Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzungswert der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Mehrfamilienhaus; Berechnung der Kostenmiete
Leitsatz (NV)
1. Der Nutzungswert der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Mehrfamilienhaus ist anhand der Kostenmiete zu ermitteln, wenn die nach der II.BVO berechnete privat genutzte Wohnfläche dieser Wohnung größer als 250 qm ist oder zu dem Haus eine Schwimmhalle gehört.
2. Das Schwimmbad ist in die Kostenmiete einzubeziehen, jedenfalls wenn die hierauf entfallenden Werbungskosten abgezogen werden.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 2; II.BVO
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Ehegatten, bauten ihr im Jahre 1975 erworbenes Einfamilienhaus in ... bis zum Streitjahr (1980) vollkommen um und erweiterten es um zwei Anbauten, von denen einer ein Schwimmbad enthält. Die Wohnfläche wurde auf 455,32 qm (ohne Schwimmbad) vergrößert, wovon 42,20 qm auf ein seit Bezugsfertigkeit genutztes Arbeitszimmer des Klägers, 83,92 qm auf eine Wohnung im Souterrain und 103,15 qm auf Räume im Dachgeschoß entfallen, die nach Auffassung der Kläger bereits im Streitjahr eine eigene Wohnung bildeten. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten einschließlich des Altgebäudes betrugen 2032256 DM, die Anschaffungskosten des Grund und Bodens 147950 DM. Nach Abschluß des Umbaus im Juni 1980 nutzten die Kläger und ihre Söhne das gesamte Haus zu eigenen Wohnzwecken. Zum 1. Januar 1981 wurde das Grundstück als Zweifamilienhaus im Sachwertverfahren bewertet, zum 1. Januar 1986 nach dauerhaftem Verschluß der Verbindungstür im Obergeschoß als Mietwohngrundstück.
Der Kläger entrichtete zugunsten seiner bei ihm beschäftigten Ehefrau Beiträge zu einer Direktversicherung in Höhe von ... DM, die er als Betriebsausgaben abzog.
Nach einer Außenprüfung kürzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die von den Klägern für das Haus geltend gemachten Werbungskosten mit der Begründung, die Kostenmiete übersteige die am Markt erzielbare Miete erheblich. Außerdem versagte er den Abzug der Beiträge für die Direktversicherung.
Der Einspruch hatte insoweit Erfolg, als das FA negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 77188 DM anerkannte.
Während des Klageverfahrens erging ein geänderter Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr. Das FA berücksichtigte darin einen Werbungskostenüberschuß aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 168543 DM, wovon 35015 DM nicht auf das Haus der Kläger entfallen. Es berechnete den Mietwert in Höhe von 65406 DM (2180206 DM x 6 v.H. x 1/2) und die Absetzungen für Abnutzung (AfA) in Höhe von 101613 DM (AfA-Satz 5 v.H.). Dieser Bescheid wurde auf Antrag der Kläger Gegenstand des Verfahrens (§ 68 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage auf Herabsetzung des Mietwerts für das Haus auf 28513,50 DM und Abzug der Versicherungsbeiträge von ... DM als Betriebsausgaben nach Einholung eines Sachverständigengutachtens mit der Begründung ab, bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Grundstück der Kläger sei die Kostenmiete und nicht die Marktmiete anzusetzen. Die Kostenmiete betrage nach den Bestimmungen der Zweiten Berechnungsverordnung (II.BVO) ohne Berücksichtigung des Arbeitszimmers 89015 DM, die AfA 71129 DM (AfA-Satz 3,5 v.H.). Die übrigen Werbungskosten verminderte das FG gegenüber dem erklärten Betrag von 98191 DM im Ergebnis um 450 DM auf 97741 DM und ermittelte hieraus negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 114870 DM und ein zu versteuerndes Einkommen von ... DM gegenüber bisher ... DM. Auf die Frage der Direktversicherung ging das FG mit der Begründung nicht ein, diese sei nicht entscheidungserheblich.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung des § 21 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie der Sachaufklärungspflicht.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I. Die Verfahrensrüge ist unzulässig. Die Entscheidung ergeht insoweit gemäß Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Angabe von Gründen.
2. Die Vorentscheidung verletzt nicht § 21 Abs. 2 EStG. Nach dieser Vorschrift gehört zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus.
a) FA und FG haben den Nutzungswert der eigengenutzten Wohnung zugunsten der Kläger bereits ab Juli 1980 durch Gegenüberstellen der zu schätzenden Rohmiete und der Werbungskosten ermittelt und nicht pauschal aufgrund des Einheitswertes nach § 21a EStG, obwohl das Grundstück erst zum 1. Januar 1981 als Zweifamilienhaus bewertet wurde. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 21. Oktober 1986 IX R 55/82, BFHE 148, 267, BStBl II 1987, 210).
b) Wie der Senat in seinen Urteilen vom 22. Oktober 1993 IX R 35/92 und IX R 33/91 (BFHE 174, 51, 120) ausgeführt hat, ist als Rohmietwert der selbstgenutzten Wohnung stets die Kostenmiete anzusetzen, wenn die nach den Bestimmungen der II.BVO berechnete privat genutzte Wohnfläche dieser Wohnung größer als 250 qm ist oder zu dem Haus eine Schwimmhalle gehört. Im Streitfall sind beide Merkmale erfüllt.
Zu Unrecht berufen sich die Kläger darauf, daß es sich bei ihrem Gebäude bereits im Streitjahr um ein Mehrfamilienhaus gehandelt habe. Selbst wenn letzteres zuträfe, stünde dies dem Ansatz der Kostenmiete nicht entgegen. Auch für Gebäude mit mehr als zwei Wohnungen kann der Nutzungswert der selbstgenutzten Wohnung anhand der Kostenmiete zu ermitteln sein (Senatsurteil vom 15. Januar 1991 IX R 21/89, BFH/NV 1991, 533), zumal wenn das gesamte Haus nur von der Familie des Steuerpflichtigen genutzt wird (Senatsurteil vom 19. März 1991 IX R 55/85, BFH/NV 1991, 539).
c) Gegen die Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Grundstück im einzelnen bestehen aus revisionsrechtlicher Sicht keine Bedenken.
Die pauschale Berechnung der Kostenmiete durch das FA mit 6 v.H. der Anschaffungs- und Herstellungskosten des Grund und Bodens und des Gebäudes ist für die Kläger wesentlich günstiger als die mit § 21 Abs. 2 EStG vereinbarte Ermittlung des Nutzungswerts auf der Grundlage der II.BVO (vgl. dazu Senatsurteil vom 22. Oktober 1993 IX R 33/91). Das Schwimmbad ist in die Kostenmiete einzubeziehen (Senatsurteil vom 26. Januar 1988 IX R 123/84, BFH/NV 1988, 635), jedenfalls, wenn - wie im Streitfall - die hieraus entfallenden Werbungskosten abgezogen werden.
3. Die Frage, ob die Beiträge zu der Direktversicherung abgesetzt werden können, ist nicht entscheidungserheblich. Wenn man von der Abziehbarkeit ausgeht, mindert sich die festzusetzende Einkommensteuer nicht; denn das FA hat die AfA zu Unrecht in Höhe von 101613 DM nach einem Satz von 5 v.H. statt mit 71129 DM mit einem Satz von 3,5 v.H. (§ 7 Abs. 5 Satz 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung) angesetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 64537 |
BFH/NV 1994, 697 |