Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Zurechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei Miteigentum an Grundstücken
Leitsatz (NV)
Eine von dem Beteiligungsverhältnis abweichende Vereinbarung über die Zuordnung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist steuerrechtlich nur dann zu berücksichtigen, wenn die Miteigentümer eine das Gemeinschaftsverhältnis betreffende Regelung dazu getroffen haben, nach welchen Grundsätzen die Einnahmen verteilt und/oder die Ausgaben getragen werden sollen. Die familienrechtliche Unterhaltspflicht eines Miteigentümers gegenüber anderen Miteigentümern ist für die einkommensteuerrechtliche Zuordnung der Einkünfte unbeachtlich.
Normenkette
EStG § 12 Nr. 1, § 21 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erbte zusammen mit ihren drei Kindern im Jahre 1971 von ihrem Ehemann ein von der Familie selbst genutztes Zweifamilienhausgrundstück. Die Klägerin ist zu 1/2, ihre drei Kinder zu jeweils 1/6 Miteigentümer.
Am 1. Juli 1985 vereinbarten die Klägerin und ihre Kinder, die Einkünfte aus dem Zweifamilienhaus in der Weise zu verteilen, daß der Mietwert nach Miteigentumsanteilen aufgeteilt wird, während die Werbungskosten demjenigen zugerechnet werden, der sie tatsächlich getragen hat. Als Begründung hierfür gaben sie an, daß die Klägerin in den zurückliegenden Jahren umfangreiche Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten an dem Zweifamilienhaus auf ihre Kosten habe durchführen lassen.
In ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 1985 und 1986 (Streitjahre) teilten die Mitglieder der Grundstücksgemeinschaft den Mietwert nach Miteigentumsanteilen auf, während die Klägerin den Abzug sämtlicher Werbungskosten mit der Begründung begehrte, sie habe die entsprechenden Aufwendungen getragen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) verteilte hingegen in seinen Feststellungsbescheiden für die Streitjahre die Einkünfte der Grundstücksgemeinschaft nach Miteigentumsanteilen; lediglich die von der Klägerin allein getragenen Schuldzinsen wurden dieser als Sonderwerbungskosten zugeordnet. Während der Einspruchsverfahren, zu denen die anderen Gemeinschafter jeweils hinzugezogen wurden, begehrte ein Sohn der Klägerin, ihm bei der Feststellung der Einkünfte des Jahres 1986 Aufwendungen in Höhe von 3 100 DM zuzurechnen; zur Begründung machte er geltend, er habe von den Aufwendungen für das Haus 3 100 DM übernommen, da seine Mutter dazu finanziell nicht in der Lage gewesen sei. Das FA wies die Einsprüche als unbegründet zurück.
Die Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Nach seiner Auffassung handelte es sich bei der Übernahme der Kosten jeweils um eine Einkommensverwendung im Rahmen eines familiären Gemeinschaftsverhältnisses.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine rechtsfehlerhafte Anwendung des § 12 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Eine von den Miteigentumsanteilen abweichende Verteilung der Einkünfte sei im Streitfall deshalb geboten, weil die Klägerin das Haus in den Streitjahren mit ihren zum Teil minderjährigen, unterhaltsberechtigten Kindern bewohnt habe. In diesem Fall sei die Nutzung der Klägerin als Mutter als vorrangig anzusehen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Zu Recht hat das FG die Vereinbarung der Miteigentümer vom 1. Juli 1985 der Besteuerung nicht zugrundegelegt.
a) Gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO 1977) sind Einkünfte gesondert und einheitlich festzustellen, wenn daran mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen zuzurechnen sind. Für die -- anteilige -- steuerrechtliche Zurechnung der Einkünfte sind grundsätzlich die zivilrechtlichen Beteiligungsverhältnisse (§§ 743, 748 des Bürgerlichen Gesetzbuches -- BGB --) maßgebend, und zwar auch in den Fällen, in denen der Tatbestand der Einkünfteerzielung durch Wohnen im eigenen Haus i. S. von § 21 Abs. 2 EStG von mehreren gemeinschaftlich erfüllt wird (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 5. Februar 1965 VI 234/63 U, BFHE 82, 25, BStBl III 1965, 256).
Allerdings können die Miteigentümer eine vom dem Beteiligungsverhältnis abweichende Vereinbarung hinsichtlich der Verteilung der Einnahmen und Ausgaben, z. B. entsprechend den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen, treffen. Steuerrechtlich ist eine solche Vereinbarung nach ständiger Rechtsprechung bei der Zurechnung der Einkünfte dann zu beachten, soweit in ihr keine Verwendung des Einkommens zu sehen ist, sondern sie ihren Grund im Gemeinschaftsverhältnis hat (Senatsurteil vom 31. März 1992 IX R 245/87, BFH 168, 248, BStBl II 1992, 890 m. w. N.).
b) Hiernach kann die Vereinbarung vom 1. Juli 1985 bei der Zurechnung der Einkünfte aus dem Zweifamilienhaus nicht berücksichtigt werden. Die Klägerin und ihre Kinder haben nämlich keine das Gemeinschaftsverhältnis betreffende Regelung dazu getroffen, nach welchen Grundsätzen die Miteigentümer in der Zukunft die Aufwendungen für das Zweifamilienhaus zu tragen haben.
2. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine von den Miteigentumsanteilen abweichende Zuordnung der Werbungskosten im Streitfall auch nicht deshalb geboten, weil die Klägerin das Zweifamilienhaus in den Streitjahren mit ihren Kindern bewohnte, die zum Teil noch minderjährig und unterhaltsberechtigt waren.
Für die steuerrechtliche Zurechnung der Einkünfte ist allein maßgebend, wer in welchem Umfang den Tatbestand der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwirklicht. Im Falle des gemeinsamen Wohnens im eigenen Haus bestimmt sich dies grundsätzlich nach den Eigentumsanteilen der nutzenden Miteigentümer (BFH-Urteil in BFHE 82, 25, BStBl III 1965, 256), solange die Miteigentümer nicht eine -- unter den oben dargestellten Voraussetzungen -- steuerrechtlich anzuerkennende abweichende Verteilung der Einkünfte vereinbart haben. Eine familienrechtliche Unterhaltspflicht eines Miteigentümers gegenüber anderen Miteigentümern ist für die einkommensteuerrechtliche Zuordnung der Einkünfte unbeachtlich (vgl. § 12 Nr. 1 EStG).
Fundstellen
Haufe-Index 419861 |
BFH/NV 1995, 16 |