Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
§ 7 Abs. 6 EStG 1960 ist nicht anwendbar auf Garagen, die den Wohnungsinhabern nicht zur Verfügung stehen, sondern vom Hauseigentümer zu gewerblichen Zwecken benutzt oder vermietet werden.
Normenkette
EStG § 7b/6; EStG § 7b/5
Tatbestand
Der Steuerpflichtige (Stpfl.) Inhaber eines Baugeschäfts, baute im Jahre 1957 ein Haus mit sechs Wohnungen, einem Büroraum für sein Baugeschäft und weiteren Büro- und Lagerräumen, die an eine fremde Firma (GmbH) vermietet wurden. Im Jahre 1958 erstellte er in dem Hof hinter dem Haus einen Garagenbau mit 5 Toren, der 14,97 m breit, 6,75 m tief und 3 m hoch ist. Ein 2,52 m breiter Teil dieses Baus, der mit einer Wand aus Preßpappe abgetrennt ist, dient der Unterbringung seines PKW. Die übrige Fläche ist nicht unterteilt, sondern in ganzen an die GmbH vermietet, die dort ihre Lieferwagen unterstellt. Der Stpfl. und seine Ehefrau haben für das Jahr 1960 eine Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7 b EStG von 26 v. H. der Baukosten des Wohngebäudes und der Garagen beansprucht, soweit eine AfA nach dieser Vorschrift nicht bereits bei der Einkommensteuerveranlagung für 1957 für das Wohngebäude gewährt wurde. Das Finanzamt (FA) entsprach diesem Antrag nicht, da nach seiner Auffassung die Garagen nicht Wohnzwecken dienten und für den Bau im ganzen nach der Errichtung der Garagen die Voraussetzungen des § 7 EStG nicht mehr vorlagen.
Die Sprungberufung der Stpfl. hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) sah die Voraussetzungen des § 7 b Abs. 6 EStG 1960 ebenfalls nicht als erfüllt an. Es führte aus, in den Garagen könnten auch größere Kraftwagen eingestellt werden. Die Stpfl. seien weder durch die räumlichen Verhältnisse noch durch andere Umstände gezwungen gewesen, Garagen von dieser Größe zu bauen und die Garagentore mit etwa 3 m ungewöhnlich hoch zu machen. Da alle 5 Garagen größer seien, als es die Unterbringung von Personenkraftwagen erfordere, könne ihre Grundfläche nicht der Wohnfläche des Hauses zugerechnet werden. Ob der auf dem Betondach des Garagenbaus eingerichtete Dachgarten zur Wohnfläche zu rechnen sei, brauche nicht entschieden zu werden, da selbst bei einer solchen Hinzurechnung die Wohnfläche nur 61 v. H. der Gesamtnutzfläche ausmache.
Die Stpfl. rügen mit ihrer Revision unrichtige Anwendung des § 7 b Abs. 6 EStG 1960 und führen aus, diese Vorschrift enthalte keine Normen für die Ausmaße der Garagen. In den Garagen könnten höchstens 5 PKW untergestellt werden. Hinsichtlich der Breite und der Höhe wichen die Garagen nicht wesentlich vom üblichen ab. In der Länge unterschieden sie sich weniger als 50 v. H. von der üblichen Garagenlänge. Die Erweiterung um 0,70 m gegenüber der ursprünglichen Planung habe einer billigeren baulichen Ausführung gedient. Gleichwohl könnte die Garagen für LKW nicht benutzt werden, da diese bei einer Hofbreite von 7 m nicht in die Garage einschwenken könnten. Im übrigen habe das FA nicht alle eingereichten Schreiben bei seiner Urteilsfindung berücksichtigt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Nach Art. 2 Abs. 1 des Steueränderungsgesetzes vom 30. Juli 1960 - StändG 1960 - (BGBl I 1960, 616, BStBl I 1960, 514) ist Abs. 6 des § 7 b EStG 1960 erstmals für Jahr 1960 anzuwenden. Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, diese Vorschrift gelte auch für Garagen, die bereits vor dem Jahre 1960 errichtet worden sind, sofern der Zeitraum für die Inanspruchnahme der erhöhten AfA noch nicht verstrichen sei, auch sei auf diese Garagen die Nachholvorschrift des § 7 b Abs. 5 EStG 1960 anzuwenden (so z. B. Littmann, Das Jahressteuergesetz 1960 S. 79; Steinberg-Längsfeld, Erhöhte Absetzungen für Wohngebäude, 2. Aufl. 1960, Anm. 40 a, 155). Für den Streitfall braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob diese Auffassung zutrifft; denn selbst wenn man ihr folgt, kommt für die Stpfl. eine erhöhte AfA nach § 7 EStG 1960 nicht in Betracht.
Diese Vorschrift bestimmt zwar, daß zum Gebäude gehörende Garagen ohne Rücksicht auf ihre tatsächliche Nutzung für die Gewährung der erhöhten AfA so zu behandeln sind, als dienten sie Wohnzwecken, wenn in ihnen nicht mehr als ein PKW für jede Wohnung des Hauses untergestellt werden kann. Diese Regelung will eine verwaltungsmäßig einfache Behandlung der Garagen bei der Anwendung des § 7 b EStG erreichen, nachdem der BFH, der zunächst Garagen nicht zu den Wohnzwecken dienenden Räumen gerechnet hatte (Urteil IV 353/53 U vom 18. November 1954, BFH 60, 99, BStBl III 1955, 39), die Grundflächen von Garagen später unter Umständen in die Wohnflächen des Gebäudes einbezog ( Urteil VI 85/56 U vom 19. Dezember 1956, BFH 64, 173, BStBl III 1957, 66; VI 246/57 U vom 24. April 1959, BFH 68, 645, BStBl III 1959, 246). Die gesetzliche Regelung soll die Wohnflächenberechnung erleichtern. Wenn zu einem Wohngebäude nicht mehr Garagen gehören, als das Gebäude Wohnungen hat, soll ohne weiteres angenommen werden, daß die zu jeder Wohnung gehörende Garage bei der Anwendung des § 7 b EStG zur Wohnfläche dieser Wohnung rechnet, ohne Rücksicht darauf, ob der von den Wohnungsinhabern dort untergebrachte PKW privaten, freiberuflichen oder gewerblichen Zwecken dient. Voraussetzung ist aber immer, daß die Garage ein Teil des Wohngebäudes ist. Das ist nur der Fall, wenn die Garagen den Wohnungsinhabern zur Verfügung stehen. Ob diese die zu ihrer Wohnung gehörende Garage selbst benutzen oder ob sie sie ihrerseits vermieten, ist bedeutungslos. Selbst wenn sie die für ihre Wohnung vorgesehene Garage nicht in Anspruch nehmen, sondern sie dem Hauseigentümer zur freien Verfügung belassen, findet § 7 b Abs. 6 EStG noch Anwendung.
Die Voraussetzungen des § 7 b Abs. 6 EStG 1960 sind aber nicht erfüllt, wenn zwar eine der Zahl der Wohnungen entsprechende Zahl von Garagen vorhanden ist, die Garagen aber unabhängig von dem Wohngebäuden genutzt werden. Im Streitfall sind 4/5 der gesamten Garagenfläche an die GmbH vermietet, die in dem Wohnteil des Gebäudes Büroräume hat und die die gemieteten Garagenplätze zur Unterstellung ihrer Lieferwagen verwendet. Die Feststellung des FG, daß jeder dieser vier Garagenplätze bei einer Tiefe von 6,75 m, der Breite von 3,11 m und der Höhe der Garagentore von etwa 3 m für die Unterbringung von Personenwagen ungewöhnlich groß sei, und daß dies nicht durch die räumlichen Verhältnisse bedingt sei, beruht auf einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse, an die der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist. Auf Grund dieser Feststellung konnte das FG ohne Rechtsverstoß annehmen, daß die vier an die GmbH vermieteten Garagen und die Wohnungen in dem Haus nicht so verbunden sind, wie es § 7 Abs. 6 EStG 1960 voraussetzt. Es war vielmehr nach der Gestaltung der Garagen offenbar von vornherein eine ausschließlich gewerbliche Verwendung durch die GmbH beabsichtigt, wie es seit der Fertigstellung der Garagen auch geschehen ist. Die Voraussetzungen des § 7 b Abs. 6 EStG 1960 sind unter diesen Umständen nicht gegeben.
Die Voraussetzungen des § 7 b Abs. 6 EStG 1960 sind allenfalls für den vom Stpfl. selbst benutzten Garagenteil erfüllt. Auf das steuerliche Ergebnis wäre dies aber ohne Einfluß. Rechnet man nämlich die Grundfläche der vier an die GmbH vermieteten Garagen nicht zur Wohnfläche, so beträgt die Wohnfläche im Sinn des § 7 b EStG nur etwa 62 v. H. der gesamten Grundfläche. Selbst wenn man den Dachgarten, bei dem das FG nicht geprüft hat, ob er als Wohnfläche anzusehen ist, nach § 44 der Zweiten Berechnungsverordnung vom 17. Oktober 1957 (BGBl I 1957, 1719) mit seiner halben qm Zahl zur Wohnfläche rechnen würde, ergibt sich eine Wohnfläche von 66,55 v. H. Dieser Anteil reicht nicht für die Anwendung des § 7 b EStG 1960 aus.
Die Rüge der Stpfl., das FG habe nicht alle eingereichten Schriftstücke bei der Urteilsfindung berücksichtigt, greift nicht durch. Das FG hat den gesamten Sachverhalt gründlich aufgeklärt und zu allen entscheidenden Fragen Stellung genommen. Es brauchte aber nicht zu jedem eingereichten Schriftstück besondere Ausführungen zu machen. Daß es für die Entscheidung wesentliche Schriftstücke nicht beachtet und gewürdigt hätte ist nicht erkennbar.
Die Stpfl. haben den Hilfsantrag gestellt, die Garagen als Zubauten zu behandeln und bei der Anwendung des § 7 b EStG für das Wohngebäude außer Betracht zu lassen. Auch dieser Antrag kann keinen Erfolg haben. Die Garagen waren von vornherein in dem Bauvorhaben eingeplant. Ihre Fertigstellung hat sich lediglich durch Schwierigkeiten mit der Baupolizei verzögert. Unter diesen Umständen waren sie keine gesonderten Zubauten, wie dies § 7 b Abs. 2 EStG 1960 voraussetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 412488 |
BStBl III 1967, 315 |
BFHE 1967, 176 |
BFHE 88, 176 |