Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
überläßt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer einen PKW kostenlos zur privaten Benutzung, so liegt darin ein geldwerter Vorteil, der nach § 8 Abs. 2 EStG (§ 3 LStDV) in der Höhe anzusetzen ist, wie dem Arbeitnehmer bei der Haltung eines eigenen PKW der gleichen Type Kosten erwachsen wären.
Normenkette
EStG §§ 19, 8 Abs. 2; LStDV §§ 2-3
Tatbestand
Die Bfin. hatte ihrem Prokuristen einen PKW Marke Opel Rekord für betriebliche Fahrten überlassen. Der Wagen durfte vom Prokuristen aber auch für Privatfahrten benutzt werden. Bei einer Lohnsteuerprüfung schätzte das Finanzamt den Wert der Privatnutzung auf 20 v. H. der Gesamtunkosten des PKW einschließlich Abschreibung und kam dabei auf einen monatlichen Betrag von 60 DM, für den es von der Bfin. für die Jahre 1958 bis 1960 Lohnsteuer von 379.10 DM nachforderte.
Der Einspruch und die Berufung, mit denen geltend gemacht wurde, daß die sogenannten festen Kosten des PKW nicht in die Berechnung einzubeziehen seien und daß der Private Nutzungsanteil die angenommenen 20 v. H. nicht erreiche, blieben erfolglos.
Entscheidungsgründe
Die Rb., die sich auf das gleiche Vorbringen stützt, führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des Finanzgerichts.
Das Finanzgericht geht zutreffend davon aus, daß in der unentgeltlichen überlassung eines PKW vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer eine aus dem Dienstverhältnis fließende Zuwendung eines geldwerten Vorteils zu erblicken ist, der nach § 19 EStG - §§ 2 und 3 LStDV - der Lohnsteuer unterliegt. Der Arbeitnehmer erhält durch die überlassung des PKW zum privaten Gebrauch einen nicht in Geld bestehenden Vorteil, wenn, wie im Streitfall, anzunehmen ist, daß der Arbeitnehmer sich nach seinen Einkommensverhältnissen privat einen PKW anschaffen würde, wenn ihm der Arbeitgeber nicht den Wagen auch zur privaten Nutzung bereitstellen würde. Durch die Zuwendung des Vorteils der unentgeltlichen Privatnutzung des PKW erspart also der Arbeitnehmer Ausgaben der privaten Lebenshaltung, die ihm sonst entstehen würden.
Ein nicht in Geld bestehender Vorteil ist, wie der Senat in der Entscheidung VI 21/63 U vom 3. Mai 1963 (BStBl 1963 III S. 334) ausgeführt hat, nach § 8 Abs. 2 EStG mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsorts anzusetzen. Der zugewandte Vorteil ist der Höhe nach so zu berechnen, wie dem Arbeitnehmer Kosten für die Haltung eines eigenen PKW gleicher Type erspart geblieben sind. Die ersparten Kosten sind nicht etwa nur die Benzin- und ölkosten für die privat verfahrenen Kilometer, sondern alle mit der Haltung eines PKW zusammenhängenden Kosten einschließlich der anteiligen fixen Kosten.
Für die notwendige Schätzung der Höhe des dem Arbeitnehmer zugewandten geldwerten Vorteils kann man nicht an die dem Arbeitgeber erwachsenen Kosten für den PKW anknüpfen, wie das Finanzamt anscheinend meint. Denn die Berechnung führte nicht zu den vom Arbeitnehmer ersparten Kosten für die Haltung eines eigenen PKW, vor allem weil je nach dem Stande der Abschreibung beim Arbeitgeber die Kosten höher oder niedriger sein könnten.
Bisher fehlt es zu einer abschließenden Beurteilung an der genügenden Klärung. Das Finanzgericht hat die Ansätze des Finanzamts gebilligt und sie sogar als zu niedrig bezeichnet, weil es die täglichen Fahrten des Prokuristen zwischen seiner Wohnung und Arbeitsstätte in die Privatfahrten einbezogen hat. Dabei hat es aber übersehen, daß gemäß § 9 Ziff. 4 EStG Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für den Arbeitnehmer Werbungskosten bedeuten. Darum wird auch in Abschnitt 25 Abs. 4 LStR 1957 angeordnet, daß die unentgeltliche Bereitstellung von Fahrzeugen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte seitens des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer steuerfrei ist. Die auf diese Fahrten entfallenden Kilometer müssen also bei der Berechnung der privat verfahrenen Kilometer ausscheiden. Nur die wirklich privat verfahrenen Kilometer sind maßgebend.
Der Prokurist hat geltend gemacht, im Winterhalbjahr 1960/61 nur 404 km privat verfahren zu haben. Ob diese Angabe den Tatsachen entspricht, mag zweifelhaft sein. Immerhin ergibt sich eine so große Abweichung von dem angenommenen Satz von 20 v. H. der mit dem Wagen insgesamt verfahrenen Kilometer, daß eine nähere Ermittlung unumgänglich ist.
Die angefochtene Entscheidung war somit wegen möglicher unrichtiger Anwendung von §§ 19, 8 Abs. 2 EStG, 217 AO aufzuheben und die nicht spruchreife Sache zur erneuten Entscheidung an das Finanzgericht zurückzuverweisen. Das Finanzgericht mag dabei prüfen, ob die Erfahrungssätze der Finanzverwaltung (dazu Hartz- Over, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort: "Freifahrtberechtigung von Arbeitnehmern" unter Ziff. 3) als Schätzungsanhalt verwendet werden können.
Fundstellen
Haufe-Index 410856 |
BStBl III 1963, 387 |
BFHE 1964, 191 |
BFHE 77, 191 |