Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung von ESt-Bescheiden bei Vorbehaltsnießbrauch; keine Rechtsfehlerberichtigung bei Änderung der BFH-Rechtsprechung
Leitsatz (NV)
1. War dem FA aufgrund der ESt-Erklärungen der Beteiligten bekannt, daß nach Schenkung eines gemischtgenutzten Grundstücks an die Söhne unter Vorbehaltsnießbrauch für die Mutter Gebäudeteile von den Söhnen unentgeltlich zu Wohnzwecken genutzt wurden, so kann es ESt-Bescheide, mit denen entsprechend der früheren Praxis die Einnahmen der Mutter und die Werbungskosten den Söhnen zugerechnet wurden, nicht ohne weiteres nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO mit der Begründung ändern, daß der Nießbrauch nicht tatsächlich durchgeführt worden sei. Auch eine Rechtsfehlerberichtigung im Rahmen des § 177 Abs. 2 AO ist gemäß § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO nicht zulässig, weil der BFH inzwischen die Rechtsprechung zum Nießbrauch geändert hat.
2. Ein Vorbehaltsnießbrauch an einem gemischtgenutzten Grundstück kann auch dadurch wirksam ausgeübt werden, daß ein Grundstücksteil gewerblich vermietet und ein Teil unentgeltlich zu Wohnzwecken überlassen wird, wenn nicht gleichzeitig die Dispositionsbefugnis des Nießbrauchers zu sehr eingeengt wird (Anschluß an BFH-Urteil v. 30. 7. 1985 VIII R 71/81, BFHE 144, 376, BStBl II 1986, 327). An der Anerkennung des Nießbrauchs ändert sich auch dann nichts, wenn die die Wohnungen unentgeltlich nutzenden Söhne die darauf entfallenden Instandhaltungsaufwendungen tragen.
3. Werden endgültige und bestandskräftige ESt-Bescheide wegen des Ergehens von Grundlagenbescheiden gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert, so ist es nicht statthaft, die Änderungsbescheide unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 2 AO) zu stellen (Anschluß an BFH-Urteil v. 30. 10. 1980 IV R 168 - 170/80, BFHE 132, 5, BStBl II 1981, 150). Ein gleichwohl erlassener rechtswidriger Vorbehaltsvermerk ist jedoch solange wirksam, bis er aufgehoben wird (BFH-Urteil v. 16. 10. 1984 VIII R 162/80, BFHE 143, 299, BStBl II 1985, 448).
Normenkette
AO 77 § 164 Abs. 2, § 173 Abs. 1 Nr. 1, § 175 Abs. 1 Nr. 1, § 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 177; AO § 90 ff.; FGO § 118 Abs. 2; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 2, § 21 Abs. 2 Alt. 2
Tatbestand
Die Mutter der Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) zu 1 und 2 war Alleineigentümerin der Grundstücke X-straße 1 und 1 a in Y. Die Grundstücke wurden teilweise (X-straße 1 zu 38 v.H., X-straße 1 a zu 36 v.H.) betrieblich von der aus den Klägern und ihrer Mutter bestehenden Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR) genutzt. Im übrigen bewohnte das Grundstück X-straße 1 der Kläger zu 2 mit seiner Familie und das Grundstück X-straße 1 a der Kläger zu 1 mit seiner Familie. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 13. November 1970 übertrug die Mutter der Kläger ihre Anteile an der GdbR zu gleichen Teilen auf die Kläger und schied aus der GdbR aus. Außerdem übertrug sie das Grundstück X-straße 1 auf den Kläger zu 2 und das Grundstück X-straße 1 a auf den Kläger zu 1. Sie behielt sich das Nießbrauchsrecht an beiden Grundstücken vor und überließ den Klägern unentgeltlich die Nutzung der schon bisher von ihnen genutzten Wohnungen. Den betrieblich genutzten Grundbesitz vermietete sie an die von den Klägern gebildete Z-KG (KG). Das Nießbrauchsrecht der Mutter der Kläger wurde im Grundbuch eingetragen.
Die Kläger erklärten in ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1973 bis 1975 negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Sie setzten in der Anlage V zu den Einkommensteuererklärungen die Mieteinnahmen mit dem Hinweis ,,Nießbrauch G. Z" mit null DM an und machten Erhaltungsaufwendungen, Steuern, Gebühren, Versicherungen und Absetzung für Abnutzung (AfA) nach Abzug des auf die betriebliche Nutzung der Grundstücke entfallenden Anteile als Werbungskosten geltend. Die KG behandelte die an die Mutter der Kläger gezahlte jährliche Miete von 6 840 DM als Betriebsausgaben. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) veranlagte die Kläger entsprechend ihren Erklärungen endgültig. Die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre wurden bestandskräftig.
Im Jahre 1977 fand eine Außenprüfung bei der KG statt. Der Prüfer sah die von der KG an die Mutter der Kläger gezahlte Miete als private Versorgungsrente an, da der Nießbrauch nicht ernsthaft vereinbart und tatsächlich durchgeführt sei. Das FA änderte entsprechend den Prüfungsfeststellungen die Gewinnfeststellungen der KG und nach § 175 Nr. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 - (jetzt § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977) mit Bescheiden vom 20. April 1978 die Einkommensteuerbescheide der Kläger. Es erließ die Änderungsbescheide 1974 und 1975 gegenüber dem Kläger zu 1 und alle Änderungsbescheide gegenüber dem Kläger zu 2 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO 1977. Das FA setzte für die eigengenutzten Wohnungen der Kläger einen Mietwert an und behandelte die Mietzahlungen der KG als private Versorgungsrente, die es mit dem Ertragsanteil als Sonderausgaben berücksichtigte. Das FA erläuterte die geänderte Steuerfestsetzung dahingehend, daß der Nießbrauchsvertrag vom 13. November 1970 steuerlich keine Anerkennung finde.
Die gegen die Änderungsbescheide gerichteten Einsprüche wies das FA als unbegründet zurück. Während des Klageverfahrens änderte es die Einkommensteuerbescheide 1974 und 1975 des Klägers zu 2 aus hier nicht interessierenden Gründen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977. Die Bescheide wurden Gegenstand des Klageverfahrens.
Die zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen der Kläger und der KG hatten Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus, die Mietzahlungen an die Mutter der Kläger und die auf die betrieblich genutzten Grundstücksanteile entfallenden Grundstücksaufwendungen einschließlich der AfA seien als Betriebsausgaben der KG abziehbar. Die Mutter der Kläger habe sich zivilrechtlich wirksam den Nießbrauch vorbehalten. Nießbrauchsbestellung und Mietvertrag seien ernsthaft vereinbart und durchgeführt. Die Mutter der Kläger erfülle als Nießbraucherin den Tatbestand der Einkünfteerzielung. Die Mietzahlungen stellten Betriebsausgaben dar. Demgemäß entfalle bei den Klägern der Abzug eines Ertragsanteils als Sonderausgaben. Da ein wirksamer Nießbrauch der Mutter vorliege, sei ihr - nicht den Klägern - der Mietwert der diesen unentgeltlich zur privaten Nutzung überlassenen Wohnungen zuzurechnen. Zwar könnten die Kläger insoweit auch nicht die mit dem Grundstück in Zusammenhang stehenden Aufwendungen als Werbungskosten absetzen, da sie die privaten Teile der Grundstücke nicht zur Erzielung von Einnahmen genutzt hätten. Das FA könne hieraus jedoch für die Streitjahre keine rechtlichen Folgerungen mehr ziehen, weil sich die Belastung der Grundstücke mit einem Nießbrauch der Mutter bereits aus den Einkommensteuererklärungen ergeben hätte, die das FA den endgültigen Veranlagungen zur Einkommensteuer zugrunde gelegt habe. Die Existenz des Nießbrauchsrechts sei keine neue Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977. Das FA habe aus dem Bestehen des Nießbrauchs und der Wohnungsnutzung durch die Kläger lediglich andere rechtliche Folgerungen gezogen. Das FG setzte die Einkommensteuer der Kläger für die Streitjahre entsprechend seinen Ausführungen fest.
Mit Urteil vom 5. Juli 1984 IV R 57/82 (BFHE 146, 370, BStBl II 1986, 322) hat der IV. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) das Urteil des FG betreffend die einheitliche Gewinnfeststellung 1973 bis 1975 der KG aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Der IV. Senat erachtete das Urteil des FG nur insoweit für rechtsfehlerhaft, als es die AfA für die betrieblich genutzten Gebäudeteile als Betriebsausgaben anerkannt hatte.
Vor dem FG hat sich der Rechtsstreit betreffend die KG in der Hauptsache erledigt. Daraufhin hat das FA für den Kläger zu 1 für 1973 und den Kläger zu 2 für alle Streitjahre nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 geänderte Einkommensteuerbescheide erlassen. Die Einkommensteuerbescheide 1974 und 1975 für den Kläger zu 1 hat es unter Aufrechterhaltung des Vorbehalts der Nachprüfung nach § 164 Abs. 2 AO 1977 geändert.
Die Kläger haben die geänderten Einkommensteuerbescheide vom 7. August 1985 zum Gegenstand des Revisionsverfahrens gemacht und mitgeteilt, daß die tatsächlichen Grundlagen des Streitfalles durch die Änderungsbescheide nicht berührt worden sind.
Mit der Revision rügt das FA sinngemäß Verletzung von § 21 Abs. 2 Alternative 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG), § 173 Abs. 1 Nr. 1 und § 177 Abs. 1 AO 1977. Es führt im wesentlichen aus, den Klägern sei der Nutzungswert der von ihnen bewohnten Grundstücksteile gemäß § 21 Abs. 2 Alternative 1 EStG zuzurechnen; denn sie hätten eine Wohnung im eigenen Haus inne. Der durch Vertrag vom 13. November 1970 vorbehaltene Nießbrauch der Mutter könne steuerrechtlich nicht anerkannt werden, da er nicht durchgeführt worden sei. Die Kläger hätten an ihre Mutter keine Miete gezahlt und in Abweichung von der vertraglichen Regelung vom 13. November 1970 kleinere Reparatur- und Instandhaltungsaufwendungen selbst getragen. Außerdem habe sich die Mutter der Kläger dadurch, daß sie diesen ihre Wohnungen unentgeltlich während der Dauer des Nießbrauchs zur Nutzung überlassen habe, der Dispositionsbefugnis hinsichtlich dieser Grundstücksteile begeben (vgl. BFH-Urteil vom 30. Juli 1985 VIII R 71/81, BFHE 144, 376, BStBl II 1986, 327). Die durchzuführende Änderung werde auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 gestützt. Erst durch die Außenprüfung sei dem FA bekanntgeworden, daß der Nießbrauch nicht durchgeführt worden sei. Dem Prüfer sei der Nießbrauchsvertrag erstmalig vorgelegt worden. Selbst wenn man diese Änderungsmöglichkeit verneine, sei der Mietwert gemäß § 177 Abs. 2 AO 1977 anzusetzen, da in den Bescheiden vom 7. August 1985 die Gewinnanteile der Kläger niedriger als in den aufgrund der Betriebsprüfung ergangenen Bescheiden seien. Käme man nämlich zu dem Ergebnis, daß die Vorlage des Nießbrauchsvertrags für das FA keine neue Tatsache darstelle, so handle es sich bei dem Nichtansatz des Nutzungswerts um einen Rechtsfehler. Hilfsweise werde vorgetragen, daß das FG in seinem Urteil § 177 Abs. 2 AO 1977 jedenfalls insoweit hätte berücksichtigen müssen, als es bei den Klägern die kleineren Reparaturaufwendungen zum Abzug zugelassen habe. Die Sonderausgaben müßten um den Ertragsanteil einer Versorgungsrente gekürzt werden, da die Mietzahlungen der KG an die Mutter der Kläger als Betriebsausgaben anerkannt worden seien.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung, soweit sie die Einkommensteuer der Kläger zum Gegenstand hat, aufzuheben und die Einkommensteuer der Kläger entsprechend den Steuerbescheiden vom 7. August 1985 unter Kürzung der Sonderausgaben um 582 DM jährlich festzusetzen.
Die Kläger beantragen, die Revision mit der Maßgabe als unbegründet zurückzuweisen, daß der Sonderausgabenabzug jeweils um 582 DM vermindert wird.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur anderweitigen Steuerfestsetzung.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind aufgrund der im Revisionsverfahren abgegebenen Erklärung der Kläger die Einkommensteuerbescheide 1973 bis 1975 vom 7. August 1985 (§§ 68, 121, 123 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Da durch diese Bescheide die vom FG vorgenommene Steuerfestsetzung in bezug auf den Ansatz der Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie der Sonderausgaben überholt ist, hält es der Senat für geboten, nach § 127 FGO das angefochtene Urteil, soweit es die Einkommensteuer der Kläger betrifft, aufzuheben (vgl. Urteil des BFH vom 15. Februar 1984 II R 219/81, BFHE 140, 489, BStBl II 1984, 458). Einer Zurückverweisung der Sache an das FG bedarf es jedoch nicht, da die Sache spruchreif ist. Hinsichtlich der im vorliegenden Verfahren streitigen Einkünfte der Kläger aus Vermietung und Verpachtung und der Sonderausgaben sind die tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffes durch die Änderungsbescheide nicht berührt worden (vgl. BFH-Urteil vom 31. Juli 1984 IX R 3/79, BFHE 142, 347, BStBl II 1985, 33).
2. a) Zu Recht hat das FG für die den Gegenstand seines Verfahrens bildenden Einkommensteuerbescheide entschieden, daß das FA nicht zu einer Änderung der ursprünglichen Einkommensteuerbescheide in bezug auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung befugt war. Aus demselben Grund und in demselben Umfang sind auch die Änderungsbescheide vom 7. August 1985, die Gegenstand des Revisionsverfahrens sind, rechtswidrig. Zwar sind die aufgrund der Betriebsprüfung ergangenen Änderungsbescheide in die Änderungsbescheide vom 7. August 1985 aufgenommen worden und entfalten, solange die letztgenannten Bescheide wirksam sind, keine Wirkung (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH vom 25. Oktober 1972 GrS 1/72, BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231). Da die Rechtmäßigkeit eines Änderungsbescheides in den Grenzen des § 351 Abs. 1 AO 1977 unter allen rechtlichen Gesichtspunkten, auch solchen, die den vorangegangenen, geänderten Bescheid betreffen und im Änderungsbescheid fortwirken, zu überprüfen ist (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 351 AO 1977 Tz. 9, und Woerner, Die Änderung von Steuerbescheiden während eines gerichtlichen Verfahrens, Betriebs-Berater - BB - 1973, 515 unter 4 cc), hängt die Rechtmäßigkeit der Bescheide vom 7. August 1985 davon ab, daß die Änderung der ursprünglichen bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide in bezug auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zulässig war.
b) Die Änderung der Einkommensteuerbescheide in bezug auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung konnte nicht auf § 175 Nr. 1 AO 1977 gestützt werden; denn für diese Einkünfte lagen keine Grundlagenbescheide vor.
c) Das FA war auch nicht befugt, die ursprünglichen Einkommensteuerbescheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 zu ändern. Nach dieser Vorschrift sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Daß die Kläger die Aufwendungen für die von ihnen genutzten Wohnungen getragen hatten, war dem FA aus den Steuererklärungen bekannt. Ebenso ergab sich die Unentgeltlichkeit der Wohnungsnutzung aus den Angaben zu den Mieteinnahmen in der Anlage V zu den Steuererklärungen. Soweit das FA als nachträglich bekanntgewordene Tatsache die unentgeltliche Nutzungsüberlassung an die Eigentümer während der Dauer des Nießbrauchs ansieht, handelt es sich hierbei um neues tatsächliches Vorbringen in der Revisionsinstanz. Dieses kann der Senat mangels begründeter Revisionsrügen in bezug auf die tatsächlichen Feststellungen des FG zum Inhalt des Vertrags vom 13. November 1970 nicht berücksichtigen (§ 118 Abs. 2 FGO). Die Voraussetzungen für eine Änderung der Steuerbescheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 liegen mithin nicht vor.
3. Die vom FA begehrte Rechtsfehlerberichtigung nach § 177 AO 1977 ist nicht zulässig. Zwar liegen die Voraussetzungen des § 177 Abs. 2 AO 1977 vor, nachdem in den aufgrund des Rechtsmittelverfahrens geänderten Gewinnfeststellungsbescheiden der KG niedrigere Gewinne festgestellt wurden als in den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheiden, die den Einkommensteuerbescheiden vom 20. April 1978 zugrunde gelegt worden waren; jede nach § 175 AO 1977 vorzunehmende Änderung ist eine Änderung i.S. des § 177 AO 1977.
a) Entgegen der Auffassung des FA stellte es keinen Rechtsfehler dar, daß die Kläger den Nutzungswert ihrer Wohnungen nicht nach § 21 Abs. 2 Alternative 1 EStG versteuert haben. Die Kläger nutzen ihre Wohnungen nicht als Eigentümer des jeweiligen Grundstücks, sondern aufgrund der unentgeltlichen Überlassung der Nutzung durch ihre Mutter als Vorbehaltsnießbraucherin. Der Nießbrauch der Mutter der Kläger ist bürgerlich-rechtlich wirksam bestellt (§§ 1030, 873 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -). Die Nießbauchsberechtigte hat ihre Nießbrauchsrechte an den Grundstücken dadurch ausgeübt, daß sie diese zum Teil - in einkommensteuerrechtlich anzuerkennender Weise - an die KG vermietet und zum Teil den Klägern unentgeltlich zur privaten Nutzung überlassen hat. Die Unentgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung der Wohnungen an die Kläger reicht nicht aus, insoweit die Nießbrauchsrechte der Mutter einkommensteuerrechtlich nicht anzuerkennen. Denn, wie der VIII. Senat in der Entscheidung in BFHE 1444, 376, BStBl II 1986, 327 ausgeführt hat, steht es dem Nutzungsberechtigten im Rahmen seiner Dispositionsbefugnis grundsätzlich frei, ob er die mit dem Nutzungsrecht belastete Sache selbst nutzen oder sie entgeltlich oder unentgeltlich einem Dritten zum Gebrauch überlassen will. ,,Dritter" in diesem Sinne kann auch der Eigentümer sein. Zweifel an der tatsächlichen Durchführung des Nutzungsrechts sind allerdings im Falle der unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung an den Eigentümer dann begründet, wenn dem Nutzungsberechtigten keine wesentliche Dispositionsbefugnis hinsichtlich der belasteten Sache zusteht. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Eigentümer einen unkündbaren oder auf Lebensdauer bemessenen Leihvertrag abgeschlossen hat. Der erkennende Senat teilt diese Auffassung. Im vorliegenden Fall sind nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), wie in der oben angeführten Entscheidung des VIII. Senats, keine Anhaltspunkte dafür gegeben, daß die Dispositionsbefugnis der Mutter der Kläger derart eingeengt war. Die Behauptung des FA, daß die Mutter den Klägern die Wohnungen auf Lebenszeit unentgeltlich zur Nutzung überlassen habe, ist neues tatsächliches Vorbringen, das der Senat nicht berücksichtigen kann.
Unschädlich für die einkommensteuerrechtliche Anerkennung des Nießbrauchs ist es, daß die Kläger die auf ihre Wohnungen entfallenden Grundstücksaufwendungen getragen haben. Nach dem vom FG seiner Entscheidung zugrunde gelegten Inhalt des Vertrags vom 13. November 1970 - mangels begründeter Revisionsrügen ist der Senat an diese Feststellungen gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO) -, enthielt dieser keine ausdrückliche Vereinbarung über die Kostentragung hinsichtlich der Wohnungen der Kläger. Da sich die unentgeltliche Überlassung der Wohnungen an die Kläger zur Nutzung bürgerlich-rechtlich als Leihvertrag darstellt, hatten die Kläger nach § 601 BGB die gewöhnlichen Kosten der Erhaltung der geliehenen Sache zu tragen. Daß die Kläger Instandhaltungs- und Reparaturaufwendungen getragen haben, ist danach nicht zu beanstanden. Auch soweit sie in Abweichung von § 1047 BGB die auf dem Grundstück ruhenden öffentlichen Lasten getragen haben, kann dies im Hinblick auf die Unentgeltlichkeit ihrer Nutzung nicht zur Versagung der steuerrechtlichen Anerkennung des Nießbrauchs führen.
b) Der Nutzungswert der Wohnungen ist den Klägern nach § 21 Abs. 2 Alternative 2 EStG zuzurechnen. Nach der zum Zeitpunkt des Erlasses der ursprünglichen Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre geltenden Rechtsprechungen des BFH hatte die Mutter der Kläger den Nutzungswert der diesen unentgeltlich zur Nutzung überlassenen Wohnungen zu versteuern, da die Kläger ihr gegenüber unterhaltsberechtigt waren (vgl. Urteile vom 20. November 1973 VIII R 256/72, BFHE 110, 561, BStBl II 1974, 163, und vom 11. April 1978 VIII R 164/77, BFHE 125, 155, BStBl II 1978, 493). Demgegenüber ist nach der neueren Rechtsprechung des BFH der Nutzungswert den Klägern nach § 21 Abs. 2 Alternative 2 EStG zuzurechnen, da sie nach dem Vertrag vom 13. November 1970 die Wohnungen aufgrund einer gesicherten Rechtsposition innehaben (vgl. u.a. Urteile vom 29. November 1983 VIII R 215/79, BFHE 140, 199, BStBl II 1984, 366, und vom 23. Oktober 1984 IX R 48/80, BFHE 143, BStBl II 1985, 453).
Da diese Zurechnung auf der geänderten Rechtsprechung des BFH beruht, ist die Rechtsfehlerberichtigung nach § 177 Abs. 2 AO 1977 durch § 177 Abs. 3 i.V.m. § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO 1977 ausgeschlossen. Es können daher im Rahmen der Änderung weder ein Mietwert angesetzt noch die Werbungskosten gekürzt werden. Der Senat kann offenlassen, welche der von den Klägern getragenen Aufwendungen Werbungskosten im Rahmen der Ermittlung des Nutzungswerts nach § 21 Abs. 2 Alternative 2 EStG sind. Auch eine mögliche Einschränkung des Werbungskostenabzugs beruht auf der geänderten Rechtsprechung zur unentgeltlichen Überlassung der Nutzung einer Wohnung an Unterhaltsberechtigte aufgrund einer gesicherten Rechtsposition (vgl. u.a. Urteil in BFHE 143, 313, BStBl II 1985, 453). Nach der früheren Rechtsprechung zur Abziehbarkeit von Aufwendungen des Eigentümers für ein nießbrauchsbelastetes Grundstück als Werbungskosten hat das FA die von den Klägern geltend gemachten Werbungskosten nicht rechtsfehlerhaft anerkannt; denn nach den Entscheidungen des BFH vom 5. Juli 1957 VI 74/55 U (BFHE 65, 419, BStBl III 1957, 393) und vom 4. August 1961 VI 269/60 S (BFHE 73, 813, BStBl III 1961, 562) konnte der Eigentümer im Hinblick auf die künftige Nutzung die Kosten aus dem Grundstück, soweit sie zu seinen Lasten gingen, als seine Werbungskosten geltend machen. Zwar hat der BFH im Urteil vom 19. Oktober 1976 VIII R 65/73 (BFHE 120, 234, BStBl II 1977, 72), das vor Erlaß der ursprünglichen Einkommensteuerbescheide 1975 vom 29. August 1977 veröffentlicht wurde, Zweifel an der Entscheidung in BFHE 65, 419, BStBl III 1957, 393 geäußert. Die Rechtsprechung, daß der Eigentümer des mit einem unentgeltlichen Nießbrauch belasteten Grundstücks Aufwendungen für das Grundstück nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen kann, weil die Aufwendungen in keinem Zusammenhang mit der Erzielung von Einnahmen stehen, wurde jedoch erst später entwickelt (vgl. BFH-Urteil vom 13. Mai 1980 VIII R 128/78, BFHE 131, 216, BStBl II 1981, 299).
4. Eine andere Beurteilung ist auch nicht in bezug auf die nach § 164 Abs. 2 AO 1977 geänderten Einkommensteuerbescheide 1974 und 1975 des Klägers zu 1 vom 7. August 1985 geboten; denn die Änderung bezieht sich nicht auf die streitigen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Insoweit haben die Bescheide denselben Regelungsinhalt wie die Bescheide vom 20. April 1978. Da die ursprünglichen Einkommensteuerveranlagungen endgültig und bestandskräftig durchgeführt worden waren, kann eine Änderung in bezug auf sie nicht auf § 164 Abs. 2 AO 1977 gestützt werden. Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß der Vorbehalt der Nachprüfung in den Einkommensteuerbescheiden vom 20. April 1978 rechtswidrig war (vgl. Urteil des BFH vom 30. Oktober 1980 IV R 168-170/79, BFHE 132, 5, BStBl II 1981, 150), jedoch mangels ausdrücklicher Aufhebung weiterhin wirksam geblieben ist (Urteil des BFH vom 16. Oktober 1984 VIII R 162/80, BFHE 143, 299, BStBl II 1985, 448).
5. Nachdem die Mietzahlungen für die betrieblich genutzten Grundstücksteile als Betriebsausgaben der KG anerkannt worden sind, entfällt der Ansatz des Ertragsanteils einer Versorgungsrente als Sonderausgaben bei den Klägern.
6. Die Änderungsbescheide vom 7. August 1985 sind mithin dahingehend abzuändern, daß als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung die in den ursprünglichen Einkommensteuerbescheiden berücksichtigten Werbungskostenüberschüsse angesetzt und die Sonderausgaben um den Ertragsanteil gekürzt werden. Die Einkommensteuer für die Streitjahre errechnet sich wie folgt: (wird ausgeführt).
Fundstellen
Haufe-Index 61653 |
BFH/NV 1987, 433 |