Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Gewinne aus außerordentlichen Waldnutzungen sind durch einen Zuschlag nach § 9 Abs. 2 VOL zu erfassen.

Zur Anwendung des § 34 Abs. 3 EStG 1950/1951.

An der abweichenden Auffassung in dem Urteil IV 450/53 S vom 10. Juni 1954 (Slg. Bd. 59 S. 58, BStBl 1954 III S. 231) wird nicht mehr festgehalten.

 

Normenkette

EStG § 13; VOL § 9 Abs. 2; GDL 8/1; EStG § 34 Abs. 3, § 34b/1/1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob bei einem Landwirt, der seinen Gewinn nach der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittsätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft vom 2. Juni 1949 - VOL - (Steuer- und Zollblatt 1949 S. 158) zu versteuern hat, und in dessen landwirtschaftlichem Betriebe die forstwirtschaftlich genutzten Grundstücksflächen die Grenze des § 8 Abs. 2 VOL (mehr als 10 v. H. des gesamten Einheitswertes, mindestens aber Teileinheitswert von 5.000 DM) nicht überschreiten, Gewinne aus außerordentlichen Waldnutzungen durch einen Zuschlag nach § 9 Abs. 2 VOL zu erfassen sind, und ob § 34 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1950/1951 anzuwenden ist. Da für die Veranlagungszeiträume 1950 bis 1952 allein über diese Fragen zu befinden ist, werden die vom Finanzgericht für das Jahr 1950 und die Jahre 1951 und 1952 getrennte behandelten Streitfälle zur einheitlichen Entscheidung verbunden.

Der Steuerpflichtige ist nichtbuchführender Landwirt. Der noch maßgebende Einheitswert des ganzen Betriebes ist auf den 1. Januar 1935 mit 6.300 DM festgestellt worden, wovon 1.475 DM auf 7,389 ha forstwirtschaftlich genutzte Flächen entfallen; die landwirtschaftliche Fläche beträgt 3,2 ha. In den Jahren 1950 bis 1952 sind größere Holzeinschläge (Kahlhiebe) vorgenommen worden. An Erlösen wurden

1950: ---------- 6.325 DM, 1951: --------- 19.000 DM, 1952: --------- 94.534 DMerzielt und zum Ankauf einer Gastwirtschaft nebst Metzgerei verwendet. Die gesamte abgeholzte Fläche beträgt etwa 3 ha.

Der nachhaltige Gewinn nach §§ 2 ff. VOL beträgt für jedes Wirtschaftsjahr 1.330 DM. Den Reingewinn aus den Holzverkäufen hat das Finanzamt unter Zubilligung von 40 v. H. Betriebsausgaben (§ 52 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung - EStDV -) für das Wirtschaftsjahr 1949/1950 auf 2.220 DM, für das Wirtschaftsjahr 1950/1951 auf 5.486 DM und für das Wirtschaftsjahr 1951/1952 auf 64.307 DM errechnet und den Gesamtgewinn für das Jahr 1950 mit 5.183 DM, für 1951 mit 32.326 DM und für 1952 mit 33.484 DM veranlagt. In den Gesamtgewinnen ist als Zuschlag gemäß § 9 Abs. 2 VOL für die Waldnutzung für 1950 ein Betrag von 3.853 DM, für 1951 und 1952 ein solcher von je 32.153(4) DM enthalten. Bei der Berechnung des Reingewinnes aus den Holzerlösen sind zur Vermeidung einer doppelten Erfassung der seit 1936 (Einführung der VOL-Besteuerung) in den Durchschnittsgewinnen bereits enthaltenen forstwirtschaftlichen Gewinne (1936 bis 1945 1/18, 1946 bis 1952 1/12 des auf die forstwirtschaftliche Fläche entfallenden Einheitswertes von 1.475 DM) 1.680 DM abgesetzt worden. Die Höhe der Gewinne ist nicht bestritten. Der Steuerpflichtige ist jedoch der Auffassung, daß mit den Durchschnittsgewinnen von jährlich 1.330 DM auch der forstwirtschaftliche Ertrag abgegolten sei, da die forstwirtschaftliche Fläche die in § 8 VOL bestimmten Wertgrenzen nicht überschreite; ein Gewinn aus außerordentlicher Waldnutzung dürfe nicht hinzugerechnet werden. Sollte das in Form von Zuschlägen doch geschehen, so werde die Anwendung des § 34 EStG beantragt, da die Holzeinschläge aus privatwirtschaftlichen Gründen geboten gewesen seien. Der Ankauf der Gastwirtschaft und Metzgerei sei zur Schaffung einer Existenzgrundlage notwendig gewesen; der dadurch entstandene Kapitalbedarf habe nur aus den Holzerlösen gedeckt werden können. Im übrigen liege auch eine Kalamitätsnutzung vor, da der Wald im April 1945 durch einige Bomben Schaden erlitten habe, und durch einen im Jahre 1949 in einem Nachbarwald vorgenommenen Kahlhieb starke Windbruchgefahr entstanden sei.

Für 1950 hatte die Sprungberufung Erfolg, für 1951 und 1952 wurde er ihr versagt.

Die für den Veranlagungszeitraum 1950 zuständig gewesene Kammer ist der Auffassung, daß mit dem aus dem Gesamteinheitswert ermittelten Gewinn auch der aus den forstwirtschaftlichen Flächen gezogene Ertrag abgegolten sei, er gehe in dem Gewinn aus dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen auf, und zwar grundsätzlich auch dann, wenn größere Holzeinschläge im einzelnen Jahre zu besonders hohen Holzerlösen führten. Eine Ausnahme bestände nur, wenn Einnahmen aus überhöhten Preisen im Sinne von § 9 Abs. 2 VOL erzielt worden. Ob eine solche Ausnahme für 1950 vorliege, sei zwar nicht ermittelt worden, das Finanzgericht nahm jedoch aus eigener Sachkunde an, daß für dieses Jahr von konjunkturell bedingten hohen Preisen noch nicht gesprochen werden könne. Anders dürfte es sich mit den Jahren 1951 und 1952 verhalten; für diese müsse das Finanzamt noch feststellen, inwieweit in den Holzerlösen Preissteigerungen enthalten seien. Dem Gericht sei bekannt, daß gerade in diesen Zeitabschnitten die Holzpreise "enorme Höhen" erreicht hätten und von Besitzern von Waldgrundstücken entsprechend ausgenützt worden seien. Der Unterschied zwischen den normalen und den auf Grund des Preisanstieges erzielten Erlösen stelle Einnahmen im Sinne des § 9 Abs. 2 VOL dar. Es müsse unberücksichtigt bleiben, daß der Steuerpflichtige im Vorgriff auf spätere Jahre mengenmäßig größere Holzeinschläge durchgeführt habe, als dem jährlichen VOL-Gewinn entspreche. Die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 3 EStG komme nicht in Betracht, da der Besteuerung nicht Wald-, sondern landwirtschaftliche Nutzung zugrunde liege.

Für die Jahre 1951 und 1952 hat sich die für diese Veranlagungszeiträume zuständige Kammer der Auslegung des § 9 Abs. 2 VOL, wie sie für das Jahr 1950 stattgefunden hat, nicht angeschlossen. Unter Hinweis auf den Zweck der VOL-Besteuerung, wie er im Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 31. Dezember 1936 (Reichssteuerblatt - RStBl - 1937 S. 35) dargelegt wird, und die Ausführungen im Urteil des Bundesfinanzhofs IV 147/50 U vom 22. August 1951 (Slg. Bd. 55 S. 455, Bundessteuerblatt - BStBl - 1951 III S. 183) hat das Finanzgericht wie folgt Stellung genommen: Die aus den Holzeinschlägen erzielten Reingewinne von rund 5.500 DM und 65.000 DM seien gegenüber dem sich aus dem Teileinheitswert von 1.475 DM ergebenden Durchschnittsgewinn so hoch, daß sie auf normale Schwankungen der Betriebseinnahmen nicht zurückgeführt werden könnten; derartige Gewinne beruhten vielmehr auf außergewöhnlichen, bei der Einheitsbewertung nicht berücksichtigten Umständen, die darin zu erblicken seien, daß ein 80- bis 100jähriger Bestand (3 bis 4 ha) vorhanden gewesen und innerhalb von drei Jahren geschlagen worden sei. Das seien unnormale, in objektiven Merkmalen des Betriebes sich äußernde Verhältnisse im Sinne des Urteils IV 147/50 U; es komme noch hinzu, daß der Holzbestand durch Zuwachs bedeutend wertvoller geworden sei als zur Zeit der Einheitsbewertung, und daß die Holzpreise ständig gestiegen seien. Die durch die konjunkturelle änderung der Wirtschaftslage bedingte Höhe der forstwirtschaftlichen Einnahmen müsse durch Zuschläge nach § 9 Abs. 2 VOL erfaßt werden. Wenn auch in dieser Vorschrift nicht wie im § 7 VOL zum Ausdruck gebracht sei, daß es sich um Einnahmen handeln müsse, die im Einheitswert nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt worden seien, so müsse doch diese - im Streitfall gegebene - Voraussetzung bei der Gleichheit der Rechtslage gefordert werden.

Eine privatwirtschaftliche Nutzung im Sinne von § 34 Abs. 3 EStG liege nicht vor. Ein aus einer gewissen Zwangslage gebotener Kapitalbedarf, der mit dem Erlös aus der Waldnutzung hätte gedeckt werden müssen, habe nicht bestanden. Der landwirtschaftliche Betrieb mit den wertvollen Holzbeständen habe dem Steuerpflichtigen und seiner Ehefrau eine mehr als ausreichende Existenz geboten und biete sich auch jetzt noch, nachdem der erworbene Gastwirtschafts- und Metzgereibetrieb nach kurzer Zeit mit großem Verlust wieder habe abgestoßen werden müssen. Da auch sonst kein bestimmter wirtschaftlicher Anlaß im Sinne des Urteils des Reichsfinanzhofs VI A 889/34 vom 29. Januar 1936 (Slg. Bd. 39 S. 82, RStBl 1936 S. 752) zur Deckung eines als zwangsläufig anzuerkennenden Kapitalbedarfes bestanden habe, könne eine Tarifermäßigung nicht gewährt werden. Eine Waldnutzung infolge höherer Gewalt liege nicht vor. Einige Bombeneinschläge im April 1945 sowie eine wegen eines im Jahre 1949 vorgenommenen Kahlhiebes in einem Nachbarwald entstandene Windbruchgefahr könnten für die außerordentlichen Holzeinschläge in den Jahren 1951 und 1952 nicht ursächlich gewesen sein; im übrigen fehle es aber auch an dem erforderlichen Nachweis. Der Steuerpflichtige sei vielmehr durch die hohen Holzpreise zum Ankauf der Gastwirtschaft und Metzgerei veranlaßt worden, die er offenbar als Kapitalanlage für geeigneter gehalten habe als einen Preisschwankungen unterliegenden Holzbestand. Ein aus solcher Ursache entstandener Kapitalbedarf könne nicht zu den nach § 34 Abs. 3 EStG geforderten wirtschaftlichen Gründen gerechnet werden, die eine außerordentliche Waldnutzung geboten erscheinen ließen.

Hinsichtlich des Jahres 1950 hat der Vorsteher des Finanzamts, wegen der Jahre 1951 und 1952 der Steuerpflichtige Rechtsbeschwerde (Rb.) eingelegt.

 

Entscheidungsgründe

Zur Frage der Zulässigkeit eines Sonderzuschlages wegen Holznutzung gemäß § 9 Abs. 2 VOL hat der Senat in dem auch vom Steuerpflichtigen angeführten Urteil IV 450/53 S vom 10. Juni 1954 (Slg. Bd. 59 S. 58, BStBl 1954 III S. 231) dahin Stellung genommen, daß zwar unter den in der Entscheidung IV 147/50 U angegebenen besonderen Umständen auch wegen außergewöhnlicher Einnahmen aus Holznutzung für ein einzelnes Jahr nach § 9 Abs. 2 VOL ein Zuschlag in Betracht kommen könne, grundsätzlich sei er jedoch im Hinblick auf die in der VOL erstrebte Vereinfachung nicht zulässig, um so weniger, als auch künftig der aus dem Einheitswert der Forstwirtschaft ermittelte Ertrag zu versteuern sei, selbst bei Fortschreibung des Einheitswertes sei in diesem nach dem Kahlhieb immer noch die Grundfläche bzw. der neue, jahrelang einen Gewinn kaum abwerfende junge Bestand enthalten und erhöhe den Durchschnittsgewinn. Von etwa gleichen Erwägungen geht das Finanzgericht für das Jahr 1950 aus, wenn es einen Zuschlag nur wegen der - in diesem Jahre nach seiner Ansicht noch nicht vorliegenden - überhöhten Preise zuläßt, während es für die Jahre 1951 und 1952 die Berechtigung des Zuschlages in erster Linie aus der durch den Kahlhieb herbeigeführten änderung der objektiven Merkmale des Betriebes herleitet.

Die erneute Prüfung des Problems führt zu dem Ergebnis, daß an der in der Entscheidung IV 450/53 S erfolgten Beurteilung nicht festgehalten werden kann. Das Urteil geht offensichtlich ebenso wie das Schrifttum (siehe Rechts- und Wirtschaftspraxis-Blattei, Gruppe 14, Steuerrecht Einkommensteuer V B Nachträge 1 und 2, Bubenzer, "Der Bauernwald im Einkommensteuerrecht", und Steuer und Wirtschaft - StuW - 1957 Sp. 101) davon aus, daß mit der Besteuerung nach der VOL sämtliche Gewinne aus der Holznutzung abgegolten seien, und daß insbesondere bei gleichbleibendem Einheitswert mit dem Durchschnittsgewinn auch der Holzzuwachs versteuert werde. Das trifft jedoch nicht zu. Mit dem auf die forstwirtschaftlichen Flächen entfallenden Einheitswert wird stets nur der diesem Anteil entsprechende Gewinnanteil erfaßt, der Holzzuwachs bleibt unversteuert. Das entspricht auch der Systematik des Einkommensteuerrechts und des EStG. Bei den nicht unter die VOL fallenden Forstwirten wird, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob ein Bestandsvergleich vorgenommen wird oder nicht, der Holzzuwachs nur besteuert, wenn er veräußert wird; erst in diesem Zeitpunkt wird eine Gewinnverwirklichung angenommen. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, das der VOL eine andere Auffassung zugrunde liegt. Zwar kann auch in dem aus dem Einheitswert abgeleiteten Durchschnittsgewinn ein nicht verwirklichter Gewinn versteuert werden, wenn der tatsächliche Gewinn geringer ist, aber immer nur bis zur Höhe des aus dem Einheitswert abgeleiteten Gewinnes. Der Ansicht, daß mit dem jährlich gleichbleibenden fiktiven Gewinn auch ein Besteuerung des Holzzuwachses stattfinde, kann nicht beigetreten werden; herangezogen werden nur die der Höhe des forstwirtschaftlichen Einheitswertes entsprechenden Nutzungen, die aus dem Holzzuwachs werden nicht erfaßt. Die Dinge liegen hier anders als in der Landwirtschaft: bei dieser wird der Ertrag des Bodens alljährlich realisiert. Dieser Beurteilung entspricht auch die wirtschaftliche Betrachtung. Von 1936 bis 1945 sind jährlich 1/18 = 82 DM und ab 1946 1/12 = 123 DM als Holznutzung versteuert worden. Aus dem Kahlhieb von rund 3 ha hat der Steuerpflichtige in drei Jahren über 100.000 DM erlöst. Es kann bei dieser Sachlage nicht ernstlich davon gesprochen werden, daß mit den geringen Durchschnittsbeträgen auch der Holzzuwachs einer Besteuerung unterzogen worden ist. Weder die VOL noch der zur Verordnung von 1936 ergangene Erlaß des Reichsministers der Finanzen lassen erkennen, daß beabsichtigt gewesen sei, die VOL- Forstwirte gegenüber den übrigen in einem derartigen Umfang zu begünstigen. Daran kann auch der in dem Urteil IV 450/53 S besonders hervorgehobene Hinweis auf die für die VOL erstrebte Vereinfachung der Gewinnermittlung nichts ändern. Diese Vereinfachung kann dann nicht mehr maßgebend sein, wenn sie mit dem Grundsatz der geichmäßigen Besteuerung nicht vereinbar ist.

Diese Beurteilung würde allerdings grundsätzlich dazu führen, daß jeder den forstwirtschaftlichen Durchschnittsgewinn übersteigende Betrag durch einen Zuschlag erfaßt werden müßte, da davon auszugehen ist, daß nach der VOL nur die ordentliche Nutzung, d. h. eine solche, die nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen jährlich nachhaltige zu erzielten ist, abgegolten wird. Es dürfte jedoch dem Zwecke der VOL nicht entsprechen, jeden Betrag, der den forstwirtschaftlichen Durchschnittsgewinn überschreitet, zuschlagspflichtig zu machen; es wird sich um einen Mehrgewinn von einiger Bedeutung handeln müssen. Das Vorliegen dieser Voraussetzung muß für jeden einzelnen Fall geprüft werden. Da mit der Durchschnittsbesteuerung der Holzzuwachs nicht erfaßt wird, kommt das von der Finanzverwaltung geübte Verfahren, von dem Ertrag aus der außerordentlichen Nutzung den bereits durch den Durchschnittsgewinn erfaßten Ertrag (1/18, 1/12) abzusetzen, in Wegfall (siehe Steuerwarte 1953 S. 62 und S. 86). Für die Heranziehung der Gewinne aus außerordentlicher Waldnutzung kommt es auch weder darauf an, ob die hohen Gewinne aus überhöhten Preisen, noch darauf, ob sie auf einer Strukturänderung des Betriebes beruhen (siehe auch Adomat, Gewinnermittlung in der bäuerlichen Landwirtschaft, Die Information L 1952 S. 357). Wenn das Finanzgericht für die Jahre 1951 und 1952 letzteres angenommen hat, so wird dem nicht zuzustimmen sein. Die objektiven Merkmale des Betriebes werden durch eine außerordentliche Waldnutzung nicht geändert, der Steuerpflichtige erzielt nur aus dem vorhandenen wertvollen Holzbestand hohe Gewinne und vermindert die Waldsubstanz; der Betrieb wird in seinem Werte, aber nicht strukturell geändert. Des weiteren erscheint es auch nicht zutreffend, überhöhte Preise im Sinne von § 9 Abs. 2 VOL anzunehmen, wenn die Preissteigerungen auf der allgemeinen Wirtschaftslage des Holzmarktes beruhen.

Die Besteuerung der Gewinne aus außerordentlichen Waldnutzungen kann auch nicht aus dem in der Entscheidung IV 450/53 S betonten Gesichtspunkt unterbleiben, daß der Steuerpflichtige bei gleichbleibendem Einheitswert trotz verminderten Waldbestandes auch künftig den auf die forstwirtschaftlichen Flächen, und bei Fortschreibung des Einheitswertes immer hoch auf die forstwirtschaftliche Grundfläche und einen etwaigen Jungbestand entfallenden Durchschnittsgewinn zu versteuern hat. Das ist zwar an sich zutreffend. Im allgemeinen wird aber darin keine Härte liegen. In der Regel wird der Steuerpflichtige den auf die Waldfläche entfallenden Durchschnittsertrag auch trotz des Kahlhiebes erzielen. Der gesamte Waldbestand dürfte kaum jemals abgetrieben werden; außerdem wird der geringe Betrag, der im Höchstfalle bei einem forstwirtschaftlichen Teileinheitswert von 4.999 DM (§ 8 Abs. 2 VOL) nur rund 415 DM beträgt (1/12) aus dem übrigbleibenden Bestand erwirtschaftet werden können. Im Streitfalle beträgt der auf den Wald entfallende Gewinn ab 1946 jährlich 123 DM; es verbleiben nach dem Kahlhieb noch rund 4,389 ha mit einem Jungwald im Alter von 20 bis 50 Jahren. Aus diesem Bestande wird der Betrag von 123 DM auch künftig erlöst werden können, zumal sich dieser Betrag noch ermäßigt, wenn die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung (§ 22 des Bewertungsgesetzes - BewG -) vorliegen (siehe hierzu auch das Urteil des Bundesfinanzhofs III 42/54 S vom 13. Dezember 1957 - BStBl 1958 III S. 60 -). Sollten jedoch im Einzelfall keine Nutzungen erzielt werden und sollte in der Heranziehung des auf die forstwirtschaftlichen Flächen entfallenden Durchschnittsgewinnes eine unbillige Härte liegen, so wird diesen Umständen durch einen Erlaß nach § 11 VOL und § 131 der Reichsabgabenordnung (AO) Rechnung zu tragen sein. Es erscheint aber nicht gerechtfertigt, wegen der durch die Systematik der VOL gebotenen weiteren Heranziehung des vollen Durchschnittsgewinnes die hohen Erlöse aus außerordentlichen Waldnutzungen unversteuert zu lassen. Es darf auch nicht übersehen werden, daß es sich bei den landwirtschaftlichen Betrieben, deren forstwirtschaftliche Flächen die Grenzen des § 8 VOL nicht überschreiten, um ein einheitliches Ganzes handelt, in dem sich tatsächliche Minder- und übergewinne ausgleichen, so daß in der Regel gegenüber den fiktiven Gewinnen keine zu hohe Besteuerung stattfindet.

Die Anwendung dieser Grundsätze auf die Jahre 1950 bis 1952 führt zu folgendem Ergebnis: Es ist unstreitig, daß eine außerordentliche Waldnutzung vorliegt; es liegen auch in jedem Jahre erhebliche Gewinne im Sinne der vorstehenden Ausführungen vor, die mit den Durchschnittsgewinnen nicht abgegolten sind. Hierbei ist in übereinstimmung mit dem Urteil VI 147/50 U und dem Finanzgericht davon auszugehen, daß auch nach § 9 Abs. 2 VOL wie bei § 7 a. a. O. nur die Betriebseinnahmen zu erfassen sind, die bei der Feststellung des Einheitswertes nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt worden sind. über die Höhe der einzelnen Gewinne besteht Einigkeit. Wenn für die Berechnung die überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG angewendet wird, so widerspricht das nicht dem Sinn der VOL, da auch in anderen Zuschlagsfällen, z. B. bei Einnahmen aus Fuhrleistungen, in dieser Weise zu verfahren ist und verfahren wird; es liegen keine Gründe vor, bei der Zuschlagsberechnung nicht die allgemeinen Grundsätze der Gewinnermittlung anzuwenden; soweit das Urteil IV 450/53 S von einer anderen Auffassung ausgegangen sein sollte, wird daran ebenfalls nicht festgehalten.

Es bestehen auch grundsätzlich keine Bedenken, auf die Gewinne aus außerordentlicher Waldnutzung die Vorschrift des § 34 Abs. 3 EStG anzuwenden. Wenn das Finanzgericht in der das Jahr 1950 betreffenden Entscheidung das deshalb verneint, weil es sich um landwirtschaftliche Nutzung handle, so kann dieser Ansicht nicht zugestimmt werden. Der Gesamtgewinn wird zwar als landwirtschaftlicher bezeichnet, daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, daß die allein aus dem Walde gezogenen Nutzungen nicht als solche anzusehen und auf sie nicht die für Waldnutzungen bestehenden allgemeinen Vorschriften anzuwenden sind. Aus § 8 VOL kann eine gegenteilige Beurteilung nicht hergeleitet werden, es wird hier vielmehr zwischen landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzten Flächen unterschieden. Auch § 34 EStG begünstigt die Einkünfte aus außerordentlichen Waldnutzungen ohne Rücksicht darauf, ob sie in einem einheitlichen landwirtschaftlichen Gewinn enthalten sind oder nicht. Eine andere Betrachtung würde ein durch nichts gerechtfertigtes Außerachtlassen der wirtschaftlichen Gegebenheiten bedeuten.

Der ablehnende Standpunkt des Finanzgerichts ist jedoch aus einem anderen Grunde gerechtfertigt. Der Steuerpflichtige hat den Einschlag nicht aus einer gebotenen Zwangslage heraus vorgenommen, sondern die bestehende günstige Preislage auf dem Holzmarkt benutzt, um den Erlös zu einer anderen Kapitalanlage zu verwenden, obwohl ihm der landwirtschaftliche Betrieb eine ausreichende Existenz bot und auch heute wieder bietet. Eine aus wirtschaftlichen Gründen gebotene außerordentliche Waldnutzung im Sinne des Gesetzes und der vom Finanzgericht angeführten Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI A 889/34 liegt nicht vor. Den Ausführungen des Finanzgerichts wird auch darin beigetreten, daß eine Nutzung infolge höherer Gewalt nicht gegeben ist. Im übrigen hat der Steuerpflichtige in dieser Beziehung in der Rb. auch keine Einwendungen mehr erhoben.

Hiernach ist nur die Rb. des Vorstehers des Finanzamts sachlich begründet. Die das Jahr 1950 betreffende Vorentscheidung war deshalb aufzuheben. über die an sich spruchreife Sache kann jedoch nicht entschieden werden, da der Steuerpflichtige verheiratet ist und deshalb zu prüfen ist, ob und inwieweit die Vorschriften des Gesetzes zur änderung steuerrechtlicher Vorschriften vom 26. Juli 1957 (Bundesgesetzblatt 1957 I S. 848, BStBl 1957 I S. 352) zur Anwendung zu kommen haben. Das gleiche gilt auch für die Jahre 1951 und 1952 mit der Folge, daß aus diesem Grunde auch die diese Jahre betreffende Vorentscheidung aufgehoben werden muß. Die Sache wird an das Finanzamt zurückverwiesen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409023

BStBl III 1958, 131

BFHE 66, 341

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