Leitsatz (amtlich)
Schuldzinsen, die aus einer persönlich übernommenen Schuld für einen Erbbaurechtsanteil an einem Einfamilienhaus herrühren, können vom Zeitpunkt der Übertragung des Erbbaurechtsanteils an nicht mehr bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten berücksichtigt werden. Sie sind auch keine Sonderausgaben, wenn sie nach dem Zeitpunkt der Übertragung des Erbbaurechtsanteils im Rahmen der Abgeltung des Unterhaltsanspruchs einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person weitergezahlt werden.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1, § 12 Nr. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Steuerpflichtiger) lebte seit Herbst 1961 von seiner Ehefrau getrennt und wurde durch Urteil des LG vom 10. März 1966 schuldig geschieden. Nach einer am 8. März 1966 getroffenen Vereinbarung hat er an seine geschiedene Ehefrau u. a. folgende Leistungen zu erbringen:
1. Unterhaltszahlungen von monatlich 300 DM;
2. unentgeltliche Übertragung seines Erbbaurechtsanteils am Einfamilienhaus in B.;
3. Übernahme der persönlichen Schuld für alle in Abteilung III des Erbbaugrundbuchs eingetragenen Belastungen und Freistellung von allen Verpflichtungen;
4. Ersatz für geleistete und im wesentlichen noch zu erbringende Reparaturaufwendungen im Gesamtbetrag von 7 500 DM.
Hiervon sind zu zahlen:
a) am 10. April 1966 = 2 000 DM
b) vom 10. Mai 1966 an = 75 DM monatlich.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1966 machte der Steuerpflichtige die sich aus der Vereinbarung mit seiner geschiedenen Ehefrau ergebenden Unterhaltsleistungen in folgender Höhe als außergewöhnliche Belastung geltend:
1. monatliche Zahlungen von 300 DM
vom 1. April bis 31. Dezember 1966 = 2 700 DM
2. - - -
3. - - -
4. a) Reparaturersatz 10. April 1966 = 2 000 DM
b) Reparaturersatz 10. April 1966 bis
31. Dezember 1966
(9x 275 DM) = 2 475 DM
insgesamt: 7 175 DM
Der Revisionsbeklagte (FA) erkannte bei der Einkommensteuerveranlagung die geltend gemachten Beträge nicht als außergewöhnliche Belastung im Sinne von § 33a EStG an, da die geschiedene Ehefrau des Steuerpflichtigen selbst entsprechende Einkünfte habe.
Mit dem Einspruch machte der Steuerpflichtige nunmehr "nachträgliche Einkünfte (analog Aufwendungen) aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 24 Nr. 2 EStG geltend" und beantragte, den vom FA festgestellten Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 801 DM um folgende Beträge zu erhöhen:
1. Zinsen, die er nach dem 1. April 1966 (Eigentumsübergang) für seine geschiedene Ehefrau bezahlt habe:
a) an Bezirkssparkasse B. = 1 352,12 DM
b) an Bausparkasse GdF Wüstenrot = 132,85 DM
c) an A. Sch. = 110,- DM
insgesamt 1 594,97 DM
2. Reparaturaufwendungen für das seiner
geschiedenen Ehefrau überlassene
Anwesen nach dem 1. April 1966 = 4 200,- DM
Das FA vertrat im wesentlichen die Ansicht, die nunmehr vom Steuerpflichtigen geltend gemachten negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung könnten nicht als Einkünfte aus einem früheren Rechtsverhältnis angesehen werden, da die Leistungspflicht des Steuerpflichtigen nach Übereignung des Einfamilienhauses am 1. April 1966 nicht auf einem früheren Rechtsverhältnis, sondern auf der Unterhaltsvereinbarung mit seiner geschiedenen Ehefrau beruhe. Davon abgesehen seien nach der EinfHaus-VO vom 26. Januar 1937 Schuldzinsen nur bis zur Höhe des Grundbetrags und Gebäudeinstandsetzungskosten überhaupt nicht abzugsfähig.
Das FG ließ demgegenüber den Freibetrag nach § 33a Abs. 1 EStG in Höhe von 1 200 DM zum Abzug zu. Im übrigen jedoch wies es die Klage des Steuerpflichtigen ab. Es begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:
Die verschiedenartigen Leistungen des Steuerpflichtigen, soweit sie nicht die Vermögensauseinandersetzung beträfen, dienten nach der im Steuerrecht herrschenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise alle dem Unterhalt der geschiedenen Ehefrau des Steuerpflichtigen und hätten ihre Rechtsgrundlage in der Vereinbarung vom 8. März 1966. Hiergegen spreche auch nicht die nach Unterhalts-, Hausreparatur- und Zinsverpflichtungen getrennte Bewertung der einzelnen Leistungen. Diese dienten offensichtlich nur der rechnerischen Grundlage für die Ermittlung des Unterhaltsbetrags, den der Steuerpflichtige insgesamt zu erbringen habe. Die Zahlungen des Steuerpflichtigen an seine Ehefrau könnten daher weder seine negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erhöhen, noch könnten sie, soweit es sich um den zugunsten seiner geschiedenen Ehefrau an verschiedene Darlehnsgeber gezahlten Zinsbeträge von insgesamt 1 594,97 DM handele, als sonderausgaben im Sinne des § 10 EStG anerkannt werden. Gegen die Versagung der Zinszahlungen als Sonderausgabe spreche auch nicht, daß der Steuerpflichtige bereits vor Abschluß der Vereinbarung vom 8. März 1966 Darlehnsschuldner gewesen sei. Leistende sei nunmehr seine geschiedene Ehefrau, die einen Teil ihres Unterhaltsanspruchs mittelbar über den Steuerpflichtigen zur Tilgung der Zinsverbindlichkeiten verwende. Der Freibetrag nach § 33a EStG sei dem Steuerpflichtigen jedoch ungekürzt zuzubilligen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die hiergegen vom Steuerpflichtigen eingelegte Revision ist unbegründet.
Die Vorentscheidung läßt weder einen Mangel im Verfahren noch eine Verletzung des geltenden Rechts erkennen. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß die Vorinstanz die Grundlage für die verschiedenen Leistungen des Steuerpflichtigen an die geschiedene Ehefrau allein in der Unterhaltsvereinbarung vom 8. März 1966 gesehen hat. Sie hat aus diesem Grunde zu Recht deren Berücksichtigung über den § 33a EStG hinaus abgelehnt. Es liegen insoweit weder nachträgliche negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung noch Zinsverpflichtungen als Sonderausgabe im Sinne von § 10 EStG vor.
Die vom Steuerpflichtigen gezahlten Schuldzinsen können schon deshalb nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden, weil der Steuerpflichtige die als Voraussetzung hierfür notwendige Einkunftsquelle mit der Übertragung seines Erbbaurechtsanteils an die geschiedene Ehefrau verloren hat. Allenfalls wäre dies nur dann möglich, wenn es sich um Schuldzinsen handelte, die den Zeitraum vor der Übertragung des Erbbaurechtsanteils betreffen würden. Dies ist nach dem von der Vorinstanz bindend festgestellten Sachverhalt nicht der Fall.
Aber auch ein Abzug im Rahmen des Sonderausgabenabzugs gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG kommt nicht in Betracht. Denn es handelt sich bei den Zahlungen um Zuwendungen an die gegenüber dem Steuerpflichtigen gesetzlich unterhaltsberechtigte, geschiedene Ehefrau. Der Senat geht hierbei davon aus, daß im Rahmen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise insgesamt gesehen Leistungen zur Abgeltung des der Ehefrau zustehenden Unterhalts vorliegen, und zwar auch insoweit, als die geleisteten Schuldzinsen auf den vom Steuerpflichtigen an seine geschiedene Ehefrau unentgeltlich übertragenen Erbbaurechtsanteil entfallen. Aus dem Vertrag vom 18. März 1966 ergibt sich eindeutig, daß der Steuerpflichtige neben der unentgeltlichen Übertragung seines Erbbaurechtsanteils am Einfamilienhaus an die geschiedene Frau auch dessen völlige Lastenfreiheit gewährleisten wollte. Dazu gehören aber auch die auf seinen früheren eigenen Erbbaurechtsanteil entfallenden Schuldzinsen, und zwar auch dann und insoweit, als er persönlicher Schuldner geblieben ist. Damit aber ist die Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen nach § 12 Nr. 2 EStG ausgeschlossen.
Da auch eine Berücksichtigung dieser Schuldzinsen über den bereits gewährten Freibetrag von 1 200 DM (§ 33a EStG) hinaus nicht möglich ist, war die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 70295 |
BStBl II 1973, 186 |
BFHE 1973, 506 |