Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Anwendung des § 26a Abs. 2 EStG i.d.F. vor 1990 auf die nach § 52 Abs. 21 Satz 4 EStG wie Sonderausgaben abziehbaren Beträge
Leitsatz (NV)
Miteigentümern eines zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhauses standen erhöhte Absetzungen nach § 15 Abs. 1 BerlinFG nur bis zur Höhe des ihrem Miteigentumsanteil entsprechenden Teils der Höchstbemessungsgrundlage zu (Anschluß an BFH-Urteil vom 25. August 1992 IX R 320/87, BFHE 169, 95, BStBl II 1993, 105). Die den erhöhten Absetzungen entsprechenden, ab 1987 nach § 52 Abs. 21 Satz 4 EStG wie Sonderausgaben abziehbaren Beträge sind ebenfalls nur in Höhe dieses Teils abziehbar. Die Regelung in § 26a Abs. 2 i.d.F. vor 1990 über die Aufteilung von Sonderausgaben nach §§ 10 und 10b EStG bei der getrennten Veranlagung von Ehegatten ist nicht entsprechend anwendbar.
Normenkette
BerlinFG § 15 Abs. 1; EStG i.d.F. vor 1990 § 26a Abs. 2; EStG i.d.F. vor 1990 § 52 Abs. 21 S. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) und ihr Ehemann sind seit 1984 je zur Hälfte Miteigentümer eines zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhauses. Sie nahmen bis einschließlich 1986 erhöhte Absetzungen nach § 15 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) in Höhe von 6000 DM jährlich in Anspruch.
Bei der - auf Antrag der Klägerin - für das Streitjahr 1987 durchgeführten getrennten Veranlagung zur Einkommensteuer berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die den erhöhten Absetzungen nach § 15 BerlinFG entsprechenden und nach § 52 Abs. 21 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes 1987 (EStG) wie Sonderausgaben abziehbaren Beträge zur Hälfte (3000 DM); die geltend gemachten Sonderausgaben teilte er ebenfalls auf die Klägerin und ihren Ehemann auf.
Mit dem Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1987 beantragte die Klägerin, sämtliche Sonderausgaben, insbesondere die Kirchensteuer, die Versicherungsbeiträge und den Förderungsbetrag für die eigengenutzte Wohnung zu 100% gemäß § 26a Abs. 2 EStG bei ihr abzuziehen.
Hinsichtlich der Verteilung der Sonderausgaben entsprach das FA im Einkommensteuerbescheid 1987 dem Begehren der Klägerin. Ihrem Antrag, die auf den Ehemann entfallenden, den erhöhten Absetzungen entsprechenden Beträge bei ihr zu berücksichtigen, wies das FA durch Einspruchsentscheidung zurück. § 26a Abs. 2 EStG sei nur auf Sonderausgaben nach §§ 10 und 10b EStG anwendbar.
Mit der Klage brachte die Klägerin vor, die Rechtsauffassung des FA führe zu ungerechtfertigten, vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Steuernachteilen. Nach der Rechtslage bis einschließlich 1986 hätte sich bei ihrem Ehemann durch die Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen der negative Gesamtbetrag der Einkünfte erhöht. Diesen höheren Verlust habe er nach § 10d EStG vortragen oder zurückbeziehen können. Von 1987 an minderten die den erhöhten Absetzungen entsprechenden Beträge aber nicht mehr die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sondern seien wie Sonderausgaben abzuziehen. Da nach § 10d EStG nur Verluste zu berücksichtigen seien, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen würden, entfalle bei ihrem Ehemann die Möglichkeit des Vor- bzw. Rücktrags der sich aus den erhöhten Absetzungen ergebenden Verluste. Dieser Nachteil könne nur dadurch vermieden werden, daß der den erhöhten Absetzungen entsprechenden Betrag auf sie - die Klägerin - nach § 26a Abs. 2 EStG übertragen werde.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung von § 26a Abs. 2 EStG.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Zu Recht hat das FG die auf den Ehemann der Klägerin entfallenden erhöhten Absetzungen nicht bei der Veranlagung der Klägerin zum Abzug zugelassen.
Haben bei einer Wohnung im eigenen Haus im Veranlagungszeitraum 1986 die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von erhöhten Absetzungen vorgelegen, können die Anspruchsberechtigten die den erhöhten Absetzungen entsprechenden Beträge wie Sonderausgaben bis einschließlich des Veranlagungszeitraums abziehen, in dem sie die erhöhten Absetzungen letztmals hätten in Anspruch nehmen können (§ 52 Abs. 21 Satz 4 EStG). Als Miteigentümern standen der Klägerin und ihrem Ehemann nach § 15 Abs. 1 BerlinFG i.V.m. § 7b Abs. 1 Satz 3 EStG erhöhte Absetzungen nur bis zur Höhe des ihrem Miteigentumsanteil entsprechenden Teils der Höchstbemessungsgrundlage zu, also jeweils nur 3000 DM (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. August 1992 IX R 320/87, BFHE 169, 95, BStBl II 1993, 105 zu § 7b EStG). Dementsprechend können die Klägerin und ihr Ehemann bei einer getrennten Veranlagung jeweils nur einen Betrag von 3000 DM wie Sonderausgaben abziehen.
Die Voraussetzungen des § 26a Abs. 2 EStG für eine hiervon abweichende Aufteilung unter den Ehegatten liegen nicht vor. § 26a Abs. 2 EStG gilt ausdrücklich nur für außergewöhnliche Belastungen nach §§ 33 bis 33c EStG und Sonderausgaben nach §§ 10 und 10b EStG. Abzugsbeträge nach § 52 Abs. 21 Satz 4 EStG sind nicht genannt. Auf die Frage, ob es sich bei den nach § 52 Abs. 21 Satz 4 EStG wie Sonderausgaben abzuziehenden Beträgen um echte Sonderausgaben handelt, kommt es daher nicht an.
§ 26a Abs. 2 EStG ist im Streitfall auch nicht entsprechend anwendbar. Es liegt keine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes vor, die zu einer Analogie zugunsten der Klägerin berechtigen würde. Da bei der getrennten Veranlagung jedem Ehegatten die von ihm bezogenen Einkünfte zuzurechnen sind (§ 26a Abs. 1 EStG), konnten nach der Rechtslage bis einschließlich 1986 die sich aus der Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen ggf. ergebenden Verluste aus Vermietung und Verpachtung nicht übertragen werden. Es bestand daher kein Anlaß für den Gesetzgeber, die den erhöhten Absetzungen entsprechenden, nach § 52 Abs. 21 Satz 4 EStG wie Sonderausgaben abziehbaren Beträge in den Katalog des § 26a Abs. 2 EStG aufzunehmen.
Die Möglichkeit, statt der Zusammenveranlagung die getrennte Veranlagung zu wählen, trägt dem das Einkommensteuerrecht beherrschenden Grundsatz der Individualbesteuerung Rechnung. Diesem Grundsatz entspricht es, daß bei der getrennten Veranlagung jedem Ehegatten grundsätzlich nur die von ihm selbst getragenen Aufwendungen oder die ihm zustehenden Abzugsbeträge zugerechnet werden. Es ist zwar mit der Verfassung vereinbar, die Ehegatten trotz der getrennten Veranlagung hinsichtlich bestimmter Ausgaben - wie z.B. bestimmter Sonderausgaben - als Einheit zu behandeln (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Januar 1972 1 BvL 30/69, BStBl II 1972, 325), es ist jedoch von Verfassungs wegen nicht geboten. In Übereinstimmung hiermit hat der Gesetzgeber die Sonderregeln in § 26a Abs. 2 EStG über die Berücksichtigung von Sonderausgaben bei der getrennten Veranlagung von 1990 an abgeschafft. Sonderausgaben sind von diesem Zeitpunkt an nur bei der Veranlagung des Ehegatten zu berücksichtigen, in dessen Person sie entstanden sind. Der Umstand, daß der Ehemann der Klägerin die sich aus den erhöhten Absetzungen ergebenden Verluste von 1987 an nicht mehr nach § 10d EStG vortragen oder zurückbeziehen kann, ist eine Folge der gesetzgeberischen Entscheidung, den Nutzungswert der Wohnung nicht mehr zu besteuern. Mangels steuerlich zu erfassender Einnahmen entfällt die Möglichkeit, die bisher in Anspruch genommenen erhöhten Absetzungen als Werbungskosten geltend zu machen. Diese systembedingten Folgen der sog. Konsumgutlösung treffen alle Steuerpflichtigen mit negativen Gesamteinkünften. Es würde daher auch dem Grundsatz der steuerlichen Gleichbehandlung widersprechen, diese Folgen bei Ehegatten, die getrennt zur Einkommensteuer veranlagt werden, über § 26a Abs. 2 EStG auszugleichen.
Fundstellen
Haufe-Index 64566 |
BFH/NV 1994, 229 |