Leitsatz (amtlich)
1. Wenn im Einspruchsverfahren ein auf § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützter Berichtigungsbescheid nach § 94 AO deswegen vom FA aufgehoben wurde, weil neue Tatsachen nicht vorlagen, darf unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung das FA aufgrund danach erfolgter Fehleraufdeckung einen inhaltlich gleichen Berichtigungsbescheid nach § 222 Abs. 1 Nr. 3 AO erlassen; denn weder beruht die Aufhebung des ersten Berichtigungsbescheides auf einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung noch war die Rechtsfrage der Berichtigung Gegenstand eines durch Einspruchsentscheidung oder Abhilfebescheid erledigten Einspruchsverfahrens.
2. Zulässigkeit und Umfang der Berichtigung eines Vermögensabgabefreistellungsbescheides.
Normenkette
AO §§ 94, 222 Abs. 1 Nrn. 1, 3, § 210 Abs. 3; LAG §§ 21, 24 Nr. 1c, §§ 38, 77
Tatbestand
Streitig ist die Zulässigkeit einer Vermögensabgabeberichtigungsveranlagung nach § 222 Abs. 1 Nr. 3 AO.
Der im Jahre 1963 verstorbene Ehemann der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erhielt vom Beklagten und Revisionsbeklagten (FA) für die Vermögensabgabe einen Freistellungsbescheid. Er hatte eine Erklärung zur Vermögensabgabe nicht abgegeben. Das FA legte der Vermögensabgabeveranlagung die Einheitswertakten und Vermögenserklärung auf den 1. Januar 1946 zugrunde. Nach der späteren Mitteilung eines anderen FA hatte der Ehemann jedoch zusätzlich aus einem Auseinandersetzungsvertrag zwischen den Mitgesellschaftern der Firma A ein Ausscheidungsguthaben, das am 20. Juni 1948 noch in Höhe von X RM bestanden habe und in der DM-Eröffnungsbilanz der Firma im Verhältnis 1:1 umgestellt worden sei. Die Klägerin erklärte nach dem Tode ihres Ehemannes diesen Betrag unter Einzelangaben im wesentlichen für zutreffend. Das FA setzte mit Änderungsbescheid (Berichtigungsbescheid) gemäß § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO vom 19. Februar 1964, gerichtet an die Eheleute, die verbleibende Abgabeschuld und den Vierteljahrsbetrag der Vermögensabgabe ab 1. Juli 1958 und ab 1. April 1961 fest. Der Bescheid erhielt den folgenden Vermerk: "Die Änderung der Vermögensabgabe war veranlaßt, weil bekannt wurde, daß eine an die Firma A bestehende Darlehnsforderung in Höhe von .... RM im Verhältnis 1:1 umgestellt wurde."
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein u. a. mit der Begründung, es läge keine neue Tatsache im Sinne des § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO vor. Nach Kenntnisnahme wies die OFD durch Verfügung vom 12. Januar 1968 das FA an, nach § 94 AO den Berichtigungsbescheid zurückzunehmen, um Auslegungsschwierigkeiten des § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO zu vermeiden, und den Freistellungsbescheid im Wege einer Fehlerberichtigung nach § 222 Abs. 1 Nr. 3 AO in einen neuen Vermögensabgabebescheid unter Heranziehung der Kapitalforderung zur Vermögensabgabe zu ändern. Das FA nahm durch Bescheid vom 28. Februar 1968 den ersten Berichtigungsbescheid zurück und erließ am 1. März 1968 einen entsprechenden Berichtigungsbescheid gemäß § 222 Abs. 1 Nr. 3 AO unter Berücksichtigung der Verjährung eines Teiles der Vierteljahrsbeträge mit einem ursprünglichen Jahresbetrag von ... DM ab 1. Januar 1958.
Der Einspruch richtete sich gegen die Berichtigung von Vermögensabgabe als einer Steuer vom Vermögen gemäß § 222 Abs. 1 Nr. 3 AO, des weiteren sei der allein vorhandene Freistellungsbescheid kein berichtigungsfähiger Bescheid. Zudem sei der Vermögensteuerbescheid auf den 1. Januar 1949 als Grundlagenbescheid für die Vermögensabgabe nicht berichtigt und außerdem dürfte der Freistellungsbescheid materiell richtig sein, da wahrscheinlich die Umstellung im Verhältnis 1 : 1 erst nachträglich vereinbart worden sei und dementsprechend kaum bei dem früheren Teilhaber und Übernehmer der 1 : 1-Betrag voll als Schuld abgesetzt worden sei. Schließlich sei die Verjährung erst durch die Anweisung der OFD vom 12. Januar 1968 unterbrochen worden.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Das FG führte u. a. aus:
Die Zurücknahme des ersten Änderungsbescheides gemäß § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO stehe der nachfolgenden Berichtigungsveranlagung nach § 222 Abs. 1 Nr. 3 AO nicht entgegen. Die Voraussetzungen des § 94 AO hätten vorgelegen, da das FA in Übereinstimmung mit der Klägerin Zweifel an dem Vorhandensein neuer Tatsachen hinsichtlich des Umstellungsverhältnisses 1:1 der Forderung von X RM/DM gehabt habe. Die Rücknahme sei ohne eine Steuerfestsetzung in der Sache selbst aus verfahrensrechtlichen Gründen erfolgt. Der Tatbestand unterscheide sich von dem des Urteils des BFH vom 25. September 1969 IV 297/64 (BFHE 97, 101, BStBl II 1970, 2). Die erforderliche Fehleraufdeckung stelle die Verfügung der OFD an das FA vom 12. Januar 1968 dar. Der Fehler liege in der nach § 18 Nr. 3 des Umstellungsgesetzes unrichtigen Annahme der Umstellung der Forderung des Ehemannes der Klägerin gegen die genannte Firma im Verhältnis 10:1 und damit das Außerachtlassen der Forderung bei der Vermögensabgabe gemäß § 24 Nr. 1c LAG. Die Forderung habe ihre Grundlage in dem Auseinandersetzungsvertrage vom 7. September 1945 gehabt, die Umstellung 1:1 sei kraft Gesetzes erfolgt. Nach den tatsächlichen Feststellungen und einer Beweisaufnahme sei Abweichendes durch die Parteien nicht vereinbart worden. Desgleichen betrachte das FG aufgrund einer Zeugenaussage und aufgrund von Kontoauszügen die Höhe der Forderung mit X RM/DM am Stichtage als erwiesen. Die weiteren Ermittlungen über die Zahlungen an den Ehemann nach dem Währungsstichtage bestätigten diese Feststellung. Der Vermögensabgabeanspruch aufgrund des Berichtigungsbescheides vom 1. März 1968 sei nicht verwirkt. Lediglich die allein für eine Verjährung in Frage kommenden Vierteljahrsraten (§ 203 Abs. 3 LAG) unter Aufrechterhaltung des eigentlichen Abgabeanspruchs (siehe BFH-Entscheidungen vom 14. Dezember 1962 III 265/60 S, BFHE 76, 467, BStBl III 1963, 169 und vom 26. Juni 1964 III 355/61 U, BFHE 80, 108, BStBl III 1964, 512) seien nach der zutreffenden Berechnung des FA bis 31. Dezember 1957 verjährt. Nach Erteilung des Freistellungsbescheides vom 18. Juli 1956 sei die fünfjährige Verjährungsfrist durch das Schreiben des FA vom 18. Juni 1963 für die bis dahin noch nicht verjährten Vierteljahrsbeträge, also ab 1. Januar 1958 unterbrochen worden.
Der Vermögensteuerbescheid 1949 sei kein Grundlagenbescheid für die Vermögensabgabe, sondern das der Vermögensabgabe unterliegende Vermögen sei lediglich nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 LAG nach den bei der Vermögensteuer maßgebenden Vorschriften zu errechnen.
Die Klägerin sei zu Recht als Abgabepflichtige behandelt worden, auch wenn die Ausgleichsforderung dem Ehemann gehört habe. Für die Zusammenveranlagung der Ehegatten nach § 38 LAG seien die Verhältnisse am 21. Juni 1948 maßgebend. Somit sei eine Zusammenveranlagung durchzuführen, obwohl der Ehemann bei Ergehen des Bescheides bereits gestorben gewesen sei. Der Vierteljahrsbetrag ab 1. Januar 1958 sei zutreffend unter Berücksichtigung des Freibetrages ermittelt worden.
Der Hilfsantrag auf Stundung der Vierteljahrsbeträge ab 1. Januar 1968 sei mangels des gesetzlich vorgeschriebenen Vorverfahrens unzulässig.
Die Klägerin legte Revision ein und beantragt:
1. Die ersatzlose Aufhebung des Berichtigungsbescheides vom 1. März 1968 unter Anwendung des BFH-Urteils IV 297/64. Der Rücknahmebescheid gemäß § 94 AO vom 28. Februar 1968 sei auf Weisung der OFD ergangen. Somit ständen mit dem Berichtigungsbescheid gemäß § 222 Abs. 1 Nr. 3 AO vom 1. März 1968 zwei Fehlerberichtigungen im Raum. Die Aufsichtsbehörde hätte primär nur eine Fehleraufdeckung vornehmen dürfen, nämlich die Zurücknahme des auf § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützten Änderungsbescheides vom 19. Februar 1964. Die gleiche Rechtsfrage, bereits in einem Abhilfebescheid nach § 94 AO behandelt, könne nicht Gegenstand einer erneuten Fehlerberichtigung sein.
Hilfsweise beantragt die Klägerin,
1. eine andere erst später wirksame Verjährungsunterbrechung anzunehmen, nämlich die Anweisung der OFD vom 12. Juni 1968 (richtig: 12. Januar 1968);
2. die Vermögensabgabe betragsmäßig aufzuteilen für die Zeit vom 21. Juni 1948 bis zur Verjährungsunterbrechung und für die Restzeit bis zum Jahre 1979;
3. die Höhe der zur Vermögensabgabe herangezogenen Forderung mit höchstens 50 000 DM anzusetzen, und zwar nach den dem FG vorgelegten Vertragsunterlagen und nicht nach den Buchhaltungsunterlagen des Schuldners.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Die Berichtigung eines Vermögensabgabebescheides ist entgegen der Auffassung der Klägerin bei Fehleraufdeckung durch die Aufsichtsbehörde gemäß § 222 Abs. 1 Nr. 3 AO grundsätzlich nach der Rechtsprechung des BFH zulässig (BFH-Entscheidung vom 15. Oktober 1964 III 89/64 U, BFHE 81, 291, BStBl III 1965, 104). Die Rechtsprechung des BFH, nach der Lastenausgleichsabgaben (Kreditgewinnabgabe, Hypothekengewinnabgabe und Vermögensabgabe) nicht Steuern vom Vermögen im Sinne des § 222 Abs. 1 Nr. 3 AO sind und Bescheide über sie nach dieser Vorschrift berichtigt werden können, verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip (Beschluß des BVerfG vom 3. November 1965 2 BvR 246, 257/62 und 110, 111/63, BVerfGE 19, 166).
Im Streitfall liegt in der Verfügung der OFD an das FA vom 12. Januar 1968 eine formelle Fehleraufdeckung vor. Diese stellt die Rechtsgrundlage dar, um die im Verhältnis 1:1 und nicht 10:1 - wie vom FA fälschlich angenommen - umgestellte Ausgleichsforderung des abgabepflichtigen Ehemannes gemäß § 21 LAG als Bemessungsgrundlage zur Vermögensabgabe heranzuziehen.
Der Fehleraufdeckung steht nicht entgegen, daß die Berichtigung einen Freistellungsbescheid betrifft. Wie das FG unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BFH zutreffend ausgeführt hat, stehen insoweit Freistellungsbescheide den Steuerbescheiden, die auf einen positiven Steuerbetrag lauten, gleich (BFH-Entscheidungen vom 27. April 1961 IV 336/59 U, BFHE 73, 34, BStBl III 1961, 281 und vom 26. März 1969 I R 38/67, BFHE 95, 482, BStBl II 1969, 473). Ein Freistellungsbescheid wird daher ggf. unmittelbar nach § 222 AO berichtigt, ohne daß die Voraussetzungen des § 96 AO, wie es die Klägerin begehrt, zu prüfen sind.
Materiell liegt eine Fehleraufdeckung durch die OFD vor; denn das FG hat aufgrund seiner Beweisaufnahme die nach § 118 Abs. 2 FGO für den BFH verbindlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen, daß die Forderung am 21. Juni 1948 X DM betrug und auf der Beteiligung des Ehemannes an der Firma A und dem Auseinandersetzungsvertrag vom 7. September 1945 beruhte. Der Freistellungsbescheid hat demnach materiell unrichtig die 1:1 umgestellte Auseinandersetzungsforderung bei der Vermögensabgabe unberücksichtigt gelassen. Die Klägerin hat in der Revisionsbegründung gegen die tatsächliche Beweiswürdigung des FG keine Gründe vorgebracht, die einen in der Revisionsinstanz beachtlichen Verfahrensmangel darstellen. Die Feststellungen des FG lassen weder einen Rechtsirrtum oder Verfahrensmangel noch einen Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten oder die Denkgesetze erkennen, so daß der BFH an sie gebunden ist, ohne daß er zu prüfen hat, ob das FG zu seinen Feststellungen kommen mußte; es genügt, daß es zu ihnen kommen konnte. Die diesbezügliche Beanstandung der Klägerin entspricht inhaltlich dem vom FG zutreffend abgelehnten Vorbringen der Klägerin in der Vorinstanz.
Der Freistellungsbescheid vom 18. Juli 1956 bildet die Grundlage des Berichtigungsbescheids. Dieser war nach dem bei den Akten befindlichen Berechnungsbogen nur an den Ehemann und nicht an den Ehemann und die Klägerin als Ehefrau gemeinsam gerichtet worden. Darin liegt jedoch kein von Amts wegen zu berücksichtigender Verfahrensmangel; denn die Klägerin erklärte in ihrer Klagebegründung vom 25. August 1969 ausdrücklich, daß sie den Bescheid als einen den Ehemann und sie betreffenden gemeinsamen Freistellungsbescheid ansehe. Der den Rechtsstreit auslösende Berichtigungsbescheid gemäß § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO vom 19. Februar 1964 ist zutreffend namentlich an beide Eheleute gerichtet. Die weiteren Bescheide gemäß § 94 AO und § 222 Abs. 1 Nr. 3 AO betrafen nach dem Tode des Ehemanns nur noch die Klägerin als Schuldnerin der Vermögensabgabe und zugleich als alleinige Erbin ihres Ehemannes.
Der vorangegangene Berichtigungsbescheid nach § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO und dessen Zurücknahme nach § 94 AO aufgrund des Einspruchs der Klägerin stehen der Fehlerberichtigung nach § 222 Abs. 1 Nr. 3 AO nicht entgegen. Die Finanzverwaltung nahm nicht, wie die Revisionsbegründung ausführt, zwei, sondern nur eine Fehlerberichtigung vor. Der erste Berichtigungsbescheid vom 19. Februar 1964 war auf das Bekanntwerden neuer Tatsachen im Sinne des § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützt. Dessen Zurücknahme durch das FA nach dem Einspruch der Klägerin stellt keine Berichtigung aufgrund einer Fehleraufdeckung dar, sondern geht nur auf eine Anregung der OFD in der Verfügung vom 12. Januar 1968 zur weiteren Sachbehandlung zurück. Demgemäß erfolgte die Zurücknahme auch ausdrücklich unter Bezugnahme auf § 94 AO. Dieselbe OFD-Verfügung enthielt die Aufdeckung des Fehlers in dem Freistellungsbescheid und die Anweisung auf Erlaß eines Berichtigungsbescheides nach § 222 Abs. 1 Nr. 3 AO gegenüber dem Vermögensabgabefreistellungsbescheid.
Die Zurücknahme des ersten Berichtigungsbescheides vom 19. Februar 1964 nach § 94 AO hindert die Berichtigung aufgrund der Fehleraufdeckung nicht. Dem steht das von der Klägerin angeführte Urteil BFH IV 297/64 nicht entgegen. Die Vorinstanz hat ihrerseits mit Recht darauf hingewiesen, daß im Streitfall der Änderungsbescheid nach § 94 AO nicht deshalb aufgehoben worden ist, weil die strittige Forderung nicht zum abgabepflichtigen Vermögen gehörte, sondern weil neue Tatsachen im Sinne von § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht vorgelegen haben. Das FA hat über den Abgabeanspruch materiell mit der Wirkung einer Selbstbindung nicht entschieden. Außerdem spricht gegen die von der Klägerin begehrte Sperrwirkung der enge zeitliche und damit sachliche Zusammenhang: Der Rücknahmebescheid trägt die Bearbeitungsdaten 22. und 28. Februar 1968 ebenso wie der Berichtigungsbescheid, letztlich datiert vom 1. März 1968. Aber davon abgesehen kann die Klägerin ihr Begehren auch sonst nicht auf das Urteil IV 297/64 stützen. Dort ist zwar ausgeführt, daß eine rechtsfrage, die bereits Gegenstand eines durch Einspruchsentscheidung oder Abhilfebescheid (§ 94 Abs. 1 Nr. 2 AO) erledigten Einspruchsverfahrens war, in der Regel nicht mehr Gegenstand einer Fehlerberichtigung anläßlich eines aus anderem Grunde zulässigen Berichtigungsverfahrens nach § 222 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO sein kann, weil im Einspruchsverfahren das FA vor Erlaß eines den Steuerpflichtigen begünstigenden Abhilfebescheides die Sachfrage sorgfältiger als bei dem routinemäßigen Veranlagungsverfahren zu prüfen hat. Diese Entscheidung ist jedoch schon deshalb nicht im Sinn des § 11 Abs. 3 FGO für den vorliegenden Streitfall erheblich, weil sie sich nur auf die Berichtigungsmöglichkeit nach § 222 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO bezieht. Das gleiche gilt für das BFH-Urteil vom 20. Juni 1968 V 125/65 (BFHE 93, 206, BStBl II 1968, 756), das dem FA bei einer begünstigenden Berichtigung im Einspruchsverfahren die Pflicht auferlegt, ggf. eine Betriebsprüfung anzuordnen, um die Grundlagen für eine Berichtigung zu schaffen. Ebenfalls betrifft nicht den vorliegenden Sachverhalt das Urteil des Senats vom 22. Juli 1960 III 95/59 U (BFHE 71, 741, BStBl III 1960, 524) über die Unzulässigkeit einer Berichtigung gemäß § 222 Abs. 1 Nr. 3 AO, sofern der Veranlagungsfehler bereits Gegenstand eines Berichtigungsverfahrens gemäß § 92 Abs. 3 AO gewesen und über die Berichtigung durch finanzgerichtliches Urteil rechtskräftig entschieden worden ist, da hier die Rücknahme des ersten Berichtigungsbescheides im Verlauf des Einspruchsverfahrens erfolgte.
Der Senat hat die Rechtsfrage in seiner neuesten Rechtsprechung behandelt. Nach dem Urteil vom 21. April 1972 III R 83/70 (BFHE 106, 173, BStBl II 1972, 740) steht, wenn ein FG rechtskräftig entschieden hat, daß ein nach § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO erlassener Berichtigungsbescheid aufzuheben ist, weil keine neuen Tatsachen oder Beweismittel vorliegen, die Rechtskraft dieses Urteils einer erneuten Berichtigung des ursprünglich erlassenen Bescheides nach § 222 Abs. 1 Nr. 3 AO entgegen. Der Senat stützte seine Rechtsauffassung auf § 68 FGO und § 93 Abs. 2 AO, nach denen im Gegensatz zur früheren Rechtslage das FA trotz Rechtshängigkeit den angefochtenen Verwaltungsakt ändern und der Kläger den geänderten Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens machen kann. Bei Aufhebung eines berichtigten Bescheides schließen die Rechtskraftwirkung und der Grundsatz der Gewaltentrennung des Art. 20 GG eine weitere Berichtigung aus, selbst wenn die Aufhebung des Bescheides nur auf dem Wege der formalen Voraussetzungen wie "neue Tatsachen" oder "Fehleraufdekkung" beruhte. Diese Begründung greift aber nicht durch, wenn das FA im Verwaltungsverfahren den Rücknahmebescheid nach § 94 AO erließ. Demgemäß geht das Urteil des Senats vom 28. April 1972 III R 62/71 (BFHE 106, 1, BStBl II 1972, 742) dahin, eine Fehleraufdeckung durch die Aufsichtsbehörde und der Erlaß eines Berichtigungsbescheides gemäß § 222 Abs. 1 Nr. 3 AO vor dem Eintritt der Verjährungsfrist sei auch dann zulässig, wenn das FA vorher einen auf eine andere Berichtigungsmöglichkeit gestützten Bescheid gleichen Inhalts zurückgenommen hat, sofern sich diese Rücknahme im Verwaltungsverfahren vollzogen hat und keine gerichtliche Entscheidung in der Streitsache ergangen ist. Hier wie dort lagen beim Erlaß des ersten Berichtigungsbescheides die Voraussetzungen für eine von der Fehleraufdeckung abhängige Berichtigung nach § 222 Abs. 1 Nr. 3 AO nicht vor und konnten daher vom FA im Einspruchsverfahren nicht berücksichtigt werden. Es war daher möglich, nach der zwischenzeitlichen Fehleraufdeckung einen zweiten Berichtigungsbescheid mit dem gleichen Inhalt auf die neuentstandene Berichtigungsmöglichkeit zu stützen. Die Voraussetzungen des Urteils III R 83/70, unter denen eine Berichtigung nach § 222 Abs. 1 Nr. 3 und 4 AO ausgeschlossen ist, liegen im Streitfall mangels gerichtlichen Verfahrens wegen des ersten Berichtungsbescheides nicht vor.
Unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung ergibt sich auch für den Streitfall als Ergebnis: Wenn im Einspruchsverfahren ein auf § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützter Berichtigungsbescheid nach § 94 AO deswegen aufgehoben wurde, weil neue Tatsachen nicht vorlagen, darf das FA aufgrund danach erfolgter Fehleraufdeckung einen inhaltlich gleichen Berichtigungsbescheid nach § 222 Abs. 1 Nr. 3 AO erlassen; denn weder beruht die Aufhebung des ersten Berichtigungsbescheids auf einer rechtskräftigen Entscheidung des FG noch war die Rechtsfrage der Berichtigung Gegenstand eines durch Einspruchsentscheidung oder Abhilfebescheid erledigten Einspruchsverfahrens.
Die im Berichtigungsbescheid vom 1. März 1968 festgesetzte Vermögensabgabe ist zutreffend unter Berücksichtigung der Verjährung der Vierteljahrsbeträge bis zum 31. Dezember 1957 ermittelt worden. Nach Erteilung des Freistellungsbescheides ist die fünfjährige Verjährung der einzelnen Vermögensabgaberaten durch das Schreiben des FA vom 18. Juni 1963 an die Klägerin und die anschließenden Verhandlungen im November 1963 für die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährten Vierteljahrsbeträge unterbrochen worden. Für diese Verjährung gilt § 147 Abs. 1 AO a. F. in Verbindung mit Art. 5 AOÄG vom 15. September 1965 (BStBl I 1965, 643), nach dem die Verjährung unterbrochen wird u. a. durch jede Handlung, die das zuständige FA zur Feststellung des Anspruchs oder des Verpflichteten vornimmt; entgegen der hilfsweisen Revisionsbegründung ist nicht erst die Verfügung der OFD vom 12. Januar 1968 die erste Verjährungsunterbrechung. Die Verjährung ist weiter durch die Berichtigungsbescheide vom 19. Februar 1964 und vom 1. März 1968 unterbrochen worden. Somit ist auch der diesbezügliche Hilfsantrag zu 1) unbegründet.
Das FG hat schließlich zu Recht eine Verwirkung verneint. Verwirkung kann nach ständiger Rechtsprechung nur infolge eines besonderen Verhaltens des FA eintreten; dazu reichen jedoch weder das Ergehen des Freistellungsbescheides noch die Zurücknahme des ersten Berichtigungsbescheides, der auf § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützt war, aus.
Die weiter hilfsweise begehrte Aufteilung der Vermögensabgabe in Teilbeträge vom 21. Juni 1948 bis zur Verjährungsunterbrechung und ab Verjährungsunterbrechung für die Restlaufzeit sowie die Kapitalisierung mit 4 v. H. hat im Lastenausgleichsgesetz keine Grundlage. Die Vermögensabgabeschuld beträgt nach den §§ 21, 30, 31 LAG 50 v. H. des abgabepflichtigen Vermögens, die Laufzeit der Vierteljahrsbeträge bis 31. März 1979 ergibt sich aus § 34 Abs. 1 LAG. Die etwaige sofortige Fälligstellung der Vierteljahrsbeträge bei Gefährdung des Abgabeanspruchs in Höhe des Zeitwerts hat in den §§ 50 Abs. 1, 77 LAG ihre Grundlage.
Die Revision ist somit im Hauptantrage und in den Hilfsanträgen in vollem Umfange unbegründet.
Fundstellen
Haufe-Index 70447 |
BStBl II 1973, 546 |
BFHE 1973, 105 |