Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für Schulskileiter-Befähigung
Leitsatz (NV)
Die Frage, ob Aufwendungen für den Erwerb einer Schulskileiter-Befähigung als Werbungskosten abziehbar sind, kann nur nach objektiven Gesichtspunkten beurteilt werden. Dabei ist eine Typisierung unerläßlich (Anschluß an das Urteil in BFHE 154, 513, BStBl II 1989, 91).
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1 S. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Gymnasiallehrer. Er ist kein Sportlehrer und erteilt auch keinen Sportunterricht. Dennoch hatte er mehrfach Skifreizeiten für Schüler durchgeführt. Im Streitjahr nahm er an einem Ski-Fortbildungslehrgang für Lehrkräfte der Sekundarstufe teil, der vom zuständigen Regierungspräsidium durchgeführt wurde. Der Lehrgang wurde nicht mit einer Prüfung abgeschlossen, es wurde aber ein Zertifikat über die Befähigung zur Leitung von Schülerskikursen erteilt.
Der Kläger machte die Aufwendungen für die Teilnahme an diesem Lehrgang als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte ihre Berücksichtigung ab.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und führte im wesentlichen aus: Zwar seien die Anforderungen des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 26. August 1988 VI R 175/85 (BFHE 154, 513, BStBl II 1989, 91) an die Anerkennung derartiger Aufwendungen als Werbungskosten in zwei Punkten nicht erfüllt. Daß der Kläger kein Sportlehrer sei und auch keinen Sportunterricht erteile, sei aber nicht entscheidend, da er in der Vergangenheit bereits Skifreizeiten für Schüler durchgeführt habe. In diesen Fällen müsse es - vor allem wegen des Mangels an Sportlehrern - der Organistion der Schulleitung überlassen bleiben, auch Lehrer mit anderer Lehrbefähigung für die Leitung von Skifreizeiten zu gewinnen und heranzubilden. Auch der Umstand, daß der Lehrgang ohne Prüfung abgeschlossen worden sei, hindere nicht die Anerkennung der Aufwendungen als Werbungskosten. Denn das vom Regierungspräsidium aufgrund des absolvierten Lehrgangs erteilte Zertifikat bescheinige dem Kläger eine entsprechende Befähigung. Es könne davon ausgegangen werden, daß dieses Zertifikat ohne deren ausreichenden Nachweis nicht erteilt worden wäre.
Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung von § 9 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). . . .
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage.
Nach § 12 Nr.1 Satz 2 EStG besteht ein Abzugverbot für solche Aufwendungen, die der Lebensführung des Steuerpflichtigen dienen, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Damit soll im Interesse der Steuergerechtigkeit verhindert werden, daß Steuerpflichtige durch eine mehr oder weniger zufällige oder bewußt herbeigeführte Verbindung von beruflichen und privaten Erwägungen Aufwendungen für ihre Lebensführung in ihren beruflichen Bereich verlagern können, weil sie einen entsprechenden Beruf ausüben, während andere Steuerpflichtige gleichartige Aufwendungen aus versteuerten Einkünften decken müssen. Die Vorschrift des § 12 Nr.1 Satz 2 EStG enthält damit eine gesetzliche Typisierung und ein gesetzliches Verbot der Aufteilung in den durch sie betroffenen Fällen (BFH-Beschluß vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17). Nach ständiger Rechtsprechung liegen abziehbare Aufwendungen nur vor, wenn sie ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend im beruflichen Interesse getätigt werden, wenn also die Verfolgung privater Interessen nahezu ausgeschlossen ist (BFH-Beschlüsse in BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17, und vom 27. November 1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213).
Von diesen Voraussetzungen kann nach Auffassung des Senats im Streitfall nicht ausgegangen werden. Es entspricht vielmehr allgemeiner Erfahrung, daß dem Skilauf, der den größten Teil der Veranstaltung bildete, ein erhöhter Erholungs- und Freizeitwert zuzumessen ist. Auch wenn es Ziel des Lehrgangs gewesen ist, die für die Leitung von Skifreizeiten erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen zu vermitteln und ein privates Interesse des Klägers dadurch überlagert wurde, kann es dennoch nicht in so starkem Maße zurückgedrängt worden sein, daß ihm nur noch ganz untergeordnete Bedeutung zukäme. Hervorzuheben ist, daß die Durchführung von Skifreizeiten nicht Teil der eigentlichen beruflichen Tätigkeit des Klägers ist. Der Streitfall ist daher anders zu beurteilen als der vom erkennenden Senat entschiedene Fall eines Sportlehrers, dessen Aufwendungen zur Erlangung einer Schulskileiter-Lizenz - wenn auch nur in einem engen Rahmen - als Werbungskosten anerkannt werden können (BFH-Urteil in BFHE 154, 513, BStBl II 1989, 91). Der Senat ist bei jener Entscheidung, an deren Grundsätzen er festhält, davon ausgegangen, daß die Frage, ob eine Lehrkraft aus beruflichen Gründen an einem einschlägigen Lehrgang teilgenommen hat, nur nach objektiven Gesichtspunkten beurteilt werden kann und diese Beurteilung eine Typisierung unerläßlich macht. Er hat daher die Anerkennung der Aufwendungen als Werbungskosten auf Lehrer beschränkt, die in ihrer Schule tatsächlich Sportunterricht erteilen oder eine entsprechende Arbeitsgemeinschaft leiten, die erworbenen Fähigkeiten also anschließend tatsächlich im Lehrberuf verwenden (vgl. auch das Senatsurteil vom 26. August 1988 VI R 72/87, BFH/NV 1989, 292). Der Kläger betreut demgegenüber einen anderen Fachbereich und ist mit der Durchführung von Skifreizeiten lediglich von Fall zu Fall betraut. Er hat im übrigen den Lehrgang auch nicht mit einer Prüfung abgeschlossen. Das vom Regierungspräsidium erteilte Zertifikat bescheinigt dem Kläger zwar die Befähigung zur Leitung von Skifreizeiten. Dennoch sind damit die im Wege der notwendigen Typisierung zu stellenden Anforderungen des Senats an den objektiven Nachweis der beruflichen Veranlassung der Aufwendungen nicht erfüllt.
Da die Vorentscheidung von anderen rechtlichen Erwägungen ausgegangen ist, war sie aufzuheben. Die Sache ist entscheidungsreif. Die Klage ist abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 418981 |
BFH/NV 1993, 416 |