Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze
Leitsatz (amtlich)
Eine spätvalutierte Verbindlichkeit im Sinne der §§ 101, 145 LAG liegt nicht vor, wenn der Schuldner nach dem 8. Mai 1945 keine neue Valuta erhalten hat. Das trifft auch zu, wenn zwischen Gläubiger und Schuldner mehrere Verbindlichkeiten derart bereinigt werden, daß an ihre Stelle eine einheitliche neue Verbindlichkeit tritt.
Normenkette
LAG §§ 101, 145
Tatbestand
Die Abgabepflichtige ist Eigentümerin eines Grundstücks. Am Währungsstichtage lastete auf ihm unter anderem eine in Abteilung III Nr. 13 des Grundbuchs auf Grund der Schuldurkunde und Eintragungsbewilligung vom 13. Januar 1948 am 18. März 1948 eingetragene Tilgungshypothek von noch 107.000 RM zugunsten einer Sparkasse. Von der Darlehnsvaluta wurden verwandt:
1. 64.828,01 RM zur Ablösung einer in Abteilung III Nr. --------------- 12 eingetragenen Darlehnshypothek der --------------- Sparkasse, 2. 40.876,52 RM zur Ablösung eines Hauszinssteuerab= --------------- geltungsdarlehns der Sparkasse und 3. 1.295,47 RM zur Barauszahlung an die Abgabepflichtige - 107.000,00 RM.Das Finanzamt setzte die Hypothekengewinnabgabe für diese Posten fest:
1. Aus 64.828,01 RM gemäß §§ 91 ff. ------------------- LAG auf 9/10 ----------- = 58.345,21 DM 2. Aus 40.876,52 RM desgleichen ------------ = 36.788,87 DM 3. Aus 1.295,47 RM gemäß § 145 LAG ------------------ als spätvalutiertes ------------------ Recht auf 20 % ---------- = --259,09 DM ---------------------------------------------- 95.393,17 DM.Im Rechtsmittelverfahren trug die Abgabepflichtige vor es handele sich bei der Post Abteilung III Nr. 13 um eine spätvalutierte Hypothek im Sinne der §§ 101, 145 LAG. Bei dem neuen hier in Rede stehenden Darlehen seien der Abgabepflichtigen seitens der Gläubigerin selbständige neue Rechte eingeräumt worden: durch die Ablösung des Abgeltungsdarlehens sei das kraft Gesetzes für das Abgeltungsdarlehen bestehende Vorrecht vor allen auf dem Grundstück eingetragenen Grundpfandrechten verlorengegangen; der gesetzliche Ausschluß der Entstehung einer Eigentümergrundschuld aus zurückgezahlten Beträgen auf das Abgeltungsdarlehen sei für die neue Hypothek nicht gegeben, und schließlich seien auch für die neuen Hypotheken jährlich 802 RM weniger zu erbringen gewesen als an Zinsen für die beiden zur Ablösung gelangten Hypotheken zusammen. Aus allem gehe hervor, daß es sich hier um die Begründung eines neuen selbständigen und mit der alten Hypothek weder juristisch noch wirtschaftlich im Zusammenhang stehenden Schuldverhältnisses handele.
Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Die Vorinstanzen sind der Ansicht, daß sich an der Identität von Gläubiger und Schuldner sowie an dem wirtschaftlichen Zusammenhange zwischen den alten Verbindlichkeiten und der neuen Verbindlichkeit nichts geändert habe. Es handele sich um eine Schuldumschaffung, bei der die Abgabepflichtige und die Gläubigerin die bestehenden Hypotheken lediglich durch eine einzige ersetzen wollten. Daraus ergebe sich zugleich der wirtschaftliche Zusammenhang, da der eine Rechtsvorgang ohne den anderen nicht denkbar sei; im Gegenteil, sie seien unmittelbar voneinander abhängig. Wenn zwei Hypotheken unter Aufrechterhaltung von Schuld-, Schuldner- und Gläubigeridentität zu einer Verbindlichkeit vereinigt würden, so werde dadurch keine neue Verbindlichkeit geschaffen.
Entscheidungsgründe
Auch der Rb. ist der Erfolg zu versagen.
Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der Gesetzgeber unter spätvalutierten Verbindlichkeiten im Sinne der §§ 101, 145 LAG solche versteht, die nach dem 8. Mai 1945 begründet worden sind. Sinn und Zweck der Vorschriften ist es, diejenigen Schuldner bei der Hypothekengewinnabgabe zu begünstigen, denen die Valuta in bereits entwertetem Geld ausgezahlt worden ist. Diese Betrachtung schließt den Begriff einer "spätvalutierten Verbindlichkeit" in allen Fällen aus, in denen dem Schuldner nach dem 8. Mai 1945 keine neue Valuta zugeflossen ist; das ist auch anzunehmen, wenn zwischen dem Gläubiger und Schuldner mehrere frühere Verbindlichkeiten derart bereinigt werden, daß an ihre Stelle eine einheitliche neue Schuld tritt; denn auch in diesem Falle ist dem Schuldner mit der zivilrechtlichen Begründung der neuen Schuld kein entwertetes Geld zugeflossen; vielmehr basiert das Schuldverhältnis auch jetzt noch auf der alten Valuta-Hingabe.
Wenn sich die Bfin. demgegenüber darauf beruft, daß der Inhalt der neuen Schuld durch Rangänderung und änderung der Zins- und Tilgungsbedingungen der alten Schuld nicht gleich sei, so kann diesem Vorbringen bei der Anwendung des § 101 LAG keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden. Es mag der Bfin. zugestanden werden, daß zivilrechtlich die neue Verbindlichkeit als Novation angesprochen werden kann, und daß die Urteile des Bundesfinanzhofs III 236/56 S vom 28. September 1956, BStBl 1956 III S. 307, Slg. Bd. 63 S. 286, und III 203/56 S vom 23. November 1956, BStBl 1957 III S. 20, Slg. Bd. 64 S. 55, bei der Anwendung der Hypothekengewinnabgabevorschriften von der wirtschaftlichen Betrachtungsweise nur mit Vorsicht Gebrauch gemacht wissen wollen. Indessen erscheint es nach dem nach § 1 des Steueranpassungsgesetzes zu beachtenden Zweck des Gesetzes nicht vertretbar, für die Entstehung der Schuld wirtschaftliche Gesichtspunkte unberücksichtigt zu lassen. Es ist zwar richtig, daß die zivilrechtliche Betrachtung ausschlaggebende Bedeutung behält, wo die steuerlichen Bestimmungen die Vorschriften des BGB und des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vom 24. März 1897 zum Tatbestandsmerkmal gemacht haben. Dies trifft aber bei der Frage der Entstehung der persönlichen Schuldverbindlichkeit, auf die es nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs III 261/56 S vom 2. November 1956, BStBl 1956 III S. 388, Slg. Bd. 63 S. 502, bei der Auslegung des § 101 Abs. 1 LAG entscheidend ankommt, nicht zu.
Die Vorinstanz hat daher zutreffend angenommen, daß sich an der Identität von Gläubiger und Schuldner und an dem wirtschaftlichen Zusammenhange der alten Verbindlichkeiten mit der neuen Schuld nichts geändert habe. Es hat keine Geldbewegung oder eine gleichwertige Transaktion stattgefunden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs III 297/56 U vom 31. Juli 1959, BStBl 1959 III S. 411) und die Bfin. hat keine neue Valuta in entwertetem Geld erhalten. Die Frage wäre anders zu beurteilen, wenn die Schuldnerin von dritter Seite Geld erhalten und mit diesem die bestehenden Altbelastungen abgelöst hätte. In diesem Falle könnte die Spätvalutierung nicht deshalb verneint werden, weil der Schuldner das empfangene Geld zur Abdeckung alter Schulden verwandt hat.
Fundstellen
Haufe-Index 409525 |
BStBl III 1960, 74 |
BFHE 1960, 203 |
BFHE 70, 203 |