Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG für Wohnung und Arztpraxis; Lohnsteuerpauschalierung im EhegattenArbeitsverhältnis
Leitsatz (NV)
1. Zur Frage, wann bei einem Arzt, der einige Räume seiner Eigentumswohnung zu Praxiszwecken nutzt, diese Wohnung zu mehr als 66 2/3 v. H. Wohnzwecken dient.
2. Zur unzutreffenden Besteuerung bei Lohnsteuerpauschalierung im Ehegatten-Arbeitsverhältnis für Veranlagungszeiträume bis 1974.
Normenkette
EStG § 7b Abs. 1 S. 1; EStG 1971/1974 § 42a Abs. 2 Nr. 3; LStDV 1971 § 35b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b; LStR 1972 Abschn. 52c Abs. 2
Verfahrensgang
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin zu 1 (Klägerin zu 1) ist die Witwe und die Klägerin und Revisionsklägerin zu 2 (Klägerin zu 2) die Tochter des während des Klageverfahrens verstorbenen F, der in den Streitjahren 1970 bis 1974 als freipraktizierender Arzt Einkünfte aus selbständiger Arbeit bezog und seinen Gewinn aus dieser Tätigkeit durch Einnahmeüberschußrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte.
1. In den Jahren 1961 und 1964 erwarb der Verstorbene gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Klägerin zu 1, zwei nebeneinanderliegende Eigentumswohnungen, die noch im Jahre 1964 durch Herausbrechen einer Zwischenwand miteinander verbunden wurden. Von den beiden vorhandenen Zugängen wurde danach nur noch ein Zugang genutzt. Die andere Wohnungstür blieb verschlossen; die Diele dieser Wohnung wurde als Speisezimmer eingerichtet und genutzt. Bis zur Aufgabe seiner freiberuflichen Tätigkeit am 31. Oktober 1974 hatte F einige Räume der zusammengelegten Wohnung zu Praxiszwecken genutzt; die übrigen Räume dienten weiterhin als Wohnung.
Nach den Einkommensteuererklärungen des F entfielen 30,03 v. H. der gesamten Nutzfläche auf die berufliche Nutzung; die Berechnung führte F wie folgt durch:
Gesamtfläche (ohne Keller) 160,79 qm = 100 v. H.
beruflich genutzte Fläche 48,30 qm = 30,03 v. H.
privat genutzte Fläche112,49 qm = 69,97 v. H.
Dem F wurden danach antragsgemäß erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG im Rahmen der für die Streitjahre vorläufig ergangenen Einkommensteuerfestsetzungen gewährt.
Nach einer die Jahre 1972 bis 1974 betreffenden Betriebsprüfung versagte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die erhöhten Absetzungen, da die zu Wohnzwecken genutzte Fläche der Eigentumswohnung nach der Berechnung des Prüfers nur 64,96 v. H. betrage. Dabei ging das FA, der Berechnung des Prüfers folgend, von einer zu Wohnzwecken genutzten Gesamtfläche (einschließlich der eigenen Kellerräume) von 183,49 qm und einer beruflich genutzten Fläche von 64,31 qm (48,30 + 16,01 qm für die Diele) aus.
2. Die Betriebsprüfung führte im übrigen zur Versagung der Lohnsteuerpauschalierung, die F für seine Ehefrau, die Klägerin zu 1, in den Jahren 1971 bis 1974 im Rahmen eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses durchgeführt hatte. Während F in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1970 die Einkünfte seiner Ehefrau aus nichtselbständiger Arbeit erklärt hatte, gab er diese Arbeitslöhne in den Folgejahren nicht mehr an. Das FA vertrat die Auffassung, die Pauschalbesteuerung könne nicht genehmigt werden, weil auf den Arbeitslohn der Ehefrau bei Zusammenveranlagung der Ehegatten mehr als 10 v. H. Einkommensteuer entfielen. Der Ehegattenarbeitslohn wurde daraufhin in die Einkommensteuerveranlagung der Eheleute einbezogen und die pauschalierte, bereits abgeführte Lohnsteuer auf die Einkommensteuerschuld angerechnet.
Das FA berichtigte die Einkommensteuerfestsetzungen für den Prüfungszeitraum 1972 bis 1974 und führte in Anlehnung an die Prüfungsfeststellungen auch für die vorangegangenen Jahre 1970 und 1971 endgültige Veranlagungen durch.
Nach erfolglosem Einspruch gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide blieb auch die Klage in den beiden Streitpunkten ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) folgte der Wohnflächenberechnung des FA und versagte deshalb die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG, weil die Räume nicht zu mehr als 66 2/3 v. H. zu Wohnzwecken gedient hätten; auch die Lohnsteuerpauschalierung für das Ehegatten-Arbeitsverhältnis wurde nicht anerkannt, weil der in Abschn. 52 c der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) 1972 enthaltene Widerrufsvorbehalt eingreife.
Dagegen richtet sich die Revision, mit der die Klägerinnen die Verletzung materiellen und formellen Rechts rügen.
Die Klägerinnen beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer unter Abänderung der Einkommensteuerbescheide herabzusetzen, hilfsweise, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Das FG hat zu Recht die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG und die Pauschalierung der Lohnsteuer im Rahmen des Ehegatten-Arbeitsverhältnisses versagt.
1. Erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG
Die Abschreibungsvergünstigung des § 7 b in den für die Streitjahre geltenden Fassungen des EStG 1969 bis 1974 setzt u.a. voraus, daß die begünstigten Objekte zu mehr als 66 2/3 v. H. Wohnzwecken dienen (§ 7 b Abs. 1 Satz 1 EStG).
a) Zur Feststellung, ob ein Gebäude zu mehr als 66 2/3 v. H. Wohnzwecken dient, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) grundsätzlich auf die Flächen der vorhandenen Räume abzustellen (Urteile vom 8. Juli 1971 IV 253/65, BFHE 102, 519, BStBl II 1971, 707, und vom 9. September 1980 VIII R 5/79, BFHE 132, 222, BStBl II 1981, 258). Dienen einzelne Räume sowohl Wohnzwecken als auch anderen - etwa wie im Streitfall beruflichen - Zwecken, so entscheidet sich die Zuordnung zu einem der in Frage kommenden Zwecke danach, welchem Zweck sie überwiegend dienen; nach dem überwiegenden Zweck sind sie entweder ganz den Wohnzwecken oder ganz den anderen Zwecken dienenden Räume zuzurechnen (ständige Rechtsprechung des BFH, Urteile vom 18. November 1954 IV 353/53 U, BFHE 60, 99, BStBl III 1955, 39; vom 19. Dezember 1956 VI 85/56 U, BFHE 64, 173, BStBl III 1957, 66; vom 26. Juli 1963 VI 169/63, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Einkommensteuergesetz, § 7 b, Rechtsspruch 77, und vom 14. August 1964 VI 186/63, StRK, Einkommensteuergesetz, § 7 b, Rechtsspruch 89; dem ist die Finanzverwaltung in Abschn. 54 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1969 bis 1975 gefolgt).
b) Diesen Grundsätzen ist die Vorentscheidung gefolgt und zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß die Diele, deren Zuordnung allein streitig ist, dem beruflichen Nutzungsbereich der beiden, eine Einheit bildenden Eigentumswohnungen zuzuordnen ist. Entgegen der Auffassung der Revision konnte das FG aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens die Überzeugung gewinnen, die Diele habe überwiegend beruflichen Zwecken gedient. Die Zeugenvernehmung hat ein vollständiges Bild der Einrichtung und eine ausreichende Gewißheit über den Umfang der beruflichen Nutzung der der Wohnung zugehörigen Diele vermittelt. Das FG konnte daher ohne Verletzung von Denkgesetzen und Erfahrungssätzen aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme folgern, daß die Diele beruflich genutzt wurde, weil sie mit einem Schreibtisch, einer Schreibmaschine und einem kleinen Schrank zur Aufbewahrung von Praxiswäsche ausgestattet war. Unter den Einrichtungsgegenständen befand sich allein ein Einbauschrank, der - nach den Bekundungen der Zeugin - nicht für die Praxis beansprucht wurde, während die Garderobe sowohl von F und der Zeugin, als auch von denjenigen Patienten genutzt wurde, die auf ihre Anmeldung warteten. Diese Patienten nutzten auch die in der Diele befindlichen Sitzgelegenheiten, bis die Zeugin ihre Anmeldungen entgegennehmen konnte. Zwar hat die Zeugin betont, daß ihr fester Arbeitsplatz das Labor gewesen sei; entgegen der Auffassung der Revision läßt sich der Niederschrift über die Zeugenaussage aber auch entnehmen, daß die als Anmeldungen bezeichnete Aufnahme von Patienten in der dazu eigens eingerichteten Diele von der Zeugin durchgeführt wurde. Es mag zutreffen, daß die Patientenkartei - wie die Revision vorgetragen hat - sich tatsächlich im Labor befunden hat, weil derartige Dateien in aller Regel nicht in Räumen aufbewahrt zu werden pflegen, die Patienten zugänglich sind, in denen sich Angestellte der Praxis aber nur vorübergehend aufhalten. Die Behauptung der Revision, sämtliche für die Praxis notwendigen Verwaltungsarbeiten seien im lediglich 7,9 qm großen Labor ausgeführt worden, widerspricht jedoch allgemeinen Erfahrungssätzen und läßt sich der Aussage der Zeugin nicht entnehmen.
Wenn demgegenüber der Eingang zur Diele als Eingang und die Diele selbst als Durchgang zur Wohnung und von der Klägerin zu 2 gelegentlich und außerhalb der Sprechzeiten als Spielplatz genutzt wurde, so führt dies nicht zu einer überwiegenden privaten Nutzung. Das Beweisergebnis und der Inhalt der Akten lassen vielmehr den Schluß auf eine überwiegende berufliche Nutzung der Diele zu. Diese Folgerung hat das FG aufgrund einer Abwägung aller Umstände gezogen und dabei insbesondere auch den zeitlichen Umfang der jeweiligen Nutzung als eines der für die Zuordnung maßgebenden Merkmale gebührend berücksichtigt. Der Hinweis der Revision, die Praxis sei wöchentlich nur etwa 18 Stunden geöffnet gewesen, widerspricht dieser Würdigung nicht, weil die vom FG festgestellte und unter Verzicht auf weitere Ermittlungen unterstellte private Nutzung der Diele als Durchgang und Spielzimmer gegenüber der intensiven beruflichen Nutzung während des Betriebs der Praxis in den Hintergrund tritt. Wie der Senat in seinem Urteil in BFHE 60, 99, BStBl III 1955, 39 in dem vergleichbaren Fall der Nutzung eines Wartezimmers durch die Kinder des Arztes entschieden hat, ändert eine private Nutzung diesen Umfangs nichts an der Zweckbestimmung eines Raumes, der Berufsausübung des Steuerpflichtigen zu dienen.
c) Die dagegen erhobenen Rügen der Revision greifen nicht durch. Soweit sich die Rüge auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) bezieht, weil sich dem FG eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen, nachdem die Zeugin nur über die Verhältnisse während ihrer Dienstzeit Auskunft habe geben können, haben die Klägerinnen nicht im einzelnen dargelegt, wo Tatsachen schriftsätzlich oder in mündlicher Verhandlung zu Protokoll vorgetragen worden sind, denen die Vorinstanz hätte nachgehen müssen (BFH-Urteile vom 8. November 1973 V R 130/69, BFHE 110, 493, BStBl II 1974, 219, und vom 24. Mai 1977 IV R 45/76, BFHE 122, 396, BStBl II 1977, 694). Der Senat vermag der Revision auch nicht darin zu folgen, daß die Vorentscheidung unter Verletzung rechtlichen Gehörs zustande gekommen sei, weil in der mündlichen Verhandlung nichts auf die Entscheidungserheblichkeit der Zeugenaussage hingedeutet habe. Das FG hat seine Entscheidung nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten (vgl. § 96 Abs. 2 FGO). Daß die Beteiligten mehrfach Gelegenheit zur Äußerung hatten, ergibt sich ausdrücklich aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung und Beweisaufnahme vom 30. August 1983. Während der Vertreter des FA diese Gelegenheit wahrgenommen hat, haben die Klägerinnen das ihnen nach § 83 Satz 2 FGO zustehende Fragerecht nicht in Anspruch genommen. Sie können sich daher auf eine Versagung des rechtlichen Gehörs nicht berufen, da sie die ihnen verfahrensrechtlich gebotenen Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen, nicht genutzt haben (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 1. Februar 1967 1 BvR 630/64, BVerfGE 21, 132, 137, m.w.N.).
d) Da der Senat mangels durchgreifender Verfahrensrügen an den vom FG festgestellten Sachverhalt gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), kann er den erstmals mit der Revision vorgebrachten Einwand nicht berücksichtigen, wonach die Nutzflächenberechnung deshalb unzutreffend sei, weil die anteiligen Nutzflächen der Gemeinschaftsräume, wie Waschküche, Trockenraum, Heizungsraum und Fahrradabstellraum, nicht berücksichtigt worden seien. Insoweit handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen.
e) Auch der Einwand, die Vorentscheidung weiche von der Rechtsprechung des BFH ab, weil die Diele als Nebenraum, der üblicherweise zu einer Wohnung gehöre, im allgemeinen zur Wohnfläche zu rechnen sei, greift nicht durch. Denn gerade nach der von den Klägerinnen angeführten Entscheidung des Senats in BFHE 60, 99, BStBl III 1955, 39 gilt dieser Grundsatz dann nicht, wenn ein solcher Nebenraum seines eigentlichen Zweckes entkleidet und zu beruflichen Zwecken benutzt wird.
f) Der Einwand der Revision, das FG habe seiner Entscheidung einen beruflichen Nutzungsanteil von 28,84 v. H. zugrunde gelegt, betrifft nicht die für § 7 b EStG entscheidende Frage der Zuordnung von Räumen zu Wohnzwecken, die allein Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, sondern die Frage der Zuordnung eines Gebäudeteils zum notwendigen Betriebs- oder Privatvermögen, für die andere Grundsätze maßgebend sind.
Schließlich kann auch der Hinweis auf die Entscheidung des Senats vom 20. November 1980 IV R 117/79 (BFHE 131, 516, BStBl II 1981, 68) nicht zu einer, wenn auch nur teilweisen Gewährung erhöhter Absetzungen führen. Die Klägerinnen haben insoweit keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ein obligatorisches Nutzungsrecht ableiten ließe; solche Umstände könnten im übrigen als neues tatsächliches Vorbringen auch in der Revisionsinstanz nicht mehr berücksichtigt werden. Im übrigen würde sich auch bei Annahme eines unentgeltlich eingeräumten oder bei Anschaffung der Eigentumswohnungen entstandenen Nutzungsrechts nichts an dem von der Vorinstanz festgestellten Verhältnis zwischen beruflich genutzten und zu Wohnzwecken genutzten Flächen ändern, so daß auch in diesem Fall die Voraussetzungen des § 7 b EStG nicht erfüllt wären.
2. Lohnsteuerpauschalierung im Ehegatten-Arbeitsverhältnis.
Mit der Vorinstanz ist es schließlich auch nicht zu beanstanden, daß das FA die Pauschalbesteuerung des Arbeitslohns der Klägerin zu 1 rückgängig gemacht und diese Bezüge in die Zusammenveranlagung der Klägerin und ihres verstorbenen Ehemannes zur Einkommensteuer für die Streitjahre 1971 bis 1974 einbezogen hat.
a) Nach § 42a Abs. 2 Nr. 3 EStG 1971/1974 i.V.m. § 35 b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) 1971 konnte das FA dann eine Pauschalbesteuerung nach einem bestimmten Vomhundertsatz zulassen, wenn Bezüge an kurzfristig beschäftigte Arbeitnehmer oder an Arbeitnehmer gezahlt wurden, die in geringem Umfang und gegen geringen Arbeitslohn tätig sind. Diese Bezüge bleiben dann bei der Veranlagung zur Einkommensteuer außer Betracht (Abschn. 52 c Abs. 2 Satz 6 LStR 1972). Die Durchführung der Pauschalbesteuerung war nach § 35 b Abs. 1 Nr. 1 b LStDV 1971 von einem entsprechenden Antrag des Arbeitgebers und einer finanzbehördlichen Genehmigung abhängig. Davon abweichend galt nach Abschn. 52 c Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 LStR 1972 die Genehmigung auch ohne Prüfung der Sach- und Rechtslage als erteilt, es sei denn, das FA versagte oder widerrief die Genehmigung im Einzelfall. Nach der Rechtsprechung des BFH war diese Pauschalbesteuerung von der weiteren Voraussetzung abhängig, daß die Pauschalierung die Ermittlung der Lohnsteuer für den Arbeitgeber erleichtern, aber grundsätzlich nicht zu einer geringeren Lohnsteuer führen und insbesondere nicht Bezüge der Tarifprogression entziehen soll (Urteil vom 4. November 1977 VI R 24/76, BFHE 123, 495, BStBl II 1978, 61).
b) Die Vorinstanz ist von diesen Grundsätzen ausgegangen und hat zu Recht ausgeführt, daß F weder einen auf Lohnsteuerpauschalierung gerichteten Antrag gestellt hatte, noch ihm vom FA eine entsprechende Einzelgenehmigung erteilt wurde. Diese Genehmigung gilt auch nicht gemäß Abschn. 52 c Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 LStR 1972 als erteilt, sondern konnte nachträglich aufgrund einer Prüfung durch die Finanzbehörde endgültig versagt werden; eine solche Prüfung konnte das FA aber frühestens im Rahmen einer Betriebsprüfung durchführen.
Darin liegt entgegen der Revision kein Verstoß gegen Treu und Glauben, denn bis zu dieser Prüfung hatte das FA durch sein Verhalten keinen Vertrauenstatbestand verwirklicht. Das FA ist in dieser Sache weder tätig geworden noch hat es durch ein beachtliches Unterlassen einen Vertrauenstatbestand begründet. Zwar kann auch durch Schweigen oder Unterlassen ein Vertrauenstatbestand geschaffen werden; das setzt jedoch voraus, daß der Steuerpflichtige Erklärungen oder Handlungen erwarten konnte, wie etwa die Beantwortung eines dem FA übersandten Bestätigungsschreibens (vgl. BFH-Urteil vom 30. November 1961 V 218/59 U, BFHE 74, 250, BStBl III 1962, 94) oder die Erteilung einer nach § 56 LStDV 1971 jederzeit zulässigen Lohnsteueranrufungsauskunft. Daran fehlt es im Streitfall. Der von der Revision behauptete Verstoß gegen Treu und Glauben hat F im übrigen nicht zu Maßnahmen veranlaßt, die nicht mehr rückgängig zu machen sind oder deren Aufhebung unzumutbar wäre.
c) Mit dem FG ist der Senat der Auffassung, daß die Lohnsteuerpauschalierung wegen der festgestellten unzutreffenden Besteuerung der Bezüge der Klägerin zu 1 versagt werden konnte. Der Einwand der Revision, auch bei Regelbesteuerung nach der Steuerklasse III/1 wäre keine Steuer angefallen, die Pauschalierung habe daher nicht zu einer Lohnsteuerersparnis geführt, vermag nicht zu überzeugen. Der Senat folgt insoweit dem Urteil des BFH in BFHE 123, 495, BStBl II 1978, 61, wonach die Belastung durch die pauschalierte Lohnsteuer nicht mit der im Lohnsteuerabzugsverfahren geschuldeten, sondern mit der im Rahmen der Ehegattenveranlagung anfallenden Einkommensteuer zu vergleichen ist. Da die auf den Ehegattenarbeitslohn entfallende Einkommensteuer unstreitig höher ist als die pauschalierte Lohnsteuer, wenn dieser Arbeitslohn in die Ehegattenveranlagung einbezogen wird, kann es dahinstehen, ob im Streitfall auch die weitere Voraussetzung erfüllt war, wonach die Pauschalierung zu einer wesentlichen Erleichterung bei der Ermittlung der Lohnsteuer führen muß.
d) Schließlich kann auch der von der Revision behauptete Verfassungsverstoß nicht zur Anerkennung der Lohnsteuerpauschalierung im Rahmen des Ehegatten-Arbeitsverhältnisses führen, denn die für die Pauschalierung maßgebenden Rechtsgrundlagen (§ 42 a Abs. 2 Nr. 3 EStG, § 35 b LStDV 1972 und Abschn. 52 c LStR 1971) und die dazu ergangene Rechtsprechung des BFH im Urteil in BFHE 123, 495, BStBl II 1978, 61 finden grundsätzlich in gleicher Weise auch auf andere Arbeitsverhältnisse Anwendung. Eine Ungleichbehandlung oder Benachteiligung von Ehegatten-Arbeitsverhältnissen kann dadurch nicht entstehen, denn auch in dem von der Revision erwähnten Fall einer Beschäftigung der Ehefrau eines Kollegen würde die Pauschalierung zu einer geringeren Steuer führen und wäre daher zu versagen.
Fundstellen
Haufe-Index 414534 |
BFH/NV 1986, 728 |