Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterschlagung erhöht Gebäudeherstellungskosten; Unzulässigkeit der Klage ohne außergerichtliches Vorverfahren; Einspruch nur eines Ehegatten gegen Zusammenveranlagung
Leitsatz (NV)
1. Hat der Ehemann gegen den Zusammenveranlagungsbescheid im eigenen Namen Einspruch eingelegt und das FA nur ihm gegenüber eine Einspruchsentscheidung erlassen, ist die Klage der Ehefrau gegen den Zusammenveranlagungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung unzulässig (Anschluß an BFH, Urteil vom 24. 9. 1985 IX R 22/85, BFH / NV 1986, 733).
2. Unterschlägt der mit der Errichtung eines Einfamilienhauses beauftragte Architekt zur Weitergabe an die Bauhandwerker übergebene Geldmittel, so gehören auch diese zu den Herstellungskosten des tatsächlich errichteten Gebäudes (Anschluß an BFH-Urteil vom 24. 3. 1987 IX R 31/84, BFHE 149, 552, BStBl II 1987, 695).
Normenkette
AO 1977 § 357 Abs. 1; FGO § 44 Abs. 1; EStG 1977 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7, § 7 Abs. 1 S. 4, Abs. 4 S. 3
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die für das Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Im Jahre 1977 ist mit einem Architekten ein Vertrag über die schlüsselfertige Errichtung eines Einfamilienhauses abgeschlossen worden. Im Jahre 1978 stellten die Kläger fest, daß der Architekt die an ihn geleisteten a conto-Zahlungen teilweise nicht an die beauftragten Bauhandwerker weitergegeben, sondern insgesamt 17 875,56 DM unterschlagen hatte. Dem inzwischen wegen Betruges und anderer Strafsachen in Haft einsitzenden Architekten wurde daraufhin der Auftrag zum Weiterbau entzogen und es wurden andere Bauhandwerker mit der Fertigstellung des Gebäudes beauftragt. Das Einfamilienhaus ist am 1. September 1978 bezugsfertig geworden.
Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 1978 begehrten die Kläger den Abzug des Betrages in Höhe von 17 876 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) folgte dem in dem bezüglich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 165 der Abgabenordnung (AO 1977) vorläufigen Einkommensteuerbescheid 1978 nicht, sondern rechnete den Betrag den Herstellungskosten des Gebäudes zu. Unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. September 1980 VIII R 44/78 (BFHE 131, 479, BStBl II 1981, 418) beantragte der Kläger die Änderung des Einkommensteuerbescheides 1978 und den Abzug der unberücksichtigt gebliebenen Werbungskosten von 17 876 DM bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Das FA lehnte mit Bescheid vom 11. September 1981 den Änderungsantrag ab und erklärte gleichzeitig die Steuerfestsetzung für endgültig. Der Einspruch des Klägers blieb erfolglos.
Auf die Klage der Eheleute hin verpflichtete das Finanzgericht (FG) mit seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1984, 226 veröffentlichten Urteil das FA unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 11. September 1981 und der Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 1982, die Einkommensteuer 1978 auf 0 DM festzusetzen.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung der § 6, § 7 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Soweit sich die Revision gegen das gegenüber der Klägerin ergangene Urteil richtet, hat sie schon deshalb Erfolg, weil das FG insoweit zu Unrecht eine Sachentscheidung getroffen hat. Es hätte die Klage der Klägerin wegen fehlenden Vorverfahrens (§ 44 Abs. 1 FGO), dessen Abschluß eine vom Revisionsgericht auch ohne Rüge zu prüfende Prozeßvoraussetzung ist, als unzulässig abweisen müssen, weil der Bescheid vom 11. September 1981 nur an den Kläger gerichtet war, dieser Einspruch eingelegt hat und die Einspruchsentscheidung nur ihm gegenüber ergangen ist (vgl. Urteil des Senats vom 24. September 1985 IX R 22/85, BFH / NV 1986, 733).
2. Die Revision des FA gegen das gegenüber dem Kläger ergangene Urteil hat deshalb Erfolg, weil das FG zu Unrecht die vom Architekten unterschlagenen Gelder als sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung behandelt hat. Diese verlorenen Aufwendungen sind Herstellungskosten des Einfamilienhauses. Der Senat verweist zur weiteren Begründung auf seine Entscheidung vom heutigen Tag IX R 31/84, von der ein retuschierter Abdruck beigefügt ist. Gegenüber dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall weist der Streitfall keine Besonderheiten auf, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten. Die Zahlungen der Kläger an den Architekten waren auf die Herstellung des Einfamilienhauses gerichtet. Dieses wurde auch fertiggestellt. Dadurch, daß die Zahlungen in Höhe des vom Architekten unterschlagenen Betrags ohne Gegenleistung geblieben sind, hat sich der Hausbau insgesamt verteuert.
Soweit sich der Kläger auf die Entscheidung in BFHE 119, 156, BStBl II 1976, 560 beruft, verkennt er, daß dieses Urteil die Frage betraf, ob - was der Abzug als Betriebsausgaben erfordert - die Unterschlagung von vereinnahmten Honoraren durch Angestellte ein betrieblicher Vorfall ist. Im vorliegenden Fall ist demgegenüber streitig, ob die unterschlagenen Gelder sofort abziehbare Werbungskosten oder Herstellungskosten sind, die grundsätzlich - Ausnahme: Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 a EStG - in Form der Absetzungen für Abnutzung als Werbungskosten abziehbar sind.
Die Vorentscheidung, die von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Da das FA die streitigen Aufwendungen zutreffend den Herstellungskosten des Einfamilienhauses zugerechnet hat, ist die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 415048 |
BFH/NV 1988, 23 |