Normenkette
EStDV § 82g Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eigentümer mehrerer bebauter Grundstücke. Sie haben auf diesen Grundstücken in den Jahren 1975 und 1976 im Rahmen der Altstadtsanierung Modernisierungsmaßnahmen i. S. des § 43 Abs. 3 Satz 2 des Städtebauförderungsgesetzes (StBauFG) durchgeführt.
Durch notariellen Vertrag vom 29. Dezember 1977 erwarben sie von der Firma X-GmbH das - damals noch zu begründende - Teileigentum an sechs Tiefgaragenabstellplätzen. Die Tiefgarage war zu diesem Zeitpunkt bereits fertiggestellt. Sie war zusammen mit anderen Bauvorhaben ebenfalls im Rahmen der Altstadtsanierung errichtet worden.
Die Kläger vermieteten in der Folgezeit fünf Abstellplätze, während sie den sechsten Abstellplatz für eigene gewerbliche Zwecke nutzten. In ihrer Steuererklärung für das Jahr 1978 machten sie zunächst eine Teilwertabschreibung von den Anschaffungskosten in Höhe von 36 012 DM bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend, die der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) im Feststellungsbescheid vom 23. April 1980 ablehnte. Das FA ließ nur eine Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 2 276 DM zu. Der Einspruch, mit dem die Kläger begehrten, ihnen zumindest erhöhte Absetzungen nach § 82 g der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) zu gewähren, blieb erfolglos. Mit der Klage machten die Kläger nur noch erhöhte Absetzungen nach § 82 g EStDV geltend. Sie trugen dazu vor, sie hätten bei ihren Sanierungsmaßnahmen eng mit der Firma X-GmbH zusammengearbeitet und ihr eigenes Bauvorhaben mit den Bauvorhaben dieser Firma abgestimmt. Als sich herausgestellt habe, daß sie - die Kläger - die erforderliche Anzahl von Kfz-Einstellplätzen nicht schaffen könnten, habe sich die Firma X-GmbH bereit erklärt, ihnen diese Einstellplätze in ihrer Tiefgarage zur Verfügung zu stellen. Die Tiefgarage sei anschließend durch einen unterirdischen Gang mit den Grundstücken verbunden worden. Bei dieser Sachlage gehöre der Kaufpreis, der sich nachträglich um 5 877,24 DM erhöht habe, zu den Herstellungskosten.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1982, 304 veröffentlichten Urteil statt.
Die Kläger seien zwar nicht Hersteller der Tiefgaragenplätze, sondern deren Erwerber gewesen. Sie könnten gleichwohl die erhöhten AfA nach § 82 g Abs. 1 EStDV geltend machen, weil zur Bemessungsgrundlage für die erhöhten Absetzungen nicht nur die Baukosten gehörten, die einem Steuerpflichtigen durch Maßnahmen i. S. des § 43 Abs. 3 Satz 2 StBauFG erwachsen, sondern auch andere Kosten, die mit solchen Sanierungsmaßnahmen in einer finalen Beziehung stünden. Um solche Kosten könne es sich auch bei den Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts handeln, das der Steuerpflichtige im Zusammenhang mit begünstigten Sanierungsmaßnahmen habe erwerben müssen.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der die Aufhebung der Vorentscheidung (und sinngemäß die Abweisung der Klage) beantragt wird.
Das FA ist der Auffassung, bei der Erfüllung der Stellplatzpflicht durch Zahlung eines Ablösungsbetrages an die Stadt stehe dieser Zahlung kein damit erworbenes, einzelnes Wirtschaftsgut oder Recht gegenüber. Es handele sich um erhöhte Kosten der Baugenehmigung. Im konkreten Fall erwerbe der Kläger mit den Aufwendungen das Teileigentum an den Einstellplätzen. Der Erwerb stehe zwar mit den Sanierungsmaßnahmen am Grundstück der Kläger in Zusammenhang. Er sei aber ein reiner Anschaffungsvorgang und kein Herstellungsvorgang. Der Begründung des FG, Anschaffungskosten seien dann Herstellungskosten, wenn sie in einer finalen Beziehung zu den Sanierungsmaßnahmen stünden, sei entgegenzuhalten, daß die Stellplätze im Zeitpunkt des Erwerbs selbständige Wirtschaftsgüter gewesen seien, auch wenn eine Benutzung durch Schaffung eines unterirdischen Ganges erleichtert sei.
Die Kläger beantragen die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Die Kläger haben keinen Anspruch auf erhöhte Absetzungen gemäß § 82 g EStDV.
Zutreffend hat das FG erkannt, daß § 82 g Abs. 1 EStDV nach seinem Wortlaut nur Herstellungskosten begünstigt und daß Herstellungskosten eines Gebäudes die Aufwendungen sind, die durch die Errichtung, Fertigstellung oder Umgestaltung des Bauwerks veranlaßt sind.
2. Die Aufwendungen der Kläger für den Erwerb der Tiefgaragenstellplätze sind Anschaffungskosten der Kläger. Die Vorentscheidung, in der die Kläger wie Hersteller behandelt worden sind, ist rechtsfehlerhaft.
Die Auffassung des FG, der Begriff der Herstellungskosten i. S. des § 82 g EStDV sei bei seiner Abgrenzung zu den Anschaffungskosten im Hinblick auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. Mai 1964 IV 149/62 S (BFHE 80, 5, BStBl III 1964, 477) und die Regelung in § 82 h EStDV weit zu fassen, ist unzutreffend. Die Abgrenzung der Begriffe "Herstellungsaufwand" und "Erhaltungsaufwand" nach der neueren Rechtsprechung des BFH (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 24. Februar 1981 VIII R 153/79, BFHE 133, 43, BStBl II 1981, 469) rechtfertigt es nicht, den einkommensteuerrechtlichen Grundbegriffen "Anschaffungskosten" und "Herstellungskosten" in den Vorschriften, die diese Begriffe als Tatbestandsmerkmale verwenden, unterschiedliche Inhalte zu geben. Die Rechtssicherheit erfordert es vielmehr, von einem in den Vorschriften des EStG und den Bestimmungen der EStDV übereinstimmenden Inhalt beider Begriffe auszugehen.
Steuerbegünstigungsvorschriften sind zwar nicht buchstäblich eng, sondern unter sinnvoller Würdigung des mit ihnen verfolgten Zwecks auszulegen; es darf jedoch kein durch das Gesetz nicht belegter Begünstigungstatbestand geschaffen werden (vgl. BFH-Urteile vom 8. November 1977 VIII R 110/76, BFHE 123, 560, BStBl II 1978, 82, und vom 15. Juni 1982 VIII R 24/81, BFHE 137, 243, BStBl II 1983, 194). Die Auslegung, die das FG § 82 g EStDV gegeben hat, würde indes einen solchen durch das Gesetz nicht belegten Begünstigungstatbestand schaffen, denn § 82 g EStDV beschränkt die Begünstigung auf Herstellungskosten.
Der Zweck der Vorschrift, bestimmte Sanierungsmaßnahmen zu begünstigen, rechtfertigt ebenfalls nicht eine Auslegung, die über das in der Ermächtigungsnorm des § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. x EStG vorgegebene Programm und seine Tatbestandsausformung in § 82 g EStDV hinausgehen. Der Gesetzgeber hatte es in der Hand, in den Katalog der zu begünstigenden Maßnahmen auch "Anschaffungs"-Vorgänge einzubeziehen. Das hat er indes nicht getan; die Rechtsprechung hat von der Sachregelung des Gesetzgebers auszugehen.
Schließlich wird das Ergebnis der Vorentscheidung auch nicht durch die Überlegung gerechtfertigt, die begünstigte Sanierungsmaßnahme hätte ohne den Erwerbsvorgang nicht durchgeführt werden können, der Erwerbsvorgang diene wie die sonstigen Herstellungskosten der einheitlichen Zweckbestimmung der Sanierung und müsse deshalb in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Denn durch § 82 g EStDV wird - wie bereits ausgeführt - nicht der Aufwand jeder Maßnahme, ohne die die Sanierung nicht durchgeführt werden könnte, begünstigt.
3. Die Vorentscheidung, die das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 82 g EStDV verkannt hat, war infolgedessen aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 75055 |
BStBl II 1984, 659 |