Leitsatz (amtlich)
Der Grundbesitz einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Rechtsträgerin eines nichtrechtsfähigen katholischen klösterlichen Verbandes (Ordensgenossenschaft) ist, ist insoweit nicht von der Grundsteuer befreit, als er für Wohnzwecke benutzt wird.
Orientierungssatz
Die Grundsteuer ist eine Realsteuer. Ihr Aufkommen steht den Gemeinden zu. Anders als bei einer Personalsteuer bleiben die persönlichen Verhältnisse des Steuerschuldners unberücksichtigt. Ausführungen zum Sinn der Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 5 GrStG, zur Kirchenfreiheit (Art. 140 GG, Art. 137 WRV) und zu den Grenzen staatlicher Rechtsetzungsbefugnis sowie zum finanzwirtschaftlichen Ziel der Grundsteuer.
Normenkette
GG Art. 106 Abs. 6, Art. 140; WRV Art. 137; GrStG § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, § 5 Abs. 2, § 8 Abs. 1; BewG 1974 § 19 Abs. 4
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine 1897 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), ist Rechtsträgerin einer nichtrechtsfähigen katholischen Ordensgenossenschaft. Gegenstand ihres Unternehmens ist, "das Wohl der Allgemeinheit zu fördern, mit Ausschluß jeglicher Erwerbszwecke". Sie wurde vom Finanzamt (FA) als ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienend anerkannt. Sie unterhält mehrere Zweigniederlassungen. Die Zweigniederlassungen beschränken ihre Tätigkeit mit Ausschluß jedweder eigenwirtschaftlichen Zwecke auf die Pflege der inneren Mission in deutschen Gebieten, auf die Erziehung und den Unterricht von minderbemittelten deutschen Schülern an den höheren Lehranstalten der Gesellschaft und auf die Gewährung von Wohnung und Verpflegung an bedürftige deutsche Berufsschüler. Der Zweigniederlassung in Berlin stellte die Klägerin ihr dortiges Grundstück A-Straße 5 mietweise zur Verfügung, vor allem zur Wahrnehmung seelsorgerischer Aufgaben. Die Zweigniederlassung benutzt das Grundstück für Zwecke der katholischen Kirchengemeinde K, für Zwecke des J-Jugendheims e.V. und für sonstige Zwecke der Ordensgenossenschaft.
Im Jahre 1980 besichtigten Beamte des FA das Grundstück. Sie kamen zu der Ansicht, nur ein Teil des Grundstücks werde für steuerbegünstigte Zwecke benutzt und sei demzufolge von der Grundsteuer befreit. Nicht von der Grundsteuer befreit seien im ersten Obergeschoß: der Speisesaal (42 qm), der Gemeinschaftsraum (25 qm), der von einem in der Schwesternseelsorge tätigen Ordensangehörigen bewohnte Raum (25 qm), die durchreisenden Missionaren zur Verfügung gestellten Räume (68 qm) sowie die in räumlichem Zusammenhang mit diesen Räumen stehenden sanitären Anlagen (10 qm); im zweiten Obergeschoß: die Räume, die von Ordensangehörigen bewohnt werden, welche zugleich Angestellte des Bistums Berlin und als solche überwiegend für die katholische Kirchengemeinde Heilig Geist tätig sind (117 qm), die Räume, die den durchreisenden Missionaren oder Kirchentagsbesuchern als Unterkunft dienen (60 qm) und die mit diesen Räumen in räumlichem Zusammenhang stehenden sanitären Anlagen (14 qm); im Dachgeschoß: ein Wohnraum (20 qm). Keiner der Wohnräume verfüge über Bad/WC und über eine Küche oder Kochgelegenheit.
Für diesen als grundsteuerpflichtig erachteten Teil des Grundstücks stellte das FA durch Bescheid vom 8.September 1980 den Einheitswert des Grundstücks auf 30 100 DM fest; den Einspruch wies es zurück. Gleichzeitig setzte es den Grundsteuermeßbetrag fest. Das FA war der Ansicht, die bezeichneten Räume seien keine Wohnungen im Sinne des Gesetzes (§ 5 Abs.2 des Grundsteuergesetzes --GrStG--) und der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Sie könnten demzufolge auch keine Dienstwohnungen im Sinne der Befreiungsvorschrift des § 3 Abs.1 Satz 1 Nr.5 GrStG sein.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin begehrt, den Einheitswertbescheid und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung ersatzlos aufzuheben. Beide Verwaltungsakte seien rechtswidrig. Die bezeichneten Räume seien Teile einer Großwohnung, die alle Vorrichtungen enthalte, die zum Wohnen notwendig seien, nämlich Wohn-, Schlaf-, Sanitärräume, Küche. Diese Großwohnung sei eine Dienstwohnung im Sinne des Gesetzes. Denn die Ordensgeistlichen hätten Wohnung dort zu nehmen, wo dies der Orden für zweckmäßig ansehe und es entsprechend anordne. Sie hätten keinen Einfluß darauf, wo sie wohnten und wie sie wohnten. Nach der Ordensregel hätten die Geistlichen und Laienbrüder kein Privatleben. Sie hätten keinen Anspruch auf jeweils abgetrennte Wohnungen, sondern wohnten gemeinsam, wobei ihnen lediglich zum Schlafen ein eigener Raum zugestanden werde.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Es hat die angefochtenen Verwaltungsakte für rechtmäßig erachtet. Ob die Räume, die Wohnzwecken dienten, als Wohnungen oder als Wohnräume zu beurteilen seien, könne dahingestellt bleiben, weil im einen wie im anderen Falle der Grundbesitz nicht von der Grundsteuer befreit sei:
a) Beurteile man die Räume als Wohnräume, so fehle es an der gesetzlichen Voraussetzung, daß der Grundbesitz "für Zwecke der religiösen Unterweisung, der Wissenschaft, des Unterrichts, der Erziehung oder für Zwecke der eigenen Verwaltung benutzt wird" (§ 3 Abs.1 Satz 1 Nr.4 GrStG). Allein das Zusammenleben nach einer Ordensregel sei noch keine "religiöse Unterweisung" in diesem Sinne. Vielmehr werde der Grundbesitz "für Wohnzwecke der Ordensmitglieder" benutzt.
b) Beurteile man die Räume als Wohnungen, so scheitere die Steuerbefreiung (§ 3 Abs.1 Satz 1 Nr.5 GrStG) "jedenfalls daran, daß es sich hier nicht um Grundbesitz einer Religionsgesellschaft handelt, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist", sondern um Grundbesitz einer GmbH.
Das FG hat die Revision zugelassen, weil es der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimißt.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 3 Abs.1 Satz 1 Nr.5 GrStG.
Sie beantragt,
das Urteil des FG und den ihm zugrunde liegenden Einheitswertbescheid aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist zurückzuweisen (§ 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Im Ergebnis hat das FG den angefochtenen Einheitswertbescheid zutreffend für rechtmäßig erachtet.
Die nachträgliche Feststellung eines Einheitswerts für den bezeichneten Grundstücksteil war geboten, weil diese Feststellung für die Grundsteuer von Bedeutung war (§ 19 Abs.4 des Bewertungsgesetzes --BewG--). Denn der bezeichnete Teil des Grundbesitzes war steuerpflichtig; infolgedessen war für ihn ein Grundsteuermeßbetrag auf der Grundlage des Einheitswerts zu ermitteln und festzusetzen (§ 13 Abs.1 GrStG, § 17 Abs.2, § 19 Abs.1 Nr.1, Abs.3 BewG). Grundsteuerpflichtig war jener Teil des Grundbesitzes deshalb, weil er für Wohnzwecke benutzt wurde und nicht von der Grundsteuer befreit war. Die Grundentscheidung des Gesetzgebers, wonach der Wohnzweck kein steuerbegünstigter Zweck im Sinne des GrStG ist, verstößt nicht gegen das Grundgesetz (GG). Auch die Unterscheidung zwischen Wohnräumen und Wohnungen, wie sie § 5 Abs.1 Nr.3 und Abs.2 GrStG vornimmt, stellt keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz dar (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 4.April 1984 1 BvR 1139/82 u.a., Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1984, 436 Nr.380).
Zuzurechnen war der bezeichnete Grundbesitz bei der Feststellung des Einheitswerts auf den 1.Januar 1975 seinem Eigentümer (der Klägerin), weil insoweit nichts anderes bestimmt und eine vom bürgerlichen Recht abweichende Zuordnung nicht geboten war (vgl. die damals geltenden Vorschriften des § 11 des Steueranpassungsgesetzes --StAnpG-- und des § 216 Abs.1 Nr.2 der Reichsabgabenordnung --AO--; jetzt § 39 Abs.2 der Abgabenordnung --AO 1977--, § 19 Abs.3 Nr.2 BewG). Das vom Prozeßbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angeführte Urteil des Reichsfinanzhofs (RFH) vom 27.Februar 1941 III 148/40 (RFHE 50, 113, RStBl 1941, 243) führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Abgesehen davon, daß jenes Urteil zu der andersartigen Vorschrift des § 4 Nr.7 GrStG 1936 (etwa dem heutigen § 3 Abs.1 Satz 1 Nr.4 GrStG entsprechend) ergangen ist, war im vorliegenden Falle die Klägerin nicht --wie dort-- lediglich zur Erleichterung des Rechtsverkehrs mit Grundstücken gegründet worden, sondern --wie aus den erwähnten "Statuten" der Klägerin hervorgeht-- zu einem darüber hinausgehenden Zweck.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der bezeichnete Teil des Grundbesitzes nicht gemäß § 3 Abs.1 Satz 1 Nr.5 GrStG von der Grundsteuer befreit. Nach dieser Vorschrift sind grundsteuerfrei unter anderem "Dienstwohnungen der Geistlichen ... der Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind". Die Klägerin ist indes keine Religionsgesellschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist; sie ist eine GmbH, also eine juristische Person des Privatrechts (§ 13 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung --GmbHG--). Als solche ist sie zwar Rechtsträgerin einer katholischen Ordensgenossenschaft, dadurch aber nicht ohne weiteres Teil der römisch-katholischen Kirche, also einer Religionsgesellschaft, die --in Gestalt ihrer jeweiligen Teilkirche (z.B. Diözese)-- Körperschaft des öffentlichen Rechts ist (vgl. BFH-Urteil vom 4.Mai 1983 II R 180/79, BFHE 138, 303, 305, BStBl II 1983, 484, betreffend die Erzdiözese München-Freising, m.w.N.).
Die Notwendigkeit dieser Unterscheidung für das Grundsteuerrecht folgt nicht nur aus dem Wortlaut der Befreiungsvorschriften der Nr.5, sondern auch aus deren Zusammenhang mit der unmittelbar vorhergehenden Befreiungsvorschrift der Nr.4 des § 3 Abs.1 Satz 1 GrStG. Nach jener Vorschrift ist von der Grundsteuer befreit u.a. Grundbesitz, der von einer Religionsgesellschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, "einem ihrer Orden, einer ihrer religiösen Genossenschaften oder einem ihrer Verbände" für Zwecke der religiösen Unterweisung, der Wissenschaft, des Unterrichts, der Erziehung oder für Zwecke der eigenen Verwaltung benutzt wird. Nichts spricht dafür, daß der Grundsteuergesetzgeber den Begriff "Religionsgesellschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist", in den beiden Befreiungsvorschriften ein und desselben Paragraphen in unterschiedlichem Sinne gebraucht hat. Hat er in der Nr.4 die Befreiung ausgedehnt auf "Orden" und "religiöse Genossenschaften" einer Religionsgesellschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, in Nr.5 dagegen die Befreiung beschränkt auf Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, so ist daraus zu schließen, daß bei dieser letztgenannten Befreiungsvorschrift der Grundbesitz einer juristischen Person des Privatrechts nicht von der Grundsteuer befreit sein soll, auch wenn sie Rechtsträgerin einer religiösen Ordensgenossenschaft ist.
Sinn dieser Regelung --die eine Ausnahme von dem Grundsatz darstellt, daß Wohnungen stets steuerpflichtig sind (§ 5 Abs.2 GrStG)-- ist, daß die Befreiung beschränkt bleiben soll auf Dienstgrundstücke und Dienstwohnungen der Geistlichen und Kirchendiener, "die einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft angehören" (vgl. Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses vom 16.Juni 1965, BTDrucks IV/3631).
Selbst wenn man annähme, der grundsteuerrechtliche Begriff der "Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind", sei im gleichen (weiteren) Sinne auszulegen wie der gleichlautende verfassungsrechtliche Begriff (Art.140 GG i.V.m. Art.137 Abs.3 der Weimarer Reichsverfassung --WRV--), wäre die Revision der Klägerin im Ergebnis unbegründet und deshalb zurückzuweisen.
Aus Art.140 GG i.V.m. Art.137 WRV hat das BVerfG zwar abgeleitet, "daß sich die Kirche zur Erfüllung ihres Auftrags auch der Organisationsformen des staatlichen Rechts bedienen kann, ohne daß dadurch die Zugehörigkeit der auf dieser Rechtsgrundlage gegründeten Einrichtung zur Kirche aufgehoben würde". Es hat beispielsweise entschieden, daß eine GmbH, die ein evangelisches Allgemeinkrankenhaus mit Altenheim und Schwesternschule "im Sinne der Inneren Mission der Evangelischen Kirche in praktischer Betätigung christlicher Nächstenliebe" betreibt, "zwar nach staatlichem Recht selbständig, dessen ungeachtet aber infolge ihrer satzungsmäßigen Verzahnung mit der Amtskirche und ihrem Auftrag von dieser anerkannt und in diesem Sinne auch inkorporiert" ist, also zur Kirche, wie Art.140 GG i.V.m. Art.137 WRV sie meint, gehört. Demzufolge sind auch die von der GmbH getragenen Einrichtungen "Angelegenheit" der Kirche, der insoweit die selbständige Ordnung und Verwaltung dieser Einrichtungen innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes verfassungskräftig garantiert ist (BVerfG-Beschluß vom 25.März 1980 2 BvR 208/76, BVerfGE 53, 366, 392; ähnlich bereits im Beschluß vom 11.Oktober 1977 2 BvR 209/76, BVerfGE 46, 73, 85, betreffend eine rechtsfähige Stiftung privaten Rechts als Trägerin eines katholischen Krankenhauses, und später im Beschluß vom 17.Februar 1981 2 BvR 384/78, BVerfGE 57, 220, 243, betreffend die Frage, ob den Gewerkschaften das Recht zusteht, in karitativen Einrichtungen der Kirchen durch Gewerkschaftsbeauftragte, die in den betreffenden Einrichtungen selbst nicht beschäftigt sind, zu informieren, zu werben und Mitglieder zu betreuen). Diese Garantie ist den Religionsgesellschaften indes nur "innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes" gegeben (Art.140 GG i.V.m. Art.137 Abs.3 Satz 1 WRV). Der Wechselwirkung von Kirchenfreiheit und Schrankenzweck ist nach der Rechtsprechung des BVerfG durch entsprechende Güterabwägung Rechnung zu tragen, wobei dem Selbstverständnis der Kirchen ein besonderes Gewicht beizumessen ist (BVerfGE 53, 366, 401; ferner Beschluß vom 14.Mai 1986 2 BvL 19/84, BVerfGE 72, 278, 289, 290, betreffend die Kirchenfreiheit im Bereich der Berufsbildung). Daraus ergeben sich für die staatliche Rechtsetzungsbefugnis bestimmte materielle Grenzen. In dem erwähnten Fall (BVerfGE 53, 366) hat das BVerfG die Grenzen staatlicher Rechtsetzungsbefugnis für überschritten erachtet und deshalb die angegriffenen Vorschriften des Krankenhausgesetzes Nordrhein- Westfalen insoweit für unvereinbar mit Art.140 GG, Art.137 WRV erachtet, als es in seine Regelung Krankenhäuser einbezieht, die von Religionsgemeinschaften oder diesen gleichgestellten oder ihnen zuzuordnenden Einrichtungen betrieben werden (BVerfGE 53, 366, 404, 407).
Im vorliegenden Falle hingegen hält der erkennende Senat die Grenzen staatlicher Rechtsetzungsbefugnis nicht für überschritten. Bei der gebotenen Güterabwägung ist davon auszugehen, daß das staatliche Grundsteuergesetz ein für alle geltendes Gesetz ist, weil es für die Kirchen dieselbe Bedeutung hat wie für Jedermann (zur Jedermann-Formel vgl. BVerfG-Beschluß vom 21.September 1976 2 BvR 350/75, BVerfGE 42, 312, 333, 334; ferner Beschluß vom 13.Dezember 1983 2 BvL 13, 14, 15/82, BVerfGE 66, 1, 20, betreffend die Konkursunfähigkeit der Kirchen). Die Grundsteuer ist eine Realsteuer (Art.106 Abs.6 GG, § 1 Abs.2 AO 1977, Rechtsgutachten des BVerfG vom 16.Juni 1954 1 PBvV 2/52, BVerfGE 3, 407, 438): Ihr Steuergegenstand ist der Grundbesitz im Sinne des Bewertungsgesetzes (§ 2 GrStG). Anders als bei einer Personalsteuer, wie etwa der Einkommensteuer, bleiben die persönlichen Verhältnisse des Steuerschuldners unberücksichtigt; die Steuer ruht auf dem Steuergegenstand als öffentliche Last (§ 12 GrStG). Finanzwirtschaftlich zielt sie auf die durch den Besitz sogenannten fundierten Einkommens vermittelte Leistungskraft (BVerfG-Beschluß vom 6.Dezember 1983 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325, 353, BStBl II 1984, 72, 77). Ihr Aufkommen steht den Gemeinden zu (Art.106 Abs.6 GG) und hilft ihnen, ihre vielfältigen, zum Teil lebenswichtigen Aufgaben, insbesondere auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge im Interesse des Gemeinwohls und damit auch im Interesse der Kirchen zu erfüllen.
Die Schrankenregelung in Gestalt des staatlichen Grundsteuergesetzes berührt allenfalls den Randbereich des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts insofern, als der Staat nicht allgemein den Grundbesitz, der zu Wohnzwecken für Ordensangehörige benutzt wird, von der Grundsteuer befreit. Im Rahmen einer Güterabwägung ist im vorliegenden Falle der staatlichen Schrankenregelung durch das Grundsteuergesetz größeres Gewicht beizulegen als dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen in dem bezeichneten Randbereich.
Bei dieser Sach- und Rechtslage kann unerörtert bleiben, ob die von der Klägerin als "Großwohnung" bezeichneten Räume als Dienstwohnung im Sinne des § 3 Abs.1 Satz 1 Nr.5 GrStG beurteilt werden könnten und wer gegebenenfalls als der "mit Dienstbezügen ausgestattete Stelleninhaber" anzusehen wäre, dem die Wohnung unter Anrechnung auf sein Diensteinkommen zur Nutzung überlassen worden ist (vgl. BFH-Urteile vom 10.Juli 1959 III 283/58 U, BFHE 69, 283, 285, BStBl III 1959, 368, 369, betreffend die Wohnung des Organisten einer evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde, und vom 23.Februar 1979 III R 38/77, BFHE 127, 428, 431, BStBl II 1979, 524, betreffend die den Hausgenossen und Lehrern einer christlichen Gemeinschaft --e.V.-- überlassenen Wohnräume; beide Urteile ergangen zu § 4 Nr.5 Buchst. c GrStG i.d.F. vom 10.August 1951, BGBl I 1951, 519).
Fundstellen
Haufe-Index 61793 |
BStBl II 1987, 725 |
BFHE 150, 285 |
BFHE 1987, 285 |
HFR 1987, 618-619 (ST) |