Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen zur Erlangung der Fachhochschulreife
Leitsatz (NV)
Aufwendungen zur Erlangung der Fachhochschulreife sind auch dann nicht als Werbungskosten abziehbar, wenn diese Voraussetzung für den Aufstieg in eine höhere Laufbahn ist.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Finanzbeamter. Im Streitjahr besuchte er außerhalb seiner Dienstzeit das Oberstufenzentrum Wirtschaft und Verwaltung mit dem Ziel, die Fachhochschulreife und damit die Voraussetzung für die Zulassung zum Aufstiegslehrgang zur Laufbahn des gehobenen Dienstes zu erlangen. Für das Streitjahr machte der Kläger durch den Lehrgang entstandene Fahrtkosten als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ließ davon lediglich 900 DM als Kosten der Ausbildung zum Abzug zu.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und führte im wesentlichen aus: Zwar seien Kosten des Besuchs allgemeinbildender Schulen zur Erlangung auch der Fachhochschulreife Ausbildungskosten. Es dürfe aber nicht allein auf den Inhalt der Weiterbildungsmaßnahme abgestellt werden. Vielmehr sei auch die Veranlassung der Aufwendungen entscheidend. Im Streitfall liege eine berufliche Veranlassung des Lehrgangs vor, weil der Kläger das Oberstufenzentrum nicht besucht habe, um sein Allgemeinwissen zu erweitern oder einen anderen Beruf anzustreben. Sein Ziel sei vielmehr der Aufstieg in den gehobenen Dienst, die Erlangung der dafür erforderlichen Fachhochschulreife daher eine Fortbildungsmaßnahme gewesen.
Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung von § 9 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Kosten des Besuchs allgemeinbildender Schulen seien grundsätzlich dem Bereich der Ausbildung zuzuordnen. Eine berufliche Veranlassung könne nur angenommen werden, wenn diese Schulen auf Weisung des Arbeitgebers besucht würden. Dies treffe im Streitfall nicht zu. Daß die erstrebte Fachhochschulreife Voraussetzung für die Zulassung des Klägers zur Laufbahn des gehobenen Dienstes gewesen sei, reiche für die Annahme von Fortbildungskosten nicht aus.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten bei der Einkunftsart ,,nichtselbständige Arbeit" alle Aufwendungen, die durch den Beruf veranlaßt sind. Ihre berufliche Veranlassung ist anzunehmen, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und sie subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Diese Voraussetzungen liegen bei Fort- oder Weiterbildungskosten vor. Sie dienen dazu, in einem ausgeübten Beruf auf dem laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. April 1989 VI R 95/85, BFHE 156, 494, BStBl II 1989, 616).
Dagegen gehört der Besuch allgemeinbildender Schulen zur Berufsausbildung. Die hier erworbenen Kenntnisse dienen nicht der Vermittlung spezifischer Berufskenntnisse, sondern schaffen die Grundlage für die Ausübung der verschiedensten Berufe. Dabei kann es aus Gründen der Gleichbehandlung keinen Unterschied machen, ob die allgemeinbildende Schule vor dem Eintritt in das Berufsleben oder während der Ausübung eines Berufs besucht wird. So hat der Senat Kosten von Berufstätigen zur Nachholung der Reifeprüfung als Kosten der Ausbildung angesehen, weil ihr Zusammenhang mit der Berufstätigkeit selbst dann zu verneinen ist, wenn der Steuerpflichtige im ausgeübten Beruf verbleiben will (BFH-Urteile vom 17. August 1962 VI 156/61, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Einkommensteuergesetz - bis 1974 -, § 9 Sätze 1 und 2, Rechtsspruch 215, und vom 10. Dezember 1972 VI R 255/70, BFHE 104, 220, BStBl II 1972, 242). Für die Nachholung der Fachhochschulreife kann nichts anderes gelten. Der erfolgreiche Abschluß einer zusätzlichen Ausbildungsmaßnahme ist zwar Voraussetzung für die Zulassung zu einer höher bewerteten beruflichen Tätigkeit, Funktion oder Laufbahn. Ziel der Ausbildung ist dennoch der Erwerb eines höheren Bildungsgrades, der lediglich als Folge regelmäßig eine höher qualifizierte Berufsausübung oder -ausbildung ermöglicht.
Es liegt auch kein Ausbildungsdienstverhältnis vor, in dessen Rahmen auch Kosten der Berufsausbildung als Werbungskosten abziehbar sein könnten. Es müßte dann Inhalt des Dienstverhältnisses eine berufliche Ausbildung sein und die erforderlichen Aufwendungen erbracht werden, um den Verpflichtungen aus diesem Dienstverhältnis nachzukommen (BFH-Urteil vom 28. September 1984 VI R 144/83, BFHE 142, 258, BStBl II 1985, 89). Im Streitfall hat der Kläger die Ausbildung dagegen freiwillig und unabhängig von seinem Dienstverhältnis aufgenommen, um seinen Aufstieg in eine andere Laufbahn zu ermöglichen.
Da die Vorentscheidung von anderen rechtlichen Erwägungen ausgegangen ist, war sie aufzuheben. Die Sache ist entscheidungsreif. Die Klage ist abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 418980 |
BFH/NV 1993, 527 |