Leitsatz (amtlich)
Ein Verein, dessen Haupttätigkeit darin besteht, als Fachverband für das gesamte Zelt- und Wohnwagenwesen den Zusammenschluß aller Zelt- und Wohnwagenwanderer auf sportlicher Grundlage und deren Interessenvertretung durch Zusammenarbeit mit Behörden und Verbänden zu betreiben, dient nicht unmittelbar gemeinnützigen Zwecken im Sinne des § 17 StAnpG und ist nicht vermögensteuerfrei nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 VStG.
Normenkette
StAnpG § 17; VStG § 3 Abs. 1 Nr. 6
Tatbestand
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner am 1. Januar 1963 geltenden Satzung als rassisch, religiös, weltanschaulich und politisch neutraler Fachverband für das gesamte Zelt- und Wohnwagenwesen den Zusammenschluß aller Zelt- und Wohnwagenwanderer auf sportlicher Grundlage und deren Interessenvertretung durch Zusammenarbeit mit Behörden und Verbänden bezweckt. Er stellt sich in enger Fühlungnahme mit nationalen Campingverbänden und dem internationalen Campingverband in den Dienst der Völkerverständigung. Er betreibt auf gemeinnütziger Basis die Pacht oder den Kauf von Zeltplätzen, deren Ausbau und Betreuung. Durch Förderung des Zeltwanderns und durch fachkundige Betreuung auf den Zeltplätzen soll die Jugend im Geist moralischer Sauberkeit zur Heimatliebe und zur Naturverbundenheit erzogen werden. In diesem Sinne gilt die Jugendarbeit als staatsbürgerliche Erziehung. Durch Werbung in Wort und Schrift, insbesondere durch die Herausgabe einer Fachzeitschrift, Campingführern und Karten sowie touristische Beratung der Mitglieder soll der Campinggedanke weiter verbreitet und in geordnete Bahnen gelenkt werden. Zu seiner Aufgabenstellung gehört auch der Abschluß einer Haftpflichtversicherung für die Gesamtheit der Mitglieder sowie deren Versorgung mit den gemäß den behörlichen Vorschriften des In- und Auslands für das Zelt- und Wohnwagenwandern notwendigen Dokumenten. Nach seiner Satzung dient er ausschließlich gemeinnützigen Zwecken und erstrebt keinen Gewinn.
Der Kläger ist nach den Feststellungen des FG Alleingesellschafter einer GmbH, die für ihn u. a. eine Monatszeitschrift und jährlich einen Campingführer verlegt sowie als Pächterin einen dem Kläger gehörenden Campingplatz verwaltet. Der Kläger erließ der GmbH zum 31. Dezember 1963 von Pacht- und Verrechnungsforderungen einen Teilbetrag.
Das FA hat den Kläger bis einschließlich 1962 steuerlich als gemeinnützig anerkannt. Auf den 1. Januar 1963 veranlagte es den Kläger unter Entziehung der Steuerbefreiung für Gemeinnützigkeit zur Vermögensteuer und setzte die Vermögensteuer auf 0 DM fest. Der Einspruch führte zu einer Verböserung. Das FA setzte aufgrund der Feststellungen einer inzwischen durchgeführten Betriebsprüfung die Vermögenssteuer ab 1. Januar 1963 auf ... DM fest.
Die Klage wurde abgewiesen. Das FG-Urteil ist in EFG 1970, 584 veröffentlicht.
Mit der Revision, die vom FG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen worden ist, beantragt der Kläger, die Vorentscheidung aufzuheben und seine Gemeinnützigkeit anzuerkennen. Es wird Verstoß gegen die Denkgesetze gerügt, weil das FG ohne Aufhellung der Rechtslage kurzerhand unterstellt habe, daß der Kläger durch die Veranstaltung von Rallyes Motorsport betreibe. Die autosportliche Leistung eines Teilnehmers an einem Campingrallye sei völlig nebensächlich. Maßgebend sei allein die Teilnahme an der gemeinsamen Campingveranstaltung auf dem vorgesehenen Campingplatz, um nationale und internationale Freundschaften zu erneuern bzw. neu zu begründen. Camping sei mit Autorennsport und Motorflug nicht in einem Atemzug zu nennen. Maschinenbeherrschung und blitzschnelles Reaktionsvermögen einiger weniger hätten mit der Gesundheit eines Volkes nichts zu tun; Camping aber diene wegen der längeren Dauer des Aufenthaltes an Licht, Luft, Sonne, in Regen, Schnee und Gewitterstürzen ganz besonders der Gesunderhaltung und der Abhärtung und dadurch der körperlichen Ertüchtigung des Volkes in höherem Maße als manche jeweils nur kurzfristig betriebene Leibesübung der klassischen Sportarten. Der Begriff "körperliche Ertüchtigung des Volkes" in § 17 StAnpG sei ein Relikt der Phraseologie des Dritten Reichs im Hinblick auf die Aufrüstung und Kriegsvorbereitung. Wenn man an der Fassung des § 17 Abs. 3 Nr. 1 StAnpG festhalte, verstoße man gegen § 1 Abs. 2 StAnpG. Es müsse der Entwicklung der Verhältnisse Rechnung getragen werden, nach der es heute nicht mehr in erster Linie um eine körperliche Ertüchtigung, sondern zuerst um die Förderung der Gesunderhaltung des Volkes gehe, die auch eine körperliche Ertüchtigung im Gefolge habe. Auch der BFH habe anerkannt, daß oberster Zweck und oberstes Ziel selbst für die aus den genannten Gründen 1935 gewählte Ausdrucksweise des § 17 Abs. 3 Nr. 1 StAnpG die Gesundheit des Volkes sei. Im übrigen ständen besonders bei Rallyes Leibesübungen stark im Vordergrund. Es würden dabei wettkampfmäßig in Turnieren Volleyball, Basketball, Badminton und Schwimmen mit Ehrenpreisen für Einzel- und Mannschaftssieger betrieben. Wo es möglich sei, werde auch Bergsteigen betrieben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Es hält die Vorentscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 VStG sind von der Vermögensteuer befreit Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienen. Für die Durchführung dieser Steuerbefreiung gelten nach § 1 VStDV die §§ 17 bis 19 StAnpG und die Verordnung zur Durchführung der §§ 17 bis 19 StAnpG (GmVO) vom 24. Dezember 1953. Der Kläger erstrebt eine Befreiung von der Vermögensteuer wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke. Gemeinnützig sind nach § 17 Abs. 1 StAnpG solche Zwecke, durch deren Erfüllung ausschließlich und unmittelbar die Allgemeinheit gefördert wird. Eine Förderung der Allgemeinheit ist nach § 17 Abs. 2 StAnpG nur anzunehmen, wenn die Tätigkeit dem allgemeinen Besten auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet nutzt. In § 17 Abs. 3 StAnpG sind einige Zwecke genannt, die als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen sind, nämlich die Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege, der Jugendpflege und Jugendfürsorge sowie der körperlichen Ertüchtigung des Volkes durch Leibesübungen (Turnen, Spiel, Sport), ferner die Förderung von Wissenschaft, Kunst und Religion, der Erziehung, Volks- und Berufsbildung, der Denkmalpflege, Heimatpflege, Heimatkunde. In der Mitteilung betreffend allgemeiner Anerkennung besonders förderungswürdiger gemeinnütziger Zwecke (Anlage 7 zu den EStR) ist als weiteres Beispiel u. a. auch die Förderung internationaler Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens genannt. Der Senat folgt nicht der Auffassung des Klägers, daß seine satzungsmäßige und durch die tatsächliche Geschäftsführung verwirklichte Tätigkeit der Förderung des Sports und der öffentlichen Gesundheit oder der öffentlichen Gesundheitspflege diene. Schon der Ausgangspunkt des Klägers trifft nicht zu, daß der Begriff "körperliche Ertüchtigung des Volkes durch Leibesübung" von nationalsozialistischem Gedankengut beeinflußt sei. Es ist zwar richtig, daß das StAnpG am 16. Oktober 1934, also in der Zeit des nationalsozialistischen Regimes erlassen worden ist. Der Bundesgesetzgeber hat aber die Vorschrift dadurch in seinem Willen aufgenommen, daß er sie trotz mehrfacher Änderungen dieses Gesetzes unverändert gelassen hat. Das hätte er sicher nicht getan, wenn er der Meinung gewesen wäre, daß diese Vorschrift nationalsozialistisches Gedankengut enthalte. Das gilt insbesondere für die Vorschriften der §§ 17 bis 19 StAnpG. Denn die Durchführungsverordnung zu diesen Vorschriften, die GmVO vom 16. Dezember 1941 (RStBl 1941, 937), wurde gerade deswegen durch die GmVO vom 24. Dezember 1953 ersetzt, weil die darin enthaltenen nationalsozialistischen Gedanken ausgemerzt werden sollten.
Es ist allerdings richtig, daß die körperliche Ertüchtigung als gemeinnützig anerkannt wird, "weil sie der Gesundheit des Volkes dient". Diese Auffassung hat der I. Senat des BFH in dem Urteil I R 168/66 vom 23. Juli 1969 BFH 96, 108, BStBl II 1970, 67) vertreten. Der Senat schließt sich ihr an. Er folgt dem I. Senat auch darin, daß nicht jeder Sport unter § 17 Abs. 3 Nr. 1 StAnpG fällt, sondern das entscheidende Merkmal für die Gemeinnützigkeit nach dieser Vorschrift, was den Sport betrifft, gerade die körperliche Ertüchtigung des Volkes durch Leibesübungen ist. Von dieser Auffassung ist auch das FG ausgegangen. Es hat aus ihr zutreffend gefolgert, daß die in der Satzung verankerte Haupttätigkeit des Klägers nicht unmittelbar der körperlichen Ertüchtigung des Volkes durch Leibesübungen dient. Diese Haupttätigkeit besteht darin, daß der Kläger als Fachverband für das gesamte Zelt- und Wohnwagenwesen "den Zusammenschluß aller Zelt- und Wohnwagenwanderer auf sportlicher Grundlage und deren Interessenvertretung durch Zusammenarbeit mit Behörden und Verbänden betreibt". Diese Tätigkeit dient nicht unmittelbar der körperlichen Ertüchtigung des Volkes durch Leibesübungen, sondern höchstens mittelbar dadurch, daß sie den Mitgliedern die Möglichkeit eröffnet, leichter und zu günstigeren Bedingungen an Orten ihre Zelte aufzubauen oder ihre Wohnwagen aufzustellen, wo auch Gelegenheit zu sportlicher Betätigung besteht. Diese mittelbare Förderung der körperlichen Ertüchtigung durch Leibesübungen reicht jedoch zur Anerkennung der steuerlichen Gemeinnützigkeit nicht aus. Das gleiche gilt für die Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege durch diese Tätigkeit. Auch die öffentliche Gesundheitspflege wird durch die oben bezeichnete Haupttätigkeit des Klägers nur mittelbar, nicht aber unmittelbar gefördert. Ebenso verhält es sich mit der Förderung der Allgemeinheit im Sinne des § 17 Abs. 2 StAnpG. Es ist dem FG darin zuzustimmen, daß die Haupttätigkeit des Klägers dem allgemeinen Besten auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet nur mittelbar nutzt.
Der Senat folgt dem FG auch darin, daß es, weil die Haupttätigkeit des Klägers steuerlich nicht als gemeinnützig anerkannt werden kann, nicht mehr darauf ankommt, ob die vom Kläger nach seiner Satzung verfolgten weiteren Zwecke, z. B. der Bau und die Pacht von Zeltplätzen, die Förderung des Jugendwanderns, die Abhaltung der Campingrallyes usw. als steuerlich gemeinnützige Zwecke angesehen werden können. Denn selbst wenn das zu bejahen wäre, könnte der Kläger nicht als steuerlich gemeinnützig anerkannt werden, weil dazu weitere Voraussetzung ist, daß er "ausschließlich" gemeinnützige Zwecke verfolgt. Deshalb ist es auch nicht entscheidungserheblich, daß das FG die Abhaltung der Campingrallyes durch den Kläger als Motorsport angesehen hat. Dem FG ist schließlich auch darin zuzustimmen, daß der Kläger sich nicht auf die Anerkennung der Gemeinnützigkeit in den Vorjahren durch das FA berufen kann. Das FG weist zutreffend darauf hin, daß die Entscheidung über die Gewährung von Steuerbefreiungen wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke bei der Veranlagung getroffen wird, und zwar für jeden Steuerabschnitt erneut ohne Bindung an Entscheidungen in früheren Steuerabschnitten.
Fundstellen
Haufe-Index 413016 |
BStBl II 1972, 204 |
BFHE 1972, 85 |