Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen Sondervergütung und Entnahme des Gesellschafters einer Personengesellschaft
Leitsatz (amtlich)
Wird dem Gesellschafter einer Personengesellschaft eine (zusätzliche) Vergütung gewährt, die nicht durch Dienstleistungen oder Nutzungsüberlassungen i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, sondern durch das Bestreben veranlasst ist, ihn vorzeitig an noch nicht realisierten Gewinnen der Gesellschaft zu beteiligen, so handelt es sich um eine Entnahme des Gesellschafters.
Normenkette
AO § 164; EStG § 4 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Entscheidung vom 13.06.2006; Aktenzeichen 18 K 4866/03 F) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) und die A-GmbH (A) sind zu je 50 v.H. an der Arbeitsgemeinschaft B (ARGE) beteiligt. Zweck der ARGE ist das Abteufen von zwei Schächten aufgrund eines 1983 geschlossenen Werkvertrages mit der C-GmbH (C). Die ARGE begann mit den Arbeiten am 1. April 1984.
Für das Durchteufen der nicht standfesten wasserführenden Schichten des Deckgebirges verwendete die ARGE das Gefrierschachtverfahren. Dazu wird unter Verwendung von Gefrierrohren das den geplanten Schacht umgebende Gebirge eingefroren. Nach Fertigstellung des Schachtes taut der Frostmantel durch natürliche Wärme wieder auf.
Der Vertrag mit der C sah vor, dass Leistungen für eine Nettoangebotssumme von rund 120 Mio. DM erbracht werden sollten. Zur Erleichterung und Vorbereitung der Endabnahme wurden den technischen Gegebenheiten entsprechend vorläufige Bauabnahmen vorgenommen. Durch diese vorläufigen Bauabnahmen sollten weder die Abnahme erklärt noch Ansprüche wegen nicht vertragsgemäßer Lieferung oder Leistung präjudiziert werden. Die Endabnahme sollte für die beiden Schächte getrennt nach Fertigstellung aller Leistungen stattfinden; frühestens dann, wenn das Gebirge um den betreffenden Schacht herum in einer Zone von wenigstens 0,5 m Breite auf der ganzen Länge des Gefrierschachtteils aufgetaut sein werde. Die Gefahr sollte mit der Abnahme auf die C übergehen. Noch im Jahr 1999 verweigerte die Auftraggeberin die von der ARGE beantragte Endabnahme bis auf weiteres. Im April 2002 kam es zu einer Teilabnahme.
Nach dem Gesellschaftsvertrag waren die Gesellschafter verpflichtet, zur Erreichung des Gesellschaftszwecks im Verhältnis ihrer Beteiligung Beiträge und Leistungen an die ARGE zu erbringen. Die Gesellschafterleistungen wurden nach § 4.2 des ARGE-Vertrages nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages vergütet. Sofern eine Festlegung der Vergütung fehlte, sollte die "Aufsichtsstelle" entscheiden. Bei ihr handelt es sich um das höchste Organ der ARGE, in dem beide Gesellschafter je eine Stimme haben.
Den Gesellschaftern oblag gemeinsam die technische Geschäftsführung der ARGE. Die kaufmännische Geschäftsführung und Vertretung oblag der Klägerin allein. § 11 des Vertrages regelt die Vergütung für Sonderleistungen der ARGE-Partner. Die Klägerin sollte danach für die kaufmännische Geschäftsführungstätigkeit eine sog. Federführungsgebühr in Höhe von 0,8 v.H. des Umsatzes erhalten. Für die technische Geschäftsführung sollte beiden Gesellschaftern eine weitere Federführungsgebühr zustehen, deren Höhe sich zunächst ebenfalls auf 0,8 v.H. vom Umsatz belief. Die technischen Federführungsgebühren wurden zum 1. Januar 1991 auf 2,3 v.H. erhöht.
Die von der Auftraggeberin gezahlten Gelder mussten nach dem Gesellschaftsvertrag zur Deckung der laufenden Ausgaben einschließlich der Gesellschafterleistungen, zur Tilgung kurzfristiger Kreditverbindlichkeiten und zur monatlichen Angleichung der Gesellschafterkonten verwendet werden. Danach verbleibende Beträge standen den Gesellschaftern zur Entnahme zur Verfügung. Sie wurden als Forderungen auf den Gesellschafterverrechnungskonten aktiviert.
Die Aufsichtsstelle beschloss für die Jahre 1993 bis 1997 jeweils am Jahresende, dass die Gesellschafter zur "Abdeckung von zusätzlichen Geschäftskosten" eine zusätzliche Federführungsgebühr erhalten sollten. Für die Jahre 1993 bis 1997 richtete sich deren Höhe nach einem für die verschiedenen Jahre unterschiedlichen Vomhundertsatz des vom Baubeginn bis zum Ende des jeweiligen Kalenderjahres angefallenen "Umsatzes". Für das Streitjahr (1994) belief sich dieser Vomhundertsatz auf 3. Der maßgebliche "Umsatz" wurde mit 513 Mio. DM ermittelt (Beschluss der Aufsichtsstelle vom 6. Dezember 1994). Die Klägerin berechnete der ARGE demzufolge mit Rechnung vom 31. Dezember 1994 unter Angabe des Betreffs "Geschäftsführung" einen Betrag in Höhe von 15 390 000 DM. Diesen Betrag buchte die ARGE in ihrer Buchführung per Konto "Federführungsgebühr" (Aufwandskonto) an Konto "Forderungen ARGE-Partner". Gleichzeitig buchte sie diesen Betrag per Konto "in Ausführung befindliche Bauaufträge" (Bestandskonto) an Konto "Erhöhung des Bestandes der in Ausführung befindlichen Bauaufträge" (Ertragskonto). Die Klägerin erfasste die zusätzliche Federführungsgebühr als Sonderbetriebseinnahme.
Die Klägerin erzielte ausweislich ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1994 --einschließlich der Erträge aus der ARGE-- einen Jahresüberschuss in Höhe von 4 890 313 DM. Der Abschlussprüfer erteilte einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk, ohne auf die zusätzliche Federführungsgebühr einzugehen.
Im Jahr 1996 reichte die Klägerin für die ARGE eine Feststellungserklärung ein, derzufolge sie, die Klägerin, aus den laufenden Einkünften der ARGE anteilig 47 612 DM erzielte. Als Sonderbetriebseinnahmen wies sie einen Betrag in Höhe von 16 691 628 DM aus, in denen die zusätzliche Federführungsgebühr enthalten war. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ einen entsprechenden Feststellungsbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2000 beantragte die Klägerin, den Feststellungsbescheid insoweit zu ändern, als bei ihr 15 390 000 DM als Erträge aus zusätzlichen Geschäftskosten zu Unrecht erfasst seien. Zur Begründung führte die Klägerin aus, die Vereinbarung vom 6. Dezember 1994 sei steuerlich nicht anzuerkennen. Bei nahestehenden Personen könnten nachträglich abgeschlossene Vereinbarungen nicht anerkannt werden. Es handele sich vielmehr um Entnahmen der Gesellschafter.
Das FA lehnte die Änderung ab und wies den dagegen eingelegten Einspruch zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin als zur Vertretung berufene Geschäftsführerin der ARGE und als Feststellungsbeteiligte Klage. Sie trug ergänzend vor, entgegen der Formulierung in dem Beschluss vom 6. Dezember 1994 seien bei ihr keine zusätzlichen Kosten angefallen. Es handele sich um eine Vereinbarung, die einem Fremdvergleich nicht standhalte. Zwar seien die Bestimmungen des ARGE-Mustervertrages in den zwischen ihr und der A geschlossenen ARGE-Vertrag übernommen worden. Diese sähen jedoch keine zusätzliche --zudem von Baubeginn an kumulierte-- Anpassungsregelung vor. Eine solche Anpassung sei nicht üblich. Auch unter dem Gesichtspunkt einer Teilgewinnrealisierung ergebe sich kein anderes Ergebnis. Zudem sei Streitgegenstand der Klage die Frage, ob eine zusätzliche Federführungsgebühr als Sondervergütung zu berücksichtigen sei; aufgrund der im Übrigen eingetretenen Teilbestandskraft des angefochtenen Feststellungsbescheides könne nicht mehr über eine Teilgewinnrealisierung entschieden werden.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) sah es zwar aufgrund von Zeugenaussagen als erwiesen an, dass die zusätzliche Federführungsgebühr --anders als im Beschluss der Aufsichtsstelle angegeben-- nicht dazu gedient habe, zusätzliche Kosten der Gesellschafter zu vergüten. Diese Ausdrucksweise sei nur gewählt worden --so ein Zeuge wörtlich--, "damit das Kind einen Namen" habe. Vielmehr habe es sich um eine Erhöhung der ursprünglich vereinbarten Federführungsgebühr gehandelt. Die Erhöhung der Federführungsgebühr sei steuerlich anzuerkennen, da sie weder willkürlich noch unangemessen gewesen sei. Der Fall sei genauso zu werten, wie wenn von Anfang an eine höhere Federführungsgebühr vereinbart worden wäre. Die Vereinbarung der zusätzlichen Federführungsgebühr sei von den an der Beschlussfassung beteiligten Personen als Mittel betrachtet worden, um angesichts der positiven Entwicklung des Auftrags einen Teilgewinn aus der Auftragsfertigung zu realisieren.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision.
Sie beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Einspruchsentscheidung vom 7. August 2003 das FA zu verpflichten, den Feststellungsbescheid 1994 für die ARGE dahingehend zu ändern, dass entsprechend dem Änderungsantrag der Klägerin vom 20. Dezember 2000 deren Sondervergütung um 15 390 000 DM niedriger festgestellt wird.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Einer Beiladung der ARGE nach § 60 Abs. 3 FGO bedurfte es nicht, weil die Klägerin die Klage zugleich als zur Vertretung berufene Geschäftsführerin der ARGE erhoben hat (vgl. z.B. Senatsurteil vom 19. August 1999 IV R 13/99, BFHE 190, 11, BStBl II 2000, 85, m.w.N.). Die Beiladung der A war nicht notwendig i.S. des § 60 Abs. 3 FGO, weil die Klage lediglich die Sondervergütungen der Klägerin betrifft (s. nachfolgend unter 3.).
2. Der Verwaltungsakt, mit dem das FA die Änderung des nach § 164 Abs. 1 i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Gewinnfeststellungsbescheides 1994 abgelehnt hat, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann der Steuerpflichtige die Änderung des Steuer- oder Gewinnfeststellungsbescheides jederzeit beantragen (§ 164 Abs. 2 Satz 2 AO). Diesem Antrag ist --vorbehaltlich der hier nicht einschlägigen Möglichkeit, die Entscheidung zu verschieben (§ 164 Abs. 2 Satz 3 AO)-- zu entsprechen, wenn der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangene Bescheid rechtswidrig ist.
a) Der Gewinnfeststellungsbescheid 1994 war insoweit rechtswidrig, als in ihm die von der Klägerin der ARGE in Rechnung gestellte zusätzliche Federführungsgebühr als Sonderbetriebseinnahme den Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft erhöhte. Die Klägerin macht zu Recht geltend, dass die zusätzliche Federführungsgebühr als Entnahme hätte behandelt werden müssen.
aa) Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat. Als Sondervergütungen sind im hier interessierenden Zusammenhang daher nur solche Vergütungen anzusehen, die als Gegenleistung für die kaufmännische und technische Geschäftsführung der Klägerin für die ARGE anzusehen sind (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. März 2000 VIII R 13/99, BFHE 191, 517, BStBl II 2000, 612 zu Nutzungsüberlassungen; Schmidt/Wacker, EStG, 26. Aufl., § 15 Rz 561). Die Feststellungen des FG lassen nur den Schluss zu, dass es im Streitfall an diesen Voraussetzungen fehlt.
bb) Allerdings obliegt dem FG als Tatsacheninstanz grundsätzlich die Auslegung der Vereinbarung der Aufsichtsstelle vom 6. Dezember 1994. Die Schlussfolgerung des FG, die Vereinbarung habe eine Erhöhung der ursprünglich vereinbarten Sondervergütung zum Inhalt gehabt, wird durch die tatsächlichen Feststellungen des FG jedoch nicht gedeckt und ist daher für den Senat nicht bindend. Vielmehr hat das FG aufgrund der Beweisaufnahme festgestellt, dass die zusätzliche Federführungsgebühr nicht etwa deswegen gezahlt wurde, weil sich der Umfang der von der Klägerin an die ARGE erbrachten Leistungen erhöht hätte. Die Federführungsgebühr ist auch nicht deswegen erhöht worden, weil den in der Aufsichtsstelle paritätisch vertretenen Gesellschaftern die ursprünglich vereinbarte Federführungsgebühr nachträglich unangemessen niedrig erschienen wäre. Vielmehr bezweckten die Gesellschafter mit der Behandlung der zusätzlichen Federführungsgebühr als Sondervergütungen eine Teilgewinnrealisierung, die ansonsten --jedenfalls nach herrschender Auffassung-- mangels Abnahme durch die Auftraggeberin handelsrechtlich unzulässig gewesen wäre. Der bilanzrechtliche Hintergrund ist unter dem Schlagwort "Teilgewinnrealisierung bei langfristiger Fertigung" bekannt.
Bei Werkverträgen i.S. des § 631 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bedarf es außer der Übergabe der Abnahme des Werkes durch den Besteller (§ 640 BGB), um den Übergang der Preisgefahr und damit die handels- und steuerrechtliche Gewinnrealisierung herbeizuführen (BFH-Urteile vom 17. Januar 1963 IV 335/59 S, BFHE 76, 702, BStBl III 1963, 257, und vom 13. November 1985 VIII R 391/83, BFH/NV 1986, 531; Krawitz, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1997, 886, 888; Hillenbrand/ Brosig, Betriebs-Berater --BB-- 1994, 1397, 1398; Adler/ Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., HGB § 252 Rz 82). Bei Verträgen über eine langfristige Fertigung kann sich daraus ergeben, dass der Ausweis eines Gewinns beim Hersteller für lange Zeit ausgeschlossen ist. Eine Teilgewinnrealisierung vor der endgültigen Abnahme kommt nur dann in Betracht, wenn das Gesamtwerk in abgrenzbare Teilleistungen zerlegt werden kann, eine Teilabnahme vertraglich vorgesehen und auch erfolgt ist (BFH-Urteile vom 5. Mai 1976 I R 121/74, BFHE 119, 59, BStBl II 1976, 541; vom 7. September 2005 VIII R 1/03, BFHE 211, 168, BStBl II 2006, 298, unter II.B.4. der Gründe; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., § 6, S. 251; Stobbe in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 5 EStG Rz 292; Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz 270 "Langfristige Fertigung", jeweils m.w.N.). Diese an einer strengen Anwendung des Realisationsprinzips orientierte Gewinnrealisierung wird international als Completed-Contract-Methode bezeichnet. Ihr wird allerdings wegen des durch sie verursachten unstetigen Ergebnisausweises eine Beeinträchtigung der Aussagefähigkeit und Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse und damit ein Konflikt mit der Generalnorm des § 264 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) vorgeworfen. Ihre Kritiker stellen ihr die Percentage-of-Completion-Methode gegenüber, bei der der Ertrag nach Maßgabe des Leistungsfortschritts berücksichtigt wird (vgl. Krawitz, DStR 1997, 886, 888 und 891). Wegen der für den Hersteller bis zur endgültigen Abnahme verbleibenden Risiken wird diese Methode gleichwohl überwiegend abgelehnt (vgl. z.B. Knobbe-Keuk, a.a.O., § 6, S. 251; Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 8. Aufl., S. 685 ff., Krawitz, DStR 1997, 886, 891, m.w.N.). Auch der BFH hat Bedenken gegen ein solches Vorgehen geäußert (BFH-Urteil in BFHE 119, 59, BStBl II 1976, 541).
cc) Entgegen der Auffassung des FG kann eine Personengesellschaft dieser Problematik nicht durch eine "Teilgewinnrealisierung im Bereich der Sonderbilanz" ausweichen. Der Gewinn, um den es hier geht, rührt aus dem Vertrag der ARGE mit der Auftraggeberin her. Folglich kann der Gewinn auch nur im gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögen der ARGE entstehen. Nach dem insoweit geltenden Prinzip der transparenten Besteuerung kann die ARGE Anteile an diesem Gewinn nicht weiterleiten, bevor er bei ihr entstanden ist. Andererseits bedarf es zur Weiterleitung des bei der ARGE entstandenen Gewinns --anders als bei einer Kapitalgesellschaft-- keiner Ausschüttung.
dd) Die von FA und FG vertretene Auffassung lässt sich auch nicht auf die Überlegung stützen, dass die zusätzliche Federführungsgebühr --soweit angemessen-- nicht anders behandelt werden dürfe als eine von vornherein vereinbarte höhere Federführungsgebühr. Das FG hat aufgrund der Zeugenaussagen festgestellt, dass die Zeugen die Höhe der Federführungsgebühr gerade von der Höhe des mittlerweile entstandenen "Polsters" von nicht realisierten Gewinnen (Differenz zwischen Anzahlungen einerseits und Restrisiken andererseits) abhängig gemacht hätten. Eine Ermittlung der Federführungsgebühr auf dieser Grundlage wäre im Zeitpunkt der ursprünglichen Vereinbarung nicht möglich gewesen. Diese Art der Bemessung der höheren Federführungsgebühr zeigt zugleich, dass der Wert der von der Klägerin erbrachten Leistung bei ihrer Ermittlung keine Rolle spielte.
ee) Bei Zugrundelegung der vorstehenden Erwägungen kommt es nicht darauf an, ob dem Beschluss der Aufsichtsstelle vom 6. Dezember 1994 bereits deshalb die steuerliche Anerkennung zu versagen war, weil er gegen den das ganze Einkommensteuerrecht beherrschenden Grundsatz der Nichtanerkennung rückwirkender Vereinbarungen (Senatsbeschluss vom 15. März 2000 IV B 35/99, BFH/NV 2000, 1185) verstieß. Die Anwendung dieses Grundsatzes wäre jedenfalls nicht deswegen ausgeschlossen, weil der Beschluss zwar zum Ende, aber noch innerhalb des laufenden Veranlagungszeitraums getroffen worden war (BFH-Urteil vom 31. Juli 1963 I 164/62 U, BFHE 77, 328, BStBl III 1963, 440).
ff) Ist die zusätzliche Federführungsgebühr nicht als Entgelt für die von der Klägerin gegenüber der ARGE erbrachte technische Geschäftsleitung anzusehen, so fehlt es auf Seiten der ARGE an den Voraussetzungen für den Betriebsausgabenabzug bzw. die Aktivierung bei den Herstellungskosten als "Speicherung" künftiger Betriebsausgaben. Es handelt sich mithin um Entnahmen der Klägerin.
b) Die Klägerin ist nicht durch den Grundsatz von Treu und Glauben gehindert, sich auf die Unrichtigkeit ihrer ursprünglichen steuerlichen Behandlung der zusätzlichen Federführungsgebühren zu berufen. Solange der Vorbehalt der Nachprüfung i.S. des § 164 AO besteht, kann ein als fehlerhaft erkannter Steuerverwaltungsakt geändert werden. Dabei ist unerheblich, ob derjenige, der die Änderung vornimmt (Finanzbehörde) oder begehrt (Steuerpflichtiger), zuvor eine andere Rechtsauffassung vertreten hat.
3. Die Sache ist entscheidungsreif. Insbesondere bedarf es keiner Zurückverweisung zur Klärung der Frage, ob der Gewinn der Gesellschaft deswegen zu korrigieren war, weil sich das Gesellschaftsvermögen infolge einer Teilgewinnrealisierung erhöht hatte. Was die Höhe des Gesellschaftsgewinns angeht, so ist der Gewinnfeststellungsbescheid 1994 bestandskräftig geworden. Die Höhe des Gewinns oder Verlustes im Bereich des Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters kann für sich genommen Streitgegenstand im Klageverfahren gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid sein, mit der Folge, dass dann auch grundsätzlich nur über die diesen Bereich betreffenden steuerrechtlichen Folgen zu entscheiden ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 10. Februar 1988 VIII R 352/82, BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544, und vom 7. August 1990 VIII R 257/84, BFH/NV 1991, 507). Allerdings hat der VIII. Senat des BFH mehrfach darauf hingewiesen, dass er eine Ausnahme von diesem Grundsatz ggf. dann für geboten hält, wenn die Angriffe gegen die Höhe des Sonderbetriebsgewinns eines Gesellschafters zwangsläufig Auswirkungen auf die Höhe des Sonderbetriebsgewinns eines anderen Gesellschafters oder auf die Höhe des Gewinns aus dem Gesellschaftsvermögen haben würden (BFH-Urteile in BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544, und vom 12. Dezember 1995 VIII R 59/92, BFHE 179, 335, BStBl II 1996, 219, unter C.II.2.b der Gründe). Das ist vorliegend indessen nicht der Fall. Zwar hat die Nichtanerkennung der zusätzlichen Federführungsgebühr als Sondervergütung zur Folge, dass die Gebühren nicht als Herstellungskosten der Schachtanlage aktiviert werden dürfen. Der Gewinn der Gesellschaft im gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögen ändert sich dadurch jedoch nicht. Auch auf den Sonderbetriebsgewinn des anderen Gesellschafters A hat der Streit um die Behandlung der zusätzlichen Federführungsgebühr bei der Klägerin keine Auswirkung. Zwar dürfte die der A eingeräumte zusätzliche Federführungsgebühr rechtlich ebenso wenig als Sondervergütung anzuerkennen sein wie die der Klägerin zuerkannte. Es ist aber keine Abhängigkeit in dem Sinne gegeben, dass die Nichtanerkennung als solche Auswirkung auf die Höhe der Sondervergütungen der A hätte.
Fundstellen
Haufe-Index 1954038 |
BFH/NV 2008, 858 |
BStBl II 2008, 428 |
BFHE 2008, 385 |
BFHE 220, 385 |
BB 2008, 695 |
DB 2008, 731 |
DStR 2008, 665 |
DStRE 2008, 534 |
DStZ 2008, 267 |
HFR 2008, 426 |