmitglied eine Unternehmertätigkeit ausgeübt hat, insbesondere ob es selbständig tätig geworden ist (Urteil vom 27. Juli 1972 V R 136/71, BFHE 106, 389, BStBl II 1972, 810). Unter denselben Gesichtspunkten ist aber auch die (gesellschaftsrechtlich bedingte) Tätigkeit eines (Gesellschafter-)Geschäftsführers, wie sie die Klägerin ausübt, für eine Gesellschaft zu betrachten. Ebenso wie ein Gesellschafter oder ein Mitglied eines Aufsichtsrats erbringt die Klägerin als Geschäftsführer Leistungen i. S. des Umsatzsteuerrechts. Daß die ihr dafür im Jahre 1967 gezahlten .... DM ein echtes Leistungsentgelt und nicht etwa eine leistungsunabhängige Gewinnbeteiligung darstellen, kann sowohl im Hinblick auf die Beteiligung der Klägerin an der KG mit nur 2 v. H. als auch auf die Tatsache, daß die Zahlungen die eigenen Aufwendungen der Klägerin gegenüber ihrem Geschäftsführer ersetzen sollen, nicht zweifelhaft sein.
Ist somit die Frage nach dem Leistungsaustausch zwischen der Klägerin und der KG in bezug auf die Geschäftsführertätigkeit der Klägerin zu bejahen, bleibt lediglich zu prüfen, ob eine Umsatzbesteuerung der Klägerin etwa deswegen entfällt, weil sie nicht selbständig war. Dies ist jedoch nicht der Fall. Es kann hier dahingestellt bleiben, wie zu entscheiden wäre, wenn es sich um eine natürliche Person als Geschäftsführer der KG handeln würde (vgl. hierzu Urteil vom 24. Oktober 1963 V 294/60, HFR 1964, 181). Die Klägerin ist eine juristische Person. Eine solche übt ihre Tätigkeit nur dann unselbständig aus, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert ist - Organgesellschaft - (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG 1951). Im vorliegenden Falle fehlt es nach den Feststellungen des FG - im Gegensatz zum Vortrag der Klägerin in der Vorinstanz - an der finanziellen Eingliederung in die KG. Nach den Feststellungen im finanzgerichtlichen Urteil war an der Klägerin im Jahre 1967 (nicht die KG, sondern) der Syndikus L zu 100 v. H. beteiligt, der beim Erwerb der Beteiligung als Treuhänder für die H-Werke KG aufgetreten ist. Daß die Klägerin nicht mit der KG, sondern mit einem anderen Unternehmen organschaftlich verbunden ist, ist weder vorgetragen noch aus den vom FG festgestellten Tatsachen erkennbar.
Da das FG die Rechtslage verkannt hat, war seine Entscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 70561 |
BStBl II 1973, 764 |
BFHE 1974, 145 |