Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze Bankrecht Kreditrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Ist eine vor dem 8. Mai 1945 bestellte Hypothek nach diesem Zeitpunkt an einen neuen Gläubiger abgetreten worden, ohne daß die der Hypothek zugrunde liegende Verbindlichkeit eine änderung ihres Inhalts erfahren hat, so ist die Abtretung der bestehenden Hypothek als Neuaufnahme einer - spätvalutierten - Hypothek auch dann nicht anzusehen, wenn der Grundstückseigentümer und Schuldner den bisherigen mit dem neuen Gläubiger zwecks Zustandekommens der Abtretung bekannt gemacht hat.

 

Normenkette

LAG § 101 Abs. 1, § 145; BGB § 1154

 

Tatbestand

Die Abgabepflichtige ist Eigentümerin des im Grundbuch von B. eingetragenen Grundstücks P.straße 14. Auf diesem Grundstück lastete seit 1936 zugunsten einer Frau M. eine in Abteilung III unter Nr. 2 des Grundbuchs eingetragene Darlehnshypothek im Betrage von 15.000 GM. Frau M. hat die Hypothekenforderung gemäß notarieller Urkunde vom 30. März 1946 zu gleichen Rechten und Anteilen an die folgenden drei Personen abgetreten:

Kaufmann O.,

dessen Ehefrau,

Witwe K.

Dabei ist auf die Bildung von Teilhypothekenbriefen verzichtet worden; den vorhandenen Hypothekenbrief hat Frau M. an Frau K. ausgehändigt. Die abgetretene Forderung hat in ihrer ursprünglichen Höhe noch am Währungsstichtage bestanden. Sie ist entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Verhältnis 10 : 1 auf DM umgestellt und inzwischen getilgt worden.

Auf Grund des vorstehenden Sachverhalts wurde die Abgabepflichtige mit dem Währungsumstellungsgewinn zur Hypothekengewinnabgabe herangezogen. Die beauftragte Stelle hat die Hypothekengewinnabgabe auf 13.500 DM und die am 1. April 1952 noch bestehende Abgabeschuld auf 12.481,10 DM berechnet.

Die Abgabepflichtige, die demgegenüber zunächst die Auffassung vertreten hatte, daß infolge "Rückzahlung" des Betrages von 15.000 RM (GM) an die ursprüngliche Gläubigerin (vgl. Schreiben der Abgabepflichtigen vom 9. Januar 1954) die alte Hypothek getilgt und am 30. März 1946 eine neue - spätvalutierte - Darlehnshypothek entstanden sei, hat auf den Vorhalt der beauftragten Stelle, es handele sich in Wirklichkeit nicht um die Entstehung einer neuen, sondern um die Abtretung der ursprünglichen Hypothek, ihr bisheriges Vorbringen dahin geändert, daß infolge der "Rückzahlung" des Darlehnsbetrages an die ursprüngliche Gläubigerin, Frau M., eine im Verhältnis 1 : 1 umzustellende Eigentümergrundschuld entstanden und demzufolge die Heranziehung der Hypothekengewinnabgabe zu Unrecht erfolgt sei. Diese neue Darstellung hat die Abgabepflichtige mit der Angabe zu stützen versucht, Frau K. habe bei der Zahlung des Darlehnsbetrages an Frau M. in ihrem, der Abgabepflichtigen, Auftrag gehandelt und der ursprünglichen Gläubigerin lediglich das Geld überbracht. Damit sei die alte Gläubigerin befriedigt worden und eine Eigentümergrundschuld entstanden. Ein Gläubigerwechsel habe hinsichtlich der Hypothek nicht stattgefunden, wie sich aus der Tatsache ergebe, daß die neuen Gläubiger nicht im Grundbuch eingetragen worden seien.

Der mit dieser Begründung erhobene Einspruch ist indessen erfolglos geblieben. In seiner Einspruchsentscheidung ist das Finanzamt der Auffassung der Abgabepflichtigen entgegengetreten, daß mit der Zahlung des Darlehnsbetrages an die ursprüngliche Gläubigerin eine Eigentümergrundschuld entstanden sei. Vielmehr habe, gleichviel, ob die Abtretung der Hypothek im Jahre 1946 im Grundbuch eingetragen worden sei oder nicht, eine rechtswirksame Abtretung stattgefunden, und das auf die Zessionare übergegangene Grundpfandrecht sei erst nach dem Währungsstichtag infolge Tilgung der dieser Hypothek zugrunde liegenden Forderung untergegangen. Bei der Abtretung der Hypothek handele es sich nicht um die Begründung einer neuen Verbindlichkeit, sondern um einen Gläubigerwechsel.

Das Verwaltungsgericht hat auf die Berufung der Abgabepflichtigen den Einspruchsbescheid aufgehoben, gemäß § 145 LAG die Abgabeschuld aus der eingangs bezeichneten Hypothek mit 20 v. H. des Betrages der RM-Verbindlichkeiten angesetzt und deren Tilgung mit dem Inkrafttreten des LAG festgestellt. Das Verwaltungsgericht zweifelt zwar die Rechtswirksamkeit der Hypothekenabtretung nicht an, kommt jedoch zu dem Ergebnis, daß diese Abtretung, die unter Mitwirkung der Schuldnerin zustande gekommen sei, wirtschaftlich eine Befriedigung der ursprünglichen Gläubigerin durch die Schuldnerin selbst, verbunden mit der Begründung des neuen Schuldverhältnisses, gleichgeachtet werden müsse; denn es könne keinen Unterschied machen, daß der übergang des Gläubigerrechts sich hier im Interesse der Vereinfachung und Kostenersparnis durch Abtretung und außerhalb des Grundbuchs vollzogen habe und der Geldbetrag zur Befriedigung der Erstgläubigerin nicht von der Schuldnerin, sondern von einem der neuen Gläubiger unmittelbar an die Erstgläubigerin gezahlt worden sei. Im Streitfalle sei ein alter, vor dem 8. Mai 1945 aufgenommener Kredit nach dem 8. Mai mit Hilfe des neuen Kredits abgelöst worden. In derartigen Fällen könne eine Schuldidentität auch im wirtschaftlichen Sinne nicht mehr angenommen werden.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ist begründet.

Für die Anwendung des § 145 LAG auf die in Berlin-West zur Erhebung gelangende Hypothekengewinnabgabe ist in gleicher Weise wie für die Anwendung des § 101 LAG im Bundesgebiet gesetzliche Voraussetzung, daß die durch Grundpfandrecht gesicherte Verbindlichkeit erst nach dem 8. Mai 1945 entstanden ist.

Die Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt in dieser Hinsicht folgendes:

Die ursprüngliche Gläubigerin der am 3. März 1936 eingetragenen Hypothek hat durch notarielle Urkunde vom 30. März 1946 ihre Forderung abgetreten. Die Forderungsabtretung in dieser Form hat in Verbindung mit der übergabe des Hypothekenbriefes an Frau K., die bei der Entgegennahme des Briefes offenbar zugleich als Treuhänderin ihrer Mitgläubiger handelte, auch den übergang des dinglichen Hypothekenrechts gemäß § 1154 BGB zur Folge gehabt, ohne daß es einer Eintragung des neuen Gläubigerrechts im Grundbuch bedurfte. Eine Umwandlung der Fremdhypothek in eine Eigentümergrundschuld ist daher entgegen der Annahme der Abgabepflichtigen in der Zeit vor der Währungsumstellung nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts nicht eingetreten.

Das Verwaltungsgericht, das die Rechtswirksamkeit der Abtretung nicht in Zweifel zieht, hat insoweit die Rechtslage nicht verkannt. Es will aber diese Abtretung, an der nach seiner Ansicht die Abgabepflichtige durch Heranziehung der neuen, die Forderung der ursprünglichen Gläubigerin übernehmenden Geldgeber mitgewirkt hat, wegen der nach seiner Ansicht gleichgelagerten wirtschaftlichen Interessenlage abgabenrechtlich ebenso behandeln, als ob die Abgabepflichtige selbst einen neuen Kredit aufgenommen, damit ein neues Schuldverhältnis begründet und andererseits durch Befriedigung der ursprünglichen Gläubigerin das zunächst bestehende Schuldverhältnis zum Erlöschen gebracht habe.

Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung III 236/56 S vom 28. September 1956 (Bundessteuerblatt - BStBl - 1956 III S. 307) zum Ausdruck gebracht hat, bestehen auf dem Gebiet der Hypothekengewinnabgabe wegen seiner engen Verbindung mit den überwiegend formalen Charakter tragenden Vorschriften des BGB (in dem Abschnitt über Hypotheken-, Grund- und Rentenschulden) und des Zwangsversteigerungsrechts grundsätzliche Bedenken gegen die allgemeine Anwendung wirtschaftlicher Betrachtungsweise.

Der Senat hat es deshalb in dem damals entschiedenen Falle abgelehnt, zu Lasten des Grundstückseigentümers, obwohl er eine vor dem 8. Mai 1945 begründete Hypothek zurückgezahlt, sie damit getilgt und auch zur Löschung gebracht hatte, die neue Hypothek nur deswegen nicht als spätvalutiert zu erachten, weil der Grundstückseigentümer sich die Mittel zur Ablösung der alten Hypothek von dem bisherigen Gläubiger beschafft habe.

Der Senat hält an der grundsätzlichen Ablehnung der sogenannten wirtschaftlichen Betrachtungsweise für das Gebiet der Hypothekengewinnabgabe fest.

Im vorliegenden Falle hat die Hypothekenschuldnerin die Hypothek aus dem Jahre 1936 nicht durch eigene Rückzahlung getilgt und sie auch vor der Währungsumstellung nicht im Grundbuch löschen lassen. Sie beantragt indessen, abgabenmäßig so behandelt zu werden, als ob sie es getan hätte. Dies würde jedoch zu der tatsächlichen Gestaltung der Rechtsvorgänge in Widerspruch stehen. Es trifft nicht zu, daß Frau K. bei der übergabe des Geldes an Frau M. zum Ausdruck gebracht habe, sie tue dies für die Abgabepflichtige selbst und handele gewissermaßen in deren Auftrag. Das in Fotokopie bei den Akten befindliche Schreiben von Frau K. vom 27. März 1946 bietet hierfür jedenfalls keinen Anhaltspunkt, ganz abgesehen davon, daß die spätere rechtliche Gestaltung in Form des Abtretungsvertrages zwischen Frau M. und den neuen Gläubigern solcher Annahme widerspricht. Es trifft auch nicht zu, daß die Abgabepflichtige selbst an der Abtretung beteiligt sei. Sie hat ebenfalls durch Heranziehung der mit ihr verwandten neuen Geldgeber und durch die Vermittlung der Bekanntschaft zwischen ihnen und Frau M. bei der Vorbereitung des Abtretungsaktes mitgewirkt, ohne an ihm selbst unmittelbar beteiligt zu sein.

Geht man also, wie es notwendig ist, von der tatsächlichen Entwicklung und den getroffenen Vereinbarungen aus, so hat die Hypothekenforderung noch nach dem 8. Mai 1945 fortbestanden und ist im Wege der Abtretung auf die neuen Gläubiger übergegangen. Ein bloßer Gläubigerwechsel, der ohne jede änderung des Schuldverhältnisses vor sich gegangen ist, kann die Anwendung des § 145 LAG nicht rechtfertigen. Im vorliegenden Falle kann von einer spätvalutierten Hypothek schon deshalb nicht gesprochen werden, weil die Abgabepflichtige überhaupt keine Valuta nach dem 8. Mai 1945 empfangen hat. Vielmehr hat sie die Valuta schon im Jahre 1936 erhalten. Die Hypothek hat seitdem über den Währungsstichtag hinaus fortbestanden, und der Fall liegt vom Standpunkt des LAG ebenso, wie wenn Frau M. Gläubigerin geblieben wäre. Die Hypothek war, wie die Akten zeigen, weder durch Kündigung noch auf andere Weise fällig geworden.

Dabei ist es belanglos, aus welchen Beweggründen die Schuldnerin nicht von sich aus für das Erlöschen und die Tilgung der ursprünglichen Verbindlichkeit Sorge getragen hat.

Das Verwaltungsgericht verkennt jedenfalls die Rechtslage, wenn es ungeachtet der Abtretung der Hypothekenforderung und des damit verbundenen Rechtsübergangs der ursprünglichen Forderung von einer Ablösung der Forderung auf Grund einer Neuaufnahme der Hypothek spricht.

Für die Annahme der Neubegründung eines Schuldverhältnisses genügt jedenfalls die bloße Abtretung der Forderung, die nichts anderes als den Gläubigerwechsel zur Folge hat, nicht. Da aus Anlaß der Abtretung nicht einmal die geringste änderung im Inhalt des Schuldverhältnisses eingetreten ist, und da auch sonst der Sachverhalt keine Anhaltspunkte dafür bietet, daß etwa das bisherige Darlehnsverhältnis aufgehoben und durch ein neues Darlehnsverhältnis ersetzt werden sollte, so kann von einer Schulderneuerung (Novation) im Streitfall nicht die Rede sein (vgl. Enneccerus-Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, 1954, § 75 II S. 290).

Da das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts die Rechtslage insoweit verkannt hat, war es aufzuheben und die Einspruchsentscheidung unter Zurückweisung der Berufung wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 307 der Reichsabgabenordnung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408621

BStBl III 1957, 20

BFHE 64, 55

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