Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der steuerlichen Unschädlichkeit des Umpackens von Kokosfett, das in flüssigem Zustande bezogen und in Tafeln weitergeliefert wird.
Normenkette
UStG 1934 § 7 Abs. 3; UStG 1951 § 7 Abs. 3; UStDB 1938 § 11; UStDB 1951 § 11; UStDB 1938 § 12; UStDB 1951 § 12
Tatbestand
Streitig sind offenbar nur die Umsätze, bei denen die Steuerpflichtige (Stpfl.) Kokosfett von Ölmühlen erworben und entweder selbst oder durch einen anderen Unternehmer abgepackt und als Plattenware weiterveräußert hat. Sie bezieht das Kokosfett in flüssigem Zustande in isolierten Kesselwagen, von denen es über Vorratsbehälter und Temperierbehälter in eine Abfüllstation befördert wird. Aus den Behältern wird es in die Abfüllvorrichtungen gepumpt, in Formen gegossen und durchläuft anschließend einen 12 Meter langen Kühltunnel. Die in den Formen entstehenden Platten werden, nachdem sie erstarrt sind, aus den Formen gelöst und durch eine Packmachine in Einwickler eingeschlagen, die eine Markenbezeichnung tragen.
Das Finanzamt hat den von der Stpfl. für die Weiterlieferung der Kokosfettplatten beanspruchten ermäßigten Steuersatz nach § 7 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) wegen steuerlich schädlicher Bearbeitung im wesentlichen unter Hinweis auf das Urteil des Reichsfinanzhofs V 162 40 vom 13. Juni 1941 (Slg. Bd. 50 S. 242. Reichssteuerblatt -- RStBl. -- 1941 S. 556) versagt.
Im Berufungsverfahren hatte die Stpfl. Erfolg. Das Finanzgericht hat durch Betriebsbesichtigung unter Zuziehung eines Sachverständigen und durch Einholung eines Sachverständigengutachtens noch folgende Feststellungen getroffen. Das erworbene -- flüssige -- Kokosfett weist, abgesehen von der sich nach der jeweiligen Temperatur richtenden Änderung des Aggregatzustandes, keinerlei chemische oder physikalische Änderung gegenüber den weitergelieferten Platten auf; insbesondere sind die Platten mit dem bezogenen Kokosfett im chemischen Sinne identisch. Lediglich zur Beschleunigung des Abpackungsvorganges ist es angebracht, das Kokosfett in flüssigem Zustande zu beziehen und darin zu erhalten, bis die Platten gegossen sind. Auch das eingeschaltete Rührwerk dient, wie der Temperierbehälter, nur der Einhaltung gleicher Temperaturverhältnisse, die die Zuteilung gleicher Mengen durch den Abfüllapparat gewährleisten. Der Kühltunnel bewirkt keine Erhöhung der Konsistenz, da sich der Schmelzpunkt des Fettes von etwa 25\'f8 C hierdurch nicht ändert. Auch die Haltbarkeit des Fettes wird durch die Maßnahmen der Stpfl. nicht erhöht, wie auch sonstige Änderungen nicht eintreten. Auf Grund dieser Feststellungen ist die Vorinstanz der Auffassung, daß diese Maßnahmen noch im Rahmen des durch § 12 Abs. 1 Satz 3 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB) ausdrücklich zugelassenen Umpackens liegen, wobei eine hierdurch bewirkte Änderung der Marktgängigkeit außer Betracht zu bleiben habe.
Entscheidungsgründe
Die gegen die Zuerkennung des ermäßigten Steuersatzes gerichtete Rechtsbeschwerde (Rb.) der Oberfinanzdirektion ist nicht begründet.
Der erkennende Senat hat wiederholt ausgesprochen, daß bei Vorgängen des Umfüllens oder Umpackens dem Umstand, daß hierdurch ein Gegenstand anderer Marktgängigkeit entsteht, keine Bedeutung zukommt; ebenso ist für sich allein ein Umpacken oder Umfüllen zu dem Zwecke, den Liefergegenstand für den Kleinverkauf besonders herzurichten oder sogar erst verkaufsfähig zu machen, unerheblich, wenn der gesamte Vorgang überhaupt noch ein Umpacken oder Umfüllen darstellt (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs V 25 51 U vom 13. November 1952, Slg. Bd. 57 S. 63, Bundessteuerblatt -- BStBl. -- 1953 III S. 23 und V 174/52 U vom 30. April 1953, Slg. Bd. 57 S. 528, BStBl. 1953 III S. 203).
Im Streitfalle steht fest, daß sich die Beschaffenheit des Kokosfetts durch die Behandlung der Stpfl. nicht geändert hat. Die Vorinstanz hat insbesondere zutreffend darauf hingewiesen, daß der Änderung des Aggregatzustandes nicht die gleiche Bedeutung zukommt wie in dem durch Urteil des Reichsfinanzhofs V 162/40 vom 13. Juni 1941 entschiedenen Falle. Dort wurde eine weiche Schokoladenmasse in Blöcken bezogen, deren Aufteilung in Tafeln ein dauerndes Festwerden der Ware zur Folge hatte. Hier aber erfolgt keine dauernde Änderung des Aggregatzustandes. Die Lieferung von der Raffinerie in flüssigem Zustande geschieht einmal wegen des leichteren und rationelleren Transportes in Tankwagen und erleichtert überdies die von der Stpfl. vorgenommene Aufteilung in handelsübliche Packungen. Ohne die Maßnahmen der Stpfl. und ihrer Lieferantin würde das Fett von selbst erkalten und sodann dieselbe Beschaffenheit -- abgesehen von der Größe und Form -- haben wie die von der Stpfl. gelieferten Tafeln. Das Festwerden des Fettes ist nicht die Folge des Ausgießens in Tafeln, sondern ein durch das Erkalten eintretender natürlicher Vorgang, der durch das Durchlaufen des Kühltunnels nur beschleunigt wird, wodurch außerdem der Abtransport zu den Abnehmern der Stpfl. erleichtert wird. Da sich die Stpfl. zudem nach den nicht angreifbaren Feststellungen der Vorinstanz weiterer Maßnahmen enthält, insbesondere nicht Härtemittel zusetzt oder durch eine besondere Behandlung eine Streichfähigkeit des Fettes erzielen will, kann nicht angenommen werden, daß die Stpfl. durch ihre Maßnahmen selbständige Sonderzwecke verfolgt, sondern daß sie sich im wesentlichen darauf beschränkt, das bereits von ihrer Lieferantin fertig hergestellte (raffinierte) Kokosfett in einer durch die Eigenart der Ware bedingten, neuzeitlichen technischen Methoden entsprechenden Weise in die für ihre Abnehmer geeigneten Mengen umzupacken, um dadurch ihrer Verteilerfunktion gerecht zu werden.
Der Hinweis der Rb. auf die zolltariflich unterschiedliche Behandlung flüssiger und fester Fette geht fehl. Denn einmal hat der Zolltarif nur dann für die Umsatzsteuer Bedeutung, wenn es sich um die Einordnung einer bestimmten Ware in eine Warengruppe oder in eine Freiliste handelt, nicht aber, wenn es um die Beurteilung einer Bearbeitungsmaßnahme geht; zum anderen ist bereits oben ausgeführt, daß die Änderung des Aggregatzustandes im Streitfalle nur vorübergehend ist und das Fett ohne die besonderen Vorrichtungen an den Kesselwagen und bei der Stpfl. bei dieser in seinem natürlichen, der üblichen Außentemperatur entsprechenden festen Zustande als gebrauchs- und genußfähiges Kokosfett eintreffen würde. Der Streitfall gleicht also eher dem durch die Verwaltung als steuerlich unschädlich erklärten Abpfunden von Butter (vgl. Plückebaum-Malitzky, Umsatzsteuergesetz, 6. Aufl. Textziff. 2389), als dem im oben angeführten Urteil vom 13. Juni 1941 entschiedenen Tatbestand.
Rechtsirrig ist auch der Hinweis der Rb. auf den Umstand, daß die Stpfl. im übrigen ein Herstellungsbetrieb sei und für den als Umpacken bezeichneten Vorgang annähernd gleich hohe Aufschläge kalkuliere wie bei der Herstellung von Margarine. Denn auch ein Fabrikationsbetrieb kann in anderen oder verwandten Warenarten steuerbegünstigte Großhandelslieferungen tätigen, ohne daß es nach § 11 UStDB darauf ankäme, daß der Unternehmer, der § 7 Abs. 3 UStG in Anspruch nimmt, ein reiner Verteilerbetrieb ist.
Daß sich das Einwickeln und Kennzeichnen im Streitfalle im Rahmen des § 12 UStDB hält, wird auch von der Rb. nicht verkannt.
Der Vorentscheidung war deshalb beizutreten und die Rb. mit der Kostenfolge des § 309 der Reichsabgabenordnung als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 408274 |
BStBl III 1955, 359 |
BFHE 1956, 418 |