Entscheidungsstichwort (Thema)
Frist zur Vorlage der Prozeßvollmacht; Wiedereinsetzung
Leitsatz (NV)
Keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist gemäß Art. 3 § 1 VGFGEntlG zur Vorlage der Prozeßvollmacht, wenn die Säumnis durch einen begründeten Antrag auf Fristverlängerung hätte vermieden werden können.
Normenkette
VGFGEntlG Art. 3 § 1; FGO § 56
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Prozeßbevollmächtigten des Klägers haben am 25. Februar 1983 gegen den Umsatzsteuer-Bescheid 1979 vom 15. Oktober 1981 nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben, ohne dabei ihre Vollmacht nachzuweisen. Nachdem der Vorsitzende des Senats des Finanzgerichts am 2. März 1983 Vollmacht und Klagebegründung angefordert hatte, setzte der nach § 79 FGO bestimmte Richter (Berichterstatter) mit einer am 6. Oktober 1983 zugestellten Verfügung gemäß Art. 3 §§ 1 und 3 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFGEntlG) vom 31. März 1978 (BGBl I 1978, 446) den Prozeßbevollmächtigten des Klägers eine Frist bis zum 15. November 1983 für das Einreichen der Vollmacht und für die Angabe der Tatsachen, die nach Auffassung des Klägers bei der Entscheidung berücksichtigt werden müßten. Am 29. November 1983 ging beim Finanzgericht die Klagebegründung ein. Zur Versäumung der Frist für die Klagebegründung führte der Prozeßbevollmächtigte aus, wegen Wechsels des die Sache bearbeitenden Mitarbeiters habe die Verfügung nicht schneller erledigt werden können. Zudem sei es außerordentlich schwierig, den Kläger, der sich in den USA aufhalte, zu erreichen. Die Prozeßvollmachtserklärung sei dem Kläger zugesandt worden und werde ,,nunmehr" erwartet.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht am 14. Dezember 1983 erklärte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers: Die Prozeßbevollmächtigten hätten sich während des Laufs der Ausschlußfrist ohne Erfolg telefonisch bemüht, mit dem Kläger Verbindung aufzunehmen. Am 28. November 1983 hätten sie sich schriftlich über eine andere Person an den Kläger wegen Abgabe der Vollmachtserklärung gewandt. Am Tage vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung sei der Kläger aus den USA zurückgekehrt und habe die zu den Akten gereichte Vollmacht unterschrieben.
Der Kläger beantragte, wegen der Fristversäumung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und die Umsatzsteuer 1979 nach Maßgabe der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Umsatzsteuer-Erklärung festzusetzen.
Das Finanzgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil die Prozeßvollmacht nicht innerhalb der von dem Berichterstatter gesetzten Ausschlußfrist vorgelegt worden war. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht gewährt werden, weil die Prozeßbevollmächtigten des Klägers sich nicht in erforderlichem Maße um die Erlangung der Vollmacht bemüht hätten. Gelegentliche Telefonate seien nicht ausreichend gewesen.
Mit der Revision beantragt der Kläger die Aufhebung des angefochtenen Urteils. Er vertritt die Ansicht, das Urteil des Finanzgerichts verletze § 56 FGO in Verbindung mit Art. 3 § 1 VGFGEntlG.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
Eine vom Bevollmächtigten erhobene Klage ist unzulässig, wenn die nach § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO erforderliche schriftliche Prozeßvollmacht nicht dem Gericht vorgelegt wird. Für die Einreichung der Vollmacht kann der nach § 79 FGO bestimmte Richter gemäß Art. 3 § 1 VGFGEntlG eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen. Versäumt der Bevollmächtigte die Frist, so kann eine nach deren Ablauf eingereichte Vollmacht den prozessualen Mangel nicht mehr heilen, es sei denn, dem Kläger sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (Art. 3 § 1 Satz 2 VGFGEntlG in Verbindung mit § 56 FGO).
Die Bevollmächtigten des Klägers haben die Vollmacht erst nach Ablauf der ihnen gesetzten Ausschlußfrist eingereicht. Das Finanzgericht hat zu Recht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt, weil die Frist nicht ohne Verschulden der Prozeßbevollmächtigten des Klägers versäumt worden ist (§ 56 Abs. 1 FGO) und dieses Verschulden dem Kläger zuzurechnen ist (§ 155 FGO i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO).
Die Fristversäumnis hätte durch rechtzeitige Beantragung der Fristverlängerung vermieden werden können. Die Ausschlußfrist gemäß Art. 3 § 1 VGFGEntlG kann auf Antrag verlängert werden (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 21. Februar 1980 V R 71-73/79, BFHE 130, 240, BStBl II 1980, 457). Bei glaubhafter Darlegung, der Kläger sei vorübergehend im Ausland nicht erreichbar, hätte das Finanzgericht unter Beachtung der Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs die Frist verlängern müssen. Im Unterlassen des gebotenen Fristverlängerungsantrags liegt das dem Kläger zuzurechnende Verschulden der Prozeßbevollmächtigten. Sollte der Grund für den unterlassenen Antrag auf Fristverlängerung in dem Wechsel des sachbearbeitenden Mitarbeiters der Prozeßbevollmächtigten liegen, könnte dieser Umstand die Fristversäumung nicht entschuldigen. Die Prozeßbevollmächtigten hätten auch für diesen Fall für die Einhaltung der Frist, wenigstens jedoch für die Stellung eines Fristverlängerungsantrags Sorge tragen müssen.
Fundstellen
Haufe-Index 413808 |
BFH/NV 1986, 292 |